Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166820/4/Sch/Eg

Linz, 13.07.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung der Frau R. H., wh, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 3. Jänner 2012, Zl. VerkR96-9466-2011, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 11. Juli 2012 zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass im Spruch anstelle der Worte "den PKW" die Worte "das Motorrad" zu treten haben und nach dem Fahrzeugkennzeichen die Wortfolge "außerhalb des Ortsgebietes" einzufügen ist, bestätigt.

 

II.               Die Berufungswerberin hat als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den Betrag von 51 Euro (20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG.

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis hat mit Straferkenntnis vom 3. Jänner 2012, VerkR96-9466-2011, über Frau R. H., geb. x, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 1 52 lit. a Z. 10a Straßenverkehrsordnung 1960, eine Geldstrafe in der Höhe von 255 Euro, 72 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, gemäß § 99 Abs. 2e StVO 1960 verhängt, weil sie am 16.7.2011 um 14:46 Uhr den Pkw (richtig: das Motorrad) mit dem amtlichen Kennzeichen x (D) auf der B148 bei Straßenkilometer 8.416, Gemeinde St. Georgen bei Obernberg am Inn, Fahrtrichtung Altheim, gelenkt habe und sie die durch Straßenverkehrsordnung in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 54 km/h überschritten habe.

 

Überdies wurde die Berufungswerberin gemäß § 64 VStG zu einem Kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verfahren in der Höhe von 25,50 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat die Berufungswerberin rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Die Berufungswerberin ist Zulassungsbesitzerin (Halterin) des Motorrades mit dem Kennzeichen x (D). Mit diesem Fahrzeug wurde laut entsprechender Radarmessung und darauffolgender Polizeianzeige am 16. Juli 2011 an einer dort näher umschriebenen Örtlichkeit im Zuge der B148 eine Geschwindigkeitsüberschreitung im Ausmaß von 54 km/h (erlaubt 70 km/h) begangen.

 

Der Berufungswerberin wurde vorerst eine Strafverfügung wegen des erwähnten Deliktes zugestellt, in dem dagegen rechtzeitig erhobenen Einspruch wird ihrerseits ausgeführt, sie habe die Tat nicht begangen. Als deutsche Staatsbürgerin mache sie von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch. In der Folge wurde von der Behörde das Radarfoto angefordert. Es handelt sich um das übliche Heckfoto, sodass im Hinblick auf den Lenker das Foto naturgemäß nicht aussagekräftig ist, wobei bei einem Motorradfahrer/einer Motorradfahrerin aufgrund des verwendeten Helmes wohl auch ein Frontfoto nichts zur Identifizierung des Lenkers/der Lenkerin hätte beitragen können.

 

Sodann erfolgte seitens der Behörde eine Aufforderung zur Bekanntgabe des Lenkers im Sinne des § 103 Abs. 2 KFG 1967, hierauf hat die Berufungswerberin wiederum in dem Sinne reagiert, indem sie auf ihr Aussageverweigerungsrecht verwies. In der Folge erging das nunmehr verfahrensgegenständliche Straferkenntnis. In der Berufung wird ausgeführt, dass die Rechtsmittelwerberin die Tat nicht begangen habe und aufgrund des Rückenfotos eine Personenzuordnung nicht möglich sei. Die Beweispflicht der Ermittlung und Feststellung des Fahrers liege bei der Behörde.

 

4. Wie von der Erstbehörde schon zutreffend im angefochtenen Straferkenntnis festgestellt wurde, handelt es sich bei der Frage, wer ein Kraftfahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt gelenkt hat, um eine der Beweiswürdigung (VwGH 29.3.1989, 88/03/0116, 0117 ua.).

 

Nach § 45 Abs. 2 AVG ist eine Tatsache nicht erst dann als erweislich anzunehmen, wenn sie mit "absoluter Sicherheit" erweislich ist. Es genügt, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (VwGH 26.4.1995, 94/07/0033).

 

Grundsätzlich kann einmal davon ausgegangen werden, dass der Zulassungsbesitzer (Halter) die rechtliche und faktische Bezugsperson zum Fahrzeug ist. Im Regelfall ist es weiters nach der allgemeinen Lebenserfahrung so, dass bei natürlichen Personen das Fahrzeug überwiegend vom Zulassungsbesitzer benützt wird, ansonsten ergäbe es ja kaum einen Sinn, ein Fahrzeug behördlich auf seinen Namen anzumelden. Daraus folgt auch der lebensnahe Schluss, dass, für den Fall, dass eine andere Person das Fahrzeug benützt hat, es dem Zulassungsbesitzer möglich sein muss, der Behörde diese Person zu benennen. Im Falle einer Aufforderung gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967 hat er dazu immerhin eine Frist von zwei Wochen zur Verfügung, um diese Person ausfindig zu machen und zu benennen.

 

Die Berufungswerberin hat in keiner ihrer Eingaben dezidiert behauptet, dass eine andere Person ihr Motorrad zum Messzeitpunkt gelenkt hätte. Ihre Verteidigungslinie zielt vielmehr darauf hin, dass aufgrund vermeintlich nicht ausreichender Beweislage ihr die Lenkereigenschaft nicht nachgewiesen werden könne. In einem solchen Fall muss sich dann der Zulassungsbesitzer zurechnen lassen, dass er selbst der Lenker des auf ihn zugelassenen Fahrzeuges war, zumal er die unwahrscheinlichere, wenngleich auch nicht völlig auszuschließende, Variante, eben eine andere Person sei der Lenker gewesen, nicht so weit glaubhaft erscheinen lassen konnte, dass sie seine Lenkereigenschaft mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt.

 

5. Die Berufungsbehörde verkennt nicht, dass der gegenständliche Vorgang durchaus auch eine verfassungsrechtliche Dimension aufweisen kann. Hier ist auf Art. 6 Abs. 2 EMRK zu verweisen und damit im Zusammenhang stehend auf die Erkenntnisse des EGMR vom 20.3.2001 (Fall T.) und vom 18.3.2010 (Fall K.) zu verweisen.

 

Der Verfassungsgerichtshof hat allerdings in seinem richtungsweisenden Erkenntnis vom 22. September 2011, GZ. B 1369/10, in diesem Zusammenhang klargestellt, dass die Beweiswürdigung einer belangten Behörde dann nicht zu beanstanden ist, wenn der Beschuldigte zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens  glaubhaft dargelegt hat, dass er zum fraglichen Zeitpunkt das Fahrzeug nicht gelenkt hatte. Wenn dieser im Verlauf des Verwaltungsstrafverfahrens mehrmals die Möglichkeit hatte, eine Stellungnahme abzugeben, aber nie nähere Angaben gemacht oder Beweismittel vorgelegt hat, dann ist die Annahme, dass er selbst der Lenker war, gerechtfertigt. Verlangt wird vom Verfassungsgerichtshof in diesem Zusammenhang, dass von der Berufungsbehörde eine mündliche Verhandlung durchgeführt wurde, in welcher der Beschuldigte Gelegenheit gehabt hätte, einen persönlichen Eindruck zu vermitteln und sein Vorbringen glaubhaft erscheinen zu lassen.

 

Im vorliegenden Fall ist die Berufungswerberin allerdings zur Berufungsverhandlung am 11. Juli 2012 nicht erschienen. Ein Vertagungsersuchen ist nicht erfolgt.

 

6. Zur Strafbemessung:

 

Gemäß § 99 Abs. 2e StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 150 bis 2180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 48 Stunden bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit ausserhalb des Ortsgebietes um mehr als 50 km/h überschreitet.

 

Für den gegenständlichen Fall, die Geschwindigkeitsübertretung betrug hier 54 km/h, ist sohin diese Bestimmung anzuwenden.

 

Es kann als bekannt vorausgesetzt werden, dass Geschwindigkeitsüberschreitungen, insbesondere dann, wenn sie ein beträchtliches Ausmaß erreichen, immer wieder Ursache für schwere Verkehrsunfälle sind. Angesichts der gesetzlichen Mindeststrafe von 150 Euro erscheint die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe in der Höhe von 255 Euro in Anbetracht des Umstandes, dass die erlaubte Höchstgeschwindigkeit (70 km/h) um mehr als 70 % überschritten worden war, keinesfalls überhöht. Der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit der Berufungswerberin wurde hinreichend berücksichtigt, Erschwerungsgründe lagen nicht vor.

 

Mangels Bekanntgabe der persönlichen Verhältnisse der Genannten wurde von der Erstbehörde von einem geschätzten monatlichen Einkommen von etwa 1300 Euro ausgegangen. Dieses wird der Berufungswerberin ermöglichen, die Verwaltungsstrafe ohne unzumutbare Einschränkung ihrer Lebensführung zu begleichen.

 

Im Hinblick auf die Berichtigung des Spruches des angefochtenen Straferkenntnisses wird darauf hingewiesen, dass in der Strafverfügung vom 6. Oktober 2011, also innerhalb der relevanten Frist des § 31 Abs. 2 VStG, ein zutreffender Tatvorwurf erhoben wurde, weshalb die Berufungsbehörde berechtigt war, diese Richtigstellung bzw. Ergänzung durchzuführen.

 

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

S c h ö n

 

 

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