Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-390325/7/Gf/Rt

Linz, 18.06.2012

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Gróf über die Berufung des K G, vertreten durch die RAe Dr. C W, gegen das aus Anlass von zwei Übertretungen des Telekommunikationsgesetzes erlassene Straferkenntnis des Fernmeldebüros für Oberösterreich und Salzburg vom 18. November 2011, Zl. BMVIT-635540/0901/11, zu Recht:

 

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Fernmeldebüros für Oberösterreich und Salzburg vom 18. November 2011, Zl. BMVIT-635540/0901/11, wurde über den Beschwerdeführer jeweils eine Geldstrafe in Höhe von 580 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: jeweils 12 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: jeweils 58 Euro; zu zahlender Gesamtbetrag: 1.272 Euro) verhängt, weil er es als Geschäftsführer einer GmbH zu vertreten habe, dass von dieser am 3. und am 4. Mai 2011 jeweils Anrufe zu Werbezwecken bei einer privaten Fernsprechteilnehmerin ohne deren vorangehender Einwilligung vorgenommen worden seien. Dadurch habe er jeweils eine Übertretung des § 107 Abs. 1 des Telekommunikationsgesetzes, BGBl.Nr. I 70/2003, in der hier maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. I 27/2011 (im Folgenden: TKG), begangen, weshalb er nach § 109 Abs. 3 Z. 19 TKG zu belangen gewesen sei.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass jene von der GmbH des Beschwerdeführers telefonisch kontaktierte Person deshalb Anzeige erstattet habe, weil sie zu den deren Teilnahme an einem Gewinnspiel intendierenden Werbeanrufen keine vorherige Zustimmung erteilt hätte.

 

Da der Rechtsmittelwerber hinsichtlich der Frage, ob zweifelsfrei eine entsprechende vorherige Einwilligung vorliegt, offensichtlich nicht die in diesem Zusammenhang erforderliche Sorgfalt aufgewendet habe, liege sohin zumindest fahrlässiges und damit auch schuldhaftes Handeln vor.

 

Im Zuge der Strafbemessung sei die bisherige Unbescholtenheit als mildernd zu werten gewesen, während Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen seien; seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen.

 

1.2. Gegen dieses ihm am am 23. November 2011 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 7. Dezember 2011 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

 

Darin wird – auf das Wesentliche zusammengefasst – vorgebracht, dass jene von der Angerufenen genannte Person kein Mitarbeiter der GmbH des Rechtsmittelwerbers gewesen sein könne, weil diese zu keiner Zeit männliche Angestellte im Kundendienstbereich beschäftigt gehabt habe. Außerdem könne auch nicht ausgeschlossen werden, dass die Rufnummer der GmbH von einem Mitbewerber zu dem Zweck vorgeschaltet worden sei, um nicht selbst verwaltungsstrafrechtlich belangt zu werden; dies liege hier auch schon deshalb nahe, weil das verfahrensgegenständliche Gewinnspiel von einem in der Schweiz bzw. in Malta ansässigen Unternehmen veranstaltet worden sei.

 

Daher wird die Aufhebung der Straferkenntnisse und die Einstellung der Strafverfahren beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Fernmeldebüros für Oberösterreich und Salzburg zu Zl. BMVIT-635540/0901/11; da sich bereits aus diesen der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und der Rechtsmittelwerber einen diesbezüglichen Antrag nicht gestellt hat, konnte im Übrigen von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden (vgl. dazu jüngst EGMR vom 5. Juni 2012, 34721/09, m.w.N., wonach eine Verhandlung auch dann, wenn bloß eine gerichtliche Instanz entscheidet, entfallen kann, wenn – wie hier [vgl. unten, 3.2.] – ausschließlich Rechtsfragen zu entscheiden sind).

 

2.2. Weil in den diesen Verfahren zu Grunde liegenden Straferkenntnissen auch keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war im Rechtsmittelverfahren ein Einzelmitglied zur Entscheidung zuständig (vgl. § 51c VStG).

 

 

 

3. Über die vorliegende Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

 

3.1. Gemäß § 109 Abs. 3 Z. 19 i.V.m. § 107 Abs. 1 TKG beging u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und war mit einer Geldstrafe bis zu 37.000 Euro zu bestrafen, der Anrufe zu Werbezwecken ohne vorherige Einwilligung des Teilnehmers tätigte.

3.2. Im vorliegenden Fall kann es objektiv besehen nicht zweifelhaft sein, dass die verfahrensgegenständlichen Anrufe im Zusammenhang mit Gewinnspielen und damit ausschließlich zu Werbezwecken erfolgten.

Strittig ist hingegen, ob diese Kontaktaufnahmen überhaupt durch die GmbH des Rechtsmittelwerbers erfolgte.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer diesem Aspekt mit Argumenten entgegen getreten ist, die dessen Nichtzutreffen zumindest nicht als gänzlich unplausibel erscheinen lassen, wenn er zum einen darauf hinweist, dass in seiner GmbH im Kundendienstbereich nie eine männliche Person beschäftigt gewesen sei, sowie zum anderen einwendet, dass auch ein Vorschalten der Rufnummer der GmbH durch einen Mitkonkurrenten erfolgt sein könne (dass Letzteres technisch unschwer möglich ist,  wurde im Zuge des Ermittlungsverfahrens im Übrigen auch vom Leiter des Technischen Dienstes der Rundfunk- und Telekom-Regulierungsbehörde in einer e-mail vom 21. März 2012 bestätigt).

Freilich kann nun objektiv besehen weder ausgeschlossen werden, dass sich eine Bedienstete der GmbH mit männlich klingender Stimme bei der Angerufenen unter einem falschen Namen vorgestellt hat, noch, dass der Einwand, dass ein Mitkonkurrent die Kennnummer der GmbH missbräuchlich seinen eigenen Kontaktaufnahmen vorgeschaltet hat, bloß eine Schutzbehauptung darstellt, etc.

Allerdings kann bei einer derartigen Sachverhaltskonstellation keineswegs mit der für ein – auch rechtsstaatlichen Anforderungen genügendem – Strafverfahren erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden, dass der Rechtsmittelwerber den Tatbestand der ihm zur Last gelegten Übertretung auch tatsächlich erfüllt hat. Dies insbesondere auch schon deshalb nicht, weil die in § 5 Abs. 1 VStG normierte Beweislastumkehr (sofern jene überhaupt als verfassungskonform angesehen werden kann, jedenfalls bloß) auf die Ebene des Verschuldens beschränkt ist. Im Ergebnis bedeutet dies aber, dass einem Beschuldigten jedenfalls die Tatbestandsmäßigkeit der ihm angelasteten Übertretung stets in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise nachgewiesen werden muss.

Liegen daher – wie im gegenständlichen Fall – schon nur vage Angaben bezüglich der konkret angerufen habenden Person oder keine stichhältigen Belege dafür, dass der Anruf zweifelsfrei dem Beschuldigten zuzurechen ist, vor, so kann diesem auf einer solchen Basis sohin aber auch keine Verletzung des § 109 Abs. 3 Z. 19 i.V.m. § 107 Abs. 1 TKG angelastet werden; vielmehr hat er gemäß Art. 6 Abs. 2 EMRK bis zum Nachweis des Gegenteils als unschuldig zu gelten.   

3.3. Davon ausgehend war der vorliegenden Berufung schon aus diesem Grund nach § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer nach § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden, wobei für jede dieser Beschwerden eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten ist.

 

 

 

Dr.  G r ó f

 

 

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