Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-531181/5/Re/Th

Linz, 20.06.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung des E B, S. L b F, vom 18. Juli 2011, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 7. Juli 2011, Ge20-57-2011, wegen der Verfügung einer einstweiligen Zwangs- und Sicherheitsmaßnahme gemäß § 360 Abs.1 GewO 1994, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird insoferne Folge gegeben, als die einstweilige Zwangs- und Sicherheitsmaßnahme, soweit sie sich auf den Standort S. L b F, Grundstück Nr. XX der KG. S. L bezieht, aufgehoben wird.

In Bezug auf den Standort S. L b F, S, wird der Berufung keine Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid vom
7. Juli 2011, Ge20-57-2011, bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4, 67a Abs.1 und 67d des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 idgF (AVG)

§§ 359a und 360 Abs.1 Gewerbeordnung 1994 idgF (GewO 1994).

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem bekämpften Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom
7. Juli 2011, Ge20-57-2011, wurde dem Berufungswerber (Bw) als Gewerbeberechtigter aufgetragen, in den Standorten  S. L b F, Grundstück Nr. XX, KG. S. L, und S, den der Rechtsordnung entsprechenden Zustand herzustellen und den Betrieb der dortigen gewerblichen Betriebsanlagen sofort einzustellen, in dem unverzüglich die dort gelagerten Materialien und Geräte entfernt sowie ausgeübten gewerblichen Tätigkeiten eingestellt und entsprechende Vorkehrungen getroffen werden, die eine Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit von Nachbarn und Kunden sowie Belästigung der Nachbarn durch Geruch, Lärm, Staub und Erschütterungen sowie eine Beeinträchtigung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr hintanhalten. Dies im Grunde des § 360 Abs.1 GewO 1994 und im Wesentlichen mit der Begründung, aus den Erhebungen der Polizeiinspektion W vom 9. Mai 2011 gehe hervor, dass in den zitierten Standorten am 9. und 11. Mai 2011 genehmigungspflichtige gewerbliche Betriebsanlagen in Form eines Lagerplatzes für Schnitt- und Brennholz, eines LKW-Anhängers sowie eines Baucontainers auf Grundstück Nr. XX der KG. S. L sowie eines Zimmereibetriebes in einem ehemaligen Betonwerk in S (Lagerung von Schnittholz, Dachlatten, Rundholz zum Bau eines Blockhauses, Baumaterialien, eines Baggers zum Transport der Holzstämmen, Rindenabfälle von entrindeten Baumstämmen, Gerüstteilen, Bau einer Rundholzblockhütte) ohne gewerbebehördliche Genehmigung betrieben hätte, obwohl diese geeignet seien, Leben oder Gesundheit von Nachbarn oder Kunden zu gefährden oder Nachbarn zu belästigen oder die Leichtigkeit, Sicherheit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen; es bestehe somit ein Verdacht einer Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z2 der GewO 1994 (Errichtung und Betrieb genehmigungspflichtiger gewerblicher Betriebsanlagen ohne Genehmigung). Zuvor sei bereits eine Verfahrensanordnung vom 8. Juni 2011 ergangen und der Berufungswerber aufgefordert worden, den der Rechtsordnung entsprechenden Zustand unverzüglich nach Zustellung des Schreibens durch Einstellung des Betriebes und Entfernung von Gerätschaften etc. herzustellen. Nach den Ermittlungen sei davon auszugehen, dass es sich bei den gelagerten Materialien nicht nur um Brennholz sondern auch um Schnittholz, gehobelte Balken, Rundhölzer zum Bau einer Blockhütte, Stapel mit farblich vorbehandelten Brettern, geschälte Rundholzstämme zum Blockhausbau, Gerüstplatten und Gerüstteile sowie in Folien verpackte Holzelemente handle. Auch Bagger zum Bewegen der Materialien wurden eingesetzt. Da somit ein Verdacht der Übertretung nach § 366 Abs.1 Z2 GewO 1994 bestehe, sei im Sinne des § 360 Abs.1 leg.cit die Vorschreibung zur Herstellung der der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes notwendigen Maßnahmen erforderlich.

 

2. Gegen diesen Bescheid hat der Verpflichtete, Herr E B, mit Eingabe vom 18. Juli 2011, der Post zur Beförderung übergeben am 25. Juli 2011 und somit innerhalb offener Frist eingebracht, Berufung erhoben. Diese Berufung begründet er ausschließlich mit dem Vorbringen, er betreibe kein Zimmereigewerbe und das Holz stamme ausschließlich aus seinem eigenen Wald.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt als belangte Behörde hat diese Berufungsschrift gemeinsam mit dem zu Grunde liegenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Die belangte Behörde hat dabei keine inhaltlichen Äußerungen zum Berufungsvorbringen abgegeben und keinen Widerspruch im Sinne des § 67h Abs.1 AVG erhoben.

 

Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich durch Einzelmitglied ergibt sich aus § 359a GewO 1994 iVm § 67a Abs.1 AVG.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde zu Ge20-57-2011.

 

Im Grunde des § 67d Abs.1 AVG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mangels Erfordernis abgesehen werden.

 

4. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde, wenn der Verdacht einer Übertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z1, 2 oder 3 besteht, unabhängig von der Einleitung eines Strafverfahrens, den Gewerbeausübenden bzw. den Anlageninhaber mit Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb einer angemessen, von der Behörde zu bestimmenden Frist aufzufordern; eine solche Aufforderung hat auch dann zu ergehen, wenn der Verdacht einer Übertretung gemäß  § 367 Z25 besteht und nicht bereits ein einschlägiges Verfahren gemäß § 78 Abs. 2, § 79 c Abs. 4 oder § 82 Abs. 3 anhängig ist. Kommt der Gewerbeausübende bzw. der Anlageninhaber dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so hat die Behörde mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen, wie die Stilllegung von Maschinen oder die Schließung von Teilen des Betriebes oder die Schließung des gesamten Betriebes, zu verfügen.

 

Bei den Übertretungen gemäß § 366 Abs.1, Z1, 2 oder 3 der GewO 1994 handelt es sich um die Straftatbestände der Gewerbeausübung ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben (Z1), des Errichtens oder Betreibens einer genehmigungspflichtigen Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung (Z2) bzw. des Änderns einer genehmigten Betriebsanlage oder des Betriebes derselben nach einer Änderung ohne erforderliche Genehmigung.

 

Als allgemeine Voraussetzung für ein Vorgehen nach § 360 der Gewerbeordnung 1994 führt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur für die Verfügung von Maßnahmen die tatsächliche Ausübung der Tätigkeit bzw. den tatsächlichen Betrieb der Betriebsanlage an.  Der normative Inhalt des § 360 Abs.1 leg.cit. setzt für die Anordnung jeweils notwendiger Maßnahmen das weiterhin gegebene Nichtvorliegen eines der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes voraus (VwGH 20.1.1987, 86/04/0139). Dabei darf die Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes durch jeweils notwendige Maßnahmen lediglich der "contrarius actus" zu jenen Zuwiderhandlungen sein, hinsichtlich derer der Verdacht einer Verwaltungsübertretung besteht.

 

Die in § 360 Abs.1 GewO 1994 geregelte Ermächtigung zur Verfügung einstweiliger Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen hat zur Voraussetzung, dass eine solche Maßnahme erst nach einer entsprechenden Aufforderung (Verfahrensanordnung) zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes gesetzt werden darf. Dabei bedeutet die "Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes" die Wiederherstellung jener Sollordnung, die sich aus den in Betracht kommenden gewerberechtlichen Bestimmungen ergibt, also etwa die Einstellung der unbefugten Gewerbeausübung, die Einstellung des unbefugten Errichtens oder Betreibens einer Betriebsanlage, die Schließung des gesamten Betriebes, die Einhaltung einer Bescheidauflage etc.

 

Aus dem vorliegenden Verfahrensakt der belangten Behörde ergibt sich, dass aufgrund einer Anzeige der Polizeiinspektion W vom 28. Mai 2011, bezogen auf eine Überprüfung am 9. Mai 2011, wonach am Areal S und am Grundstück XX der KG. S. L b F jeweils der Verdacht auf den konsenslosen Betrieb einer Betriebsanlage, somit der Verdacht einer Übertretung der GewO bestehe. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat daraufhin den Berufungswerber mit Verfahrensanordnung vom 8. Juli 2011, Ge20-57-2011, zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes aufgefordert, und zwar getrennt in Bezug auf das Grundstück Nr. XX der KG S. L in S. L bei F (lit.a) bzw. die Adresse S in S. L (lit.b), letztere betreffend ein ehemaliges Betonwerk.

 

Weiters aktenkundig ist ein zuletzt ergangenes Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 27. Jänner 2012, welches ebenfalls auf der durchgeführten Überprüfung der Polizeiinspektion W vom 29. Mai 2011 gründet und dem Berufungswerber vorwirft, im Standort S. L b F, auf Grundstück Nr. XX, KG. S. L am 9. Mai 2011 eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage in Form eines Lagerplatzes für Schnitt- und Brennholz, einen LKW-Anhänger sowie einen Baucontainer (lit.a) sowie unter lit.b im Standort S. L b F, S, in einem ehemaligen Betonwerk, am 9. und 11. Mai 2011 eine genehmigungspflichtige gewerbliche Betriebsanlage in Form eines Zimmereibetriebes (Lagerung von Schnittholz, Dachlatten, Rundholz zum Bau eines Blockhauses, Baumaterialien eines Baggers zum Transport der Holzstämme, Rindenabfällen von entrindeten Baumstämmen, Gerüstteilen sowie Bau einer Rundholzblockhütte) ohne die hiefür erforderlichen gewerbebehördlichen Genehmigungen der Betriebsanlagen betrieben zuhaben, obwohl diese erforderlich gewesen wären. Dieses Straferkenntnis basiert auf der Rechtsgrundlage des § 366 Abs.1 Z2 iVm § 74 Abs.2 GewO 1994, wonach eine Verwaltungsübertretung die mit Geldstrafe zu bestrafen ist begeht, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt.

Aufgrund einer gegen dieses Straferkenntnis vom Bw eingebrachten Berufung hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mit Erkenntnis vom 11. April 2012 das Straferkenntnis im Bezug auf den Tatvorwurf des Errichtens bzw. Betreibens einer gewerblichen Betriebsanlage ohne gewerbebehördliche Genehmigung im S S. L b F, S, im ehemaligen Betonwerk, bestätigt, in Bezug auf den vorgeworfenen Standort S. L, Grundstück Nr. XX der KG. S. L, jedoch Folge gegeben und das Straferkenntnis in Bezug auf diesen, letztgenannten Spruchpunkt aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

Da somit, nicht zuletzt auch unter Berücksichtigung der Erhebungsergebnisse der Polizeiinspektion W vom 9. Mai 2011 (Bericht vom 29. Mai 2011), bezogen auf den Standort S. L b F, Grundstück Nr. XX, das gleichzeitig durchgeführte Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war, kann auch der dem verfahrensgegenständlichen Bescheid nach § 360 Abs.1 GewO 1994 zugrunde liegende Verdacht einer Verwaltungsübertretung des Errichtens bzw. Betreibens einer gewerbebehördlichen Genehmigung im Bezug auf diesen Standort nicht weiter aufrecht erhalten werden und war der bekämpfte Bescheid diesbezüglich einzuschränken.

 

Im Bezug auf den Standort S. L b F, S, hingegen hat der Berufungswerber selbst im anhängigen Verwaltungsstrafverfahren die Berufung auf die Strafhöhe eingeschränkt. Der Tatvorwurf hingegen wurde ihm letztlich rechtskräftig zur Last gelegt und eine Geldstrafe über ihn verhängt. Demnach bestand auch der im gegenständlichen Verfahren bereits mit Verfahrensanordnung vom 8. Juni 2011, Ge20-57-2011 und in der Folge mit dem bekämpften Bescheid vom 7. Juli 2011, Ge20-57-2011 ausgesprochene Verdacht einer Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z2 GewO 1994 zu Recht und war die ausgesprochene Zwangsmaßnahme betreffend der Einstellung der gewerblichen Tätigkeiten bzw. die Entfernung der angeführten Gegenstände bzw. Materialien zu bestätigen.

 

Es wird in Hinkunft am Berufungswerber liegen, an den angeführten Standorten die Durchführung gewerblicher Tätigkeiten, welche gleichzeitig den Betrieb einer gewerblichen Betriebsanlage mit sich bringen, einzustellen bzw. rechtzeitig vorher um die hiefür jedenfalls erforderliche Betriebsanlagengenehmigung anzusuchen bzw. diese einzuholen. Andernfalls er – aufgrund der wiederholten Vorkommnisse – sicherlich mit höheren Geldstrafen bzw. mit einschneidenden Zwangsmaßnahmen zu rechnen hat.

 

Aufgrund der dargestellten Sach- und Rechtslage war somit wie im Spruch zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweise:

-         Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

-         Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

Dr. Reichenberger

 

 

 

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