Linz, 10.07.2012
E R K E N N T N I S
Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, geb. am X, X, X, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz, vom 12.06.2012, Zl.: S-11212/12-3, zu Recht:
I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
II. Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden dem Berufungswerber als Kosten für das Berufungsverfahren insgesamt 18 Euro (20% der verhängten Geldstrafen) auferlegt.
Rechtsgrundlagen:
Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010 – AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.3 Z2 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010 – VStG.
Zu II.: § 64 Abs.1 u. 2 VStG.
Entscheidungsgründe:
"Sehr geehrte Frau X!
Einspruch zu Punkt 1 und Punkt 2 der im Anhang gesendeten Strafverfügung (gemeint wohl Straferkenntnis):
Ich X brachte meinen Sohn in die Steyregger Schule, und machte bei X einen Stop, um eine Jause für die Schule zu kaufen. An diesem Tag hatte es in der Früh minus 11 Grad, und das Fahrzeug war noch eiskalt, da ich erst ca. 1 km gefahren war. (Motor laufen)
Weiters möchte ich bekanntgeben, dass ich beim Eingang stand(mit großem Glasportal) und mein Auto daher im Sichtfeld meiner Person lag, und dieser Einkauf auch zeitmäßig ca. bei eineinhalb Minuten lag, und nicht wie angegeben "lang und weit" war.
Den Führerschein hatte ich nur deswegen nicht mit, da meine Frau ohne mein Wissen, mein Auto in Betrieb nahm.
Weiters möchte ich Sie noch in Kenntnis setzten, dass ich mich auf einem Privatparkplatz von X befand, und dieser GEMEINDEPOLIZIST auch nicht das
Recht hat mich zu kontrollieren, keine Beschilderung für StVO vorhanden ist
Dieser Polizist händigte mir weder ein Strafmandat aus, noch fragte er mich, ob ich dieses Vergehen (FS) bezahlen möchte.
Ich glaube nicht, dass diese Vorgehensweise von diesem Gemeindepolizisten gegenüber meiner Person korrekt ist und war.
KURZFASSUNG
Kontrolle auf Privatgrund (X) keine Beschilderung von Stvo Kein Organstrafmandat
Ich sehe natürlich aus rechtlichen Gründen von der Bezahlung dieser Strafverfügung ab, und bedanke mich für ihre positive Erledigung Frau x im Voraus. J
Mit freundlichen Grüßen! (Unterschriftsparaphe)
2.1. Damit vermag er jedoch eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Straferkenntnis nicht aufzuzeigen!
3. Die Bundespolizeidirektion Linz hat die Berufung mit dem Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich am 2.7.2012 zur Entscheidung vorgelegt.
3.1. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich durch ein Einzelmitglied ist damit nach § 51c VStG begründet.
Auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte hier mangels Antrag und der sich nur gegen rechtliche Beurteilung richtende Berufung verzichtet werden (§ 51e Abs.3 Z1 VStG).
4. In Vermeidung von Wiederholungen kann auf die dem Grunde nach unbestrittenen bleibenden Feststellungen und rechtliche Ausführungen der Behörde erster Instanz verwiesen werden. Das Berufungsvorbringen beschränkt sich im Ergebnis einerseits auf die Frage der Einschätzung der mit der Entfernung zum dem mit laufendem Motor abgestellten Kraftfahrzeuges verbundenen Ingerenzaufgabe. Dieses wurde von den Polizisten RI X und X in der Form wahrgenommen und beurteilt, dass sie den Berufungswerber in das Geschäft gehen gesehen haben. Dort verweilte der Berufungswerber einige Minuten. Sohin besteht kein Zweifel daran, dass dadurch die Einflusssphäre auf den Pkw – wenn auch nur für einige Minuten – nicht mehr gegeben war. Diesbezüglich sieht der Unabhängige Verwaltungssenat keine sachlich begründeten Anhaltspunkte für Zweifel. Nicht übersehen wird dabei einerseits, dass es bei Minus 11 Grad aus technischer Sicht nicht tunlich scheint den eben erst gestarteten Fahrzeugmotor schon wieder abzustellen, andererseits stellt sich die Darstellung des vorgeblichen Frierens des im Fahrzeug zurückbleibenden Schulkindes als nicht nachvollziehbar dar. Wäre das Fahrzeug tatsächlich erst einen Kilometer gefahren wäre die Heizung noch kaum wirksam gewesen und war das Fahrzeug bereits warm kühlt es nach einer so kurzen Zeit nicht so schnell ab, dass man darin gleich zu frieren beginnt.
Damit vermag letztlich keine der beiden Übertretungen gerechtfertigt werden.
Die Beamten sahen den Berufungswerber nach einigen Minuten aus dem Geschäft kommen. Das er dadurch die Gewahrsame über das Kraftfahrzeug nicht mehr inne hatte steht vor diesem Hintergrund wohl außer Zweifel. Andererseits rügt der Berufungswerber lediglich die Frage, ob auf dieser Verkehrsfläche die StVO zur Anwendung gelangt und das Einschreiten der Exekutive rechtfertigt.
5. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:
Der Geltungsbereich der Straßenverkehrsordnung iSd § 1 Abs.1 leg.cit. erstreckt sich auf Straßen mit öffentlichem Verkehr. Als solche gelten Straßen, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden können. Es kommt dabei nicht auf die Eigentumsverhältnisse an. Es entspricht der bisher gesicherten Judikatur, dass ein Kaufhausparkplatz eine Verkehrsfläche gilt auf der die StVO anzuwenden ist (vgl. VwGH 29.2.1975, ZVR 1975/233 u.v.a.). Es kommt hiebei auf die tatsächliche Benutzbarkeit und Benützung der betreffenden Fläche an (Hinweis auf VwGH 8.4.1987, 85/03/0173 und VwGH 9.5.1990, 89/03/0197); steht diese nach dem äußeren Anschein zur allgemeinen Benützung für den Fußgängerverkehr bzw Fahrzeugverkehr frei, dann ist sie eine Straße mit öffentlichem Verkehr. Selbst Willenserklärungen des über die Fläche Verfügungsberechtigten, die auf eine Einschränkung der Benützung abzielen würde, jedoch nur gegenüber Einzelpersonen abgegeben wäre und nicht durch allgemein erkennbare schriftliche oder durch Zeichen erfolgte Erklärungen am Parkplatz selbst erfolgte, würde an dieser Qualifikation nichts zu ändern vermögen (VwGH 19.10.1994, 94/03/0266 mit auf VwGH 11.9.1987, 87/18/0059).
6. Zur Strafzumessung:
Die Behörde hat in Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist. Diese Ermessensentscheidung ist nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen (VwGH 4.4.2001, 99/09/0140, mit Hinweis auf Erk. VwGH [verst. Senat] 25. März 1980, Zl. 3273/78, VwSlg 10077 A/1980).
Der Strafrahmen beläuft sich im Punkt 1) dieses Regelverstoßes von mindestens 20 Euro bis zu 2.180 Euro und im Punkt 2) bis zu 5.000 Euro und im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer bis zu zwei bzw. sechs Wochen. Mit Blick auf das präsumtiv durchschnittlich einzuschätzende Einkommen und mangels strafmildernder Umstände und der einschlägigen Vormerkung im Punkt 1) als erschwerenden Strafzumessungsgrund sind die hier ausgesprochenen Strafsätze als sehr milde zu bezeichnen. Die Anwendungsmöglichkeit des § 21 VStG wurde von der Behörde erster Instanz, wohl mit Blick auf den Präventionsgedanken, ebenfalls zu Recht verneint.
Sohin musste auch vom Unabhängige Verwaltungssenat der Strafberufung ein Erfolg versagt werden.
Zu II.:
Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Dr. B l e i e r