Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166765/9/Bi/Kr

Linz, 16.07.2012

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn X, nunmehr vertreten durch den Sachwalter Herrn RA X, vom
23. Februar 2012 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshaupt­mannes von Linz-Land vom 22. November 2011, VerkR96-43857-2011, zugestellt am 20. Februar 2012, wegen Übertretung des Führerscheingesetzes, zu Recht erkannt:

 

     Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 45 Abs.1 Z2 und 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 1 Abs.3 iVm 37 Abs.1 und 4 Z1 FSG eine Geldstrafe von 730 Euro (14 Tage EFS) verhängt, weil er am
17. September 2011, 20.11 Uhr, den Pkw X im Gemeindegebiet Ansfelden auf der A1 Westautobahn bei km 171.000, Autobahnraststation Ansfelden Nord, BP-Tankstelle, auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr gelenkt habe, obwohl er nicht im Besitz einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung der Klasse B gewesen sei, weil ihm diese mit Bescheid der BH Linz-Land vom 7. September 2011, VerkR21-568-2011/LL, entzogen gewesen sei.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 73 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2 Z1 VStG). 

 

3. Der Bw begründet sein Rechtsmittel mit dem Hinweis auf seine psychische Erkrankung, sein geringes Einkommen und mehrere offene Verfahren.  

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz und in rechtlicher Hinsicht erwogen:

Für den Bw wurde mit Beschluss des Bezirksgerichtes Traun vom 1. März 2012, Zl.453 1P 392/11a-10, gemäß § 120 AußStrG Herr RA X ua zum einstweiligen Sachwalter für die Vertretung des Bw vor Gerichten, Behörden und Sozialversicherungsträgern bestellt.

In dieser Eigenschaft hat er mit Schriftsatz vom 25. Juni 2012 das neurologisch-psychiatrische Ergänzungsgutachten Dris X, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie in X vom 3. Juni 2012 vorgelegt zur Frage der Zurechnungsfähigkeit des Bw im Hinblick auf die Deliktshäufung für den Zeitraum 31. August 2011 bis 20. September 2011. Darin führt der Gutachter aus:

"Der stationäre Aufenthalt vom 30. September bis 7. Oktober 2011 belegt, das zum damaligen Zeitpunkt neben der vorbestehenden Grundkrankheit einer Persönlichkeitsstörung auch ein manischer Zustand im Rahmen einer bipolaren affektiven Störung vorlag.

Aufgrund der damit verbundenen Überaktivität, Reduzierung des Kritikver­mögens und des Omnipotenzgefühls ist davon auszugehen, dass die angeführten Delikte (Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne Berechtigung, Benützen eines Pkw, der nicht zum Verkehr zugelassen ist, Nichtbefolgung von Anhaltezeichen der Polizei, Überschreitungen der Straßenverkehrsordnung) infolge dieser manischen Verstimmung durchgeführt wurden bzw die genannten Handlungen wesentlich von der manischen Verstimmung begünstigt wurden.

Aus heutiger Sicht ist für diesen Zeitraum und für diese Delikte eine Zurechnungsunfähigkeit aus psychiatrischer Sicht zu attestieren.  

Bedingt durch die damals vorhandene und gut dokumentierte Krankheit, ins­besondere der manischen Auslenkung, war die Dispositionsfähigkeit wesentlich herabgesetzt bis aufgehoben."

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG hat die Behörde ua von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.

Gemäß § 3 Abs.1 VStG ist nicht strafbar, wer zur Zeit der Tat wegen Bewusst­seins­störung, wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit oder wegen Geistesschwäche unfähig war, das Unerlaubte der Tat einzusehen (Fehlen der Diskretionsfähigkeit) oder dieser Einsicht gemäß zu handeln (Fehlen der Dispositionsfähigkeit).

Auf der Grundlage des oben zitierten Gutachtens – das der Erstinstanz mit h Schreiben vom 26. Juni 2012 zur Kenntnis gebracht wurde – war davon auszu­gehen, dass der Bw die ihm mit dem genannten Straferkenntnis vorgeworfene Tat nicht zu verantworten hat.   

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden, wobei Verfahrenskostenbeiträge nicht anfallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

Beschlagwortung:

 

Unzurechnungsfähigkeit laut Gutachten

 

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