Linz, 16.07.2012
E R K E N N T N I S
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, geb. X, X, vertreten durch die Rechtsanwälte X, X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, vom 22. Mai 2012, Zl. VerkR96-5011-2012, nach der am 16. Juli 2012 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:
I. Der Berufung wird im Schuldspruch keine Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird mit der Maßgabe bestätigt, als der Spruch zu lauten hat:
"Sie haben am 26.11.2011 um 23:46 Uhr, als Lenker des Pkw mit dem Kennzeichen X, auf der A1, bei Kilometer 217.638, in Fahrtrichtung Wien, die in diesem Bereich durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 43 km/h überschritten."
Im Strafausspruch wird der Berufung mit der Maßgabe Folge gegeben, als die Geldstrafe auf 90 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 60 Stunden ermäßigt wird.
II. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich demnach auf 9 Euro. Für das Berufungsverfahren entfällt ein Verfahrenskostenbeitrag.
Rechtsgrundlagen:
Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010 – AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010 – VStG.
Zu II.: § 65 VStG.
Entscheidungsgründe:
1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem o.a. Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen einer Übertretung nach § 52 lit.a Z10a iVm § 99 Abs.2d StVO 1960 eine Geldstrafe von 130 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 72 Stunden verhängt und wider ihn folgenden Tatvorwurf erhoben:
1.1. Begründend führte die Behörde erster Instanz Folgendes aus:
2. Dagegen wendet sich den Berufungswerber mit ihrer fristgerecht durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung:
3. Die Behörde erster Instanz hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.
Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war angesichts des gesonderten Antrages aber auch ob der bestrittenen Rechtsmäßigkeit der Verordnung in Wahrung der durch Art. 6 Abs.1 EMRK intendierten Rechte erforderlich (§ 51e Abs.1 VStG).
Den Berufungswerber erschien trotz der ihm auch persönlich zugestellten Ladung zur Berufungsverhandlung nicht. Eine Vertreterin der Behörde erster Instanz nahm an der Berufungsverhandlung teil.
4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme und Erörterung des Inhaltes des Verwaltungsstrafaktes im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung.
Verlesen wurde die im Akt erliegende Verordnung, VerkR10-492-2011; dieser ist ein Gutachten des Ing. Lindenberger sowie der Aktenvermerk über die Bauführung angeschlossen.
Der Eichschein betreffend das eingesetzte Lasermessgerät Type MU VR 6FA Eichschein Nr. 360 sowie das von dieser Messung aufgenommene Foto befindet sich ebenfalls im Verfahrensakt.
Das sogenannte B (Vergleichsfoto) wurde von CI X im Zuge dessen zeugenschaftlichen Befragung vorgelegt und als Beilage 1 zum Akt genommen.
4.1. Die von der Behörde erster Instanz getroffenen Feststellungen erwiesen sich auf im Rahmen des Berufungsverfahrens als stichhaltig.
Im Rahmen der Berufungsverhandlung verwies der Rechtsvertreter unter Hinweis auf sein bisheriges Vorbringen abermals auf § 48 des Maß- u. Eichgesetzes in Verbindung mit der aus seiner Sicht damals nicht gesichert geltenden Beschaffung der messtechnischen Anlage. Konkrete Anhaltspunkte dafür vermochte er jedoch nicht zu benennen.
Demnach blieb im Rahmen des Berufungsverfahrens noch zu beurteilen, inwieweit sich aus dem Verordnungsakt eine gesetztlich Deckung der 60 km/h-Beschränkung eindeutig ableiten lässt.
Laut dem der Berufungsbehörde vorliegenden Materialien vermögen selbst weder an der gesetzeskonformen Verordnung noch an deren rechtskonformen Kundmachung Anhaltspunkte für Zweifel gesehen werden.
Aus dem in den wesentlichen Inhalten vorliegenden Verordnungsakt lässt sich der klare Behördenwille nachvollziehen, dass an der bezeichneten Örtlichkeit zur fraglichen Zeit – wie auf Autobahnbaustellen in Verschwenkungsbereichen aus fahrphysikalischen Gründen logisch – eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 60 km/h korrekt verordnet und dem Gesetz entsprechend durch Verkehrszeichen kundgemacht war. Diese ist insbesondere durch die Bauarbeiten auch sachlich begründet.
Zu bemerken ist, dass diese Beschränkung gemäß dem ebenfalls angeschlossenen Verkehrszeichenplan entsprechend vorangekündigt und im Annäherungsbereich stufenweise reduziert gewesen ist. Das zur Vorfallszeit knapp vor Mitternacht tatsächlich Bauaktivitäten stattgefunden hätten, lässt sich dem Verfahrensakt jedoch nicht nachvollziehen. Mit gutem Grund ist tageszeitbedingt von bloß unterdurchschnittlichem Verkehrsaufkommen auszugehen.
Der als Zeuge gehörte, für die "messtechnischen Anlagen" (Radarmessanlagen) verantwortliche Polizeibeamte, ChefInsp. X, erklärte anlässlich der Berufungsverhandlung die Praxis über die Nacheichung auch der hier eingesetzen Messanlage. Dabei wurde deutlich gemacht, dass aus dessen fachlichen Sicht von einer einwandfreien Eichung und Funktionsfähigkeit ausgegangen werden kann und ein Messfehler ausgeschlossen gelten kann.
Gemäß dem im wesentlichen Umfang vorliegenden Verordnungsaktes in Verbindung mit den ebenfalls noch vorgelegten A u. B-Foto, gelangt auch der Unabhängige Verwaltungssenat zur Überzeugung, dass weder an der Rechtmäßigkeit der Verordnung und Kundmachung des Beschränkungsbereiches, noch an der Messung ein vernüftiger Zweifel gehegt werden kann.
Vor diesem Hintergrund ist das im Ergebnis ausschließlich auf Formaleinwände reduzierte Vorbringen als reine Zweckbehauptung zu werten um eben straffrei zu bleiben. Den gehegten Bedenken, insbesondere das in der Berufung noch monierte, anlässlich der Berufungsverhandlung aber nicht mehr als beizuschaffen aufrecht erhaltene Sachverständigengutachten, wäre als reiner Erkundungsbeweisantrag abzutun gewesen.
5. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:
Gemäß der Geschwindigkeitsbeschränkung hätte der Berufungswerber an der angeführten Stelle daher nicht schneller als 60 km/h fahren dürfen (§ 52 lit.a Z10a StVO).
Nach § 99 Abs.2d StVO 1960 begeht u.a. eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 70 bis zu 2.180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis zu sechs Wochen, zu bestrafen, wer die zulässige Höchstgeschwindigkeit um mehr als 30 km/h überschreitet.
Völlig unbegründet und auf gänzlich unbelegt bleibenden Behauptungen gestütze Beweisanträgen, sogenannten Erkundungsbeweisen, ist nicht nachzukommen (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, S 339, E 6a zu § 46 AVG zitierte Rechtsprechung des VwGH, sowie VwGH 11.12.2002, 2001/03/0057).
5.1. Die Spruchänderung diente der inhaltlichen Straffung der Tatumschreibung iSd § 44a Z1 VStG und der besseren Les- und logischen Nachvollziehbarkeit derselben. Zu bemerken ist, dass sich für den unbefangenen Betrachter die hier telegrammstilartige und mit unnötigen unter verwirrenden Details (Gemeinde Ohlsdorf, Autobahn Ohlsdorf Nr.1……), sowie dem Hinweis auf den Verkehrsfehlerabzug und der Lage des Vorfallsortes außerhalb eines Ortsgebietes - was angesichts der Autobahn wohl als notorisch bekannt gelten könnte - die Lesbarkeit und das Verständnis des strafbaren Geschehens im Grunde deutlich erschwert.
6. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe, stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.
5.2. Der mit dem Regelverstoß verwirklichte objektive Tatunwert blieb hier jedoch unter Bedachtnahme auf die bei der Deliktsbegehung verkehrsarmen Zeit zu Mitternacht hinter dem abstrakt vertypten Unwertgehalt doch signifikant zurück. Dies blieb seitens der Behörde erster Instanz unberücksichtigt, sodass vor diesem Hintergrund die mit 130 Euro bemessene Geldstrafe letztlich tatschuldangemessen und nur knapp über der Mindeststrafe liegend zu reduzieren gewesen ist.
Die Behörde hat in Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des (Straf-)Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist (VwGH 4.4.2001, 99/09/0140 mit Hinweis auf Erk. VwGH [verst. Senat] 25. März 1980, Zl. 3273/78, VwSlg 10077 A/1980).
Die Strafzumessung hat iSd § 19 VStG auf die Umstände des konkreten Einzelfalls Bedacht zu nehmen und darf nicht bloß formelhaft erfolgen. Widrigenfalls käme es unvermeidlich zur Ungleichbehandlung dadurch, dass mit einer schablonenhaften Beurteilung eines Tatverhaltens, de facto Ungleiches in der Sanktionsfolge immer gleich behandelt werden müsste (vgl. unter vielen h. Erkenntnis v. 21.2.1997, VwSen-104374).
Hiervon sind sogenannte Ungehorsamsdelikte nicht ausgenommen.
Unter Berücksichtigung der o.a. Aspekte konnte hier mit einer geringeren Bestrafung das Auslangen gefunden werden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
H i n w e i s:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwätlin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Dr. B l e i e r