Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101158/16/Bi/Fb

Linz, 05.04.1994

VwSen-101158/16/Bi/Fb Linz, am 5. April 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung der Frau Brigitte F vom 15. März 1993 gegen die mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 2. März 1993, VerkR96/3279/1992-Hu, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 verhängte Strafe aufgrund des Ergebnisses der am 23. März 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe auf 4.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 4 Tage herabgesetzt werden.

II. Der Kostenbeitrag für das Strafverfahren erster Instanz ermäßigt sich daher auf 400 S; ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG, § 99 Abs.3a StVO 1960.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über die Beschuldigte wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 52a Z10a iVm 99 Abs.3a StVO 1960 eine Geldstrafe von 5.000 S und eine Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen verhängt, weil sie am 19.

Februar 1992 um 14.35 Uhr den PKW, Kennzeichen im Gemeindegebiet von A auf der Westautobahn A1 bei Autobahnkilomter 174,060 mit einer Geschwindigkeit von 161 km/h in Richtung Wien gelenkt habe, wobei sie das Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung 100 km/h" mißachtet habe. Die Geschwindigkeitsüberschreitung sei mittels Radar festgestellt worden. Gleichzeitig wurde ihr ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren von 500 S auferlegt.

2. Dagegen hat die Rechtsmittelwerberin fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch ein Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 23. März 1994 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt, bei der die Rechtsmittelwerberin die ursprünglich auf das gesamte Straferkenntnis hinsichtlich Schuld und Strafe bezogene Berufung auf das Strafausmaß eingeschränkt hat.

3. Die Rechtsmittelwerberin führt aus, sie zweifle die Funktionstüchtigkeit des in Rede stehenden Radargerätes, von dem ihr mitgeteilt wurde, daß es sich dabei nicht um ein Gerät der Marke Multanova sondern vielmehr um ein Gerät der Marke Microspeed 09 gehandelt habe, nicht an, beantrage jedoch die Herabsetzung der verhängten Strafe. Wie bereits in der Berufung ausgeführt, habe sie zum damaligen Zeitpunkt von ihrem Chef, Herrn RA Dr. L, für einen Reitausbildungskurs in S kurzfristig unter der Bedingung eine Woche Urlaub erhalten, daß sie bei Bedarf sofort nach Wien zurückkehren und ihre Arbeit aufnehmen müsse. Nach Antritt ihres Urlaubes am 17. Februar 1992 habe sie am 19. Februar 1992 einen Telefonanruf ihres Chefs erhalten, der sie beauftragt habe, wegen dringender, unaufschiebbarer Arbeiten sofort nach Wien zu kommen. Sie habe zugesagt, so schnell wie möglich nach Wien zu fahren und dabei offensichtlich zu wenig Zeit für die Fahrt einkalkuliert. Die Geschwindigkeitsbeschränkung auf 100 km/h im Bereich des Autobahnabschnittes Ansfelden habe sie übersehen; allerdings sei auf dem betreffenden Autobahnabschnitt auch nicht so viel Verkehr gewesen, daß sie ihr Fahrverhalten durch Verlangsamung der Geschwindigkeit darauf einstellen hätte müssen. Sie habe auch niemanden gefährdet oder behindert und sei auch bislang unbescholten. Sie verdiene als Sekretärin 10.000 S netto monatlich, habe kein Vermögen und keine Sorgepflichten.

4. Seitens des unabhängigen Verwaltungssenates ist zunächst auszuführen, daß aufgrund der nunmehrigen Zurückziehung der Berufung gegen den Schuldspruch die im Straferkenntnis angeführte tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit von 161 km/h der Rechtsmittelentscheidung zugrundegelegt wird.

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 reicht bis 10.000 S Geldstrafe bzw zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe.

Für den unabhängigen Verwaltungssenat ist durchaus nachvollziehbar, daß sich die Rechtsmittelwerberin zum Zeitpunkt der Übertretung in einer angespannten psychischen Situation befunden hat, obwohl ihr vor Augen zu führen ist, daß auch die geschilderte Situation eine Geschwindigkeitsüberschreitung im festgestellten Ausmaß schon aufgrund der mangelnden Reaktionmöglichkeit und daraus resultierenden nicht auszuschließenden Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer nicht rechtfertigen kann. Die Rechtsmittelwerberin hatte zwar dem Arbeitgeber gegenüber ihr Erscheinen zu einem bestimmten Zeitpunkt zugesagt, mußte aber erkennen, daß sie diesen Termin anders nicht würde einhalten können.

Ein Übersehen der die in Rede stehende Geschwindigkeitsbeschränkung kundmachenden Verkehrszeichen ist der Rechtsmittelwerberin deshalb nicht als Rechtfertigungs- bzw Entschuldigungsgrund einzuräumen, weil die entsprechenden Verkehrszeichen vor dem Meßbereich des Radargerätes angekündigt und mehrmals hintereinander kundgemacht sind, sodaß einem mit der erforderlichen Aufmerksamkeit am Straßenverkehr teilnehmenden PKW-Lenker eine Wahrnehmung dieser Verkehrszeichen jedenfalls möglich ist. Insgesamt gesehen ist unter Berücksichtigung des als Milderungsgrund zu wertenden Geständnisses sowie der weiteren Milderungsgründe der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit sowie des Umstandes, daß sie bislang einen ordentlichen Lebenswandel geführt hat und die Tat mit ihrem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch steht und daß die Tat doch aus achtenswerten Beweggründen bzw nicht zu ihrem privaten Nutzen begangen wurde, entsprechend zu berücksichtigen, sodaß - trotz des sehrwohl als Erschwerungsgrund anzusehenden Ausmaßes der Geschwindigkeitsüberschreitung um 60 % - noch mit einer Herabsetzung der verhängten Strafe vorzugehen war.

Die nunmehr verhängte Strafe entspricht sowohl dem Unrechtsund Schuldgehalt der Übertretung, als auch ist sie den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen der Rechtsmittelwerberin angemessen (10.000 S netto monatlich, kein Vermögen, keine Sorgepflichten), wobei es ihr freisteht, bei der Erstinstanz um die Möglichkeit, die Geldstrafe in Teilbeträgen zu bezahlen, anzusuchen.

Eine weitere Herabsetzung der Strafe war im Hinblick auf ihren general- sowie vor allem spezialpräventiven Zweck nicht gerechtfertigt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über die Verfahrenskosten ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger

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