Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166776/5/Sch/Eg

Linz, 12.07.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn F. R. H., vertreten durch den Rechtsanwalt x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 10. Februar 2012, Zl. VerkR96-9147-2011, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 11. Juli 2012 zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.               Der Berufungswerber hat als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den Betrag von 160 Euro (20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG.

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis hat mit Straferkenntnis vom 10. Februar 2012, VerkR96-9147-2011, über Herrn F. R. H. wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 52 lit. a Z. 10a StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von 160 Euro, 44 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, gemäß § 99 Abs. 2d StVO 1960 verhängt, weil er am 7.7.2011 um 5:43 Uhr den Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen x (D) auf der B148 bei Straßenkilometer 8.416, Gemeinde St. Georgen bei Obernberg am Inn, Fahrtrichtung Altheim, gelenkt habe und die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 36 km/h überschritten habe.

 

Überdies wurde der Berufungswerber gemäß § 64 VStG zu einem Kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verfahren in der Höhe von 16 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

 

Der Berufungswerber ist Zulassungsbesitzer (Halter) des Pkw mit dem Kennzeichen x (D). Mit diesem Fahrzeug wurde laut entsprechender Radarmessung und darauffolgender Polizeianzeige am 7. Juli 2011 an einer dort näher umschriebenen Örtlichkeit eine Geschwindigkeitsüberschreitung begangen. Dem Berufungswerber wurde vorerst eine Strafverfügung wegen dieses Deliktes zugestellt, im Einspruch dagegen geht er auf den Tatvorwurf an sich nicht ein, ersucht aber um Übermittlung der Akten samt Lichtbild.

 

Seitens der Behörde wurde in der Folge das Radarfoto angefordert. Es handelt sich hiebei um das übliche Heckfoto, sodass im Hinblick auf den Lenker das Foto naturgemäß nicht aussagekräftig ist.

 

Dem Berufungswerber wurde unter Beilegung des Radarfotos eine Aufforderung gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967 zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers übermittelt. Dieser teilte daraufhin mit, dass bestritten werde, der Berufungswerber sei zur fraglichen Tatzeit Fahrer des betroffenen Fahrzeuges gewesen. Fahrer bzw. Fahrerin seien auf dem Lichtbild nicht zu erkennen, auch wurde darauf hingewiesen, dass eine Geldstrafe ihm gegenüber nach deutschem Recht ohnehin nicht vollstreckbar wäre. Sinngemäß dasselbe Vorbringen enthält in der Folge die Berufungsschrift gegen das verfahrensgegenständliche Straferkenntnis.

 

4. Wie von der Erstbehörde schon zutreffend im angefochtenen Straferkenntnis festgestellt wurde,  handelt es sich bei der Frage, wer ein Kraftfahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt gelenkt hat, um eine der Beweiswürdigung (VwGH 29.3.1989, 88/03/0116, 0117 ua).

 

Nach § 45 Abs. 2 AVG ist eine Tatsache nicht erst dann als erwiesen anzunehmen, wenn sie mit "absoluter Sicherheit" erweislich ist. Es genügt von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (VwGH 26.4.1995, 94/07/0033).

 

Grundsätzlich kann einmal davon ausgegangen werden, dass der Zulassungsbesitzer (Halter) die rechtliche und faktische Bezugsperson zum Fahrzeug ist. Im Regelfall ist es weiters nach der allgemeinen Lebenserfahrung so, dass bei natürlichen Personen das Fahrzeug überwiegend vom Zulassungsbesitzer benützt wird, ansonsten ergäbe es ja kaum einen Sinn, ein Fahrzeug behördlich auf seinen Namen anzumelden. Daraus folgt auch der lebensnahe Schluss, dass für den Fall, dass eine andere Person das Fahrzeug benützt hat, es dem Zulassungsbesitzer möglich sein muss, der Behörde diese Person zu benennen. Im Falle einer Aufforderung gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967 hat er dazu immerhin eine Frist von zwei Wochen zur Verfügung, um diese Person ausfindig zu machen und zu benennen.

 

Um glaubwürdig erscheinen zu lassen, dass man als Zulassungsbesitzer nicht selbst der Lenker zu einem bestimmten Zeitpunkt war, wäre es demnach notwendig, diesen Einwand näher zu begründen und zu konkretisieren. Im anderen Fall, wie hier gegeben, muss sich dann der Zulassungsbesitzer zurechnen lassen, dass er selbst der Lenker des auf ihn zugelassenen Fahrzeuges war, zumal er die unwahrscheinlichere, wenn auch nicht völlig auszuschließende, Variante, dass eben eine andere Person der Lenker war, nicht so weit glaubhaft erscheinen lassen konnte, dass sie seine Lenkereigenschaft mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt.

 

5. Die Berufungsbehörde verkennt nicht, dass der gegenständliche Vorgang durchaus auch eine verfassungsrechtliche Dimension aufweisen kann. Hier ist auf Art. 6 Abs. 2 EMRK zu verweisen und damit im Zusammenhang stehend auf die Erkenntnisse des EGMR vom 20.3.2001 (Fall T.) und vom 18.3.2010 (Fall K.) zu verweisen.

 

Der Verfassungsgerichtshof hat allerdings in seinem richtungsweisenden Erkenntnis vom 22. September 2011, GZ. B 1369/10, in diesem Zusammenhang klargestellt, dass die Beweiswürdigung einer belangten Behörde dann nicht zu beanstanden ist, wenn der Beschuldigte zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens  glaubhaft dargelegt hat, dass er zum fraglichen Zeitpunkt das Fahrzeug nicht gelenkt hatte. Wenn dieser im Verlauf des Verwaltungsstrafverfahrens mehrmals die Möglichkeit hatte, eine Stellungnahme abzugeben, aber nie nähere Angaben gemacht oder Beweismittel vorgelegt hat, dann ist die Annahme, dass er selbst der Lenker war, gerechtfertigt. Verlangt wird vom Verfassungsgerichtshof in diesem Zusammenhang, dass von der Berufungsbehörde noch eine mündliche Verhandlung durchgeführt wurde, in welcher der Beschuldigte Gelegenheit gehabt hätte, einen persönlichen Eindruck zu vermitteln und sein Vorbringen glaubhaft erscheinen zu lassen.

 

Im vorliegenden Fall ist der Berufungswerber allerdings zur Berufungsverhandlung vom 11. Juli 2012 nicht erschienen. Ein Vertagungsersuchen ist nicht erfolgt.

 

6. Zur Strafbemessung:

 

Im gegenständlichen Fall wurde vom Berufungswerber die an der Vorfallsörtlichkeit erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 36 km/h überschritten. Dieses Delikt fällt unter die Strafbestimmung des § 99 Abs. 2d StVO 1960, der bei Geschwindigkeitsüberschreitungen um mehr als 30 km/h des Erlaubten einen Strafrahmen von 70 bis 2180 Euro vorsieht. Im gegenständlichen Fall liegt schon eine beträchtliche Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit vor, nämlich im Bereich von mehr als 50 %. Angesichts dessen kann die von der Erstbehörde festgesetzte Geldstrafe in der Höhe von 160 Euro nicht als überhöht betrachtet werden. Bekanntermaßen sind Geschwindigkeitsüberschreitungen, insbesondere dann, wenn sie ein beträchtliches Ausmaß erreichen, immer wieder Ursache für schwere Verkehrsunfalle. Dazu kommt noch, dass einem Lenker derartige massive Übertretungen im Regelfall nicht mehr versehentlich unterlaufen, sondern bewusst, also zumindest bedingt vorsätzlich, in Kauf genommen werden.

 

Der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit des Berufungswerbers wurde hinreichend berücksichtigt, Erschwerungsgründe lagen nicht vor.

 

Den von der Erstbehörde im Schätzungswege angenommenen persönlichen Verhältnissen des Berufungswerbers, insbesondere dem monatlichen Einkommen von etwa 1300 Euro, wurde in der Berufung nicht entgegen getreten, sodass sie auch der Berufungsentscheidung zugrunde gelegt werden konnten. Sie lassen erwarten, dass der Berufungswerber zur Bezahlung der Verwaltungsstrafe ohne unzumutbare Einschränkung seiner Lebensführung in der Lage sein wird.

 

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

S c h ö n

 

 

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