Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-140014/8/Fra/CG

Linz, 13.07.2012

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung der x, x, x, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt x, x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 06. März 2012, GZ: VerkR96-4739-2011-BS, betreffend Übertretung des § 19 Abs.1 Eisenbahnkreuzungsverordnung, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung in Verbindung mit einem Lokalaugenschein am 11. Juli 2012, zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Die Berufung wird hinsichtlich des Schuldspruches als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis insofern bestätigt.

 

II.              Von der Verhängung einer Strafe wird abgesehen und die Berufungswerberin wird wegen der ihr zur Last gelegten Verwaltungsübertretung ermahnt.

 

III.          Die Berufungswerberin hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu entrichten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG;

zu II: § 21 Abs.1 VStG;

zu III: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über die Berufungswerberin (Bw) wegen Übertretung des § 19 Abs.1 Eisenbahnkreuzungsverordnung gemäß § 162 Abs.3 Eisenbahngesetz eine Geldstrafe von 150 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 60 Stunden) verhängt, weil sie am 30.08.2011 um 07:40 Uhr in der Gemeinde x, Gemeindestraße Freiland, Linzerstraße, von der B x kommend weiter nach links in die Linzerstraße an einer durch eine Lichtzeichenanlage gesicherten Eisenbahnkreuzung bei Aufleuchten des roten Lichtes nicht vor der Eisenbahnkreuzung angehalten hat.

 

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

 

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung – als nunmehr belangte Behörde – legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 2.000 Euro  nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied (§ 51c erster Satz VStG) zu entscheiden hat.

 

I.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 11. Juli 2012 in Verbindung mit einem Lokalaugenschein erwogen:

 

Die der Bw zur Last gelegte Verwaltungsübertretung wurde von RI. x, Polizeiinspektion Ottensheim, angezeigt (Anzeige vom 31.08.2011, GZ: A1/10360/01/2011). Der Meldungsleger schildert in der Anzeige, dass er sich mit dem Dienstmotorrad gegenüber der Eisenbahnkreuzung befunden und einwandfreie Sicht auf diese hatte. Die nunmehrige Bw sei auf der Rohrbacher Landesstraße aus Richtung Walding kommend in Richtung Linz gefahren. Ca. bei Straßenkilometer 11,250 der B 127 habe sie sich am Linksabbiegestreifen in Richtung Linzerstraße eingereiht. Obwohl das Rotlicht der Lichtzeichenanlage der Eisenbahnkreuzung bereits ca. 5 Sekunden leuchtete, sei sie über die Gleise gefahren und habe ihre Fahrt in der Linzerstraße fortgesetzt.

 

In ihrem Einspruch gegen die vorangegangene Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 19. September 2011, GZ: VerkR96-4739-2011, mit der der nunmehrigen Bw derselbe Tatbestand wie im angefochtenen Straferkenntnis zur Last gelegt wurde, brachte sie vor, dass ein PKW dicht hinter ihr gewesen sei. Sie sei erschrocken gewesen und habe nicht abgebremst um ein Auffahren zu verhindern. Nachdem sie gesehen habe, dass ihr kein Fahrzeug entgegen kommt, sei sie abgebogen. Genau in dem Moment habe sie bemerkt, dass die Lichtzeichenanlage von Gelb auf Rot umgeschaltet habe. Da sie die Befürchtung hatte, bei einer Vollbremsung auf dem Gleiskörper zum Stehen zu kommen, sei sie noch über die Gleise gefahren. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass sie schon seit Jahren unbescholten sei und als Berufskraftfahrerin in ganz Österreich unterwegs sei und sie weder jemanden gefährdet noch böswillig bzw. mit Absicht gehandelt habe, ersuche sie das Verfahren einzustellen.

 

Der Meldungsleger gab bei seiner zeugenschaftlichen Einvernahme am 15. November 2011 vor der belangte Behörde unter anderem an, dass er seinen Standort gegenüber der Eisenbahnkreuzung neben der B 127 zwischen dem Firmengelände des Skodahändlers und der Tankstelle gehabt habe. Die angezeigte Lenkerin sei aus Richtung Walding gekommen, habe sich auf den Linksabbiegestreifen eingereiht und sei dann in einem Zug nach links in Richtung Dürnberg weitergefahren. Beim Überfahren der Haltelinie habe an der Kreuzung bereits definitiv Rotlicht geherrscht. Es habe schon ca. 5 Sekunden Rotlicht aufgeleuchtet, als die angezeigte Lenkerin die Eisenbahnkreuzung übersetzt habe. Der Zug sei bereits zu sehen gewesen, als das angezeigte Fahrzeug die Kreuzung passierte und etwa nur mehr 100 m entfernt. Die angezeigte Lenkerin hätte auch die Möglichkeit gehabt, nach links abzubiegen aber noch vor den Gleisen anzuhalten. Es sei nur dieses Fahrzeug in Richtung Dürnberg gefahren. Er halte die Anzeige vollinhaltlich aufrecht.

 

In ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 12. Jänner 2012 verwies die Bw vorerst auf ihr bisheriges Vorbringen und führte ergänzend aus, dass sie, weil sich ein KFZ am linken Fahrstreifen relativ rasch angenähert habe, befürchtet habe, dass dieses KFZ mit ihrem Fahrzeug kollidieren werde, wenn sie ihre Fahrgeschwindigkeit in Annäherung auf die Kreuzung wie sonst bei Annäherung auf eine Kreuzung verlangsamt. Sie habe sich daher ab diesem Zeitpunkt darauf konzentriert, dass sie die Geschwindigkeit nicht zu stark abbremst, um dem hinter ihr fahrenden Fahrzeug Gelegenheit zum Einbremsen der eigenen Geschwindigkeit zu bieten. Da sie keinen Gegenverkehr hatte, habe sie das Linksabbiegemanöver rasch durchführen können, um im Falle, dass der hinter ihr fahrende Wagen, wenn dessen Geschwindigkeit zu groß wäre, nicht auf ihr Fahrzeug auffahre. In weiterer Folge habe sie das KFZ, das sich mit der hohen Geschwindigkeit an sie angenähert habe, nicht mehr erkennen können. Dieses habe offensichtlich noch auf den rechten Fahrstreifen gelenkt werden können und sei an ihr vorbeigefahren. Währenddessen habe sie sich jedoch schon mitten im Kreuzungsbereich befunden und habe diesen so rasch wie möglich kontrolliert verlassen müssen. Die Geschwindigkeit, die sie dabei eingenommen habe, sei für die Kurvenfahrt relativ hoch gewesen, sodass sie sich dafür entschieden habe, in Einem über die Eisenbahngleise zu fahren. Dies, wenngleich sie schon das orange Warnlicht erkannt hatte. Wenige Meter vor dem Überfahren des Bahngleises habe das Warnlicht auf rot umgeschaltet. Sie habe sich in Sekundenbruchteilen dafür entschieden, bei Rotlicht in die Gleisanlage einzufahren. Dieses Manöver habe sich als zielführend und mit weit weniger Gefährdung verbunden gezeigt, als ein unkontrollierbares Bremsmanöver. Ihr Verhalten habe daher jedenfalls einer Unfallvermeidung gedient. Ihr sei sohin ein gefahrloses Überqueren des Bahngleises möglich gewesen. Dies habe weder den Zug noch dessen Insassen oder andere Verkehrsteilnehmer gefährdet. Sie habe sich in einer absoluten Ausnahmesituation befunden und es sei ihr ein allenfalls rechtswidriges Verhalten verschuldsmäßig nicht anzulasten gewesen. Sie sei Berufskraftfahrerin und unbescholten. Sie halte sich prinzipiell an die gegebenen Verkehrsvorschriften. Sollte die Behörde dem Vorliegen eines Rechtfertigungsgrundes nicht folgen können, wäre doch der Verschuldensgrad im äußerst unterem Bereich anzusetzen und seien die Folgen der Übertretung als äußerst gering zu bewerten, weshalb jedenfalls die Anwendung des § 21 VStG indiziert ist. Sie beantrage daher die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu ein Absehen der Strafe im Sinne des § 21 VStG. In ihrem Rechtsmittel gegen das angefochtene Straferkenntnis wiederholt die Bw im Wesentlichen die oa. Anträge.

 

Bei der am 11. Juli 2012 durchgeführten Berufungsverhandlung, welche mit einem Lokalaugenschein verbunden wurde und an der sowohl die Berufungswerberin, der Vertreter der Berufungswerberin als auch ein Vertreter der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung teilnahmen, konnte sich der Oö. Verwaltungssenat ein Bild von den örtlichen Gegebenheiten machen. Auch die Bw hat die Durchführung eines Lokalaugenscheines insbesondere zur Begutachtung betreffend die räumliche Situation als auch betreffend die Nachvollziehbarkeit der Ausführungen des Polizeibeamten beantragt. Zeugenschaftlich einvernommen wiederholte der Meldungsleger im Wesentlichen seine bereits im erstinstanzlichen Verfahren getätigten Aussagen. Insbesondere führte der Meldungsleger aus, dass das Rotlicht bereits ca. 5 Sekunden aufleuchtete, als die Bw die Eisenbahnkreuzung übersetzte. Weiters wies der Meldungsleger darauf hin, dass die Bw auch die Möglichkeit gehabt hat nach links abzubiegen aber noch vor den Gleisen anzuhalten. Nicht bestätigen konnte der Meldungsleger, dass der Zug bereits zu sehen war, als die angezeigte Lenkerin die Kreuzung passierte und etwa nur mehr 100 m von der Eisenbahnkreuzung entfernt war.

 

Der Oö. Verwaltungssenat folgt den Angaben des Meldungslegers dahin, dass, als die Bw die Eisenbahnkreuzung überquerte, das Rotlicht bereits ca. 5 Sekunden aufleuchtete und dass die Bw als Lenkerin des in Rede stehenden Fahrzeuges die Möglichkeit gehabt hätte, vor den Gleisen anzuhalten. Damit hat sie den ihr zur Last gelegten Tatbestand einer Verwaltungsübertretung sowohl in objektiver Hinsicht als auch in subjektiver Hinsicht erfüllt, da es ihr mit ihrem Vorbringen nicht gelungen ist, die Fahrlässigkeitsvermutung im Sinne des § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG zu entkräften. Es ist durchaus möglich, dass sich hinter ihrem KFZ auf dem linken Fahrstreifen ein weiteres Fahrzeug mit relativ hoher Geschwindigkeit annäherte und sie befürchtet hat, dass dieses KFZ auf ihr Fahrzeug auffahre, wenn sie ihre Fahrgeschwindigkeit in Annäherung auf die Kreuzung wie sonst bei Annäherung an eine Kreuzung verlangsame und dieses Fahrzeug dann doch auf den rechten Fahrstreifen gelenkt wurde und der Lenker an ihr vorbeigefahren ist. Der Meldungsleger konnte bei der Berufungsverhandlung diese Version weder bestätigen noch verneinen. Der Oö. Verwaltungssenat nimmt es aufgrund des glaubwürdigen Vorbringens der Bw jedoch als gegeben an, woraus resultiert, dass die Bw zwar schuldhaft gehandelt hat, deren Verschuldensgrad jedoch im unteren Bereich anzusetzen ist.

 

Der Berufung konnte daher in der Schuldfrage keine Folge gegeben werden und es war diesbezüglich die Berufung abzuweisen.

 

II. Strafermessung:

 

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigte jedoch unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Liegen die Kriterien des § 21 Abs.1 VStG vor, nämlich geringfügiges Verschulden und lediglich unbedeutende Folgen, hat die Beschuldigte einen Rechtsanspruch auf Anwendung dieser Bestimmung, die Behörde hat kein Ermessen.

 

Für ein geringfügiges Verschulden der Bw spricht die von ihr oben geschilderte "Ausnahmesituation". Der Meldungsleger hat unter anderem auch ausgeführt, dass, als die Bw die Eisenbahnkreuzung überquerte, der Zug bereits zu sehen war und etwa nur mehr 100 m entfernt war. In seiner Stellungnahme vom 17. April 2012 teilte der Meldungsleger dem Oö. Verwaltungssenat unter anderem mit, dass die Signalauslösung in Fahrtrichtung Aigen-Schlägl bei der Einfahrt in den Bahnhof Dürnberg und in Fahrtrichtung Linz-Urfahr bei der Abfahrt vom Bahnhof Ottensheim erfolgt und das Rotlicht bei einem Zug in Fahrtrichtung Aigen-Schlägl ca. 3 Minuten bei einem Gegenzug ca. 2 Minuten leuchtet. Diese Zeitdauer sei jedoch nicht zu 100 % gültig. Beim Lokalaugenschein wurde mittels Stoppuhr festgestellt, dass sich ca. 1 Minute nach Aufleuchten des Rotlichtes ein Zug aus Richtung Linz näherte. Aufgrund dieser Fakten geht der Oö. Verwaltungssenat davon aus, dass, als die Bw mit ihrem Fahrzeug die Eisenbahnkreuzung überquerte, sich noch kein Zug näherte. Da sie auch keinen Gegenverkehr hatte und sich auch in Fahrtrichtung Dürnberg kein weiteres Fahrzeug befand, lag keine potentielle Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer vor. Festzustellen ist zudem, dass die Bw verwaltungsstrafrechtlich unbescholten ist. Es liegen daher sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen des § 21 VStG vor, weshalb von diesem Rechtsinstitut Gebrauch zu machen war. Der Ausspruch einer Ermahnung war erforderlich, um die Bw auf die Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens hinzuweisen und sie im eigenen Interesse von der Begehung weiterer gleichartiger Verwaltungsübertretungen abzuhalten. Der Ausspruch einer Ermahnung scheint dem Oö. Verwaltungssenat im vorliegenden Fall vom Aspekt der Spezialprävention ausreichend, aber auch erforderlich.

 

III. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Johann Fragner

 

 

 

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