Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240854/2/MB/CG

Linz, 15.06.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Markus Brandstetter über die Berufung des X, vertreten durch X, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Linz-Land vom 20. September 2011, zu GZ: SanRB96-130-2010, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Tabakgesetz, zu Recht erkannt:

I.                  Aus Anlass der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II.              Die Berufungswerberin hat weder einen Beitrag zu den Kosten des  Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64ff. VStG.


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Linz-Land vom 20. September 2011, GZ.: SanRB96-130-2010, wurde über die Berufungswerberin (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 150 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe von 22 Stunden) verhängt. Die belangte Behörde führt dazu im Spruch wie folgt aus:" Sie haben es als Gewerbeinhaber und Betreiber des Gastronomiebetriebs Cafe "X" im vollständig überdachten Einkaufszentrum "X", X, und daher als Inhaber des Geschäftslokals Cafe "X" in diesem, Einkaufszentrum verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass aufgrund der Unterlassung der Schließung der Eingangstüre des Betriebes zum Bereich des Einkaufszentrums - außer bei Durchschreiten der Türe - für den als Cafe "X" bezeichneten Bereich des Teils des Raumes des öffentlichen Ortes Einkaufszentrum "X" das Personal dieses Cafes, nicht ausreichend angewiesen wurde, Raucherinnen das Rauchen zu verbieten, auf das Rauchverbot nicht hinreichend hingewiesen wurde und damit nicht Sorge getragen wurde, dass trotz des dort bestehenden generellen Rauchverbotes durch Gäste des Cafés

am 06.12.2010, von 14.30 - 15.40 Uhr,

am 15.12.2010, von 16.00 - 16.40 Uhr,

am 23.12.2010, von 13.50 - 15.00 Uhr,

am 07.01.2011, von 15.00 - 15.40 Uhr,

am 18.02.2011, von 13.30 - 14.10 Uhr und

am 28.02.2011, um 13.00 und 13.18 Uhr,

nicht geraucht wurde.

 

Als verletzte Rechtsgrundlagen werden die §§ 13 Abs 1 iVm 13c Abs. 1 Z 2 und Abs. 2 Z 3 und 14 Abs. 4 des Tabakgesetzes (TabakG; BGBl Nr. 431/1995, idF BGBl I Nr 120/2008) genannt.

 

Nach Schilderung des bisherigen Verfahrensganges und nach Darstellung der einschlägigen Rechtsgrundlagen sieht die belangte Behörde in einer eingehenden Begründung sowohl die objektive als auch die subjektive Tatseite als erfüllt an. Die Strafbemessung sei tat- und schuldangemessen erfolgt. Da die Kundenfrequenz im genannten EKZ groß ist, sei dahingehend die negative Breitenwirkung des Fehlverhaltens des Bw als nachteilige Folge zu bewerten gewesen. Dass der Bw keine verwaltungsstrafrechtliche Vormerkung vorzuweisen habe, wurde von der belangten Behörde mildernd gewertet.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Bw rechtzeitig Berufung mit Schreiben vom 14. Juli 2011.

 

Darin führt er aus, dass er kein Inhaber im Sinne des Tabakgesetzes des Raumes des öffentlichen Ortes sei und überdies eine Mall nicht als öffentlicher Raum qualifiziert werden könne. Auch könne aufgrund von Überlegungen zur Funktion des § 13c Abs. 2 Tabakgesetz als Sonderbestimmung zu einem Generaltatbestand eine eigenständige Bestrafung ohne die Erfüllung des § 13c Abs. 1 Tabakgesetz nicht in Frage kommen. Auch sei seitens der belangten Behörde keine ausreichende Konkretisierung im Hinblick auf die unterschiedlichen Deliktsgruppen des § 14 Abs. 4 Tabakgesetz vorgenommen worden und daher der Bescheid mit Rechtswidrigkeit behaftet. Auch die Tatsache, dass Aschenbecher aufgestellt wurden, lasse keine Rückschlüsse auf eine Sorgfaltsverletzung zu, zumal auch die Bw für diesen Bereich des Raumes nicht verantwortlich ist. Abschließend wird in eventu vorgebracht, dass das Verschulden als gering zu bezeichnen und die verhängte Strafe nicht tat- und schuldangemessen sei.

 

Daher stellte der Bw die Anträge, es möge eine mündliche Berufungsverhandlung vor dem UVS anberaumt werden und sodann der Berufung Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, dahingehend abgeändert werden, dass das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt werde, in eventu gemäß § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe abgesehen, in eventu die Strafe wesentlich herabgesetzt werde.

 

2.1. Mit Schreiben vom 10. Oktober 2011 übermittelte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Verwaltungssenat.

 

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat erhob Beweis durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsakt.

 

2.3. Da nach der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, hatte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 51c Abs. 2 VStG zu entfallen.

 

2.4. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 14 Abs. 4 des Tabakgesetzes, BGBl. I Nr. 431/1995, in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz, BGBl. I Nr. 120/2008, begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung, wer als Inhaber gemäß § 13c Abs. 1 leg. cit. gegen eine im
§ 13c Abs. 2 leg. cit. festgelegten Obliegenheiten verstößt und ist mit Geldstrafe bis zu 2.000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 10.000 Euro, zu bestrafen.

Nach § 13c Abs. 2 Tabakgesetz hat jeder Inhaber gemäß Abs. 1 insbesondere dafür Sorge zu tragen, dass in den Räumen eines öffentlichen Orts nicht geraucht wird, soweit nicht die Ausnahme gemäß § 13 Abs. 2 Tabakgesetz zum Tragen kommt (vgl. Z. 3) bzw., dass in den Räumen der Betriebe gemäß § 13a Abs. 1, soweit Rauchverbot besteht oder das Rauchen gemäß § 13a Abs. 4 nicht gestattet werden darf, weil für den Betrieb ein Kollektivvertrag gemäß § 13a Abs. 4 Z. 1 bis 4 nicht gilt, nicht geraucht werden (vgl. Z. 4).

3.1.2. Inhaber nach § 13c Abs. 1 Z. 2 Tabakgesetz ist der Inhaber eines öffentlichen Raums gemäß § 13 leg. cit. Nach § 13 Abs. 1 Tabakgesetz gilt – außer in hier nicht anwendbaren Ausnahmefällen – in Räumen öffentlicher Orte Rauchverbot. Gemäß § 13 Abs. 2 leg. cit. können als Ausnahme vom Verbot des Abs. 1 in jenen von Abs. 1 umfassten Einrichtungen, die über eine ausreichende Anzahl von Räumlichkeiten verfügen, Räume bezeichnet werden, in denen das Rauchen gestattet ist, wenn gewährleistet ist, dass der Tabakrauch nicht in den mit Rauchverbot belegten Bereich dringt und das Rauchverbot dadurch nicht umgangen wird. Die Ausnahme des § 13 Abs. 2 Tabakgesetz kommt nur in Betracht, wenn entsprechende (abgetrennte) Räume bereits vorhanden sind.

Das Tatbild der genannten Verwaltungsübertretung begeht daher eine (natürliche oder juristische) Person, die als Inhaber eines Raums eines öffentlichen Orts nicht dafür Sorge trägt, dass in einem solchen Raum sofern keine gesetzliche Ausnahmen bestehen nicht geraucht wird.

3.1.3. Schon an diesem Punkt erweist sich der Spruch vor dem Hintergrund des § 44a Z 1 VStG als mit Rechtswidrigkeit behaftet. Aus dem Spruch wird nicht mit der verfassungsrechtlich geforderten Klarheit ersichtlich, wo durch die Gäste des Cafés "X" geraucht worden sein soll.

Es stehen nach den in § 14 Abs. 4 TabakG verwiesenen Normen mehrere potentielle "Räume" zur Auswahl. Einerseits ein Raum des öffentlichen Ortes gem. § 13 TabakG, mit der Unterkategorie der Ausnahme des Abs. 2. Daneben kommen im Sinne der vom Bw zitierten Judikatur des Oö. Verwaltungssenates – als lex spezialis – die Räume der Gastronomie in Frage.

§ 14 Abs. 4 TabakG verweist dahingehend auf die Obliegenheiten in § 13c Abs.2 TabakG. § 13c Abs. 2 TabakG formuliert wiederum, dass die Obliegenheit, dafür Sorge zu tragen, dass in Räumen öffentlicher Orte nicht geraucht wird, nur insoweit zur Anwendung kommt, als nicht die Ausnahme gemäß § 13 Abs. 2 TabakG einschlägig ist. Insofern bedarf es im Spruch einer diesbezüglichen Verwaltungsübertretung insbesondere (!) der konkreten Formulierung, wenn eben ein solcher Raum existent ist, dass in oder außerhalb dieses Raumes ein, den Sorgfaltsverstoß indizierendes, Rauchverhalten vorgeworfen wird. Nur dann besteht für den Bw die Möglichkeit sich dahingehend ausreichend zu verteidigen.

Aus der Formulierung "[...] dass aufgrund der Unterlassung der Schließung der Eingangstüre des Betriebes zum Bereich des Einkaufszentrums - außer bei Durchschreiten der Türe - für den als Cafe "X" bezeichneten Bereich des Teils des Raumes des öffentlichen Ortes Einkaufszentrum "X [...]" kann eine Zuordnung zu einer der unter 3.1.2.1. angeführten "Raumkategorien" und somit die Verneinung der Anwendbarkeit der Ausnahme gem. § 13 Abs. 2 TabakG nicht vorgenommen werden. Hinzukommt, dass sich diese Unklarheit letztlich verstärkt, indem der Ort des Rauchens mit Bezug auf den im Wort zitierten Satz mit dem Wort "[...] dort [...]" konkretisiert wird.

Lediglich aus der Begründung des Straferkenntnisses lässt sich erschließen wo der Ort des "Rauchens" der Gäste zu den jeweiligen Tatzeitpunkten gelegen ist. Auf Seite 3 des Straferkenntnisses gibt die belangte Behörde an, seitens des Bw das Rauchen der Gäste auf jenen Verabreichungsplätzen erlaubt ist, die sich innerhalb einer Glaskonstruktion befinden. Diese Konstruktion aus Glaswänden ist direkt von der Mall des Einkaufszentrums aus über eine automatische Glasschiebetür betretbar. Diese Tür habe – so die belangte Behörde weiter – in den Tatzeitpunkten über einen längeren Zeitraum – zumindest 18 Minuten – offen gestanden.

3.1.4. Schon aus diesem Grund war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.1.5.1 Darüber hinaus ist der Umstand, dass die Bezug habende Tür für zumindest 18 Minuten offen steht insofern im Widerspruch zum Spruch des Straferkenntnisses, denn es wird darin lediglich angeführt, dass in den angeführten Tatzeitpunkten für einen Tatzeitraum geraucht wurde. Der Zahlenwert der 18 Minuten wird im Straferkenntnis sonst nicht näher begründet und ist offensichtlich auf die Minimaldifferenz der "Kontrollspanne" vom Tatvorwurf am 28. Februar 2011 bezogen. Dass hier aber aus dem Spruch und den Feststellungen der belangten Behörde selbiges nicht abgeleitet werden kann, zeigt sich aus der Formulierung dieses Tatvorwurfes (arg. 13.00 Uhr UND 13.18 Uhr). Es existiert in diesem Tatvorwurf keine Zeitspanne, welche das Zeitfenster von 18 Minuten trägt, es sind dies vielmehr Zeitpunkte.

3.1.5.2. Auch aus den Anzeigen selbst, lässt sich das "Offenstehen" der Tür nicht mit der geforderten Konsequenz ableiten, zumal weder aus der Anzeige noch aus der Aussage des Herrn Vogl und Herrn Leeb genaueres über die Umstände zu den jeweiligen Tatzeitpunkten eruierbar ist. Insbesondere die Zeitspanne der Öffnung der Tür lässt sich nicht erkennen, geschweige denn der Umstand, dass die Tür fixiert wäre oder der Schließmechanismus außer Funktion gesetzt wurde. Dies zeigen auch die Ausführungen der Anzeigeleger, indem vorgebracht wird, dass einerseits (Vogl) [...] die Tür immer offen steht, Personal aber zwar immer wieder mal durchgeht, aber die Tür nicht geschlossen wird [...] bzw. nur zeitpunktbezogene Kontrollen (Leeb) ohne Angaben über den Türmechanismus durchgeführt wurden. Ein Beweisergebnis, dass die geforderte Öffnung der Tür für die jeweiligen Tatzeitpunkte (welche dann iSd fortgesetzten Delikts zusammengefasst werden) ergibt, existiert nicht.

 

3.1.6. Insofern kann bei diesem Verfahrensergebnis nicht davon ausgegangen werden, dass eine geforderte Öffnung zu den Tatzeitpunkten jeweils gegeben war und wäre daher aus diesem Grund der Bescheid auch inhaltlich mit Rechtswidrigkeit behaftet.

 

Da jedoch eine Verbesserung des zuvor genannten Spruchmangels gem. § 44a Z 1 VStG aufgrund der bereits eingetretenen Verfolgungsverjährung dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt ist, war bereits aufgrund dieser Rechtwidrigkeit des Spruches des Bescheides der belangten Behörde spruchgemäß zu entscheiden.

 

4. Bei diesem Ergebnis war dem Bw gemäß §§ 65f. VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Markus Brandstetter

 

 

 

 

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