Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-750046/2/SR/WU

Linz, 12.07.2012

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des X, geboren am X, alias X, geboren am X, vertreten durch X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 26. Mai 2012, GZ Sich96-624-2010, wegen einer Übertretung nach dem Fremdenpolizeigesetz zu Recht erkannt:

 

I.  Aus Anlass der Berufung wird das in Rede stehende Straferkenntnis    aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Die Berufungswerberin hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: §§ 24, 44a und 51 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991-VStG iVm. § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

Zu II.: § 64ff. VStG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 26. Mai 2012, GZ.: Sich96-624-2010, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 1.000,-- Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 333 Stunden) gemäß "§§ 31 Abs. 1 iVm 120 Abs. 1 Z. 2 FPG BGBl. I Nr. 100/2005 i.d.g.F." verhängt. Die belangte Behörde führt dabei als "Spruch" unter der Überschrift Straferkenntnis und der Anrede wie folgt aus:

 

Am 14.9.2010 um ca. 11.30 Uhr in X, bei der Firma "X", wurde von Beamten der Polizeiinspektion X festgestellt, dass Sie sich als georgischer Staatsbürger noch immer, zumindest am 14.9.2010, unerlaubt im österreichischen Bundesgebiet aufhielten, obwohl die von Ihnen beim Bundesasylamt eingebrachte Beschwerde mit Bescheid vom 12.72010 gemäß §§ 7 und 8 Asylgesetz als unbegründet abgewiesen wurde.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 31 Abs. 1 iVm § 120 Abs. 1 Z. 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) i.d.g.F.

 

Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Spruches aus, dass dem Bw die Verwaltungsübertretung am 8. Februar 2011 angelastet worden sei (Aufforderung zur Rechtfertigung).

 

Der rechtsfreundlich vertretene Bw habe innerhalb offener Frist eine Stellungnahme eingebracht und im Wesentlichen auf seine Integration und das laufende Verfahren nach dem NAG abgestellt. Abschließend habe der Bw auf seine Unbescholtenheit, seine Sorgepflichten und Einkommensverhältnisse hingewiesen.

 

Nach Bezugnahme auf die einschlägigen Normen des FPG hielt die belangte Behörde fest, dass der Bw den Tatvorwurf nicht bestritten habe. Aufgrund der Anzeige vom 15. September 2010 bestünden für die belangte Behörde keine Zweifel, dass sich der Bw (zum Kontrollzeitpunkt noch immer) zumindest am 14. September 2010 unerlaubt im Bundesgebiet aufgehalten habe, da der Asylantrag am 12. Juli 2010 als unbegründet abgewiesen worden sei.

 

Da sich aus der Anzeige keine Anhaltspunkte ergäben, die an der Erfüllung der subjektiven Tatseite Zweifel aufkommen lassen würden, zumal der Bw von seinem "Aufenthaltsverbot Kenntnis hatte", sei der Bw somit wissentlich im Bundesgebiet illegal unterwegs gewesen. "Mangels Rechtfertigung" habe der Bw auch keine Gründe vorgebracht, die sein Verschulden in Frage gestellt hätten.

 

Strafmildernde oder straferschwerende Gründe seien nicht hervorgekommen. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien entsprechend den Angaben des Bw gewertet worden.

 

2. Der Bw hat durch seinen Rechtsvertreter innerhalb offener Frist Berufung erhoben.

 

Begründend führte der Rechtsvertreter aus, dass dem Bw im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen worden sei, dass sich dieser am 14. September 2010 unerlaubt im österreichischen Bundesgebiet aufgehalten habe.

 

Bei der Beurteilung habe die belangte Behörde die Rechtfertigung des Bw und das laufende NAG-Verfahren nicht berücksichtigt. Mittlerweile habe der Bw im März 2012 den Aufenthaltstitel Rot-Weiss-Rot Karte plus erhalten. Das mehr als zwei Jahre dauernde Verfahrens könne dem Bw nicht zum Nachteil gereichen. Zudem hätte die belangte Behörde die Milderungsgründe nicht ausreichend in die Beurteilung mit einbezogen.

 

Abschließend wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses beantragt.

 

Zu Beweiszwecken wurde dem Rechtsmittel eine Kopie des Aufenthaltstitels beigelegt.

 

3. Mit Schreiben vom 28. Juni 2012 übermittelte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erhob Beweis durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsakt.

 

Eine EKIS-Abfrage am 13. Juli 2012 ergab, dass dem Bw (nunmehr unter dem Namen X, geboren am X) am 13. März 2012 von der belangten Behörde unter der Zl. Sich43-164 eine ROT-WEISS-Karte PLUS (gültig bis 12. März 2013) ausgestellt worden ist.

 

3.2. Da bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfiel gemäß § 51e Abs. 2 VStG die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung.

 

3.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem unter den Punkten 1. und 2. dieses Erkenntnisses dargestellten, entscheidungsrelevanten Sachverhalt und dem unter Punkt 3.1. dargestellten Ermittlungsergebnis aus.

 

3.4. Da im angefochtenen Bescheid keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 120 Abs. 1 Z. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 5.000 Euro zu bestrafen, wer sich als Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

 

Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf,

1. wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im    Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder die       durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;

2. wenn sie aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation   des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder aufgrund einer Verordnung für     Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;

3. wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten     Aufenthaltstitels sind, sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet    keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen;

4. solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen         zukommt;

5. (aufgehoben durch BGBl. I Nr. 122/2009)

6. wenn sie eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländer­beschäfti­gungs-          gesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, eine Entsende­be-­        willi­gung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung gemäß § 3      Abs. 5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung gemäß § 18 Abs. 3 AuslBG mit        einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, innehaben oder

7. soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.

 

4.2. Hinsichtlich der Tatanlastung des unrechtmäßigen Aufenthalts des Bw stellt sich nun zunächst die Frage, ob der Spruch des in Rede stehenden Straferkenntnisses den Anforderungen des § 44a VStG genügt.

 

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist im Fall einer Bestrafung wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes – wie im vorliegenden Fall – die als erwiesen angenommene Tat durch Verneinung aller in § 31 Abs. 1 FrG bzw. FPG genannten Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes zu umschreiben (vgl. etwa das Erkenntnis vom 24. Oktober 2007, 2007/21/03/03). Ein Spruch eines Straferkenntnisses, der diesen Anforderungen nicht genügt, entspricht nach diesem Erkenntnis nicht dem Maßstab des § 44a VStG.

 

4.3. Im vorliegenden Fall beschränkt sich die Tatanlastung des angefochtenen Erkenntnisses jedoch nur auf die Feststellung, dass sich der Bw zum Kontrollzeitpunkt noch immer, somit jedenfalls am 14. September 2010, nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat, ohne dass auf die Alternativen des § 31 Abs. 1 FPG eingegangen bzw. diese verneint werden.

 

Unter Bedachtnahme auf die oa. angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a VStG wird die Tatanlastung (sowohl im Straferkenntnis als auch in der ersten und einzig rechtzeitigen Verfolgungshandlung) den gesetzlichen Voraussetzungen nicht gerecht. Eine allfällige Korrektur des Spruchs war schon allein aufgrund des Ablaufs der Verfolgungsverjährungsfrist dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich verwehrt.

 

4.4. Es war daher – ohne auf die Berufungsvorbringen näher einzugehen – das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

5. Bei diesem Ergebnis war dem Bw gemäß den §§ 64 ff. VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt unterschrieben werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Christian Stierschneider

 

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