Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523194/3/Kof/Kr

Linz, 10.07.2012

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des Herrn X, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt X gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 23. Mai 2012, VerkR21-75-2012, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung ua., zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird insofern stattgegeben, als

-         die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung sowie

-         das Verbot des Lenkens von Motorfahrrädern,

          vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen  

auf sechs Monate – vom 12. Februar 2012 bis einschließlich 12. August 2012 – herab- bzw. festgesetzt wird.

 

Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen und

der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.                                                                            

  

Rechtsgrundlagen:

§§ 26 Abs.2 Z1, 32 Abs.1 Z1 und 24 Abs.3 FSG,

  BGBl. I Nr. 120/1997 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2010

§ 64 Abs.2 AVG

 

 


Entscheidungsgründe:

 

Die belangte Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid dem/den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) gemäß näher bezeichneter Rechtsgrundlagen nach dem FSG wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit

 

-         die Lenkberechtigung für die Dauer von neun Monaten – gerechnet

     ab 12. Februar 2012 (= Tag der Führerscheinabnahme) – entzogen

-         bis zum Ablauf der Entziehungsdauer das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen verboten

-         verpflichtet, bis zum Ablauf der Entziehungsdauer

§         eine Nachschulung für alkoholauffällige Lenker zu absolvieren

§         eine verkehrspsychologische Stellungnahme beizubringen

§         ein amtsärztliches Gutachten über die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen beizubringen.

Einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Gegen diesen Bescheid – zugestellt am 30. Mai 2012 – hat der Bw innerhalb
offener Frist eine begründete Berufung erhoben und beantragt, die Entziehungs- bzw. Verbotsdauer auf sechs Monate herabzusetzen.

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 67a AVG) erwogen:

 

Der Bw lenkte am 12.02.2012 um ca. 01.00 Uhr einen dem Kennzeichen nach
näher bestimmten PKW auf einer näher bezeichneten Straße mit öffentlichem
Verkehr in der Gemeinde V.

An einer näher bezeichneten Straßenstelle verschuldete er einen Verkehrsunfall mit Sachschaden.

Bei diesem Verkehrsunfall wurden eine Leitplanke und der PKW des Bw beschädigt.

Bei diesem Verkehrsunfall hat der Bw an der Feststellung des Sachverhaltes nicht mitgewirkt, da er nach diesem Verkehrsunfall noch Alkohol getrunken hat.

 

Der Bw lenkte am 12.02.2012 um ca. 05.30 Uhr einen dem Kennzeichen nach näher bestimmten PKW auf einer näher bezeichneten Straße mit öffentlichem
Verkehr in der Gemeinde V.

Anlässlich einer Verkehrskontrolle wurde beim Bw die Messung der Atemluft

vorgenommen, welche einen Atemalkoholgehalt von 0,82 mg/l ergeben hat.

 


Die Bezirkshauptmannschaft Amstetten hat mit rechtskräftigem Straferkenntnis vom 10.04.2012 über den Bw wegen der Verwaltungsübertretungen nach

-         § 31 Abs.1  iVm  99 Abs.2 lit.e StVO

-         § 4 Abs.1 lit.c  iVm  § 99 Abs.2 lit.a StVO und

-         § 5 Abs.1  iVm  § 99 Abs.1 lit.a StVO

Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.

 

Der UVS als Behörde II. Instanz in Angelegenheiten der Entziehung der
Lenkberechtigung ist an diese rechtskräftige Entscheidung gebunden;   

VwGH vom 20.09.2001, 2001/11/0237; vom 23.04.2002, 2002/11/0063; vom 08.08.2002, 2001/11/0210; vom 26.11.2002, 2002/11/0083; vom 25.11.2003, 2003/11/0200; vom 06.07.2004, 2004/11/0046 jeweils mit Vorjudikatur uva.

 

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird.

Dieser ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

 

Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrs-zuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten
festzusetzen. Wurden begleitende Maßnahmen gemäß § 24 Abs.3 leg.cit.
angeordnet, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung.

 

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie aufgrund ihrer Sinnesart beim Lenken von KFZ die Verkehrssicherheit durch Trunkenheit im Straßenverkehr gefährden wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z1 FSG hat als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 leg.cit. zu gelten, wenn jemand ein KFZ gelenkt und hiebei eine Übertretung gemäß (§ 5 iVm)
§ 99 Abs.1 lit.a StVO begangen hat.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.3 leg.cit. beispielsweise
angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bilden bei der
Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit (allfällige) berufliche, wirtschaftliche,
persönliche und familiäre Nachteile, welche mit der (Dauer der) Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind,  kein wie immer geartetes Beweisthema;

Erkenntnisse v. 30.5.2001, 2001/11/0081; vom 23.4.2002, 2000/11/0182;

vom 11.4.2002, 99/11/0328; vom 28.9.1993, 93/11/0142 mit Vorjudikatur;

vom 25.2.2003, 2003/11/0017; vom 4.10.2000, 2000/11/0176.

 

Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um keine Strafe, sondern um eine administrative Maßnahme zum Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer oder sonstiger Rechtsgüter vor verkehrsunzuverlässigen KFZ-Lenkern;

VfGH v. 14.3.2003, G203/02; v. 11.10.2003, B1031/02; v. 26.2.1999, B 544/97

VwGH vom 18.3.2003, 2002/11/0062; vom 22.11.2002, 2001/11/0108;

vom 23.4.2002, 2000/11/0184; vom 22.2.2000, 99/11/0341 mit Vorjudikatur vom 6.4.2006, 2005/11/0214.

 

Betreffend den Verkehrsunfall am 12.02.2012 um ca. 01.00 Uhr ist festzustellen:

Der Bw wurde – wie dargelegt – wegen der Verwaltungsübertretungen nach

-         § 99 Abs.2 lit.e iVm § 31 Abs.1 StVO und

-         § 4 Abs.1 lit.c iVm § 99 Abs.2 lit.a StVO

rechtskräftig bestraft.

 

Betreffend die Tatzeit "ca. 01.00 Uhr" ist eine Bestrafung wegen

-         des Lenkens in einem durch Alkohol beeinträchtigtem Zustand bzw.

-         einer Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.1 StVO

nicht erfolgt!

 

Hätte der Bw sich am 12.02.2012 nicht nur um 05.30 Uhr, sondern auch um
ca. 01.00 Uhr in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden,
wäre wegen der Tatzeit "ca. 01.00 Uhr" ebenfalls eine Bestrafung nach
§ 5 Abs.1 StVO erfolgt;

VwGH vom 27.02.2009, 2008/02/0307; vom 28.11.2008, 2008/02/0221;

          vom 16.06.2003, 2003/02/0115; vom 11.07.1990, 89/03/0248

 

Somit ist davon auszugehen, dass der Bw sich im Zeitpunkt des Verkehrsunfalles (12.02.2012, ca. 01.00 Uhr) nicht in einem durch Alkohol beeinträchtigtem Zustand befunden hat!

 

Dies ergibt sich auch daraus, da der Bw am 12.02.2012 zwischen ca. 01.00 Uhr einerseits und 05.30 Uhr andererseits Alkohol konsumiert und – wegen
diesem Alkoholkonsum (= „verbotener Nachtrunk“) – nach § 4 Abs.1 litc StVO rechtskräftig bestraft wurde.

 

Der vom Bw am 12.02.2012 um 01.00 Uhr verursachte Verkehrsunfall einschl.
Fahrerflucht hat – da der Bw sich zu diesem Zeitpunkt nicht in einem durch
Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden hat – keine Auswirkung auf die
Festsetzung der Entziehungsdauer!

 

Betreffend die Festsetzung der Entziehungs- bzw. Verbotsdauer verbleibt einzig und allein, dass der Bw am 12.02.2012 um ca. 05.30 Uhr

-     in einem durch Alkohol beeinträchtigtem Zustand (Atemluftalkoholgehalt 0,82 mg/l) einen dem Kennzeichen nach näher bestimmten PKW auf einer näher bezeichneten Straße mit öffentlichem Verkehr gelenkt 

     und dadurch

-     eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1 lit.a StVO begangen hat.

 

In einem derartigen Fall ist gemäß §§ 26 Abs.2 Z1, 32 Abs.1 Z1 und 24 Abs.3 FSG dem/der Betreffende(n)

-         die Lenkberechtigung auf die Dauer von sechs Monaten zu entziehen

-         für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen zu verbieten

-         zu verpflichten, bis zum Ablauf der Entziehungsdauer

§         eine Nachschulung für alkoholauffällige Lenker zu absolvieren

§         eine verkehrspsychologische Stellungnahme beizubringen

§         ein amtsärztliches Gutachten über die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen beizubringen.

VwGH  vom 06.07.2004, 2004/11/0046;  vom 23.03.2004, 2004/11/0008; vom 25.11.2003, 2003/11/0200; vom 13.8.2003, 2003/11/0145; vom 24.6.2003, 2003/11/0142; vom 13.8.2003, 2003/11/0134; vom 13.8.2003, 2003/11/0133; vom 23.5.2003, 2003/11/0130; vom 20.10.2001, 2000/11/0157.

 

Die Behörde kann iSd § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung einer Berufung immer dann ausschließen, wenn die Lenkberechtigung wegen mangelnder
Verkehrszuverlässigkeit entzogen wird; 

siehe die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, 2. Auflage, E24 zu § 64 AVG                     (Seite 1222f) zitierten zahlreichen VwGH-Entscheidungen.

 

Es war daher der Berufung insofern stattzugeben, als

-         die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung sowie

-         das Verbot des Lenkens von Motorfahrrädern,

      vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen

auf sechs Monate – gerechnet ab 12.02.2012 (= Datum der vorläufigen

Abnahme des Führerscheines) – herab- bzw. festgesetzt wird.

 

Im Übrigen war die Berufung als unbegründet abzuweisen und

der erstinstanzliche Bescheid zu bestätigen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung
eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden;  diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen –
jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden.

Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren von 14,30 Euro angefallen.

 

 

Mag. Josef Kofler

 

 

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