Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-390321/10/Bm/Th

Linz, 21.06.2012

 

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung der Frau G O, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G S, S, S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 19.10.2011, EnRo96-3-2011, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Mineralrohstoffgesetz – MinroG, nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 02.05.2012, zu Recht erkannt:

 

 

       I.      Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

    II.      Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF.

zu II.:  § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 19.10.2011, EnRo96-3-2011, wurde über die Berufungswerberin (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe von 1.500 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 408 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 193 Abs.1 iVm § 80 Abs.1 Mineralrohstoffgesetz – MinroG verhängt.

 

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Sie haben als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit als das gem. § 9 Abs. 1 VStG.1991 zur Vertretung nach außen berufene verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche Organ der O T-E GmbH mit Sitz in S, G, Gemeinde O b S, nicht dafür Sorge getragen, dass die Vorschriften des Mineral roh Stoffgesetzes (MinroG) eingehalten wurden.

 

Aufgrund einer Anzeige beim Amt der Oö. Landesregierung und eines durch Herrn Ing. G B der Abteilung Umwelt-, Bau- und Anlagentechnik und Herrn K der Abteilung Anlagen-, Umweit- und Wasserrecht, am 27.04.2011 durchgeführten Lokalaugenscheines wurde bekannt, dass durch die O T-E GmbH ein Kiesabbau erfolgt.

 

Am 05.05.2011 erfolgte eine Überprüfung des Kiesabbaues im Beisein von Herrn A O, Herrn Mag. H M der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck und Bmst. Ing. K N vom Bezirksbauamt G.

 

Die Überprüfung bezog sich auf die Grundstück Nr. X und X, KG. O, wobei das Grundstück X im Eigentum von Frau G O und das Grundstück X im Eigentum des Herrn S F, steht. Beide Grundstücke sind im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan als Bauland - Betriebsbaugebiet ausgewiesen.

 

Der Großteil der Kiesabbaufläche befindet sich auf Grundstück Nr. X, ein kleinerer untergeordneter Teil auf Grundstück Nr. X. Die Abfahrt zur Sohle des Kiesabbaues erfolgt von Grdst X auf Grdst. Nr. X, entlang der Grundstücksgrenze zu Grdst. Nr. X mit einer Länge von ca. 55 m, einer Breite von ca. 5 bis 10 m und einer Eintiefung von 0 m im Süden bis ca. 5 m im Norden. Im Anschluss daran befinde sich der Kiesabbau mit einer Größe von ca. 20 x 35 m. Innerhalb dieser Fläche befindet sich eine Eintiefung mit den Abmessungen von ca. 10x20 m und einer Tiefe von ca. 10 m, mitteilweise senkrechten Abbauwänden. Eine weitere Zufahrtsmöglichkeit besteht vom öffentlichen Gut X direkt auf das Grundstück X

 

Die Menge des Kiesabbaues wird mit ca. 3.000 m3 angenommen. Im Zuge der Überprüfung war ersichtlich, dass im oberen Bereich eine Schotterschicht mit der Höhe von ca. 40 cm, darunter eine Schicht mit ca. 50 cm, bestehend aus Erdreich, vermischt mit Schotter und darunter sich Kies- bzw. Schottermaterial befindet. Der Großteil des Kiesabbaues wurde auf einer landwirtschaftlichen Grünlandfläche im Gemeindegebiet von A, einige Kilometer vom Kiesabbau entfernt, zwischengelagert. Es handelt sich dabei um den östlichen Ausschnitt des Grundstückes Nr. X, KG. A, Ortsteil K, Es wurde festgestellt, dass auf einer Fläche von ca. 30 m x 30 m ca. 2.500 m2 Kies- und Schottermaterial gelagert wird.

 

Sie haben es somit zu verantworten, dass ein grundeigener mineralischer Rohstoff gewonnen wurde, ohne dass ein genehmigter Gewinnungsbetriebsplan vorgelegen hat."

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat die Bw innerhalb offener Frist durch ihren anwaltlichen Vertreter Berufung eingebracht und diese im Wesentlichen damit begründet, bereits im erstinstanzlichen Verfahren sei vorgebracht worden, dass derzeit die von der O T-E GmbH auf den verfahrensgegenständlichen Grundstücken genützten Verkehrs- und Abstellflächen nur provisorisch befestigt seien und dieser Zustand nicht dem Stand der Technik sowie den rechtlichen Vorgaben entspreche, sodass beabsichtigt sei, diese Verkehrs- und Abstellflächen in einen (technisch und rechtlich) ordnungsgemäßen Zustand zu versetzen (inklusive entsprechender Befestigung und Asphaltierung). In diesem Zusammenhang sei eine Neukonzeption der Verkehrs- und Abstellflächen erforderlich. Diese Neuanlage der Verkehrs- und Abstellflächen erfordere auch eine ordnungsgemäße Ausführung der zur Zeit bestehenden Verbringung der Niederschlagswässer.

Zum Beweis für die Richtigkeit dieser Behauptungen sei das Projekt des Baumeisters W vom 30.03.2011 sowie der Projektplan vom gleichen Tag vorgelegt worden. Mit diesem diesbezüglichen Vorbringen habe sich die erstinstanzliche Behörde ebenso wenig auseinandergesetzt wie mit den technischen Unterlagen des Baumeisters W. Vielmehr beschränke sich die erstinstanzliche Behörde darauf, sich auf die Ausführungen des technischen Sachverständigen gemäß Aktenvermerk vom 06.05.2011 zu beziehen, wonach "ein Bodenaustausch mit Eintiefungen bis zu ca. 10 m aus technischer wie auch aus wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht nachvollziehbar" sei. Abgesehen davon, dass weder dem Aktenvermerk vom 06.05.2011 noch dem angefochtenen Bescheid zu entnehmen sei, aufgrund welcher Erwägungen der technische Sachverständige sowie die erstinstanzliche Behörde zu dieser Einschätzung gelange, wäre die Behörde verpflichtet gewesen, sich mit dem Vorbringen der Bw gemäß Stellungnahme vom 24.08.2011 und den vorgelegten Unterlagen inhaltlich auseinanderzusetzen, um überprüfen zu können, ob die verfahrensgegenständlichen Arbeiten im Zusammenhang mit den geplanten Maßnahmen stünden oder nicht. Dabei wäre festzustellen gewesen, dass die der Bw zur Last gelegten Maßnahmen in unmittelbarem Zusammenhang mit den beabsichtigten Bauarbeiten Verkehrs- und Abstellflächen bzw. der Verbringung der Niederschlagswässer stünden. Damit unterliege diese Maßnahme aber nicht dem MinroG, zumal das Gewinnen nach dem MinroG immer ein gewisses operrationales Ziel, nämlich den planmäßigen Abbau der Erdkruste voraussetze. Das Ausheben etwa einer Baugrube, bei welcher als Nebenprodukt Schotter anfalle, der in weiterer Folge verwertet werde, sei daher ebenso wenig dem MinroG unterworfen wie Seitenentnahmen und Geländekorrekturen im Rahmen des Straßenbaus oder Schotterentnahmen in Gewässern aus wasserbautechnischen Gründen. In all diesen Fälle stehe nicht die Gewinnung von Schotter, das heißt der planmäßige Abbau von Schotter im Vordergrund, sondern sei das Ziel und der Zweck der Maßnahme ein anderes.

Es würden im vorliegenden Fall keinerlei Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass von einem planmäßigen Abbau des Schotters auszugehen sei, vielmehr stünden andere Maßnahmen im Vordergrund.

Auf Seite 4 des angefochtenen Bescheides werde auf einen Lokalaugenschein am 07.09.2011 verwiesen, wobei im Zuge dieses Lokalaugenscheines festgestellt worden sei, dass die offene Grube teilweise mit Erdreich aufgefüllt worden sei. Daher werte die Behörde die Aussage der Bw beim Lokalaugenschein vom 06.05.2011, wonach das ausgehobene Material wieder in den gegenständlichen Kiesabbau eingebracht werden würde, als Schutzbehauptung. Es werde dazu festgehalten, dass die Bw am Lokalaugenschein am 05.05.2011 nicht anwesend gewesen sei und daher auch keine Aussagen gemacht werden konnten. Dem Aktenvermerk vom 06.05.2011 sei vielmehr zu entnehmen, dass die Überprüfung im Beisein des Herrn A O stattgefunden habe. A O sei aber seit 01.04.2009 weder Geschäftsführer noch Prokurist der O T-E GmbH und sei somit am 05.05.2011 nicht vertretungsbefugt gewesen. Auch von einem Lokalaugenschein am 07.09.2011 sei der Bw nichts bekannt und sei ein allfälliges Ergebnis dieses Lokalaugenscheines bisher auch nicht zur Kenntnis gebracht worden, sodass keine Gelegenheit bestanden habe, dazu Stellung zu nehmen. Es werde aber die Feststellung der erstinstanzlichen Behörde bestritten, wonach die offene Grube mit anderem Material aufgefüllt worden sei als jenem, welches vorher entnommen worden sei. Schließlich werde darauf verwiesen, dass die über die Bw verhängte Geldstrafe bei weitem überhöht sei. Nachdem keine straferschwerenden Umstände vorliegen, hätte bereits die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit dazu führen müssen, die Geldstrafe im untersten Bereich des Strafrahmens anzusetzen.

 

Es werde daher der Antrag gestellt,

die Berufungsbehörde möge der Berufung Folge geben, das angefochtene Straferkenntnis aufheben und das Verwaltungsstrafverfahren einstellen, in eventu

das angefochtene Straferkenntnis aufheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an die Behörde erster Instanz zurückverweisen, in eventu

die über die Bw verhängte Geldstrafe deutlich reduzieren.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat diese Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 02.05.2012, zu welcher der anwaltliche Vertreter der Bw sowie Herr A O erschienen sind. Als Zeuge wurde Herr Baumeister N W einvernommen. Weiters hat an der Verhandlung der straßenverkehrstechnische Amtssachverständige Dipl.-Ing. E S vom Amt der Oö. Landesregierung teilgenommen.

 

4.1. Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

 

Die O T-E GmbH mit Sitz in S, G, deren handelrechtliche Geschäftsführerin die Bw ist, errichtete im Jahr 2009 auf Grundstück Nr. X eine Zelthalle im Ausmaß von ca. 1.500 m². Im Zuge dieses Vorhabens sollten auch die hiefür notwendigen LKW-Abstellplätze bzw. Verkehrswege errichtet werden.

In der mündlichen Verhandlung wurde von Herrn A O ausgeführt, dass dieses Projekt aus wirtschaftlichen Gründen erst im Jahr 2011 durchgeführt worden sei. Für die Errichtung dieser Verkehrsflächen bzw. Abstellplätzen samt Oberflächenentwässerung sei ein Grubenaushub auf Grundstück Nr. X sowie Grundstück Nr. X, KG. O, derart vorgenommen worden, dass zuerst eine Humusschicht entfernt wurde, dann der Zwischenboden und in weiterer Folge Schotter bis auf eine Tiefe von ca. 10 m.

Der in einer Menge von ca. 3.000 m³ gewonnene Schotter sei für die Wiederbefüllung der ausgehobenen Grube und für die Befestigung der errichteten Verkehrsflächen verwendet worden.

 

Vom beigezogenen straßenverkehrstechnischen Amtssachverständigen wurde festgehalten, dass diese Vorgangsweise zwar nicht den technischen Richtlinien betreffend Errichtung von Verkehrsflächen entspreche, jedoch aus fachlicher Sicht eine derartige Vorgangsweise bei der Errichtung von Abstellplätzen und Verkehrsflächen durchaus möglich ist. Vom Amtssachverständigen wurde auch weiters festgestellt, dass die benötigte Menge von 3.000 m³ für die Verfüllung der zu errichtenden Verkehrsflächen durchaus plausibel ist.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 1 Z2 MinroG ist "Gewinnen" im Sinne dieses Bundesgesetzes das Lösen oder Freisetzen (Abbau) mineralischer Rohstoffe und die damit zusammenhängenden vorbereitenden, begleitenden und nachfolgenden Tätigkeiten.

 

Gemäß § 80 Abs.1 MinroG haben natürliche Personen (juristische Personen) oder Personengesellschaften des Handelsrechts, die beabsichtigen, grundeigene mineralische Rohstoffe obertägig zu gewinnen, der Behörde einen Gewinnungsbetriebsplan zur Genehmigung vorzulegen.

 

Gemäß § 193 Abs.1 leg.cit machen sich Personen, die eine der in § 2 Abs.1. angeführten Tätigkeiten ausüben, ohne das diese durch eine Bergbauberechtigung gedeckt ist, einer Verwaltungsübertretung schuldig und sind von der Behröde mit einer Geldstrafe bis zu 3.600 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu 6 Wochen, zu bestrafen.

 

Gemäß § 2 Abs.1 Mineralrohstoffgesetz gilt dieses Bundesgesetz für das Gewinnen mineralischer Rohstoffe.

 

5.2. Vorliegend wurde im Zuge einer behördlichen Überprüfung am 27.04.2011 festgestellt, dass durch die O T-E GmbH auf Grundstück X und X, KG. O Schotter im Ausmaß von ca. 3.000 m³ entnommen wurde.

 

Wie bereits im Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 22.10.2009 ausgeführt, ist bei der Subsumierung von Sachverhalten unter das Mineralrohstoffgesetz vor allem auf den Zweck der Maßnahme abzustellen. Wie schon nach dem Berggesetz 1975 setzt auch das Gewinnen nach dem MinroG, unabhängig von seiner sehr weitern Definition, immer ein gewisses operationales Ziel, nämlich den planmäßigen Abbau der Erdkruste voraus. Das Ausheben einer Baugrube, bei welcher als Nebenprodukt Schotter anfällt, der in weiterer Folge verwertet wird, ist daher ebenso wenig dem Mineralrohstoffgesetz unterworfen wie Seitenentnahmen und Geländekorrekturen im Rahmen des Straßenbaus oder Schotterentnahmen in Gewässern aus wasserbautechnischen Gründen. In all jenen Fällen steht nicht die Gewinnung von Schotter, das heißt der planmäßige Abbau von Schotter im Vordergrund, sondern ist das Ziel und der Zweck der Maßnahme ein anderes.

 

Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens konnte ein solcher geforderter planmäßiger Abbau des Schotters nicht mit einer für das Strafverfahren erforderlichen an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden. Das Vorbringen der Bw, wonach es sich um einen Bodenaustausch dergestalt gehandelt habe, dass der gewonnene Schotter für die Wiederverfüllung der Baugrube bzw. der Verkehrs- und Abstellflächen verwendet worden sei, wurde auch vom beigezogenen straßenverkehrstechnischen Amtssachverständigen nicht für unplausibel - insbesondere auch im Hinblick auf die gewonnene Schottermenge - dargestellt.

Unter Berücksichtigung des Grundsatzes in dubio pro reo war sohin das Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag nicht zu leisten.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

 

 

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