Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-390334/13/Bm/Th

Linz, 20.06.2012

 

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn A S, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. K F. L, L,  L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 02.02.2012, Wi96-1-2011/DJ, wegen einer Übertretung nach dem UWG zu Recht erkannt:

 

 

Das angefochtene Straferkenntnis wird wegen örtlicher Unzuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land ersatzlos aufgehoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 27 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 02.02.2012, Wi96-1-2011-DJ, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe von 300 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 33 Abs.1 und § 32 des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 iVm dem Artikel 15 (1) c der Verordnung (EG) Nr. 1935/2004 verhängt.

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit Verantwortlicher gemäß § 9 Abs. 1 VStG der A S Gesellschaft m.b.H., Sitz in Gemeinde P, Geschäftsanschrift: P, A-S-S, zu vertreten, dass [wie von einem Organ des Referates für Lebensmittelangelegenheiten, G und einer darauffolgenden Untersuchung der entnommenen Probe durch die Ö Ar f G und E  GmbH (A) festgestellt wurde] von der oben genannten Gesellschaft am 31.08.2010, in der Filiale in G, A, die "Aluminium Folie" (Verpackung: Faltkartonschachtel) gewerbsmäßig feilgehalten wurde, obwohl entgegen den Bestimmungen der Kennzeichnung gemäß Artikel 15 der Verordnung (EG) Nr. 1935/2004 folgende Angaben der Kennzeichnungselemente auf der Verpackung unvollständig waren:

 

Die Anschrift oder der Sitz des Herstellers, des Verarbeiters oder eines in der Gemeinschaft niedergelassenen und für das Inverkehrbringen verantwortlichen Verkäufers.

 

Die angefertigten Beweisfotos werden in Kopie als Beilagen übermittelt und bilden einen Bestandteil dieses Straferkenntnisses."

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bw innerhalb offener Frist durch seine anwaltliche Vertretung Berufung erhoben und darin im Wesentlichen vorgebracht, als übertretene Normen ziehe die Erstbehörde die §§ 32 f UWG iVm Artikel 15 Abs.1 lit.c der VO (EG) Nr. 1935/2004 an.

§ 32 Abs.1 UWG schreibe fest, dass mit Verordnung angeordnet werden kann, dass bestimmte Waren nur in vorgeschriebenen Mengen, Verpackungen oder unter Einhaltung eines bestimmten Verhältnisses zwischen Verpackungsgröße und Füllmenge, nur unter Ersichtlichmachung des Namens und des Geschäftssitzes des Erzeugers oder Händlers, der Menge, der Beschaffenheit, der für den ordnungsgemäßen Gebrauch und die Pflege wesentlichen Angaben, sowie der örtlichen Herkunft gewerbsmäßig feilgehalten oder sonst in Verkehr gesetzt werden dürfen.

 

§ 33 Abs.1 leg.cit normiere ergänzend, dass wer den Vorschriften einer aufgrund des § 32 erlassenen Verordnung zuwiderhandelt, eine Verwaltungsübertretung begeht und von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 2.900 Euro zu bestrafen ist.

Sanktioniert werde somit ausschließlich die Übertretung einer auf Grundlage des § 32 UWG ergangenen Verordnung.

Es sei jedoch per se völlig undenkbar, dass der als übertreten angezogene Artikel 15 Abs.1 lit.c der Verordnung (EG) Nr. 1935/2004 auf Grundlage einer im österreichischen UWG festgeschriebenen Verordnungsermächtigung erlassen worden sei, vielmehr sei diese Norm des Gemeinschaftsrechtes auf Grundlage des Vertrages zur Gründung der europäischen Gemeinschaft erlassen worden.

Artikel 15 Abs.1 lit.c der Verordnung zu Kennzeichnungspflichten laute: "Mit dem Namen oder der Firma sowie in jedem Fall der Anschrift oder dem Sitz des Herstellers, des Verarbeiters, oder eines in der Gemeinschaft niedergelassenen und für das in Verkehr bringen verantwortlichen Verkäufers."

Auf der beanstandeten Verpackung finde sich laut den Fotos der A, Untersuchungszeugnis zur Auftragsnummer XX, vom Hersteller folgender Hinweis: "Q H u H GmbH, D R".

Mit dieser Angabe sei sämtlichen Erfordernissen des Artikel 15 Abs.1 lit.c der Verordnung (EG) Nr. 1935/2004 Genüge getan, da die Firma des Herstellers angegeben sei, desgleichen dessen Sitz. Diesbezüglich werde auf die Vorschriften des GmbH-Gesetzes verwiesen, welche festschreiben, dass Sitz der Gesellschaft der Ort ist, an dem die Gesellschaft einen Betrieb hat, an dem sich die Geschäftsleitung befindet, oder an dem die Verwaltung geführt wird.

Sitz einer Gesellschaft sei immer eine politische Gemeinde, sonstige Ortsangaben iSd der "Anschrift" seien weder notwendig noch vorgesehen, da der Normsetzer ausdrücklich die Angabe von Anschrift oder Sitz vorgeschrieben habe, sodass der angezogene Verwaltungsstraftatbestand per se nicht erfüllt werde.

Gemäß § 27 VStG ist örtlich die Behörde zuständig, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist. Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung zu Kennzeichnungsvorschriften würden bei Verstößen gegen derartiger Bestimmungen sogenannte Begehungsdelikte verwirklicht, da das (vorschriftswidrige) Inverkehrbringen an sich sanktioniert werden solle. Solche Delikte würden an dem Ort begangen, an dem der Täter gehandelt habe/handeln hätte sollen, sohin in der im Spruch genannten Filiale in x, x.

Aus diesem Grund liege örtliche Unzuständige der Erst- und der Berufungsbehörde vor, der Berufung sei aus diesem Grund Folge zu geben.

Darüber hinaus verstoße der Spruch gegen § 44a VStG. Es sei dem Spruch des bekämpften Bescheides nicht zu entnehmen, ob die erforderlichen Angaben unvollständig oder gar nicht angebracht gewesen seien, wobei der aufgezeigte Mangel bereits in der Strafverfügung beinhaltet sei und sohin der Eintritt der 6-monatigen Verjährung der behaupteten Veraltungsübertretung nach dem UWG nicht mehr beseitig werden könne.

Darüber hinaus sei der Bw für die Einhaltung der Übertretung der behaupteten Vorschriften nicht verantwortlich, da Herr DI H S mit Bestellungsurkunde vom 02.11.2006 zum verantwortlichen Beauftragten für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften bestellt worden sei.

 

Es werde daher der Antrag gestellt

nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen; in eventu

das angefochtene Straferkenntnis dahingehend abzuändern, dass unter Anwendung des § 21 VStG von der Verhängung einer Geldstrafe abgesehen wird, in eventu

die verhängte Geldstrafe auf ein schuld- und tatangemessenes Ausmaß herabzusetzen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer mündlichen Augenscheinsverhandlung am 31.05.2012, bei der der Rechtsvertreter des Bw anwesend war und gehört wurde. Als Zeuge einvernommen wurde Herr DI H S. Weiters vorgelegt wurde die Bestellungsurkunde für Herrn DI S, datiert mit 02.11.2006.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 32 Abs.1 UWG kann mit Verordnung angeordnet werden, dass bestimmte Waren

1.   nur in vorgeschriebenen Mengen, Verpackungen oder unter Einhaltung eines             bestimmten Verhältnisses zwischen Verpackungsgröße und Füllmenge

2.   nur unter Ersichtlichmachung

      a)   des Namens (Firma) und des Geschäftssitzes des Erzeugers oder Händlers,

      b)   der Menge (Gewicht, Maß, Zahl),

      c)   der Beschaffenheit (einschließlich der für die Verwendung wesentlichen             Angaben),

      d)  der für den ordnungsgemäßen Gebrauch und die Pflege wesentlichen                              Angaben sowie

      e)   der örtlichen Herkunft

gewerbsmäßig feilgehalten oder sonst in Verkehr gesetzt werden dürfen.

 

Nach § 1 der Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Kennzeichnung von Materialien und Gegenständen, die für die Verwendung bei Lebensmitteln bestimmt sind, dürfen Materialien und Gegenstände gemäß Artikel 1 Abs.2 der Verordnung (EG) Nr. 1035/2004 über Materialien und Gegenstände, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen und zur Aufhebung der Richtlinien 80/590/EWG und 89/109/EWG, ABl Nr. L 338 vom 13.11.2004 S4, nur in Verkehr gesetzt werden, wenn deren Kennzeichnung Artikel 15 und Anhang 2 der Verordnung (EG) Nr. 1935/2004 entspricht. Diese Verordnung gilt nicht für Materialien und Gegenstände gemäß Artikel 1 Abs.3 der Verordnung (EG) Nr. 1935/2004.

 

Nach § 33 Abs.1 UWG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafen bis zu 2.900 Euro zu bestrafen, wer den Vorschriften einer aufgrund des § 32 erlassenen Verordnung zuwiderhandelt.

 

Gemäß § 27 Abs.1 VStG ist die Behörde örtlich zuständig, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist.

 

5.2. Vorliegend wird dem Bw vorgeworfen, in der Filiale in G, A, eine "Aluminiumfolie" zu einen bestimmten Zeitpunkt gewerbsmäßig feilgehalten zu haben, obwohl entgegen den Bestimmungen gemäß Artikel 15 der Verordnung (EG) Nr. 1935/2004 bestimmte Angaben der Kennzeichnungselemente auf der Verpackung unvollständig waren.

Als Rechtsgrundlage wurde neben Artikel 15 der Verordnung (EG) Nr. 1935/2004 § 32 UWG angeführt.

Aus der oben zitierten Bestimmung des § 32 UWG ergibt sich, dass bestimmte Waren nur dann gewerbsmäßig feilgehalten oder sonst in Verkehr gesetzt werden dürfen, wenn sie bestimmte Kennzeichnungen aufweisen, die wiederum in der Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Kennzeichnung von Materialien und Gegenständen, die für die Verwendung bei Lebensmitteln bestimmt sind, definiert werden.

Sowohl diese Verordnung als auch § 32 UWG beschreiben bestimmte Kennzeichnungspflichten bei dem Inverkehrsetzen von bestimmten Waren.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen ist, dass nach § 32 Abs.1 UWG das "gewerbsmäßige Feilhalten" mit "in Verkehr setzen" gleichgehalten wird (arg.: gewerbsmäßig feilgehalten oder sonst in Verkehr gesetzt werden dürfen).

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wird hinsichtlich des Tatortes danach differenziert, ob ein Begehungs- oder Unterlassungsdelikt anzunehmen ist. Danach liegt der Tatort beim Unterlassungsdelikt dort, wo die Dispositionen und Anweisungen zur Vermeidungen von Verstößen gegen Verwaltungsvorschriften gesetzt hätten werden müssen. Dies ist regelmäßig der Sitz der Unternehmensleitung.

Anders liegt die Sache beim Begehungsdelikt des Feilhaltens einer falsch bezeichneten oder nicht entsprechend gekennzeichneten Ware. Dabei ist Tatort jener Ort, wo die Ware in Verkehr gesetzt bzw. gewerbsmäßig feilgehalten worden ist, weil eben nicht das Unterlassen der Kennzeichnung, sondern erst das Inverkehrbringen bzw. das gleichzuhaltende gewerbsmäßige Feilhalten mit Strafe bedroht ist.

 

5.3. Im angefochtenen Straferkenntnis wird dem Bw als handelsrechtlichen Geschäftsführer der A S Gesellschaft m.b.H. mit Sitz in P, A-S-S, vorgeworfen, eine nicht ordnungsgemäß gekennzeichnete Ware gewerbsmäßig feilgehalten zu haben.

Mit diesem Tatvorwurf hat die belangte Behörde ein Begehungsdelikt vorgeworfen, bei dem nach der oben dargestellten Judikatur der Tatort des tatsächlich angelasteten gewerbsmäßigen Feilhaltens maßgeblich ist.

Tatort dieses angelasteten Begehungsdelikts ist daher die Filiale in G, A. Zuständige Strafbehörde erster Instanz ist demnach nicht die belangte Behörde, sondern die für den betreffenden Verwaltungsbezirk zuständige Bezirksverwaltungsbehörde.

 

Da beim gewählten Tatvorwurf anstelle der belangten Behörde die Stadt X für die Erlassung des Straferkenntnisses zuständig gewesen wäre, besteht auch keine Sachzuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich. Das angefochtene Straferkenntnis war daher ersatzlos aufzuheben. Auf das Sachvorbringen der Berufung war bei diesem Ergebnis nicht einzugehen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

 

 

VwSen-390334/13/Bm/Th vom 20. Juni 2012

 

Erkenntnis

 

 

Rechtssatz

 

UWG §32

 

 

Beim Begehungsdelikt des Feilhaltens einer falsch bezeichneten oder nicht entsprechend gekennzeichneten Ware ist Tatort jener Ort, wo die Ware in Verkehr gesetzt bzw gewerbsmäßig feilgehalten worden ist. Dies deshalb, weil nicht das Unterlassen der Kennzeichnung, sondern erst das Inverkehrbringen bzw das gleichzuhaltende gewerbsmäßige Feilhalten mit Strafe bedroht ist.

 

 

 

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