Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400740/100/Gf/Rt

Linz, 13.07.2012

 

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mit­glied Dr. Gróf aus Anlass der Beschwerde des L C, vertreten durch RA Dr. H B, wegen unzureichender medizinischer Versorgung seines Bruders während dessen Anhaltung in Schubhaft durch den Polizeidirektor der Stadt Linz vom 12. September 2005 bis zum 4. Oktober 2005 zu Recht:

 

 

             I.      Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

 

        II.      Der Beschwerdeführer hat dem Bund insgesamt Aufwendungen in einer Höhe von 829,80 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlage:

§ 67c Abs. 3 AVG; § 79a AVG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 13. Februar 2006, Zl. VwSen-400740/38/Gf/Mu/Ga, wurde – soweit gegenständlich relevant – der Beschwerde des Rechtsmittelwerbers dahin stattgegeben, dass die mit Bescheid des Polizeidirektors der Stadt Linz vom 8. September 2005, Zl. 1051899/FRB, verfügte Anhaltung seines Bruders in Schubhaft vom 12. September 2005 bis zum 4. Oktober 2005 als sowohl dem Grunde nach als auch hinsichtlich ihrer Art und Weise (der Häftling war nach einem Hungerstreik in seiner Zelle verstorben) als rechtswidrig festgestellt wurde.

Dagegen hat die Bundesministerin für Inneres eine Amtsbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof (VwGH) erhoben.

 

1.2. Mit Erkenntnis vom 30. August 2007, Zl. 2006/21/0054, hat der VwGH dieser Beschwerde stattgegeben und die h. Entscheidung wegen teilweiser Unzuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

 

Begründend wurde zum einen ausgeführt, dass eine vom Angehaltenen verschiedene Person nicht zur Erhebung einer Schubhaftbeschwerde legitimiert sei; zum anderen sei der belangten Behörde bezüglich der zulässigerweise eingebrachten Maßnahmenbeschwerde kein ausreichendes rechtliches Gehör zur Frage der Erkennbarkeit der Notwendigkeit einer weitergehenden medizinischen Versorgung eingeräumt worden. 

 

1.3. Darauf hin wurde mit Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 11. Juni 2010, Zl. VwSen-400740/60/Gf/Mu, festgestellt, dass der Bruder des Beschwerdeführers durch die Unterlassung von zweckgerichteten und effektiven Maßnahmen zur Entdeckung und Behandlung seiner Krankheit während seiner Anhaltung in Schubhaft in seinem nach Art. 3 EMRK verfassungsmäßig unbeschränkt geschützten Recht auf eine menschenwürdige Behandlung verletzt worden sei.

 

Dagegen hat die Bundesministerin für Inneres neuerlich eine Amtsbeschwerde erhoben.

 

1.4. Mit Erkenntnis vom 20. Oktober 2011, Zl. 2010/21/0286, hat der VwGH dieser Beschwerde neuerlich stattgegeben und die h. Entscheidung – nunmehr wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes – aufgehoben.

 

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass die mit dem Vorerkenntnis vom 30. August 2007, Zl. 2006/21/0054, überbundene Rechtsansicht dahin, dass "allein die Anhaltung einer Person (in Schubhaft) ..... nicht zu einer Erweiterung von Fürsorgepflichten des Staates dergestalt, dass solche auch objektiv bei gehöriger Sorgfalt nicht als notwendig erkennbare Maßnahmen auf Grund von Veranlagungen des Häftlings zum späteren Ausbruch von Krankheiten umfassten" führt, nicht beachtet worden sei. Im weiteren Verfahren wird daher zum einen auf das behördliche Vorbringen, dass nicht einmal in Krankenanstalten standardisierte Hämoglobin-Elektrophorese-Untersuchungen zur Abklärung einer Sichelzellenerkrankung üblich seien, sondern solche nur bei entsprechenden Verdachtsmomenten durchgeführt würden, einzugehen sowie zum anderen – zweckmäßigerweise unter Beiziehung eines medizinischen Sachverständigen – einerseits abzuklären sein, ob und ab welchem Zeitpunkt der reduzierte psychische und physische Zustand des Bruders des Beschwerdeführers eine derartige Untersuchung konkret indiziert hätte, und andererseits, ob dadurch in Verbindung mit einer sich daran anschließenden medizinischen Behandlung das Ableben des Schubhäftlings noch hätte verhindert werden können.

 

2.1. Unter Bindung an diese Rechtsansicht hat der Oö. Verwaltungssenat – weil Amtssachverständige nicht zur Verfügung standen – den allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen Dr. F, Facharzt für Innere Medizin mit dem Zusatzfach Hämatoonkologie, mit der Erstellung einer entsprechenden Expertise beauftragt und dieses Gutachten vom 19. Mai 2012 in einer öffentlichen Verhandlung vom 21. Juni 2012, zu der als Parteien RA Dr. H B als Vertreter des Beschwerdeführers sowie Mag. C B als Vertreter der belangten Behörde und der Gutachter als sachverständiger Zeuge erschienen sind, erörtert.

 

2.2. In diesem Zusammenhang konnte folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt werden:

 

2.2.1. In seinem Gutachten vom 19. Mai 2012 stellte der sachverständige Zeuge fest (vgl. ONr. 84 des h. Aktes), dass bei dem in Schubhaft verstorbenen, aus einem südlich der Sahara gelegenen Land (nämlich: Gambia) stammenden Bruder des Beschwerdeführers ein heterozygoter Sichelzellenträgerstatus nachgewiesen wurde (wie dieser bei 30 % der dortigen Bevölkerung vorliegt und als ein genetischer Selektionsschutz gegen die Malariakrankheit fungiert). Allein dieser Trägerstatus verkörpert zwar allgemein betrachtet noch keine Krankheit; vielmehr ist dessen ungeachtet von einer statistisch normalen Lebenserwartung auszugehen. Allerdings bildet dieser Zustand a priori ein vergleichsweise erhöhtes Gesundheitsrisiko für anstrengungsassoziierte Todesfälle bzw. führt dieser zu rascherer Austrocknung bei verminderter Flüssigkeitszufuhr. Hinsichtlich der konkreten Frage, ob auf Grund des Hunger- und Durststreiks eine Indikation zur Durchführung einer Hämoglobin-Elektrophorese-Untersuchung (Screening auf Sichelzellenheterozygotie) bestand, wird auf divergierende Standpunkte verschiedener öffentlicher Institutionen in den USA verwiesen und daraus der Schluss gezogen, dass eine solche Untersuchung selbst unter Berücksichtigung des reduzierten körperlichen und geistigen Zustandes des Bruders des Rechtsmittelwerbers zu keinem Zeitpunkt eindeutig indiziert war. (Allerdings wäre es ratsam, aus diesen ethnischen Bevölkerungsgruppen stammende Personen auf deren erhöhtes Risiko für ein letales Ereignis bei verminderter Flüssigkeitsaufnahme hinzuweisen bzw. ihnen prophylaktisch eine derartige Untersuchung anzubieten.) Bezüglich der Frage, ob in Abhängigkeit von einer derartigen Untersuchung das Ableben des Bruders des Beschwerdeführers durch eine entsprechende medizinische Behandlung noch hätte verhindert werden können, wird ausgeführt, dass allein das Wissen um den Trägerstatus noch keine geänderte medizinische Therapie erforderte; eine derartige Notwendigkeit resultiert vielmehr ausschließlich auf Grund des konkreten klinischen Zustandes, z.B., wenn entsprechende Laborwerte eine gefährliche Situation anzeigen. Im vorliegenden Fall hätten allerdings die – offenbar jedoch erst verspätet zur Kenntnis gebrachten – Laborwerte, insbesondere der Wert des Elektrolytes Kalium, ein rasches therapeutisches Eingreifen im Wege einer intravenösen Flüssigkeitsinfusion unter intensivmedizinischer Überwachung erfordert.

 

Um künftig einen derart tragischen Ausgang eines Hungerstreiks hinanzuhalten, würden sich nach Meinung des Gutachters folgende Maßnahmen empfehlen:

 

1) Aufklärung des Streikenden über die Lebensgefährlichkeit von Elektrolytstörungen, wie diese insbesondere bei Nierenfunktionsstörungen eintreten können, wobei Träger einer heterozygoten Sichelzellenanämie hierfür eine spezifische Risikogruppe bilden;

 

2) Anbieten einer freiwilligen Untersuchung auf Sichelzellenheterozygotie für Personen mit hohem genetischen Risiko (wie z.B. Schwarzafrikaner); und

 

3) Engmaschige und genaue Kontrollen bezüglich des Flüssigkeitsmangels sowie damit im Zusammenhang stehender pathologischer Laborwerte samt Vermeidung extensiver körperlicher Belastung.

 

2.2.2. Über entsprechendes Befragen in der öffentlichen Verhandlung hat der Sachverständige ergänzend angegeben, dass eine Hämoglobin-Elektrophorese-Untersuchung weder technisch noch zeitlich noch finanziell besonders aufwändig ist (Kosten: ca. 40 Euro). Weiters kam allein der Überschreitung des Kalium-Grenzwertes (um 2,0 Einheiten), dieser allerdings eine maßgebliche Signifikanz zu, nämlich dahin, dass ein unmittelbares therapeutischen Eingreifen zur Abwendung der hohen Lebensgefahr – nämlich durch intravenöse Flüssigkeitszufuhr unter intensivmedizinischer Überwachung – erforderlich gewesen wäre; allerdings ist die diesbezügliche Auswertung im gegenständlichen Fall aus heute nicht mehr nachvollziehbaren Gründen verspätet erfolgt. Eine andere Möglichkeit der Erkennung der Lebensbedrohlichkeit des Zustandes des Bruders des Beschwerdeführers bestand unter den konkreten Umständen des vorliegenden Falles nicht.

 

2.2.3. Diese Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus den schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen in seinem Gutachten vom 19. Mai 2012 sowie in der öffentlichen Verhandlung vom 21. Juni 2012.

 

Um unnötige Wiederholungen zu vermeiden, werden hiermit dieses Gutachten vom 19. Mai 2012 (ONr. 84 des h. Aktes), das Erkenntnis des VwGH vom 20. Oktober 2011, Zl. 2010/21/0286 (ONr. 49 des h. Aktes), das Erkenntnis des VwGH v. 30. August 2007, Zl. 2006/21/0054 (ONr. 68 des h. Aktes), das h. Erkenntnis vom 13. Februar 2006, Zl. VwSen-400740/38/Gf/Mu/Ga, und das h. Erkenntnis vom 11. Juni 2010, Zl. VwSen-400740/60/Gf/Mu, jeweils zum integrierenden Bestandteil der Begründung dieser Entscheidung erklärt.

 

 

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

 

 

3.1. Gemäß § 63 Abs. 1 VwGG ist der Oö. Verwaltungssenat im Zuge der Entscheidung des vorliegenden Falles an die vom VwGH in dessen Erkenntnis vom 20. Oktober 2011, Zl. 2010/21/0286 (vgl. insbesondere S. 12), zum Ausdruck gebrachte Rechtsansicht gebunden.

 

3.2. Davon ausgehend, dass der Sachverständige in diesem Zusammenhang in seinem Gutachten vom 19. Mai 2012 sowie in der öffentlichen Verhandlung vom 21. Juni 2012 zweifelsfrei festgestellt hat, dass eine Hämoglobin-Elektrophorese-Untersuchung "zu keinem Zeitpunkt ..... eindeutig indiziert war" und auch nicht "das Wissen um die Erbanlage", sondern ausschließlich die – allerdings verspätet – zur Kenntnis gebrachten Kalium-Werte in Verbindung mit einer "raschen intravenösen Flüssigkeitsinfusion unter intensivmedizinischer Überwachung" das Ableben des Bruders des Beschwerdeführers hätten verhindern können (vgl. S. 4 dieses Gutachtens), ist beim gegenwärtigen Stand des Verfahrens zwischen den Verfahrensparteien nur mehr die Rechtsfrage strittig, ob der Umstand, dass das (eine Lebensbedrohung indizierende) Ergebnis der im AKH Linz vorgenommenen Bestimmung des Kalium-Wertes objektiv erst verspätet zur Kenntnis gelangte, der belangten Behörde zuzurechnen ist.

 

3.2.1. Nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenates ist diese Frage – wie bereits in den beiden vorangeführten h. Entscheidungen vom 13. Februar 2006, Zl. VwSen-400740/38/Gf/Mu/Ga, und vom 11. Juni 2010, Zl. VwSen-400740/60/Gf/Mu, jeweils ausführlich dargestellt – deshalb zu bejahen, weil den Staat dann, wenn dieser die Inhaftierung nicht nur als eine Strafsanktion, sondern auch zu dem bloßen Zweck der Erleichterung (Sicherstellung) der Durchführung fremdenpolizeilicher Verfahren vorsieht, insbesondere unter dem Aspekt des Art. 3 EMRK – jedenfalls im Hinblick auf die Gesundheitsvorsorge der solcherart Angehaltenen – eine vergleichsweise erhöhte Garantenpflicht trifft, solange sich diese aus rechtlicher Sicht in seiner Gewahrsame befinden. Im Zusammenhang mit einem Maßnahmenbeschwerdeverfahren gemäß Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG, das schon von Verfassungs wegen bloß auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit des behördlichen Handelns beschränkt ist und sich nicht zugleich auch auf einen Abspruch über ein allfälliges Verschulden (entweder von konkreten Organwaltern oder der Behörde als solcher [sog. "Organisationsverschulden"]) erstreckt, kommt dies systematisch betrachtet der aus dem Zivilrecht bekannten Rechtsfigur einer (verschuldensunabhängigen) Gefährdungshaftung gleich.

 

3.2.2. Von der EMRK-Konformität der Verordnung der Bundesministerin für Inneres über die Anhaltung von Menschen durch die Sicherheitsbehörden und Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, BGBl.Nr. II 128/1999 (Anhalteordnung, im Folgenden: AnhO) – und zwar auch schon in der zum Vorfallszeitpunkt maßgeblichen Fassung vor der Novelle BGBl.Nr. II 439/2005 – ausgehend steht der Verwaltungsgerichtshof dem gegenüber – wie dies in seinen bereits zuvor zitierten Erkenntnissen vom 30. August 2007, Zl. 2006/21/0054, und vom 20. Oktober 2010, Zl. 2010/21/0286, zum Ausdruck kommt – auf dem Standpunkt, dass allein die Anhaltung einer Person in Schubhaft nicht zu einer Erweiterung von Fürsorgepflichten des Staates dergestalt führt, dass diese Pflichten solche Maßnahmen, die zwar selbst bei gehöriger Sorgfalt nicht als notwendig erkennbar sind, auf Grund von Veranlagungen des Häftlings zum späteren Ausbruch von Krankheiten jedoch erforderlich wären, umfassen würden.

 

Auf dem Boden dieser Rechtsansicht im Verbindung mit den Feststellungen des Sachverständigengutachtens resultierte damit aber im gegenständlichen Fall weder eine apriorische – nämlich durch die ethnische Herkunft des Bruders des Rechtsmittelwerbers – noch eine durch dessen konkreten klinischen Zustand indizierte Verpflichtung für die Behörde, eine Hämoglobin-Elektrophorese-Untersu­chung zu veranlassen, ganz abgesehen davon, dass diese weder als standardisierte Methode in öffentlichen Krankenhäusern praktiziert wurde (und wird) noch dadurch das Ableben des Angehaltenen hätte verhindert werden können.

 

Da es aber nach Auffassung des VwGH (allein) "von der Klärung dieser Fragen" abhängt, "ob im vorliegenden Fall vom Fehlen einer ..... angemessenen medizinischen Versorgung ..... gesprochen werden kann" (vgl. das Erkenntnis vom 20. Oktober 2011, Zl. 2010/21/0286, S. 12), und zugleich die staatlichen Fürsorgepflichten im Zuge der Anhaltung einer Person in Schubhaft nicht so weit reichen, dass sie auch eine Verpflichtung zur Setzung von solchen Maßnahmen, die objektiv, nämlich selbst bei gehöriger Sorgfalt nicht als "notwendig" erkennbar sind, um den späteren, auf eine besondere Veranlagung des Häftlings gegründeten Ausbruch einer Krankheit zu verhindern, umfassen (vgl. VwGH, a.a.O., S. 11), ist sohin auch der vom AKH Linz – einer Schwerpunkt- bzw. Zentralkrankenanstalt i.S.d. § 3 Abs. 1 Z. 2 und 3 i.V.m. § 39 Abs. 3 letzter Satz des Oö. Krankenanstaltengesetzes, LGBl.Nr. 132/1997 – zu vertretende Umstand der verspäteten Diagnose des lebensbedrohlich erhöhten Kalium-Wertes und die infolgedessen unterbliebene intravenöse Flüssigkeitszufuhr unter intensivmedizinischer Überwachung der belangten Behörde im Lichte des § 10 Abs. 2 AnhO nicht in dem Sinne zurechenbar, dass diese im Ergebnis rechtswidrig i.S.d. Art. 129a Abs. 1 Z. 1 B-VG gehandelt hätte.  

 

3.3. Aus diesem Grund war daher – weil der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall nach § 63 Abs. 1 VwGG an die dargestellte Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes gebunden ist – daher die vorliegende Beschwerde gemäß § 67c Abs. 3 AVG als unbegründet abzuweisen.

 

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Beschwerdeführer dazu zu verpflichten, dem Bund nach § 79a Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 Z. 3 AVG i.V.m. § 1 Z. 4 und 5 der UVS-Aufwandersatzverordnung, BGBl.Nr. II 456/2008, Kosten in einer Höhe von insgesamt 829,80 Euro (Schriftsatzaufwand: 368,80 Euro; Verhandlungsaufwand: 461,00 Euro) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils durch einen Rechtsanwalt eingebracht werden, wobei für jede dieser Beschwerden eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten ist.

 

 

 

 

 

 

 

Dr.  G r ó f

 

 

 

 

 


VwSen-400740/100/Gf/Rt vom 13. Juli 2012

 

 

Erkenntnis

 

 

Rechtssatz

 

EMRK Art3;

B-VG Art129a Abs1 Z2;

VwGG §63 Abs1;

AnhO §10 Abs2;

Oö. KAG 1997 §3 Abs1 Z3;

Oö. KAG 1997 §39 Abs3

 

 

Nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenates ist der Umstand, dass das (eine Lebensbedrohung indizierende) Ergebnis einer im Krankenhaus vorgenommenen Bestimmung des Kalium-Wertes objektiv erst verspätet zur Kenntnis gelangte, deshalb der Behörde zuzurechnen, weil den Staat dann, wenn dieser die Inhaftierung nicht nur als eine Strafsanktion, sondern auch zu dem bloßen Zweck der Erleichterung (Sicherstellung) der Durchführung fremdenpolizeilicher Verfahren vorsieht, insbesondere unter dem Aspekt des Art 3 EMRK eine vergleichsweise erhöhte Garantenpflicht – jedenfalls im Hinblick auf die Gesundheitsvorsorge der solcherart Angehaltenen – trifft, solange sich diese aus rechtlicher Sicht in seiner Gewahrsame befinden (siehe dazu ausführlich bereits die h. Entscheidungen vom 13. Februar 2006, Zl. VwSen-400740/38/Gf/Mu/Ga und vom 11. Juni 2010, Zl. VwSen-400740/60/Gf/Mu).

 

Im Zusammenhang mit einem Maßnahmenbeschwerdeverfahren gemäß Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG, das schon von Verfassungs wegen bloß auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit des behördlichen Handelns beschränkt ist und sich nicht zugleich auch auf einen Abspruch über ein allfälliges Verschulden – entweder von konkreten Organwaltern oder der Behörde als solcher (sog "Organisationsverschulden") – erstreckt, kommt dies systematisch betrachtet der aus dem Zivilrecht bekannten Rechtsfigur einer (verschuldensunabhängigen) Gefährdungshaftung gleich.

 

Von der EMRK-Konformität der Anhalteordnung – und zwar auch schon in der zum Vorfallszeitpunkt maßgeblichen Fassung vor der Novelle BGBl. II Nr. 439/2005 – ausgehend steht der Verwaltungsgerichtshof dem gegenüber auf dem Standpunkt, dass allein die Anhaltung einer Person in Schubhaft nicht zu einer Erweiterung von Fürsorgepflichten des Staates dergestalt führt, dass diese Pflichten solche Maßnahmen, die zwar selbst bei gehöriger Sorgfalt nicht als notwendig erkennbar sind, auf Grund von Veranlagungen des Häftlings zum späteren Ausbruch von Krankheiten jedoch erforderlich wären, umfassen würden (vgl VwGH 30.8.2007, 2006/21/0054; VwGH 20.10.2010, 2010/21/0286).

 

Auf dem Boden dieser Rechtsansicht im Verbindung mit den Feststellungen des Sachverständigengutachtens resultierte damit aber im gegenständlichen Fall weder eine apriorische – nämlich durch die ethnische Herkunft des Bruders des Rechtsmittelwerbers – noch eine durch dessen konkreten klinischen Zustand indizierte Verpflichtung für die Behörde, eine Hämoglobin-Elektrophorese-Untersuchung zu veranlassen. Ganz abgesehen davon, dass diese weder als standardisierte Methode in öffentlichen Krankenhäusern praktiziert wurde (und wird) noch dadurch das Ableben des Angehaltenen hätte verhindert werden können. Da es aber nach Auffassung des VwGH (allein) "von der Klärung dieser Fragen" abhängt, "ob im vorliegenden Fall vom Fehlen einer ..... angemessenen medizinischen Versorgung ..... gesprochen werden kann" (vgl. das Erkenntnis vom 20. Oktober 2011, Zl. 2010/21/0286, S. 12), und zugleich die staatlichen Fürsorgepflichten im Zuge der Anhaltung einer Person in Schubhaft nicht so weit reichen, dass sie auch eine Verpflichtung zur Setzung von solchen Maßnahmen, die objektiv, nämlich selbst bei gehöriger Sorgfalt nicht als "notwendig" erkennbar sind, um den späteren, auf eine besondere Veranlagung des Häftlings gegründeten Ausbruch einer Krankheit zu verhindern, umfassen (vgl. VwGH, a.a.O., S. 11), ist sohin auch der vom Krankenhaus – einer Schwerpunkt- bzw Zentralkrankenanstalt iSd § 3 Abs 1 Z 2 und 3 iVm § 39 Abs 3 letzter Satz des Oö. KAG 1997, LGBl Nr 132/1997 – zu vertretende Umstand der verspäteten Diagnose des lebensbedrohlich erhöhten Kalium-Wertes und die infolgedessen unterbliebene intravenöse Flüssigkeitszufuhr unter intensivmedizinischer Überwachung der belangten Behörde im Lichte des § 10 Abs 2 AnhO nicht in dem Sinne zurechenbar, dass diese im Ergebnis rechtswidrig iSd Art 129a Abs 1 Z 1 B-VG gehandelt hätte.

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VfGH vom 22.11.2013, Zl.: B 1088/2012-8

Beachte:


Revision wurde zurückgewiesen.

VwGH vom 25.04.2014, Zl.: Ro 2014/21/0012-7
 

 

 

 

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