Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-750018/2/SR/WU

Linz, 17.07.2012

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des X, geboren am X, türkischer Staatsangehöriger, unbekannter Aufenthalt, gegen Spruchpunkt 1 des Straferkenntnisses des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 12. Jänner 2012, GZ.: Sich96-1090-2012, wegen Übertretungen nach dem Fremdenpolizeigesetz zu Recht erkannt:

 

I.       Die Berufung gegen Spruchpunkt 1 wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, als der Spruch wie folgt zu lauten hat: "Wie von Beamten der PI X EAST-X am 13. Oktober 2011 um 10.00 Uhr in der Flüchtlingsunterkunft X, X anlässlich einer fremdenpolizeilichen Überprüfung festgestellt wurde, sind Sie Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z. 1 des Fremdenpolizeigesetzes und hielten sich zum Tatzeitpunkt unrechtmäßig im Bundesgebiet von Österreich auf, da Sie weder aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz noch aufgrund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind, Sie nicht im Besitze eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind, Ihnen eine Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz nicht zukommt, Sie nicht Inhaber einer Beschäftigungsbewilligung, Entsendebewilligung oder Anzeigebestätigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz sind und sich auch kein Aufenthaltsrecht aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt."

 

II. Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in Höhe von 100,00 Euro (das sind 20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.  

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 24 und 51 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991-VStG iVm. § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

zu II.: § 64 VStG


Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 12. Jänner 2012, GZ.: Sich96-1090-2011, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) unter Spruchpunkt 1 eine Geldstrafe in Höhe von 500,-- Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 67 Stunden) verhängt. Die belangte Behörde führt dabei unter der Überschrift Straferkenntnis wie folgt aus:

Zum Tatzeitpunkt am 13.10.2011 um 10:00 Uhr wurden Sie am Tatort: Flüchtlingsunterkunft X, X, von Beamten der PI X EAST-X im Bundesgebiet angetroffen ohne den Kontrollierenden Beamten eine gültiges Reisedokuments vorweisen zu können. Sie hielten sich daher als Staatsangehöriger der TÜRKEI und damit als pass- und Sichtvermerkspflichtiger Fremder zum Tatzeitpunkt am Tatort unrechtmäßig im Bundesgebiet der Republik Österreich auf.

 

[....]

 

Es ergeht sohin folgender

SPRUCH

 

Ad 1) Sie waren zum angegebenen Zeitpunkt nicht Rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet der Republik Österreich, da Sie sich als Staatsangehöriger der TÜRKEI und damit als pass- und sichtvermerkspflichtiger Fremder in Österreich aufhielten ohne den kontrollierenden Beamten der PI X EAST-X ein gültiges Reisedokument vorweisen zu können. Dies stellt eine Übertretung nach § 120 Abs. 1a FPG 2005 dar.

 

Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf,

1.      wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;

2.      wenn sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder auf Grund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;

3.      wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind, sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen;

4. solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen zukommt;

5. entfällt

6.      wenn sie eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, eine Entsendebewilligung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung gemäß § 3 Abs. 5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung gemäß § 18 Abs. 3 AuslBG mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, innehaben oder

7.      soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.

•   Ihre Einreise ins Bundesgebiet erfolgte am 28.11.2002 mit dem LKW, illegal, über Unbekannt.

 

 Sie hielten sich von 29.11.2002 (dem Zeitpunkt Ihrer Asylantragstellung) bis zur negativen Finalisierung Ihres Asylverfahrens (rechtskräftig negativ in II. Instanz gem. §§ 7 und 8 AsylG seit 24.12.2010) legal in Österreich auf. Ab diesem Zeitpunkt war Ihr Aufenthalt in Österreich illegal.

          Sie verfügten zum Tatzeitpunkt weder über eine Aufenthaltsberechtigung oder sind aufgrund einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem NAG zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder aufgrund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt. Ihr Antrag auf Quotenfreie Erstniederlassungsbewilligung - erwerbstätig gem. § 44 Abs. 4 NAG, eingebracht bei der BH Vöcklabruck am 30.03.2011, wurde am 13.12.2011 abgewiesen.

          Ebenso verfügen Sie über keinen Aufenthaltstitel eines Vertragsstaates (Schengen-Staates).

          Zum Zeitpunkt der Verwaltungsübertretung am 13.10.2011 um 10:00 Uhr befanden Sie sich in keinem Asylverfahren. Ihnen kam daher kein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen zu.

          Gegen Sie besteht eine mit Bescheid der BH Vöcklabruck erlassene Ausweisung vom 23.05.2011 über welche derzeit eine Berufung in II. Instanz anhängig ist.

          Für Sie liegt weder eine Beschäftigungsbewilligung nach dem AuslBG, eine Entsendebewilligung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung gem. § 3 Abs. 5 AuslBG noch eine Anzeigebestätigung gem. § 18 Abs. 3 AuslBG vor.

 

Nach Darstellung der einschlägigen Normen traf die belangte Behörde folgende Sachverhaltsfeststellungen:

 

Anlässlich einer Fremdenkontrolle am angeführten Tatort zur angeführten Tatzeit, wurde festgestellt, dass Sie sich im Bundesgebiet von Österreich nicht rechtmäßig aufhalten, da Ihr Asylverfahren gemäß §§ 7 und 8 AsylG, rechtskräftig negativ in II. Instanz am 24.12.2010 abgeschlossen wurde. Ihr temporär befristetes Aufenthaltsrecht in Österreich endete somit an diesem Tag. Sie verfügten als sichtvermerkspflichtiger Fremder in Österreich zum Tatzeitpunkt über keinerlei Reisedokumente respektive über keinen Sichtvermerk für Österreich oder einen Aufenthaltstitel nach dem NAG noch über eine sonstige Vorraussetzung für den rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet gem. § 31 Abs. 1 FPG.

Mit Schreiben vom 28.11.2011 wurden Sie aufgefordert zu den im Spruch genannten Übertretungen Stellung zu nehmen.

 

In Ihrer Stellungnahme vom 07.12.2011, bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, Außenstelle Fremdenpolizei eingelangt am 13.12.2011, äußerten Sie sich im Wesentlichen wie folgt:

Über die Zulässigkeit einer Ausweisung sei nicht rechtskräftig ausgesprochen worden. Sie hätten im Jahr 2002 einen Asylantrag gestellt und befänden sich somit seit über 8 Jahren ununterbrochen in Österreich. Für Sie sei aufgrund Ihrer langen Aufenthaltsdauer in Österreich Art. 8 EMRK heranzuziehen. In Ihrem Fall sei daher von einer Unzulässigkeit von einer Ausweisungs- bzw. Rückkehrentscheidung auszugehen und Ihnen sei daher amtswegig eine Rot-Weiß-Rot Karte plus auszustellen. Ihnen könne unter diesem Aspekt daher kein Verschulden iSd. § 120 Abs. 1 iVm § 31 FPG angelastet werden. Die Behörde möge weiters gem. §21 Abs. 1 VStG von der Verhängung einer Strafe Absehen, da Ihr Verschulden geringfügig sei und die folgen der Übertretung unbedeutend seien. Es niemand durch Ihr Fehlverhalten zu Schaden gekommen.

Zum Vorwurf des § 121 Abs. 3 FPG führten Sie aus, dass Sie keine Dokumente vorweisen haben können, da Sie über keinerlei Dokumente verfügen würden. Sie seien nach Österreich gekommen, um hier Asyl zu beantragen. Sie seien in Ihrem Herkunftsgebiet verfolgt und in Leben und Freiheit bedroht Ihr Handeln sei daher gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention gerechtfertigt und Sie hätten daher rechtmäßig gehandelt. Kein mit Vernunft begabter Mensch würde sich der Gefahr staatlicher Verfolgung in der Türkei nur deshalb aussetzen, damit er nicht gegen die Bestimmungen des österreichischen FPG verstößt. Der maßgerechte Mensch würde auch nicht zu einer türkischen Behörde gehen, um sich einen Pass ausstellen zu lassen, wenn er beabsichtigt vor genau dieser Behörde zu flüchten. Sie seien daher durch Ihr Verhalten in keiner Weise vom Verhalten eines maßgerechten Menschen abgewichen. Ihr Verhalten sei somit nicht sorgfaltswidrig und somit nicht tatbestandsmäßig.

Sie würden sich zudem auf § 6 VStG geltend machen, da eine Strafbestimmung nicht anzuwenden sei wenn die ihr unterstellte Tat rechtmäßig sei. Ihre Einreise ohne gültigen Reisepass sei notwendig gewesen um auf sicheren Boden zu gelangen, es sei Ihnen daher keine Wahl geblieben. Ihre körperliche Unversehrtheit und persönliche Freiheit sei in der Türkei massiv bedroht. Diese Rechtsgüter seien zweifellos als höherwertig als die Bestimmungen des FPG anzusehen und daher über diese zu stellen. Sie seien vor der Verfolgung in der Türkei geflohen und hätten deshalb aus einem Notstand heraus gehandelt. Ihr Handeln sei daher durch rechtfertigenden Notstand gerechtfertigt und Sie hätten daher rechtmäßig gehandelt Zumindest aber sei Ihr Handeln durch entschuldigenden Notstand entschuldigt und das Strafverfahren gegen Sie sei einzustellen.

Abschließend wiesen sie darauf hin, dass Sie bei der Ausweiskontrolle alle Ihnen zur Verfügung stehenden Dokumente vorgewiesen hätten.

 

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, dass sich der Bw zum Tatzeitpunkt am Tatort unrechtmäßig im Bundesgebiet der Republik Österreich aufgehalten habe. Zum Tatzeitpunkt habe keine der in § 31 FPG aufgelisteten Vorraussetzungen für einen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet bestanden.

 

Zur Strafhöhe in Spruchpunkt 1 werde ausgeführt, dass diese im untersten Bereich des Strafrahmens (Mindeststrafe) angesiedelt sei. Vom außerordentlichen Milderungsrecht gem. § 20 VStG 2001 habe kein Gebrauch gemacht werden können. Die Strafbemessung entspreche dem Tatbild sowie der zur Last gelegten Schuld.

 

2. Gegen diesen Bescheid (Spruchpunkt 1) erhob der Bw vor der belangten Behörde mündlich Berufung. Das mündliche Vorbringen am 12. Jänner 2012 wurde in Form einer Niederschrift festgehalten.

 

Nach umfassender Tatanlastung brachte der Bw vor, dass er seiner Ansicht nach das Recht habe, die Berufungsentscheidung über seine Ausweisung in Österreich abzuwarten. Über das beantragte "Bleiberecht" sei noch nicht abgesprochen worden.

 

Erschließbar wurde die Aufhebung des angefochtenen Spruchpunktes beantragt.

 

3. Mit Schreiben vom 13. Jänner 2012 übermittelte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erhob Beweis durch Einsichtnahme in den bezughabenden Verwaltungsakt.

 

Mit Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vom 16. Jänner 2012, VwSen-730162/5/SR/Jo, wurde die Berufung gegen den Ausweisungsbescheid der belangten Behörde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

Die ZMR-Anfrage vom 17. Juli 2012 ergab, dass sich der Bw am 23. Februar 2012 im Bundesgebiet abgemeldet und in die Türkei verzogen ist. Eine Abgabestelle wurde nicht bekannt gegeben. Das Verfahren ist mit 27. Oktober 2011 rechtskräftig negativ beendet und eine Ausweisung des Bw eingetragen.

 

3.2. Da im Verfahren der entscheidungswesentliche Sachverhalt feststand, keine 500 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, lediglich die Klärung einer Rechtsfrage vorzunehmen war und kein diesbezüglicher Parteienantrag vorlag, konnte gemäß § 51e Abs. 3 VStG auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung verzichtet werden.

 

3.3. Der Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich geht von dem unter den Punkten 1., 2. und 3.1. dieses Erkenntnisses dargestellten, entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus.

 

3.4. Da im angefochtenen Bescheid keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 120 Abs. 1a des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 112/2011, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 500 Euro bis zu 2.500 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen zu bestrafen, wer sich als Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Wer wegen einer solchen Tat bereits einmal rechtskräftig bestraft wurde, ist mit Geldstrafe von 2.500 Euro bis zu 7.500 Euro oder mit Freiheitsstrafe bis zu vier Wochen zu bestrafen. Als Tatort gilt der Ort der Betretung oder des letzten bekannten Aufenthaltsortes; bei Betretung in einem öffentlichen Beförderungsmittel die nächstgelegene Ausstiegsstelle, an der das Verlassen des öffentlichen Beförderungsmittels gemäß dem Fahrplan des Beförderungsunternehmers möglich ist.

 

Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf,

1. wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im   Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder die     durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung          bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;

2. wenn sie aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur          Niederlassung oder zum Aufenthalt oder aufgrund einer Verordnung für       Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;

3. wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten    Aufenthaltstitels sind, sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet   keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen;

4. solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen         zukommt;

5. (aufgehoben durch BGBl. I Nr. 122/2009)

6. wenn sie eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungs-        gesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, eine Entsendebe-­       willigung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung gemäß § 3     Abs. 5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung gemäß § 18 Abs. 3 AuslBG mit       einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, innehaben oder

7. soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.

 

Gemäß § 120 Abs 7 liegt eine Verwaltungsübertretung nach Abs. 1 nicht vor, wenn der Fremde einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat und ihm der Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde. Während des Asylverfahrens ist das Verwaltungsstrafverfahren unterbrochen.

 

4.2. Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass das Asylverfahren des Bw mit Wirkung 24. Dezember 2010 rechtskräftig negativ entschieden wurde und ihm ab diesem Zeitpunkt keinerlei Aufenthaltsrecht mehr zukam. Weiters ist unbestritten, dass zum angelasteten Tatzeitpunkt keine der Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 FPG vorgelegen ist.

 

Da die belangte Behörde im Zuge der niederschriftlichen Aufnahme der Berufung am 12. Jänner 2012 eine umfassende Tatanlastung vorgenommen hat, diese innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist erfolgte, war der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich gehalten, eine Spruchkorrektur vorzunehmen.

 

Die objektive Tatseite ist im vorliegenden Fall zweifelsfrei gegeben.

 

4.3. Das FPG enthält keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens, weshalb § 5 Abs. 1 VStG zur Anwendung kommt, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.

 

Der Bw machte jedoch keinerlei Umstände geltend, die geeignet wären, einen entsprechenden Schuldentlastungsbeweis darzustellen. Der belangten Behörde folgend ist somit vom Vorliegen auch der subjektiven Tatseite in Form zumindest grob fahrlässigen Verhaltens auszugehen. Der Bw musste sich des Umstandes seines illegalen Aufenthalts in vollem Umfang bewusst sein, weshalb hier sogar die Annahme Deckung finden würde, dass von bedingtem Vorsatz auszugehen sein würde.

 

4.4. Hinsichtlich der Strafhöhe ist anzumerken, dass diese ohnehin mit der gesetzlichen Mindeststrafe am untersten Bereich des Strafrahmens angesiedelt wurde. Es ergeben sich keine Umstände von dieser Strafhöhe abzugehen.

 

Mangels geringem Verschulden, aber auch mangels unbedeutender Folgen der Tat kam eine Anwendung des § 20 bzw. des § 21 VStG nicht in Betracht.

 

4.5. Zusammenfassend ist also festzuhalten, dass die Berufung hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen und das Straferkenntnis zu bestätigen war.

 

5. Gemäß § 64 VStG war dem Bw zusätzlich zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem UVS des Landes Oö. in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe somit von 100,00 Euro aufzuerlegen.

 

6. Gemäß § 8 Abs. 1 Zustellgesetz – ZustG, BGBl. Nr. 200/1982 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004, hat eine Partei, die während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, ihre bisherige Abgabestelle ändert, dies der Behörde unverzüglich mitzuteilen. Wird diese Mitteilung unterlassen, so ist gemäß § 8 Abs.2 leg. cit., soweit es die Verfahrensvorschriften nicht anders vorsehen, die Zustellung durch Hinterlegung (siehe diesbezüglich § 23 ZustG) ohne vorausgehenden Zustellversuch vorzunehmen, falls eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden kann.

 

Dass der Bw im Zeitpunkt der Einbringung der Berufung in Kenntnis des fremdenpolizeilichen Verfahrens war, bedarf keiner weiteren Erläuterung. Entgegen dem § 8 Abs. 1 ZustG hatte es der Bw, welcher am 23. Februar 2012 nach unbekannt verzogen ist (laut ZMR-Anfrage vom 17. Juli 2012: "verzogen nach Türkei"), jedoch unterlassen, dem Oö. Verwaltungssenat oder der belangten Behörde eine neue Abgabestelle zu nennen. Eine solche konnte auch nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden, zumal die Abfrage des Zentralen Melderegisters vom 17. Juli 2012 ergab, dass der Bw seit 23. Februar 2012 über keinen Wohnsitz in Österreich verfügt.

 

Der gegenständliche Bescheid wird daher gemäß § 8 Abs. 2 iVm § 23 ZustG (Hinterlegung ohne Zustellversuch) ohne vorherigen Zustellversuch im gegenständlichen Akt des Oö. Verwaltungssenats hinterlegt und für den Bw zur Abholung bereitgehalten.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Christian Stierschneider

 

 

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