Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-531253/2/BMa/Th VwSen-531254/2/BMa/Th VwSen-531255/2/BMa/Th

Linz, 25.06.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag.a Gerda Bergmayr-Mann über die Berufungen des X, X, vertreten durch X, des X, X und X, jeweils X, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmanns von Ried im Innkreis vom 30. Jänner 2012, Ge20-80-2011, betreffend Änderung der bestehenden Betriebsanlage (Gasthaus) durch die Öffnung des Gastgartens mit einer Betriebszeit bis 23:00 Uhr, Errichtung eines Pubs im vorderen Teil des Gastzimmers mit Sperrstunde 04:00 Uhr und Ausschank in der bestehenden Kegelbahn im Standort X, gemäß §§ 81, 77, 74 und 359 GewO 1994 iVm §§ 93 Abs.2 und 92 Abs.2 letzter Satz ArbeitnehmerInnenschutzgesetz zu Recht erkannt:

 

 

      I.      Aus Anlass der Berufung von X, X und X wird der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit wird zur (ergänzenden) Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Gewerbebehörde erster Instanz zurückverwiesen.

 

  II.      Die Berufung des X wird zurückgewiesen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.2 und Abs.4 iVm § 67a Abs.1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 idF BGBl. Nr. I 100/2011 (AVG)


Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Bescheid des Bezirkshauptmanns von Ried im Innkreis wurde X die gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der bestehenden Betriebsanlage, eines Gasthauses, durch die Öffnung des Gastgartens mit einer Betriebszeit bis 23:00 Uhr, die Errichtung eines Pubs im vorderen Teil des Gastzimmers mit Sperrstunde 04:00 Uhr und die Errichtung und den Betrieb eines Gästeparkplatzes südlich der Kegelbahn unter Vorschreibung von Auflagen erteilt. Der erste Teil des Spruches wurde vor Zitierung der Rechtsgrundlagen noch insofern präzisiert, als angeführt wurde, dass beantragte Änderungen sein sollen: "Pub links neben dem Eingang liegenden Gastraum, Gastgarten für 70 bis 250 Personen, Gästeparkplatz südlich der `Kegelbahn´".

 

2. Gegen diesen Bescheid haben die Berufungswerber X innerhalb offener Frist jeweils Berufung eingebracht.  X führte in dieser im Wesentlichen aus, dem bekämpften Bescheid liege ein mangelhaft durchgeführtes Ermittlungsverfahren zugrunde, so sei ein Verfahrensfehler darin zu sehen, dass der von seinem Anwalt eingebrachten Antrag auf Einholung eines immissions- und emissionstechnischen Gutachtens bzw. medizinischen Gutachtens keine Berücksichtigung gefunden habe. Alle drei Berufungswerber X wandten sich gegen die Sperrstundenverlängerung auf 04:00 Uhr und den Betrieb des Gastgartens bis 23:00 Uhr, da dies eine unzumutbare Belastung darstelle. In diesem Zusammenhang wurde auch immer wieder auf einen nicht genehmigten Betrieb durch den Gasthausbetreiber hingewiesen.

 

Der Konsenswerber X wandte sich gegen die Formulierung der Auflage I.4., in der angeführt wird, dass nur KFZ-Stellplätze im schalltechnischen Abdeckungsbereich des Wirtschaftsgebäudes gegenüber dem Wohngebäude X zulässig seien, weil die Formulierung "nur" eine unzulässige Einschränkung der bisherigen Gegebenheiten darstelle.

 

3. Diese Berufungen wurden von der belangten Behörde gemeinsam mit dem bezughabenden Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat mit Schreiben vom 12. März 2012 vorgelegt.

 

Im Vorlageschreiben wurde vermerkt, dass der beantragte Gastgarten an eine Straße mit öffentlichem Verkehr angrenze und es seien unter Bedachtnahme auf Auflage 8 des Bescheids, wonach festgelegt wurde, dass lauteres Sprechen als der übliche Gesprächston der Gäste, Singen und Musizieren vom Gastgewerbetreibenden zu untersagen sei und auf dieses Verbot hinzuweisende Anschläge dauerhaft und von allen Zugängen vom Gastgarten deutlich anzubringen seien. Aus diesem Grund seien keine weiteren Erhebungen betreffend "Lärm" der Gäste gemacht worden, weil die Genehmigungspflicht lediglich in der erwähnten erhöhten Zahl der Verabreichungsplätze bestehen.

 

Zur Genehmigung des Parkplatzes wurde festgehalten, dass nach Vorliegen der Parkplatzskizze nach Maßgabe des Standardwerks für die Beurteilung des Parkplatzlärms, die Studie des Bayrischen Amtes für Umweltschutz vom Amtssachverständigen herangezogen und eine Immissionsberechnung bezüglich der Nachbarliegenschaft X vorgenommen worden sei. Aufgrund des schlüssigen und eindeutigen Ergebnisses sei von der Einholung eines amtsärztlichen Gutachtens Abstand genommen worden, weil die künftige Situation eine wesentliche Verbesserung gegenüber dem derzeitigen Bestand darstelle. Ergänzend wurde auf die örtliche Nachbarschaftssituation eingegangen.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt erster Instanz zu Ge20-80-2011; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte gemäß § 67d Abs.1 AVG von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 81 Abs. 1 GewO 1994 bedarf die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der Bestimmungen der Gewerbeordnung, wenn dies zur Wahrung der im §74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist.

 

Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

1.      das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden,

2.      die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,

3.      die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,

4.      die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder

5.      eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

 

Gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1994 ist eine Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.

 

Gemäß § 353 Abs.1 GewO 1994 sind dem Ansuchen um Genehmigung einer Betriebsanlage folgende Unterlagen anzuschließen:

1.      in vierfacher Ausfertigung

a)      eine Betriebsbeschreibung einschließlich eines Verzeichnisses der Maschinen und sonstigen Betriebseinrichtungen,

b)      die erforderlichen Pläne und Skizzen,

c)      ein Abfallwirtschaftskonzept; dieses hat zu enthalten:

1.      Angaben über die Branchen und den Zweck der Anlage,

2.      eine verfahrensbezogene Darstellung des Betriebes,

3.      eine abfallrelevante Darstellung des Betriebes,

4.      organisatorische Vorkehrungen zur Einhaltung abfallwirtschaftlicher Rechtsvorschriften und

5.      eine Abschätzung der zukünftigen Entwicklung

2.   in einfacher Ausfertigung

      a)   nicht unter Z1 fallende für die Beurteilung des Projekts und der zu                                  erwartenden Emissionen der Anlage im Ermittlungsverfahren erforderliche                   technischen Unterlagen .......

 

Gemäß § 66 Abs.2 AVG kann die Berufungsbehörde den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz zurückverweisen, wenn der der Berufungsbehörde vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.

 

Wurde eine mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs.1 zweiter Satz und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemacht, so hat dies zur Folge, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung während der Amtsstunden bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt.

 

5.2. Gegenständlich ergibt sich aus der Einsichtnahme in den Verfahrensakt der erstinstanzlichen Behörde zu Ge20-80-2011, dass der Konsenswerber mit Antrag vom 16. August 2011 um Erteilung der gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Betriebsanlage im Standort X, Standortgemeinde X, angesucht hat.

 

Als Projektsunterlagen wurden eine allgemeine Betriebsbeschreibung, ein Abfallwirtschaftskonzept, ein Teilungsausweis zu GZ X KG X, ein Lageplan, eine "Mappendarstellung = Naturaufnahme" und eine planliche Darstellung des Obergeschoßes eingereicht.

 

Nach Vorprüfung der Projektunterlagen hat die belangte Behörde mit Kundmachung vom 12. September 2011 eine mündliche Augenscheinsverhandlung für den 27. September 2011 anberaumt und durchgeführt. Die Verhandlung wurde am 24. Jänner 2012, nach Vorliegen eines ergänzenden Befunds und Gutachtens, erstellt durch den gewerbetechnischen Amtssachverständigen, zu den zu erwartenden Schallimmissionen vom Parkplatz zur Nachbarliegenschaft X auf der Parzelle X KG X, fortgesetzt.

 

Noch vor Durchführung der mündlichen Verhandlung langten bei der erstinstanzlichen Behörde Einwendungen der Berufungswerber ein; darin wurden unter anderem auch – konkludent – Einwendungen wegen befürchteter Lärmbelästigung durch das beabsichtigte Vorhaben vorgebracht (X vom 13. September 2011, X vom 15. September 2011, X vom 25. September 2011). Darüber hinaus wurden rechtsfreundlich vertreten von den Nachbarn X mit Schreiben vom 23.09.2011 Einwendungen, die sich ebenfalls im Wesentlichen auf eine befürchtete Lärmbelästigung beziehen, erhoben.

Mit dieser Eingabe wurde der Antrag auf Einholung eines immissions- und emissionstechnischen Gutachtens über die von der gegenständlichen Betriebsanlage ausgehenden Lärm- und Geruchsimmissionen und die dadurch bewirkte Lärmimmission an der Grundgrenze zum Nachbargrundstück der Einschreiter sowie die Einholung eines medizinischen Gutachtens zur Beurteilung der Zumutbarkeit der festzustellenden Immissionen im Sinne des § 77 Abs.2 GewO beantragt. Die Betriebszeiten für die Öffnung des Gastgartens bis 23:00 Uhr sei für die Nachbarn absolut unzumutbar. Abschließend wurde der Antrag gestellt, der beantragten Änderungen der Betriebsanlage nicht Folge zu geben.

 

Der Verhandlung wurde ein gewerbetechnischer Amtssachverständiger, ein Amtssachverständiger für das Arbeitsinspektorrat Vöcklabruck und ein Vertreter der Marktgemeinde X beigezogen. Herr X war in Begleitung von Rechtsanwalt X bei der Verhandlung anwesend.

 

Als Gegenstand wurde eingangs der mündlichen Verhandlung der Ausschank in der bestehenden Kegelbahn angeführt und befundmäßig erfasst. In Ergänzung zur Verhandlungsschrift vom 27. September 2011 erstattete der gewerbetechnische Amtssachverständige einen ergänzenden Befund und ein darauf fußendes Gutachten vom 5. Jänner 2012, dem eine Parkplatzlärmberechnung nach der Parkplatzlärmstudie des Bayrischen Landesamts für Umweltschutz 2007 angeschlossen ist.

 

Die Parkplatzlärmberechnung stellt Teilimmissionswerte beim Wohnhaus X für Stellplätze 1 bis 7, 8 bis 14 und 14 bis 15 sowie Spitzenpegel dar. Weiters wurde die Wirkung der schalltechnischen Abschirmung durch das Wirtschaftsgebäude gegenüber dem Nachbargebäude X dargetan. Es wurde eine Summenbildung vorgenommen und aus schalltechnischer Sicht erklärt, dass auf die Stellplätze 15 bis 17 zu verzichten sei, da diese eine direkte Schallemission auf das Nachbargebäude darstellen würden.

Abschließend wurden Auflagen vorgeschlagen, die aus schalltechnischer Sicht notwendig seien. Zur fortgesetzten Verhandlung ist wiederum der Nachbar X mit seiner Rechtsvertretung gekommen. Das Verhandlungsergebnis wurde vom Nachbarn X zur Kenntnis genommen und keine weitere Äußerung hiezu abgegeben.

 

Daraufhin erging der nunmehr bekämpfte Bescheid vom 30. Jänner 2012.

 

5.3. Eine lärmtechnische Beurteilung der gesamten betrieblichen Situation, die durch die projektierte Änderung der Betriebsanlage hervorgerufen werden wird, erfolgte in lärmtechnischer Hinsicht nicht. Auch hat der Sachverständige keine Äußerung zu den befürchteten Geruchsemissionen ausgehend von der Betriebsanlage abgegeben. Die Frage, ob eine nach den Umständen des Einzelfalls voraussehbare Gefährdung von Leben und Gesundheit im Sinn des § 74 Abs.1 Z1 vermieden wird, ist unter Bedachtnahme auf die in der Umwelt bereits gegebenen Gefährdungen zu beurteilen. Dieser Beurteilung ist daher die durch das Hinzutreten der durch die beantragte Anlage bewirkten Immissionen zu der – aus anderen Quellen stammenden – Grundbelastung entstehenden Gesamtsituation zugrunde zu legen. Maßgeblich ist nicht, wie sich die Veränderung der Gesamtsituation auf Leben und Gesundheit auswirkt, sondern die Auswirkung der veränderten Gesamtsituation (VwGH 26.05.1998, 98/04/0022; 29.06.2005, 2004/04/0048).

 

Zunächst ist zu der oben zitierten Bestimmung des § 66 Abs.2 AVG auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Durchführung und zum Umfang des Ermittlungsverfahrens im gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigungsverfahren zu verweisen. Demnach ist die Feststellung, ob die Voraussetzungen für eine Genehmigung für die Errichtung oder Änderung einer Anlage gegeben sind und ob sich zu erwartende Emissionen auf die bestehende Situation zum Nachteil der Nachbarn belästigend oder gesundheitsgefährdend auswirken, Gegenstand des Beweises durch Sachverständige auf dem Gebiet der gewerblichen Technik und auf dem Gebiet des Gesundheitswesens.

 

Den Sachverständigen obliegt es, aufgrund ihres Fachwissens ein Urteil (Gutachten) über diese Fragen abzugeben. Der gewerbetechnische Sachverständige hat sich darüber zu äußern, welcher Art die von einer Betriebsanlage nach dem Projekt der Genehmigungswerberin zu erwartenden Einflüsse auf die Nachbarschaft sind, welche Einrichtungen der Betriebsanlage als Quellen solcher Immissionen in Betracht kommen, ob und durch welche Vorkehrungen zu erwartenden Immissionen verhütet oder verringert werden und welcher Art und Intensität die verringerten Immissionen noch sein werden.

 

Erst sachverständig fundierte Feststellungen über den Charakter der erhobenen Lärmereignisse, der damit verbundenen Lärmspitzen und der Änderung der bestehenden Lärmsituation ermöglichen eine Abklärung aus medizinischer Sicht, welche Auswirkungen diese Emissionen ihrer Art und ihrem Ausmaß nach auf den menschlichen Organismus auszuüben vermögen.

 

Dem medizinischen Sachverständigen fällt – fußend auf dem Gutachten des gewerbetechnischen Sachverständigen – die Aufgabe zu, darzulegen, welche Einwirkungen die zu erwartenden unvermeidlichen Immissionen nach Art und Dauer auf den menschlichen Organismus entsprechend der in diesem Zusammenhang in § 77 Abs.2 GewO enthaltenen Tatbestandsmerkmale auszuüben vermögen (VwGH 25.09.1990, 90/04/0035; 24.11.1992, 92/04/0119).

 

Aufgrund der Sachverständigengutachten hat sich sodann die Behörde im Rechtsbereich ihr Urteil zu bilden.

 

5.4. Im gegenständlichen Genehmigungsverfahren hat es die belangte Behörde unterlassen, im Rahmen des Ermittlungsverfahrens entsprechende Sachverständigengutachten zur Feststellung des relevanten Sachverhaltes, insbesondere im Hinblick auf Lärm, einzuholen. So wurden lärmtechnische Erhebungen und Feststellungen lediglich für einen Teilbereich der beantragten gewerbebehördlichen Änderung getroffen. Der projektierte Gastgarten beispielsweise wurde in das Genehmigungsverfahren miteinbezogen, obwohl auch ein Gastgarten für 70 bis 200 Personen ebenso wie ein Ausschank in der bestehenden Kegelbahn und die Errichtung eines Pubs im vorderen Teil des Gastzimmers mit Sperrstunde 04:00 Uhr beantragt war. Zwar wurde auf die Bestimmung des § 76a GewO hinsichtlich des Gastgartens hingewiesen, der an öffentliche Verkehrsflächen angrenzt, es wurde aber nicht erwähnt, dass gemäß § 76a GewO die Verabreichungsplätze mit 75 beschränkt sind.

 

Vom Konsenswerber wurden keine ausreichenden (lärmtechnischen) Unterlagen im Sinne des § 353 GewO, die der Beurteilung zugrunde zu legen sind, vorgelegt und solche wurden auch von der belangten Behörde nicht eingefordert. Das im erstinstanzlichen Verfahren durchgeführte Ermittlungsverfahren hat insbesondere nicht die tatsächlichen örtlichen Verhältnisse erhoben und als Beurteilungsmaßstab ihre mögliche Änderung, die durch die projektierte Betriebsanlage verursacht werden, beurteilt. In Ermangelung dieser Ermittlungen wurde auch kein medizinisches Gutachten zur Frage eingeholt, welche Auswirkungen die durch das beantragte Vorhaben möglicherweise verursachten Änderung des Ist-Maßes auf ein gesundes, normal empfindendes Kind und auf einen gesunden, normal empfindenden Erwachsenen haben. Auch hätte der gewerbetechnische Amtssachverständige eine Stellungnahme dazu abzugeben gehabt, ob Geruchsimmissionen ausgehend von der beantragten Änderung der Anlage auf die Nachbarn einwirken.

 

Die vorliegenden Ergebnisse des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, das wie oben ausgeführt, auch insofern mangelhaft geblieben ist, als die vorgelegten Projektunterlagen für eine Beurteilung der zu erwartenden Immissionen der Betriebsanlage nicht ausreichend sind, sind jedenfalls nicht geeignet, eine ausreichende Grundlage für die Beantwortung der Rechtsfrage zu bilden, ob durch den Betrieb der gegenständlichen Anlage Gesundheitsgefährdungen bzw. unzumutbare Belästigung für die Nachbarn zu besorgen sind, oder ob gegebenenfalls solche Gefährdungen oder Belästigungen durch Vorschreibung geeigneter Auflagen auf ein zumutbares Maß beschränkt werden können.

 

Nach Vorlage der im obigen Sinn ergänzten Projektunterlagen durch den Konsenswerber wird es Aufgabe des lärmtechnischen Sachverständigen sein, aufbauend auf den Ergebnissen des festzustellenden und durch Vorgabe eines lärmtechnischen Projektsbestandsteils bekanntgegebenen Ist-Zustandes die ungünstigsten Immissionssituationen für die nächst gelegenen Anrainer zu berechnen. Für den Fall, dass eine Änderung der bestehenden Lärmsituation durch das beantragte Vorhaben zu erwarten ist, wird von der belangten Behörde auch ein medizinisches Gutachten einzuholen sein. Dasselbe gilt für die von den Nachbarn befürchteten Immissionen durch Geruch ausgehend von der geänderten Betriebsanlage.

 

Nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenates erscheint zur Vervollständigung der notwendigen Ermittlungsergebnisse als Entscheidungsgrundlage für die Erlassung des Bescheids im Hinblick auf die gemäß § 74 Abs.2 Z2 GewO 1994 wahrzunehmenden Interessen die Durchführung einer mündlichen Augenscheinsverhandlung mit Sachverständigenbeweis betreffend der geltend gemachten Lärmeinwendungen und – allenfalls auch hinsichtlich der Geruchseinwendungen – im Sinne des § 66 Abs.2 als unvermeidlich, weshalb schon aus diesem Grund spruchgemäß zu entscheiden war. Ein weiteres Eingehen auf das Berufungsvorbringen der Berufungswerber X erübrigt sich daher.

 

Weil der angefochtene Bescheid aufzuheben und zurückzuweisen war, war die Berufung des Konsenswerbers zur Abänderung einer in diesem Bescheid enthaltenen Auflage zurückzuweisen, ist doch eine Änderung in einem nicht mehr dem Rechtsbestand angehörenden Bescheid nicht möglich.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag.a Bergmayr-Mann

 

 

 

 

 

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