Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166919/8/Bi/Kr

Linz, 23.07.2012

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn X, vom 17. April 2012 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshaupt­mannes von Freistadt vom 2. April 2012, VerkR96-925-2010, wegen Übertretung des KFG 1967, aufgrund des Ergebnisses der am 23. Juli 2012 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungs­entscheidung) zu Recht erkannt:

 

     Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 45 Abs.1 Z1 und 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 106 Abs.2 iVm 134 Abs.3d KFG 1967 eine Geldstrafe von 50 Euro (16 Stunden EFS) verhängt, weil er am
19. März 2010, 21.15 Uhr, im Ortsgebiet Freistadt, B38 bei km 104.256, x Straße x, Einfahrt zum x, als Lenker des Lkw X den Sicherheitsgurt nicht bestimmungsgemäß verwendet habe, was bei einer Anhaltung gemäß § 97 Abs.5 StVO festgestellt worden sei. Er habe die Bezahlung einer Organstraf­verfügung verweigert, obwohl ihm eine solche angeboten worden sei.   

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 18,80 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 23. Juli 2012  wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw und des Meldungslegers GI X (Ml) durchgeführt. Die Vertreterin der Erstinstanz war entschuldigt. Die Berufungsentscheidung wurde mündlich verkündet. 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er werde das Risiko eines 20%igen Kostenbeitrages im Berufungsverfahren gerne auf sich nehmen, es sei aber traurig, dass man sich gegen Unwahrheiten seitens bestimmter Exekutivorgane auf Kosten von Steuerzahlern zur Wehr setzen müsse und sich genau dadurch "allgemeine" höhere Kosten ergeben "könnten".

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Bw gehört, die Ausführungen der Erstinstanz in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses berück­sichtigt und der Ml unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB zeugenschaftlich einvernommen wurde.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Der Ml führte am Abend des 19. März 2010 auf der xstraße in Freistadt auf Höhe des x (x), x Straße x, Fahrzeugkontrollen durch. Aufgrund der Dunkelheit hatte er die übliche Taschenlampe mit einem roten Kegelaufsatz bei sich und gab mit dieser gegen 21.15 Uhr vom dem ASZ gegenüberliegenden Seite aus dem Mercedes Sprinter der FA X, der von der xstraße kam, Zeichen zum Anhalten. Der Lenker, der Bw, sah dieses und fuhr sofort zur Einfahrt des ASZ zu, wo er außerhalb der Fahrbahn parallel dazu stehenblieb.

Der Ml bestätigte in der Berufungsverhandlung, dort befinde sich eine Straßenlampe vor dem x, in deren Licht er gesehen habe, dass der Lenker der Bw und dieser allein im Fahrzeug war. Darauf, ob dieser den Sicherheitsgurt angelegt hatte, habe er zu diesem Zeitpunkt nicht geachtet und die Anhaltung hatte auch nicht den einen solchen Zweck. Nach seiner Erinnerung blieb der Bw stehen und öffnete die Fahrertür, wobei er sehen habe können, dass der Gurt unbenutzt an der Halterung hing, ohne dass noch eine Aufrollbewegung erkennbar war. Daher ging der Ml davon aus, dass der Bw sich auf der Fahrt nicht angegurtet hatte.

 

Der Bw führte aus, er benutze den Gurt aufgrund entsprechender Erfahrungen ständig, habe aber, bevor er die Fahrertür geöffnet habe, den Gurt geöffnet. Die Innenbeleuchtung habe bei dem Pkw, Baujahr 2000, nicht mehr funktioniert – dazu konnte der Ml aus seiner Erinnerung nichts sagen. Er wusste auch nicht mehr, ob er den Bw beim Zufahren zum x mit der Taschenlampe angeleuchtet habe. Er bestätigte aber, dieser habe ihm die Papiere ausgehändigt und er habe die Begutachtungs­plakette kontrolliert, wobei er den roten Kegel von der Taschenlampe abgenommen habe, um besser zu sehen. Das Fahrzeug habe keine Mängel aufgewiesen. Normaler­weise beanstande er einen Lenker bei Nichtverwendung des Gurtes sofort bei der Anhaltung; ob das auch bei der ggst Amtshandlung so gewesen war, konnte er sich – nach mehr als zwei Jahren verständlicherweise – nicht mehr erinnern. Er habe aber nach der Fahrzeug­kontrolle dem Lenker ein Organmandat zu 35 Euro angeboten, was dieser mit der Begründung, er sei auf der Fahrt angegurtet gewesen, abgelehnt habe. Daher habe er die Daten für die Anzeige notiert.

 

Aus der Sicht des UVS ist die Aussage des Ml – der sich auch erinnern konnte, dass der Bw eine dunkle Lederjacke getragen hatte, was dieser auch bestätigte –der Gurt sei beim Öffnen der Fahrertür an der Halterung gehängt ohne dass eine Aufrollbewegung erkennbar gewesen wäre, glaubwürdig, schließt aber nicht aus, dass der Bw tatsächlich auf der Fahrt den Gurt angelegt hatte, ihn aber unmittelbar vor dem Öffnen der Fahrertür gelöst hat. Beim Fahren selbst hat der Ml den Bw aufgrund der Dunkelheit nicht gesehen bzw im Licht der Straßen­beleuchtung nach eigenen Aussagen nicht darauf geachtet. Der Bw hat glaubhaft ausgeführt, er steige oft am Tag aus dem Fahrzeug aus und das Lösen des Gurtes und Öffnen der Tür sei ein einziger Handgriff. Der Gurt habe ihm schon einmal das Leben gerettet und daher verwende er diesen auch immer.

 

In rechtlicher Hinsicht waren aus der Sicht des UVS einerseits aufgrund der Glaubwürdigkeit beider Aussagen aber andererseits auch deshalb, weil die eine die andere Möglichkeit nicht gänzlich ausschließt, im Zweifel zugunsten des Bw zu entscheiden. Verfahrenskostenbeiträge fallen dabei naturgemäß nicht an. 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 


Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

 

Kein Gurt bei Kontrolle, Nichtverwendung bei Dunkelheit nicht erkennbar, Lösen des Gurtes vor Öffnen der Fahrertüre möglich -> Einstellung im Zweifel

 

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