Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-390314/2/AB/Th

Linz, 15.06.2012

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Astrid Lukas über die Berufung des J D, geb. XX, H,  L, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 30. Juni 2011, Z 0007455/2009, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Zivildienstgesetz zu Recht erkannt:

 

 

      I.      Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als gemäß § 21 Abs 1 VStG von der Verhängung einer Strafe abgesehen wird. Dem Berufungswerber wird unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens eine Ermahnung erteilt.

 

  II.      Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens erster Instanz, noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: §§ 21, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrensgesetz 1991 (AVG);

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 30.6.2011 hat die belangte Behörde den Berufungswerber (im Folgenden Bw) wie folgt schuldig erkannt:

 

"Der Beschuldigte ... hat als Zivildienstleistender ... nachstehend angeführte Übertretung des Zivildienstgesetzes verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten:

Sie wurden mit Bescheid der Zivildienstserviceagentur vom 19.11.2008 Zl. 237961/15/ZD/1108, zur Ableistung des ordentlichen Zivildienstes für den Zeitraum von 01.02.2009 bis 29.10.2009 der o.a. Einrichtung zugewiesen.

Trotz einer schriftlichen Verwarnung ... vom 06.02.2009 sind [Sie] bis 24.02.2009 (Datum der Aufforderung zur Rechtfertigung) unentschuldigt dem Dienst ferngeblieben."

 

Dadurch erachtete die belangte Behörde § 63 Zivildienstgesetz als verletzte Rechtsvorschrift und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretung eine Geldstrafe in Höhe von 300,- Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 139 Stunden. Gemäß § 64 VStG wurde als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens der Betrag von 30,- Euro (10 % der Geldstrafe) vorgeschrieben.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis vom 30.6.2011, dem Bw am 15.7.2011 durch Hinterlegung zugestellt, richtet sich die rechtzeitig am 25.7.2011 bei der belangten Behörde per E-Mail eingegangene Berufung, mit der der Bw nach Darstellung seiner angespannten finanziellen Situation bittet, "das Strafausma[ß] zu überdenken".

 

3. Mit Vorlageschreiben vom 3.8.2011, beim Oö. Verwaltungssenat eingelangt am 18.8.2011, hat die belangte Behörde die Berufung und ihren Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vorgelegt, ohne eine Gegenschrift zu erstatten.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Grundsätzlich darf gemäß § 31 Abs 3 Satz 1 VStG ein Straferkenntnis nicht mehr gefällt werden, wenn seit dem in Abs 2 bezeichneten Zeitpunkt drei Jahre vergangen sind. Nach dem § 31 Abs 2 Satz 2 VStG ist die Verjährungsfrist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Handlung abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

 

Allerdings richtet sich die vorliegende Berufung ausschließlich gegen die Höhe der verhängten Strafe. Da somit die Tatbegehung an sich nicht in Abrede gestellt wird, ist von der Rechtskraft des im erstinstanzlichen Straferkenntnis ausgeführten Schuldausspruchs auszugehen. Eine diesbezügliche Überprüfung war dem Oö. Verwaltungssenat sohin jedenfalls verwehrt. Vielmehr war der Oö. Verwaltungssenat von Verfahrensbeginn an auf die Beurteilung der Strafbemessung beschränkt.

 

Wie von der hL unter Bezugnahme auf die höchstgerichtliche Rechtsprechung vertreten, ist daher im vorliegenden Fall der Schuldspruch jedenfalls in Rechtskraft erwachsen und daher von der Strafbarkeitsverjährungsregelung des § 31 Abs 3 VStG jedenfalls nicht erfasst (vgl. ausführlich zur vergleichbaren Verjährungsbestimmung des § 51 Abs 7 VStG mwN aus Lehre und Rspr Thienel, Das Verfahren der Verwaltungssenate² [1992], 335 ff).

 

4.2. Was aber die gegenständlich (ausschließlich) angefochtene Strafhöhe betrifft, liegt zwar an sich Teilrechtskraftfähigkeit – losgelöst vom Schuldspruch selbst – vor, womit die grundsätzliche Anwendbarkeit der Verjährungsvorschrift des § 31 Abs 3 VStG verbunden wäre.

Allerdings kommt im vorliegenden Verfahren aufgrund der speziellen Umstände des konkreten Falles für das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates – nicht zuletzt aufgrund der ausgesprochen langen Verfahrensdauer – von vornherein ausschließlich eine Ermahnung iSd § 21 VStG in Betracht (- die nicht unter die Bestimmung des § 31 Abs 3 VStG zu subsumieren ist [näher unter Punkt 4.3.]):

 

Gemäß § 21 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Geringes Verschulden liegt nach herrschender Meinung vor, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] Anm 2 und E 6 ff zu § 21 VStG).

 

Im vorliegenden Fall ist anzumerken, dass aufgrund der wirtschaftlich und finanziell angespannten Lage des Bw, der als Einzelunternehmer tätig war, und seiner Unbescholtenheit zum Tatzeitpunkt tatsächlich von einem geringfügigen Verschulden des Bw auszugehen ist.

Der Tatbestand des § 63 Zivildienstgesetz selbst stellt zwar ein Vorsatzdelikt dar. Allerdings kann das tatbildmäßige Verhalten des Täters auch bei vorsätzlichem Handeln des Täters erheblich hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleiben. Freilich müssen dafür aber besondere Umstände bei der Begehung der Tat, wie zB verminderte Zurechnungsfähigkeit, Unbesonnenheit oder dringende Notlage diesen Schluss rechtfertigen (vgl. mN aus der Rspr Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] E 7 zu § 21 VStG). Eben solche besonderen Umstände konnte der Bw nach Dafürhalten des erkennenden Mitglieds aber glaubhaft machen; aufgrund der persönlichen Wirtschaftslage des Bw im Tatzeitpunkt war die Verschuldensebene im vorliegenden Fall zu Gunsten des Bw zu beurteilen.

 

Weiters waren auch die Folgen der Übertretung durch den Bw im vorliegenden Einzelfall unbedeutend. Schon die im erstinstanzlichen Verfahren als einziger Parameter ins Treffen geführten generalpräventiven Überlegungen indizieren in Zusammenschau mit der erheblichen Zeitspanne zwischen Tatzeitpunkt und Bestrafung die Annahme, dass die Folgen der Tat konkret von nur untergeordneter Bedeutung waren. Insbesondere war der Bw auch – nach Auskunft der Zivildienstserviceagentur – in weiterer zeitlicher Folge bis dato keiner Zivildiensteinrichtung mehr zugewiesen.

 

Im Ergebnis liegen daher die Voraussetzungen für ein Vorgehen nach § 21 Abs 1 VStG vor und war ein Absehen von der Strafe nicht zuletzt schon angesichts der bereits verstrichenen Verfahrensdauer geboten. Im Hinblick auf die wirtschaftliche und persönliche Lage des Bw war ihm unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines – sehr wohl schuldhaften – Verhaltens eine Ermahnung zu erteilen, um ihn künftig von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

4.3. Da es sich bei einer Ermahnung iSd § 21 Abs 1 VStG nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung um keine Strafe handelt (siehe mwN Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] E 3a zu § 21 VStG), ist eine solche auch nicht unter den Tatbestand der Verjährung der Strafbarkeit zu subsumieren. Beim vorliegenden Erkenntnis handelt es sich somit nach Auffassung des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates um kein "Straferkenntnis" im engen Sinn des § 31 Abs 3 VStG.

 

4.4. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

5. Bei diesem Ergebnis war dem Bw gemäß § 65 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat aufzuerlegen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. L u k a s

 

 

 

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