Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167017/6/Br/Ai

Linz, 16.07.2012

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der X, geb. X, X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 14. Juni  2012, Zl. VerkR96-963-2012, nach der am 16.7.2012 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

 

I.       Die Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1Z1 VStG eingestellt.

 

II.     Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, idF BGBl. I Nr. 111/2010 – AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, idF BGBl. I Nr. 111/2010 – VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 u. 2 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Über den Berufungswerber wurde mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis  wegen der Übertretung nach § 102 Abs.3 5. Satz iVm § 134 Abs.3c KFG 1967 eine Geldstrafe von 60 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eines Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 27 Stunden verhängt, weil er am 23.4.2012 um 10.50 Uhr den Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen X (A) in der Gemeinde Altenfelden auf der Rohrbacher Straße B127 im Bereich von Straßenkilometer 36,600 bis 36,400 in Fahrtrichtung Linz gelenkt und während des Fahrens ohne Benützung einer Freisprecheinrichtung telefoniert habe; dies sei bei einer Anhaltung gemäß § 97 Abs. 5 StVO festgestellt worden. Er habe die Zahlung einer Organstrafverfügung verweigert, obwohl ihm dies angeboten wurde.

 

 

1.1. Begründend führte die Behörde erster Instanz Folgendes aus:

"Auf Grund der Anzeige der Polizeiinspektion Neufelden vom 17.5.2012, A1/2617/2012, erging von der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach wegen der im Spruch angeführten Verwaltungsübertretung eine Strafverfügung.

 

Sie erhoben dagegen Einspruch und führten wie folgt aus:

Ich erhebe EINSPRUCH gegen die mir zugestellte Strafverfügung und weise die Anschuldigung im Gemeindegebiet Altenfelden,  x,  Zufahrt Parkplatz, Lx bei  km 0,076, am 23.4.2012 um 10:50 Uhr in meinem PKW,  X,  ohne Freisprechanlage telefoniert zu haben auf das deutlichste zurück.  Die mir angebotene Organstrafverfügung habe ich zurecht verweigert.

 

BEGRÜNDUNG:

 

Mein PKW,  x 500 verfügt über eine Freisprecheinrichtung,  welche automatisch mit meinem Telefon gekoppelt ist.  Das heißt,  ich kann während einem Telefonat nicht hin und her schalten sondern muss es automatisch über die Freisprechanlage annehmen.  Dass ich telefoniert habe ist korrekt,  jedoch haben beide Beamte nach der Anhaltung gesehen,  dass mein Handy mit der Freisprechanlage gekoppelt ist und das soeben geführte Telefonat auf der Anrufliste der Freisprechanlage aufscheint.  Ich habe versucht den beiden Beamten zu demonstrieren,  dass ein Anruf automatisch auf die Freisprecheinrichtung gelangt.  Dies war beiden jedoch völlig egal.  Es wurde mir vielmehr vorgeworfen, dass ich mein Handy während dem Telefonat in meiner Hand gehalten habe.  Es ist eine Angewohnheit von mir das Handy auch während dem telefonieren in der Hand zu halten.    Dies als Indiz für ein aktives Telefonieren ohne Freisprecheinrichtung zu halten widersprecht der gängigen Judikatur!

 

Ich ersuche daher, die Strafverfügung, mangels Vorliegen einer Rechtsverletzung, insbesondere § 102 Abs.  3 5.  Satz KFG aufzuheben.

 

Es wurden von der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach der Meldungsleger und der weitere bei der Amtshandlung anwesende Polizist als Zeuge einvernommen. Nachstehend die Aussagen:

 

Unter nochmaligen Hinweis auf meinen Diensteid gebe ich folgendes an: Die Anzeige wird vollinhaltlich aufrecht gehalten. Ich verrichtete am 23.4.2012 Verkehrsüberwachungsdienst gemeinsam mit meinem Kollegen X von der Polizeiinspektion St. Martin i.M.. Unser Standort war der Kreisverkehr auf der 0127 ca. bei Str. Km 36,865. Um 10.50 Uhr fuhr der Lenker des PKW mit dem amtlichen Kennzeichen X an unserem Standort aus Fahrtrichtung Rohrbach kommend vorbei, wobei ich eindeutig feststellen konnte, dass der Lenker ein Handy am rechten Ohr hielt und telefonierte. Wir fuhren dem Fahrzeuglenker nach

und überholten ihn im Bereich von Str. Km 36,6 und 36,4. Während des Überholvorganges konnte ich wieder eindeutig feststellen, dass der Lenker telefonierte. Er hielt bei diesem Telefonat noch immer oder schon wieder das Handy am rechten Ohr. Nach unserem Überholvorgang wurde der Lenker des PKW zu einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle zum Parkplatz neben der x Lx gelotst. Bei dieser Kontrolle lag das Handy zwischen den Beinen des Lenkers am Fahrersitz. Der Lenker rechtfertigte sich damit, dass er mit Freisprecheinrichtung telefoniert hat. Er gab auch an, dass er das Handy während des Telefonates in der rechten Hand gehalten hat und sich mit dem Handy teilweise am rechten Öhr gekratzt hat. Auf Grund der Unglaubwürdigkeit wurde von mir Anzeige erstattet.

 

Der zweite Polizist gab folgendes an:

 

Unter nochmaligen Hinweis auf meinen Diensteid gebe ich folgendes an: Ich verrichtete am 23.4.2012 Verkehrsüberwachungsdienst gemeinsam mit meinem Kollegen X von der Polizeiinspektion Neufelden. Unser Standort war der Kreisverkehr auf der B127 ca. bei Str. Km 36,865. Um 10.50 Uhr fuhr der Lenker des PKW mit dem amtlichen Kennzeichen X an unserem Standort aus Fahrtrichtung Rohrbach kommend vorbei, wobei ich eindeutig feststellen konnte, dass der Lenker ein Handy am rechten Ohr hielt und offensichtlich telefonierte. Wir fuhren dem Fahrzeuglenker nach und überholten ihn im Bereich von Str. Km 36,6 und 36,4. Während des Überholvorganges konnte ich wieder eindeutig feststellen, dass der Lenker offensichtlich telefonierte. Er hielt bei diesem Telefonat noch immer oder schon wieder das Handy am rechten Ohr. Nach unserem Überholvorgang wurde der Lenker des PKW zu einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle zum Parkplatz neben der x Lx gelotst. Bei dieser Kontrolle lag das Handy zwischen den Beinen des Lenkers am Fahrersitz. Der Lenker rechtfertigte sich damit, dass er mit Freisprecheinrichtung telefoniert hat. Er gab auch an, dass er das Handy während des Telefonates in der rechten Hand gehalten hat und sich mit dem Handy teilweise am rechten Ohr gekratzt hat. Dies ist eine Angewohnheit von ihm.

 

Zur Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme gaben Sie folgendes an:

 

1. Vom Standort der beiden Beamten kann garantiert nicht festgestellt werden, ob ich meine rechte Hand am Ohr hatte oder nicht, dies kann ich mit Fotos von dem angegeben Punkt aus belegen.

 

2. Auch für einen hinter meinem PKW ML X herfahrenden Fahrzeug ist es NICHT MÖGLICH,  die Position meiner Hände zu sehen.  Dies ist bedingt durch die Höhe des Fahrzeuges,  die getönte Heckscheibe und den ausgefahrenen Kopfstützen hinten.  Beweisfotos werden auch hier gerne beigebracht.

 

3. Es ist mir ein Rätsel,  wie ein Beamter eindeutig feststellen kann,  dass jemand,  nur weil er ein Handy in der Hand hält telefoniert. Vielmehr kann der Beamte nur eine Vermutung angestellt haben und irrte!  Gleicher Beamter würde wohl jemanden,  der eine Dose Bier in der Hand halt unterstellen er würde Alkohol konsumieren oder gar betrunken sein.

 

4. Gerne lasse ich einen Sachverständigen meine Freisprecheinrichtung beurteilen. Auch heute sind sämtliche,  über die Freisprecheinrichtung getätigten Anrufe gespeichert.  Dabei handelt es sich nicht um eine Vermutung,  sondern um einen klaren Beweis,  dass ich zum angegebenen Zeitpunkt über meine Freisprechanlage telefoniert habe!

97,67 % aller Polizeibeamten bleiben bei Ihren Anzeigen,  selbst wenn der Gegenbeweis für des Beschuldigten erfolgreich beigebracht wird und eine Anzeige zu keiner weiteren Strafverfolgung führt.  Das heißt,  dass lediglich 2,33% aller Beamten zugeben,   sich in ihrer Wahrnehmung,  bei Vorlage entsprechender Beweise geirrt zu haben.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat erwogen:

 

Gemäß § 102 Abs.3 5.Satz KFG 1967 ist dem Lenker während des Fahrens das Telefonieren ohne Benützung einer Freisprecheinrichtung verboten.

 

Gemäß § 134 Abs.3c KFG 1967 begeht, wer als Lenker eines Kraftfahrzeuges die in § 102 Abs.3 5.Satz angeführte Verpflichtung nicht erfüllt, wenn dies bei einer Anhaltung gemäß § 97 Abs.5 StVO 1960 festgestellt wird, eine Verwaltungsübertretung, welche mit einer Organstrafverfügung gemäß § 50 VStG mit einer Geldstrafe von 50 Euro zu ahnden ist. Wenn die Zahlung des Strafbetrages verweigert wird ist der Behörde eine Geldstrafe bis zu 72 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Freiheitsstrafe bis zu 24 Stunden, zu verhängen.

Wie bereits dargelegt wurde, liegt dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren die Anzeige eines Polizeibeamten zugrunde, diese Anzeige wurde vom Meldungsleger und einem weiteren Beamten im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens zeugenschaftlich bestätigt. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vertritt die Auffassung, dass die Angaben des Meldungslegers schlüssig sind und der Wahrheit entsprechen. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der Zeuge bei sonstiger strafrechtlicher und dienstrechtlicher Sanktion zur Wahrheit verpflichtet ist, es besteht auch kein Hinweis, dass der Zeuge einem Irrtum unterlegen wäre, wobei darauf hinzuweisen ist, dass von einem Polizeibeamten erwartet werden kann, dass er einen Sachverhalt entsprechend feststellt. Es bestehen sohin keine Bedenken, die Anzeige bzw. die zeugenschaftliche Aussage des Polizeibeamten der Entscheidung zugrunde zu legen.

 

Zur zeugenschaftlichen Aussage des Polizeibeamten ist folgendes festzustellen: Aus den Bestimmungen des § 50 AVG im Zusammenhalt mit § 289 StGB (strafbarer Tatbestand der falschen Beweisaussage vor einer Verwaltungsbehörde) ergibt sich, dass jedermann, der Beweisaussagen vor einer Behörde, sohin auch vor der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach, tätigt, zu wahrheitsgemäßen Angaben verpflichtet ist. Die Strafdrohung des § 289 StGB mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr, ist so gravierend, dass es wohl gewichtiger Interessen an einem bestimmten Verfahrensausgang bedarf, um sich durch eine falsche Aussage der Gefahr einer straf gerichtlichen Verfolgung auszusetzen. Liegen keine Anhaltspunkte für derartige Interessen vor, so kann davon ausgegangen werden, dass die Angaben des Anzeigers und Zeugen den Tatsachen entsprechen und - in Abwägung mit dem Vorbringen des Beschuldigten sowie mit allen übrigen Beweismitteln - im Rahmen der Rechtsfindung heranzuziehen sind. Eine allenfalls - wie im gegenständlichen Verfahren - gegebene Beamtenstellung desjenigen, der die Beweisaussage tätigt, bedeutet zwar keinesfalls von vornherein eine besondere Qualifikation seiner Beweisaussage, es besteht jedoch die Möglichkeit, dass ein Beamter in bestimmter Funktion aufgrund seiner Ausbildung und Diensterfahrung Geschehnisse und Sachverhalts ablaufe genauer wiedergeben kann, als eine andere Person. Auch diese Erwägungen wurden von der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach bei ihrer Beweiswürdigung beachtet.

 

Sie konnten sich in jede Richtung verteidigen. Dieser Umstand darf zwar nicht schlechthin gegen Sie gewertet werden, im vorliegenden Falle wird jedoch Ihren Angaben kein Glauben geschenkt.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach gelangte daher zur Ansicht, dass die Ihnen vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen objektiv als erwiesen angesehen werden müssen und es sind auch keine Umstände hervorgekommen, welche Sie in subjektiver Hinsicht (§ 5 VStG) entlasten würden.

 

Sie haben daher die Ihnen vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht zu vertreten.

Wenn Sie sich rechtfertigen, dass Sie sich während des Telefonierens unter der Verwendung der Freisprecheinrichtung das Handy in der rechten Hand gehalten haben da dies eine Angewohnheit von Ihnen ist, so erscheint diese Rechtfertigungsangabe wirklichkeitsfremd. Es ist realitätsfremd, das Handy beim Telefonieren unter Benützung der Freisprecheinrichtung in der Hand, bzw. am Ohr zu halten. Die gegenständliche Übertretung wurde nicht beim Hinterherfahren, sondern beim Überholen festgestellt, womit diese Behauptung ihrerseits ins Leere geht.

Sie haben damit zweifellos den Ihnen zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und Ihr Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten, zumal Ihnen die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs.1 VStG nicht gelungen ist.

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 134 Abs.3c KFG 1967 bei Ablehnung der Bezahlung der Organstrafverfügung von 50 Euro bis 72 Euro Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlichkeit bis 24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe reicht. Der Einkornmensschätzung haben Sie nicht widersprochen (1.500 Euro netto monatlich, durchschnittliches Vermögen, keine Sorgepflichten). Es kam Ihnen der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit nicht zugute, da bei der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach über Sie 8 Verwaltungsvorstrafen aufscheinen. (Unter anderem auch eine Verwaltungsvorstrafe wegen § 102 Abs. 3 5. Satz KFG!!!)

 

Die nunmehr verhängte Strafe liegt im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens, hält generalpräventiven Überlegungen stand und soll Sie in Zukunft von der Begehung derartiger Übertretungen abhalten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."

 

 

2. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung tritt der Berufungswerber dem Schuldspruch mit folgenden Ausführungen entgegen:

"Sehr geehrter Herr X!

Ich berufe gegen das übermittelte Straferkenntnis!

Ich verlange,  dass ein Sachverständiger feststellt,  ob um 10:50 von meiner Freisprechanlage telefoniert wurde oder nicht.   Sollte dieser zur der Feststellung gelangen,  dass über die Freisprechanlage telefoniert wurde,  hat die Kosten dafür die Behörde zu tragen.

 

Was ist objektiver und unverwechslicher?

 

Die Aussage von zwei Beamten oder ein technisches Gutachten?

 

Sehr geehrter Herr X,  würden Sie einem Beamten Glauben schenken der die Geschwindigkeit eines LKW schätzt oder einem Gutachter der entsprechende technische Beweise vorlegt?)

 

Fakt in diese Angelegenheit ist vielmehr,  dass man scheinbar fürchtet,  dass die Beamten geirrt haben.  Und dadurch werden wie so oft die Beamten und nicht der Beschuldigte geschützt.

 

Die paar Euro für die Strafe sind mir völlig egal, nicht jedoch die Art und Weise wie unsere Herrn "Sheriffs" teils aggressiv und selbstherrlich mit uns Bürgern umgehen!

 

Also werde ich ALLES tun um die Wahrheit beweisen zu können. Wenn ich etwas nicht leiden kann so sind das treiste Lügen von Uniformträgern.

 

Es liegt nun an Ihnen,  weiter Beamte zu schützen oder objektiv die Wahrheit fest stellen wollen.

 

Mit freundlichen Grüßen

X"

 

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Verlesung des erstbehördlichen Verfahrensaktes im Rahmen der Berufungsverhandlung. Der Meldungsleger wurde im Rahmen der Berufungsverhandlung als Zeuge nochmals einvernommen.  Der Berufungswerber nahm.

 

3.1. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer Berufungsver­handlung war hier trotz der 500 Euro nicht übersteigenden Geldstrafe zwecks unmittelbarer Darstellung und entsprechender Würdigung des Berufungsvorbringens in Wahrung eines fairen Verfahrens iSd Art.6 EMRK geboten.  Beweis erhoben wurde durch Anhörung des Zeugen GrInsp. X und des Berufungswerbers als Beschuldigten. Vorgelegt wurden vier Lichtbilder welche zum Akt genommen wurden (Beilagen .\1 bis .\4).  Die Behörde erster Instanz war unentschuldigt  bei der Berufungsverhandlung nicht vertreten.

 

 

4. Sachverhalt:

Der Berufungswerber lenkte zur oben angeführten Zeit und Örtlichkeit den benannten Pkw in Altenfelden auf der B127 im Bereich des Kreisverkehrs (Strkm 36,600) in Richtung Linz. Dabei wurde der Berufungswerber von dem nächst dem Kreisverkehr aus einen Dienstkraftwagen Verkehrsüberwachungsdienst versehenden Meldungsleger wahrgenommen, dass er seine Hand am rechten Ohr hatte. Im Zuge der sofort aufgenommenen Nachfahrt konnte seitens des Meldungslegers  neuerlich "die rechte Hand am Ohr" des Lenkers wahrgenommen werden. Anlässlich der Anhaltung wurde das Handy des Berufungswerbers schließlich im Bereich seines Schosses liegend wahrgenommen. Nach dem Grunde nach sofort den Tatvorwurf bestreitender Verantwortung, wurde vom Meldungsleger die eröffnete Möglichkeit, sich doch am Display des Telefons von der Geprächsdauer zu überzeugen, nicht nachgegagen. Die Bezahlung eines bargeldlosen Organmandates wurde vom Berufungswerber mit dem Hinweis abgelehnt über die Freisprechanlage telefoniert zu haben.

 

 

4.1. Im Rahmen des Berufungsverfahrens konnte festgestellt werden, dass der x 500 SL des Berufungswerber mit einem sogenannten Comand als Kommunikationsanlage ausgerüstet ist. Die Verbindung vom Handy erfolgt automatisch über Bluetooth. Davon konnte sich der Unabhängige Verwaltungssenat am Fahrzeug des Berufungswerbers  überzeugen.

Vor dem Hintergrund der völlig automatisch funktionierenden Freisprecheinrichtung war letzlich der Verantwortung des Berufungswerbers zu folgen gewesen, indem es keinen vernüftigen Grund gäbe die Freisprecheinrichtung hier nicht verwendet zu haben.  Ebenfalls belegen die vorgelegten Fotos, dass die unmittelbarare Wahrnehmung eines Handys in der rechten Hand, nicht zwingend als "eindeutig" angenommen werden kann.

 

Der Meldungsleger legte im Rahmen der Berufungsverhandlung  nochmals seine Wahrnehmung dar, wobei er aber dezidiert einräumte jeweils kein Handy unmittelbar am Ohr des Berufungswerbers wahrgenommen gehabt zu haben. Jedoch auf Grund der zweimaligen Wahrnehmung der Hand am Ohr und zuletzt im Zuge der Anhaltung des Handys am Schoß des Berufungswerbers, habe er auf ein Telefonieren ohne Freisprecheinrichtung geschlossen. Laut Aussage vor der Behörde erster Instanz habe dem Meldungsleger gegenüber der Berufungswerber auch eingeräumt das Handy sogar in der Hand gehalten und sich gleichzeitig am Ohr gekratzt zu haben.

Leztlich räumte der Zeuge GrInsp. X jedoch im Rahmen der Berufungsverhandlung aber durchaus unumwunden ein, zu keinem Zeitpunkt das Handy direkt in der Hand bzw. am Ohr des Berufungswerbers wahrgenommen gehabt zu haben. Vielmehr habe er, nach h. Überzeugung aus der Sicht des Zeugen gutgläubig, lediglich darauf – auf Grund der Haltung der Hand – geschlossen.

Seine protokollierte Zeugenaussage vor der Behörde erster Instanz hört sich wohl etwas anders an, da jedoch der Vertreter der Behörde erster Instanz nicht erschienen war, konnte dieser scheinbare Widerspruch letztlich nicht näher hinterfragt werden. 

Insgesamt vermag hier aber dennoch keine für einen Schuldspruch  ausreichende  Beweislage  im Sinne des Tatbestandes erblickt werden.

Vielmehr wurde vom Berufungswerber durchaus nachvollziehbar und insbesondere auch unter Vorlage einer Bilddokumentation  dargelegt, dass  die Haltung seiner Hand keinen zwingenden Schluss zulässt dabei ein Telefon am Ohr zu haben. Dies schiene insbesondere vor dem Hintergrund der im Fahrzeug vorhandenen Kommunikationstechnik eher doch als unlogisch. Das es letztlich überhaupt zu dieser Anzeige gekommen ist, mag hier in einer nicht ausreichend gegebenen gegenseigten Verständnis und einer allenfalls einseitig fehlenden Kommunikationsbereitschaft zu suchen sein.

Der Berufungswerber erklärte im Rahmen der Berufungsverhandlung seinen Unmut über den in der Begründung des Strafbescheides bloß lapidaren Hinweis auf die Wahrheitspflicht und den Amtseid, zeigte aber andererseits auch Einsicht ob der Unangemessenheit und sich am Rande der beleidigenden Schreibweise iSd § 34 Abs.3 VStG bewegenden Wortwahl in seinen Eingaben.

Zur freien behördlichen  Beweiswürdigung nach § 45 Abs.2 AVG in Verbindung mit einem fairen Verfahren sei abschließend bemerkt, dass an einen Beweis wohl ein strengerer Maßstab als bloß eine aus der Lebensnähe gezogene Schlussfolgerung zu stellen ist (vgl. VfSlg 12649; sowie Schneider, Beweis und Beweiswürdigung, 5. Auflage, S 98, Fn 372).

 

 

5. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 102 Abs.3 KFG 1967 dritter Satz ist während des Fahrens  dem Lenker das Telefonieren ohne Benützung einer Freisprecheinrichtung verboten.

Gemäß § 134 Abs.3c KFG 1967 begeht, wer als Lenker eines Kraftfahrzeuges die in § 102 Abs. 3 fünfter Satz angeführte Verpflichtung nicht erfüllt,  wenn dies bei einer Anhaltung gemäß § 97 Abs.5 StVO 1960 festgestellt wird, eine Verwaltungsübertretung, welche mit einer Organstrafverfügung gemäß § 50 VStG mit einer Geldstrafe von 50 Euro zu ahnden ist. Wenn die Zahlung des Strafbetrages verweigert wird, ist von der Behörde eine Geldstrafe bis zu 72 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Freiheitsstrafe bis zu 24 Stunden, zu verhängen.

Es käme nicht darauf an, ob mit dem Handy ohne Freisprecheinrichtung auch tatsächlich schon telefoniert wurde, oder etwa erst die Rufnummer eingegeben würde. Aus dem Bericht des Verkehrsausschusses (1334 BlgNR 20. GP) ergibt sich nämlich, dass Anlass für die auf einen Initiativantrag zurückzuführende Pflicht zur Verwendung von Freisprecheinrichtungen das erhöhte Unfallrisiko war. Wörtlich wird ausgeführt: "Gerade das Halten eines Handy  während der Fahrt – gemeint wohl im Zuge es zu verwenden - lenkt vom Verkehrsgeschehen ab. Deshalb erscheint es zielführend, dieses Problem im KFG bei den Lenkerpflichten ausdrücklich zu regeln" (s. VwGH 14.7.2000, 2000/02/0154). Dem Willen des Gesetzgebers kann aber nicht unterstellt werden, dass bereits ein jegliches Halten des Handys im Zuge eines unter der Verwendung der Freisprechanlage geführten Telefonates von diesem Verbot umfasst zu sehen wäre. Dann müsste der Tatbestand wohl klar in diese Richtung formuliert sein und etwa lauten, dass jegliche Manipulation eins Fahrzeuglenkers mit einem Handy während der Fahrt verboten wäre. Das müsste sich dann logischer Weise wohl auch auf die Bedienung eines Radios und/oder GPS beziehen.

 

 

6. Dem  Berufungswerber war daher in seinem Berufungsvorbringen zu folgen gewesen und zumindest gemäß dem Grundsatz "in dubio pro reo" von einem fehlenden Tatbeweis auszugehen.

Schon bei bloßem Zweifel an der Tatbegehung ist nämlich von der Fortführung eines Verwaltungsstrafverfahrens abzusehen und desse Einstellung zu verfügen (vgl. VwGH 12.3.1986, Zl. 84/03/0251; ZfVB 1991/3/1122.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen  Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen  diesen  Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen  ab der  Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

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