Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-390313/2/Gf/Rt

Linz, 18.06.2012

VwSen-390324/11/Gf/Rt

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Gróf über die Berufungen der M A, vertreten durch die RAe Dr. C W, gegen die aus Anlass von zwei Übertretungen des Telekommunikationsgesetzes erlassenen Straferkenntnisse des Fernmeldebüros für Oberösterreich und Salzburg vom 15. Juni 2011, Zl. BMVIT-635540/0441/11, und vom 18. November 2011, Zl. BMVIT-635540/0582/11, zu Recht:

 

I. Der Berufung wird stattgegeben, die angefochtenen Straferkenntnisse aufgehoben und die Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Die Berufungswerberin hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Straferkenntnissen des Fernmeldebüros für Oberösterreich und Salzburg vom 15. Juni 2011, Zl. BMVIT-635540/0441/11, und vom 18. November 2011, Zl. BMVIT-635540/0582/11, wurde der Beschwerdeführerin einerseits eine Ermahnung erteilt bzw. andererseits über sie eine Geldstrafe in Höhe von 580 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 12 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: 58 Euro; zu zahlender Gesamtbetrag: 638 Euro) verhängt, weil sie es als Geschäftsführerin einer GmbH zu vertreten habe, dass von dieser am 17. Mai 2011 und am 24. Juni 2011 jeweils Anrufe zu Werbezwecken bei privaten Fernsprechteilnehmern ohne deren vorangehender Einwilligung durchgeführt worden seien. Dadurch habe sie jeweils eine Übertretung des § 107 Abs. 1 des Telekommunikationsgesetzes, BGBl.Nr. I 70/2003, in der hier maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. I 23/2011 (im Folgenden: TKG), begangen, weshalb sie nach § 109 Abs. 3 Z. 19 TKG zu belangen gewesen sei.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass jene von der GmbH der Beschwerdeführerin telefonisch kontaktierten Personen deshalb Anzeige erstattet hätten, weil sie zu den deren Teilnahme an einem Gewinnspiel intendierenden Werbeanrufen keine vorherige Zustimmung erteilt hätten.

 

Da die Rechtsmittelwerberin hinsichtlich der Frage, ob zweifelsfrei eine entsprechende vorherige Einwilligung vorliegt, offensichtlich nicht die in diesem Zusammenhang erforderliche Sorgfalt aufgewendet habe, liege sohin zumindest fahrlässiges und damit auch schuldhaftes Handeln vor.

 

Im Zuge der Strafbemessung seien die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen.

 

1.2. Gegen diese ihr am 17. Juni 2011 bzw. am 23. November 2011 zugestellten Straferkenntnisse richten sich die vorliegenden, am 29. Juni 2011 bzw. am 7. Dezember 2011 – und damit jeweils rechtzeitig – zur Post gegebenen Berufungen.

 

Darin wird – auf das Wesentliche zusammengefasst – vorgebracht, dass jene von den Angerufenen genannten Personen zu keiner Zeit als Dienstnehmer bei der GmbH der Rechtsmittelwerberin beschäftigt gewesen seien. Außerdem könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Rufnummer der GmbH von einem Mitbewerber zu dem Zweck vorgeschaltet worden sei, um nicht selbst verwaltungsstrafrechtlich belangt zu werden. Davon abgesehen sei es auch zwingend erforderlich gewesen, dass die von einer der kontaktierten Personen vorliegenden Daten zuvor von dieser selbst eingegeben wurden, wobei in diesem Zusammenhang auch eine entsprechende vorherige Einwilligung erteilt worden sei: Denn dieser Teilnehmer habe ohne jeden Zweifel die Teilnahmebedingungen des Gewinnspiels, zu denen explizit auch ein (überdies jederzeit widerrufbares) "Telefon- und e-mail-Werbeeinverständnis" zählte, akzeptiert.

 

Daher wird die Aufhebung der Straferkenntnisse und die Einstellung der Strafverfahren beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Akten des Fernmeldebüros für Oberösterreich und Salzburg zu Zln. BMVIT-635540/0411 u. 582/11; da sich bereits aus diesen der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Rechtsmittelwerberin einen diesbezüglichen Antrag nicht gestellt hat, konnte im Übrigen von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden (vgl. dazu jüngst EGMR vom 5. Juni 2012, 34721/09, m.w.N., wonach eine Verhandlung auch dann, wenn bloß eine gerichtliche Instanz entscheidet, entfallen kann, wenn – wie hier [vgl. unten, 3.2.] – ausschließlich Rechtsfragen zu entscheiden sind).

 

2.2. Weil in den diesen Verfahren zu Grunde liegenden Straferkenntnissen auch keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war im Rechtsmittelverfahren ein Einzelmitglied zur Entscheidung zuständig (vgl. § 51c VStG).

 

 

 

3. Über die vorliegende Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

 

3.1. Gemäß § 109 Abs. 3 Z. 19 i.V.m. § 107 Abs. 1 TKG beging u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und war mit einer Geldstrafe bis zu 37.000 Euro zu bestrafen, der Anrufe zu Werbezwecken ohne vorherige Einwilligung des Teilnehmers tätigte.

3.2. Im vorliegenden Fall kann es objektiv besehen nicht zweifelhaft sein, dass die verfahrensgegenständlichen Anrufe im Zusammenhang mit Gewinnspielen und damit ausschließlich zu Werbezwecken erfolgten.

Strittig ist hingegen, ob diese Kontaktaufnahmen überhaupt durch die GmbH der Rechtsmittelwerberin erfolgten sowie, ob hierzu jeweils eine entsprechende vorangehende Einwilligung der Gesprächsteilnehmer vorlag.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdeführerin dem erstgenannten Aspekt des Tatvorwurfes mit Argumenten entgegen getreten ist, die dessen Nichtzutreffen zumindest nicht als gänzlich unplausibel erscheinen lassen, wenn sie zum einen darauf hinweist, dass in ihrer GmbH nie eine Person jenes Namens, den der Kontaktierte als Anruferin angegeben hat, beschäftigt war und zum anderen einwendet, dass auch ein Vorschalten ihrer Rufnummer durch einen Mitkonkurrenten erfolgt sein kann (dass Letzteres technisch unschwer möglich ist,  wurde im Übrigen auch vom Leiter des Technischen Dienstes der Rundfunk- und Telekom-Regulierungsbehörde in einer e-mail vom 21. März 2012 bestätigt).

Freilich kann nun objektiv besehen weder ausgeschlossen werden, dass sich eine Bedienstete der GmbH beim Angerufenen unter einem falschen Namen vorgestellt hat, noch, dass der Einwand, dass ein Mitkonkurrent die Kennnummer der GmbH missbräuchlich seinen eigenen Kontaktaufnahmen vorgeschaltet hat, bloß eine Schutzbehauptung darstellt, etc.

Allerdings kann bei einer derartigen Sachverhaltskonstellation keineswegs mit der für ein – auch rechtsstaatlichen Anforderungen genügendem – Strafverfahren erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden, dass die Rechtsmittelwerberin den Tatbestand der ihr zur Last gelegten Übertretung auch tatsächlich erfüllt hat. Dies insbesondere auch schon deshalb nicht, weil die in § 5 Abs. 1 VStG normierte Beweislastumkehr (sofern jene überhaupt als verfassungskonform angesehen werden kann, jedenfalls bloß) auf die Ebene des Verschuldens beschränkt ist. Im Ergebnis bedeutet dies aber, dass einem Beschuldigten jedenfalls die Tatbestandsmäßigkeit der ihm angelasteten Übertretung stets in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise nachgewiesen werden muss.

Liegen daher – wie im gegenständlichen Fall – schon nur vage Angaben bezüglich der konkret angerufen habenden Person oder keine stichhältigen Belege dafür, dass der Anruf zweifelsfrei der Beschuldigten zuzurechen ist, vor, so kann dieser auf einer solchen Basis sohin aber auch keine Verletzung des § 109 Abs. 3 Z. 19 i.V.m. § 107 Abs. 1 TKG angelastet werden; vielmehr hat diese gemäß Art. 6 Abs. 2 EMRK bis zum Nachweis des Gegenteils als unschuldig zu gelten.   

3.3. Davon ausgehend war der vorliegenden Berufung schon aus diesem Grund nach § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Beschwerdeführerin nach § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden, wobei für jede dieser Beschwerden eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten ist.

 

 

 

Dr.  G r ó f

 

 

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum