Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523184/11/Br/Ai

Linz, 23.07.2012

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, geb. X, X, X, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. X, X, X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt, vom 11. Mai 2012, Zl. VerkR21-350-2011-GG, wegen einer Aufforderung nach § 24 Abs.4 FSG 1997, nach der am 9. Juli 2012 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

 

I.                  Der angefochtene Bescheid wird im Punkt 1) behoben;

im Punkt 2) wird der Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, als dem Berufungswerber aufgetragen wird, binnen zwei Monaten ab Zustellung dieser Entscheidung, zur Beurteilung seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von KFZ, eine psychiatrische Stellungnahme (Gutachten) insbesondere mit Blick auf die Diagnose der Gruppe F6 (Persönlichkeits- u. Verhaltensstörung) iSd ICD-10-Kriterien, der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vorzulegen.  

          Dieses Erkenntnis gilt als Zuweisung zu einem psychiatrischen Gutachter.

 

 

II.     Dem Berufungswerber werden als Ersatz für die von der Verkehrspsychologin für die Gutachtenserörterung im Rahmen der Berufungsverhandlung verzeichneten Kosten in Höhe von 293,50 Euro auferlegt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.:    §§ 66 Abs.4, 67a AVG, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010; §§ 24 Abs.4 iVm 8 FSG, BGBl. I Nr. 120/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2010 und § 13 Abs.1 Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung - FSG-GV, BGBl. II Nr. 322/1997, zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 280/2011.

 

Zu II.:  § 76 Abs.1 AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufungswerber aufgefordert, innerhalb von 3 Monaten ab Zustellung des Bescheides ein Gutachten gemäß § 10 Führerscheingesetz 1997 über seine fachliche Befähigung zum Lenken von Kraftfahrzeugen durch eine Fahrprüfung nachzuweisen und  in diesem Zeitraum auch dem Amtsarzt der Bezirkshauptmannschaft Freistadt eine psychiatrische Stellungnahme beizubrin­gen.

 

 

 

1.1. Begründend führte die Behörde erster Instanz folgendes aus:

"Zum Sachverhalt:

 

Durch die Anzeige der Polizeiinspektion Freistadt vom 20.10.2011 wurde der Behörde bekannt, dass Sie am 20.09.2011 verbotenerweise das im Gemeindegebiet 4240 Freistadt auf dem X bestehende Fahrverbot "ausgenommen Busse und Taxi" missachtet haben. Ferner haben Sie am 15.09.2011 das auf dem X im Gemeindegebiet Freistadt kundgemachte Fahrverbot missachtet. Weiters haben Sie am 15.09.2011 im Haltestellenbereich eines Massenbeförderungsmittels innerhalb 15 Meter nach der Haltestellentafel während der Betriebszeit gehalten. Die Anzeige wurde am 22.09.2011 um 08.32 Uhr vom Garagenmeister der Postbus AG erstattet. Dabei wurde auch bekannt, dass Sie mit dem Kraftfahrzeug, Kennzeichen X, provokant auf der Busspur auf- und abgefahren und dabei bereits auf wartende Kinder zugefahren sind und vor diesen dann stark abgebremst haben. Die Polizeiinspektion Freistadt führt weiters für den Zeitraum vom 19.10.2010 bis 19.10.2011 mehrere Verwaltungsübertretungen aber auch Straftatbestände nach dem Strafgesetzbuch an. Bei Ihrer Einvernahme am 23.09.2011 geben Sie die Ihnen zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen zu. Bezüglich des Zufahrens aufwartende Kinder vermeinen Sie, dass Sie auf ein Mädchen etwas forscher zugefahren seien und in der Folge stärker abgebremst hätten. Dies hätten Sie zum Spaß gemacht.

 

 

 

Die Behörde hat daraufhin Erhebungen durchgeführt. Dabei ist auszuführen, dass lediglich der Zeitraum vom 22.12.2009, an diesem Tag haben Sie die Lenkberechtigung erworben, in Betracht gezogen wird.

 

 

 

Hier ist auffällig, dass Sie

 

1)   mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 11.02.2010, VerkR96-401-2010, wegen einer Übertretung nach § 36 lit.e Kraftfahrgesetz 1967 rechtskräftig bestraft wurden.

 

2)   mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 25.01.2011, VerkR96-804-2010, wegen einer Übertretung nach § 16 Abs.2 lit.a, § 16 Abs.1 lit.b, § 18 Abs.1, und § 16 Abs.1 lit.a Straßenverkehrsordnung 1960 rechtskräftig bestraft wurden.

 

3)   mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 06.09.2011, VerkR96-2422-2011, wegen einer Übertretung nach § 23 Abs.2 Straßenverkehrsordnung 1960 rechtskräftig bestraft wurden.

 

4)   mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 14.11.2011, VerkR96-2445-2011, wegen einer Übertretung nach § 24 Abs.3 lit.a Straßenverkehrsordnung 1960 rechtskräftig bestraft wurden.

 

5)   mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 17.10.2011, VerkR96-2767-2011, wegen einer Übertretung nach § 24 Abs.3 lit.a Straßenverkehrsordnung 1960 rechtskräftig bestraft wurden.

 

6)   mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 17.11.2011, VerkR96-3181-2011, wegen einer Übertretung nach § 52 lit.a Z.1 Straßenverkehrsordnung 1960 rechtskräftig bestraft wurden.

 

7)   mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 21.11.2011, VerkR96-3242-2011, wegen einer Übertretung nach § 102 Abs.1 Kraftfahrgesetz 1967 iVm § 7a Abs.3 KDV rechtskräftig bestraft wurden.

 

8)   mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 23.09.2011, VerkR96-2663-2011, wegen einer Übertretung nach § 20 Abs.2 Straßenverkehrsordnung 1960 rechtskräftig bestraft wurden.

 

9)   mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 06.10.2011, VerkR96-2785-2011, wegen den Übertretungen nach § 102 Abs. 10 Kraftfahrgesetz 1967 1. und 2. Fall rechtskräftig bestraft wurden.

 

10) mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 21.09.2011, VerkR96-2645-2011, wegen einer Übertretung nach § 52 lit.a Z.1 Straßenverkehrsordnung 1960 rechtskräftig bestraft wurden.

 

11) mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 21.09.2011, VerkR96-2647-2011 wegen einer Übertretung nach § 36 lit.e Kraftfahrgesetz 1967 rechtskräftig bestraft wurden.

 

12) mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 08.09.2011, VerkR96-2471-2011, wegen den Übertretungen nach § 14 Abs.2 lit.d Straßenverkehrsordnung 1960; § 9 Abs.1 Straßenverkehrsordnung 1960 rechtskräftig bestraft wurden.

 

13) mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 17.11.2011, VerkR96-3212-2011, wegen einer Übertretung nach § 52 lit.a Z.1 Straßenverkehrsordnung 1960 rechtskräftig bestraft wurden.

 

      mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 01.07.2011, VerkR96-1812-2011, wegen einer Übertretung nach § 102 Abs.4 Kraftfahrgesetz 1967 rechtskräf­tig bestraft wurden.

 

15) mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 29.04.2011, VerkR96-1173-2011, wegen den Übertretungen nach § 102 Abs.1 Kraftfahrgesetz 1967 iVm § 4 Abs.4 KDV in 2 Fällen bestraft wurden.

 

 

 

Derzeit sind bei der Behörde noch weitere Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretung des § 13 Straßenverkehrsordnung 1960 und § 11 Abs.2 Straßenverkehrsordnung 1960 sowie wegen Übertretung nach § 52 lit.a Z.1 Straßenverkehrsordnung 1960, § 11 Abs.2 Straßenverkehrsordnung 1960 anhängig.

 

 

 

Mit rechtskräftigem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 20.12.2011, gleicher Zahl, wurden Sie aufgefordert, innerhalb von 3 Monaten, ab Zustellung dieses Bescheides, sich vom Amtsarzt der Bezirkshauptmannschaft Freistadt hinsichtlich Ihrer gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen, für die die Führerscheinklasse B vorgeschrieben ist sowie zum Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen oder Invalidenkraftfahr­zeugen ärztlich untersuchen zu lassen. Gleichzeitig wurden Sie aufgefordert, zur Erstellung des amtsärztlichen Gutachtens eine verkehrspsychologische Stellungnahme beizubringen. Dem sind Sie nachgekommen. In der verkehrspsychologischen Stellungnahme vom 28.01.2012 wird festgehalten, dass aufgrund der zahlreichen Delikte im Straßenverkehr ein grundlegender Erkenntnismangel der Straßenverkehrsordnung nicht ausgeschlossen werden kann. Zu diesem Zweck wird eine Beobachtungsfahrt für notwendig erachtet. Auch wird in der verkehrspsychologischen Stellungnahme eine Nachschulung für verkehrsauffällige Kraftfahrzeuglenker, die zur Förderung der weiteren kritischen Reflektion eines unauffälligen Verhaltens im Straßenverkehr angeraten. Nur unter der Voraussetzung der positiven Absolvierung der Beobachtungsfahrt, wo grundlegende Mängel im Fahrzeughandling und mangelnde Kenntnis der Straßenverkehrsord­nung ausgeschlossen werden können, kann die Aufrechterhaltung der Lenkberechtigung be­fürwortet werden. Diese Beobachtungsfahrt ist unabhängig zu sehen, von der in der empfohle­nen Nachschulungskurs vorgeschriebenen "Probefahrt". Zudem sollte die Aufrechterhaltung der Lenkberechtigung von einer eindeutigen Bewährung im Straßenverkehr abhängig gemacht werden.

 

 

 

Die medizinische Amtssachverständige schließt sich der verkehrspsychologischen Stellungnahme an und hält ebenfalls eine Beobachtungsfahrt und eine Nachschulung für erforderlich. Ferner hält die medizinische Amtssachverständige vorerst eine psychiatrische Abklärung hinsichtlich Auffälligkeiten für erforderlich und fordert eine psychiatrische Stellungnahme.

 

Gegenständlicher Sachverhalt unterliegt folgender rechtlicher Beurteilung:

 

Gemäß § 8 Abs.2 sind zur Erstellung des ärztlichen Gutachtens besondere Befunde oder im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten eine Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle erforderlich, so ist das ärztliche Gutachten von einem Amtsarzt zu erstellen; der Antragsteller hat diese Befunde oder Stellungnahmen zu erbringen. Wenn im Rahmen der ärztlichen Untersuchung eine sichere Entscheidung im Hinblick auf die gesundheitliche Eignung nicht getroffen werden kann, so ist erforderlichenfalls eine Beobachtungsfahrt anzuordnen.

 

 

 

Gemäß § 24 Abs. 4 ist ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen, wenn Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind. Bei Bedenken hinsichtlich der fachlichen Befähigung, ist ein Gutachten gemäß § 10 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung zu entziehen. Leistet der Besitzer einer Lenkberechtigung innerhalb der festgesetzten Frist einem rechtskräftigen Bescheid, mit der Aufforderung, sich ärztlich untersuchen zu lassen, die zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen oder die Fahrprüfung neuerlich abzulegen, keine Folge, ist ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

 

Nach § 10 Abs.1 Führerscheingesetz 1997 ist vor der Erteilung der Lenkberechtigung die fachliche Befähigung des Antragstellers durch eine Fahrprüfung nachzuweisen. Das Gutachten hat nur auszusprechen, ob der Begutachtete zum Lenken von Fahrzeugen der in Betracht kommenden Klasse oder Unterklasse fachlich befähigt ist oder nicht. Die Namen der Sachverständigen dürfen erst am Tag der Prüfung bekanntgegeben werden.

 

 

 

Die Behörde hat darüber Folgendes erwogen:

 

 

 

Die Behörde hält die verkehrspsychologische Stellungnahme für schlüssig und nachvollziehbar. Jedoch ist die Einschätzung in der verkehrspsychologischen Stellungnahme, dass eine Beobachtungsfahrt, in der die Kenntnisse des Straßenverkehrsordnung abgeprüft werden soll, für nicht nachvollziehbar. Die Beobachtungsfahrten werden im § 9 Führerscheingesetz 1997 explizit geregelt und dienen lediglich dazu, die Handhabung einer Person eines bestimmten Kraftfahrzeuges zu überprüfen. Dies dient vorwiegend, um körperliche Mängel durch das Vorschreiben von technischen Hilfsmitteln auszugleichen. Im gegenständlichen Fall handelt es sich aber nicht um ein körperliches Gebrechen, sondern um einen möglichen Kenntnismangel der gesetzlichen Bestimmungen. Diese können jedenfalls nicht während einer Beobachtungsfahrt einer Überprüfung unterzogen werden. Daher hat auch der Gesetzgeber im § 24 Abs.4 die Möglichkeit eingeräumt, die fachliche Befähigung durch ein Gutachten gemäß § 10 nachzuweisen. Dies bedeutet, dass Sie die Fahrprüfung neuerlich abzulegen und ein Gutachten darüber der Behörde zu übermitteln haben. Dass bei Ihnen möglicherweise ein Kenntnismangel der Straßenverkehrsordnung und auch der kraftfahrrechtlichen Bestimmungen vorliegt und dadurch Bedenken bestehen, ob bei Ihnen die fachliche Befähigung zum Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben ist, ergibt sich für die Behörde schon alleine aus den zahlreichen unter Sachverhaltsdarstellung angeführten Verwaltungsstrafen im Straßenverkehr. Dass zudem auch eine Nachschulung für verkehrsauffällige Kraftfahrzeuglenker - wie dies in der verkehrspsychologischen Stellungnahme gefordert wird - erforderlich ist, erscheint der Behörde ebenfalls nachvollziehbar. Dies deswegen, weil Sie selbst bei der verkehrspsychologischen Untersuchung ausführen, dass Sie im September 2011 zu knapp zu einer Gruppe von Kindern zugefahren seien. Dies hätten Sie allerdings gemacht, um einen Bekannten zu erschrecken. Die Kinder hätten Sie anfangs nicht wahrgenommen. Jedenfalls erscheint der Behörde alleine durch diese Aussage, dass Ihnen die Gefahren des Straßenverkehrs nicht bewusst sind. Kraftfahrzeuge eignen sich nicht dazu, andere Menschen, auch wenn es Bekannte von Ihnen sind, zu erschrecken. Ein Kraftfahrzeug ist nämlich kein Spielzeug. Dass bei einer derartigen Einstellung auch eine psychiatrische Stellungnahme - wie dies die medizinische Amtssachverständige zur Erstellung des Gutachtens fordert - erforderlich ist, erscheint der Behörde ebenfalls nachvollziehbar. Insbesonders ist hier zu klären, ob psychiatrische Auffälligkeiten (wie zB Reifungsmägel) vorliegen. Betrachtet man nämlich die zahlreichen bei der Bezirkshauptmannschaft Freistadt über Sie aufscheinenden Verwaltungsstrafen, die allesamt nicht dazu geführt haben, Sie von der Begehung weiterer auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Verwaltungsübertretungen abzuhalten, so erhebt sich jedenfalls der Schluss für die Behörde, dass Sie möglicherweise nicht über ausreichende Kenntnis der Straßenverkehrsordnung und der kraftfahrrechtlichen Bestimmungen verfügen. Der Schutzzweck dieser Normen hat gemeinsam, dass sie der Minimierung der Gefahren im Straßenverkehr dienen. Diese Normen werden von Ihnen bewusst oder unbewusst, nahezu laufend missachtet und es dürfte Ihnen auch nicht bewusst sein, dass eine erhebliche Gefahr für die übrigen Straßenverkehrsteilnehmer und auch ein erheblicher Unrechtsgehalt bei der Begehung dieser Taten besteht.

 

 

 

Zusammengefasst schließt sich die Behörde den gestellten Forderungen in der verkehrspsychologischen Stellungnahme bezüglich der Überprüfung Ihrer fachlichen Befähigung zum Lenken von Kraftfahrzeugen sowie der Schärfung der Gefahren, welche der Straßenverkehr in sich birgt, durch eine neuerliche Ablegung der Führerscheinprüfung und durch die Absolvierung einer Nachschulung für verkehrsauffällige Kraftfahrzeuglenker an. Auch schließt sich die Behörde der Forderung der medizinischen Amtssachverständigen an, dass Sie eine psychiatrische Stellungnahme zur Erstellung des amtsärztlichen Gutachtens beizubringen haben und verweist dabei auf die obenstehenden Ausführungen.

 

 

 

Aufgrund dieses Sachverhaltes war spruchgemäß zu entscheiden."

 

 

 

2. Dem tritt die Rechtsvertreterschaft des Berufungswerbers in der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung mit folgenden Ausführungen entgegen:

"In umseits näher bezeichneter Verwaltungssache erhebe ich gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 11.5.2012, GZ VerkR21-350-2011-GG, mir zugestellt am 18.5.2012 binnen offener Frist durch meinen ausgewiesenen Ver­treter das Rechtsmittel der

 

 

 

BERUFUNG

 

 

 

und führe dieses aus wie folgt:

 

1. Der oben bezeichnete Bescheid wird seinem gesamten Inhalte nach angefochten. Als Berufungsgründe werden geltend gemacht:

 

 

 

Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung wegen Verfahrensvorschriften und Rechtwid­rigkeit des Inhaltes.

 

 

 

2. Die Verwaltungsbehörde erster Instanz stellt im angefochtenen Bescheid fest, dass aufgrund einer Anzeige der Polizeiinspektion Freistadt vom 20. Oktober 2011 behördlich bekannt geworden wäre, dass ich am 20. September 2011 eine Verkehrsübertretung in Form einer Missachtung eines vorliegenden Fahrverbotes ausgenommen für Taxifahrzeuge und Buslenker beging. Gleichzeitig wird mir vorgehalten, dass ich mein Fahrzeug in einem Bushaltestellenbereich unerlaubterweise angehalten hatte. Die Behörde stellt weiters fest, „es wurde auch bekannt (?), dass ich mit dem von mir gelenkten Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen X (wann, wurde nicht festgestellt) provokant auf der Busspur auf- und abgefahren wäre und dabei auf wartende Kinder zugefahren wäre und vor diesen dann stark abgebremst hätte."

 

 

 

Weiters wird festgestellt, dass ich im Zeitraum vom 11. Februar 2010 bis 21. Novem­ber 2011 wegen 15 Übertretungen von Verkehrsvorschriften mittels Strafverfügungen der Bezirkshauptmannschaft Freistadt bestraft wurde und derzeit (?) noch weitere Verwaltungsstrafverfahren anhängig wären.

 

 

 

Mit rechtskräftigem Bescheid der BH Freistadt vom 20.12.2011, so die Feststellungen, wurde ich aufgefordert, innerhalb von drei Monaten mich amtsärztlich auf meine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen untersuchen zu lassen und eine verkehrspsychologische Stellungnahme beizubringen, welcher Aufforderung ich nachgekommen bin.

 

 

 

In der verkehrspsychologischen Stellungnahme vom 28. Jänner 2012 sei erwähnt, dass ein grundlegender Erkenntnismangel der Straßenverkehrsordnung meinerseits nicht ausgeschlossen werden könne, weshalb eine Beobachtungsfahrt für notwendig erachtet würde und, unter Voraussetzung einer positiven Absolvierung der Beobachtungsfahrt, die Aufrechterhaltung der Lenkerberechtigung befürwortet wird. Die medizinische Amtssachverständige, so der festgestellte Sachverhalt der Behörde erster Instanz, hätte eine psychiatrische Abklärung hinsichtlich Auffälligkeiten für erforderlich ersehen und hätte eine psychiatrische Stellungnahme gefordert.

 

 

 

Dieser im Wesentlichen festgestellte Sachverhalt der Behörde erster Instanz wurde von der Behörde erster Instanz dahingehend rechtlich beurteilt, dass die verkehrspsychologische Stellungnahme zur Beobachtungsfahrt nicht nachvollziehbar ist, da auch nach Ansicht der Behörde erster Instanz die rechtlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Beobachtungsfahrt fehlen. Die Behörde erster Instanz vermeint aber, dass möglicherweise ein Kenntnismangel der Straßenverkehrsordnung meinerseits vorliegen würde und daher Bedenken bestehen, ob bei mir die fachliche Befähigung zum Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben wäre, weshalb ich die Fahrprüfung neuerlich abzulegen hätte und ein Gutachten darüber der Behörde zu übermitteln hätte und eine Nachschulung wegen Verkehrsauffälligkeit meinerseits zu erfolgen hätte sowie [prophylaktisch] eine psychiatrische Stellungnahme beizubringen wäre, um abklären zu können, ob psychiatrische Auffälligkeiten wie z.B. Reifungsmängel vorliegen würden. Die Behörde erster Instanz vermeint, dass die Verwaltungsstrafen Zweifel an der gesundheitlichen und fachlichen Eignung meinerseits erkennen lassen würden. Es wäre daher unter Anwendung der Bestimmung des § 24 Abs.4 und § 10 Abs.1 des FSG 1997 die bescheidmäßige Aufforderung dahingehend, dass ich innerhalb von drei Monaten ab Zustellung ein Gutachten über meine fachliche Befähigung gemäß § 10 FSG durch eine Fahrprüfung beizubringen hätte und innerhalb von drei Monaten ab Zustellung des Bescheides erster Instanz dem Amtsarzt der BH Freistadt eine psychiatrische Stellungnahme beizubringen hätte, erforderlich.

 

 

 

Der Bescheid der Behörde erster Instanz ist aus mehrfachen Gründen rechtswidrig, wobei im Einzelnen dazu ausgeführt wird wie folgt:

 

 

 

1.      Vorab festzuhalten ist, dass ein Auftrag zur Vorlage einer psychiatrischen Stellungnahme nur zulässig im Sinne der Bestimmung des § 24 Abs.4 FSG ist, wenn sich aus der Vorgeschichte oder bei der Untersuchung der Verdacht einer psychischen Erkrankung ergibt, der die psychische Eignung zum Lenken eines Kraftfahrzeuges einschränken oder ausschließen würde. Nur dann ist eine psychiatrisch fachärztliche Stellungnahme beizubringen, welche die kraftfahrspezifischen psychophysischen Leistungsfunktionen mitzubeurteilen hat.

 

 

 

Es bedeutet dies im Klartext, dass (ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes) ein Aufforderungsbescheid nach § 24 Abs.4 FSG nur dann zulässig ist, wenn begründete Bedenken in der Richtung bestehen, dass der Inhaber der Lenkerberechtigung die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen seiner Klasse nicht mehr aufweist. Dabei ist Voraussetzung, dass genügend begründete Bedenken in diese Richtung bestehen, die die Prüfung des Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen lassen. Derartige gesundheitliche Bedenken lassen sich entgegen der Behauptung der Behörde erster Instanz aus dem amtsärztlichen Aktenvermerk vom 3. April 2011 nicht ableiten. Von der Amtsärztin wurde in diesem Aktenvermerk lediglich dargelegt, "dass aufgrund der gegebenen Faktenlage (welcher medizinischen Faktenlage?) vorerst eine psychiatrische Abklärung veranlasst werden sollte, ob psychiatrische Auffälligkeiten vorliegen würden."

 

 

 

Diesbezüglich ist darauf hinzuweisen, dass die Behörde, die den Auftrag zum Beibringen einer psychiatrischen Stellungnahme augenscheinlich mit dem entsprechenden Verlangen der Amtsärztin begründet hat, die Rechtslage verkannt hat.

 

 

 

Lediglich aus dem Aktenvermerk der Amtsärztin vom 3. April 2012 ist kein begründeter Verdacht ableitbar, ich würde an einer psychischen Erkrankung leiden, die meine psychische Eignung zum Lenken eines Kraftfahrzeuges einschränken oder ausschließen würde. Insbesondere vermeint die Behörde erster Instanz, dass wegen des der Behörde bekanntgewordenen Sachverhaltes, „dass ich eine Bekannte erschrecken wollte und in der Nähe befindliche Kinder nicht bemerkt hätte, eine psychiatrische Stellungnahme erforderlich wäre."

 

 

 

Auch diesbezüglich ist die Behörde irrig.

 

 

 

Die Amtsärztin hat in ihrem Aktenvermerk festgehalten, dass aus amtsärztlicher Sicht eine psychiatrische Abklärung veranlasst wurde, ob psychiatrische Auffälligkeiten vorliegen würden, falls solche vorliegen würden, wäre die Beibringung einer psychiatrischen Stellungnahme notwendig. Letztlich ist aber dem Bescheid nicht zu entnehmen, ob und in welcher Form die Amtsärztin eine Abklärung veranlasste und welches Ergebnis sich im Zuge dieser Abklärung einstellte. Es ist sohingehend nicht entnehmbar, dass psychiatrische Auffälligkeiten bei mir vorliegen würden. Letztlich wurden ja psychiatrische Auffälligkeiten meinerseits seitens der Behörde erster Instanz auch gar nicht festgestellt.

 

 

 

Diesbezüglich ist der Bescheid erster Instanz jedenfalls rechtswidrig, da die Erlassung eines derartigen Aufforderungsbescheides nur dann rechtens wäre, wenn ausreichend Anhaltspunkte für den Verdacht bestanden hätten, bei mir bestehe eine Erkrankung im Sinne des FSG oder es ermangle mir wegen des Fehlens der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung an der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen. Beides ist nicht der Fall und wurde auch nicht festgestellt. Die Tatsache, dass ich wegen mehrfach begangener Verwaltungsübertretungen (mittels Strafverfügungen) bestraft wurde, begründet jedenfalls nicht in ausreichend konkreter Weise den Verdacht, es fehle mir aufgrund einer einschlägigen Erkrankung an der geistigen Gesundheit zum Lenken von Kraftfahrzeugen. Auch Bedenken, es würde mir an der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung mangeln, wurden nicht behördlich begründet erklärt. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner ständigen Judikatur betont, kann von einer mangelnden Bereitschaft zur Verkehrsanpassung nur bei einem Verhalten gesprochen werden, bei dem es zu relativ schwerwiegenden Verstößen gegen straßenverkehrsrechtliche Vorschriften gekommen ist oder es bereits innerhalb eines bestimmten Zeitraumes mehrere Vorentziehungen gab. Eine mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung liegt hingegen ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch dann nicht vor, wenn der Inhaber einer Lenkerberechtigung mehrere, eindeutig als minder schwer zu bezeichnende Verkehrsvorschriftsübertretungen begangen hat. Zumal keinerlei wie immer geartete Hinweise auf eine gesundheitliche Nichteignung meinerseits aus dem amtsärztlichen Aktenvermerk und auch nicht aus der verkehrspsychologischen Stellungnahme abzuleiten sind, mangelt es jedenfalls am Vorliegen begründeter Zweifel an meiner gesundheitlichen Eignung. Dass in der amtsärztlichen Stellungnahme (Aktenvermerk) angeführt wird, dass vorerst eine psychiatrische Abklärung veranlasst wird und bei Vorliegen psychiatrischer Auffälligkeiten die Beibringung einer psychiatrischen Stellungnahme aufgetragen wird, kann jedenfalls nicht die Notwendigkeit ersetzen, begründete Be­denken entsprechend schlüssig zu konkretisieren.

 

 

 

Was Punkt 1 des Bescheidspruches, nämlich die Aufforderung, ein Gutachten über meine fachliche Befähigung gemäß § 10 FSG durch eine Fahrprüfung beizubringen (sohingehend neuerlich eine Fahrprüfung abzulegen) anbelangt, so ist festzuhalten, dass auch diesbezüglich der Bescheid mit massiver Rechtswidrigkeit behaftet ist.

 

 

 

Gemäß § 24 FSG ist vor der Entziehung oder Einschränkung der Gültigkeit der Lenkerberechtigung wegen mangelnder fachlicher Befähigung ein Gutachten gemäß § 10 FSG einzuholen. Auch die Aufforderung der Behörde dahingehend, dass ich neuerlich eine Führerscheinprüfung abzulegen hätte, ist rechtswidrig, da es auch diesbezüglich am Erfordernis begründeter Bedenken mangelt.

 

 

 

Seit Führerscheinerhalt bis zum jetzigen Zeitpunkt habe ich in etwa 250.000 km absolviert. Dies in etwas mehr als zwei Jahren. Während dieser Zeit habe ich nur ein Unfallsgeschehnis mit geringem Blechschaden zu vertreten.

 

Ich habe den Führerschein für die Gruppe B mit Datum 22.12.2009 erlangt und habe diesen am 23. März 2012 probezeitverlängert bis 26. Jänner 2013, neu ausgestellt erhalten. Es mutet daher eigentümlich an, wenn die Behörde einerseits mir einen Führerschein neu ausstellt und andererseits gleichzeitig vermeint, es würde mir an der fachlichen Eignung zum Lenken eines Kraftfahrzeuges mangeln. Es ist daher davon auszugehen, dass die belangte Behörde jedenfalls zum Zeitpunkt der Neuführerscheinausstellung wohl keine Bedenken an meiner fachlichen Eignung hatte.

 

 

 

Wenn die Behörde erster Instanz daher vermeint, dass die zahlreichen bei der BH Freistadt aufscheinenden Verwaltungsstrafen den Schluss für die Behörde zulassen würde, dass ich möglicherweise nicht über ausreichende Kenntnis der Straßenverkehrsordnung und der kraftrechtlichen Bestimmungen verfügen würde, so ist diesbezüglich bereits aus der Formulierung der Behörde erkennbar, dass die Behörde selbst nicht die Überzeugung erlangt haben konnte, dass ich die Kenntnisse der Straßenverkehrsordnung und der kraftrechtlichen Bestimmungen nicht hätte, sondern in unzulässiger Art und Weise Vermuten anstellt, ich könnte möglicherweise nicht ausreichende Kenntnis haben.

 

 

 

Ein derartiger Überzeugungsgrad ist aber weit von den gesetzlich geforderten begründeten Bedenken entfernt.

 

 

 

In Zusammenschau damit, dass mir der Führerschein im März 2012 verlängert wurde, die von mir gesetzten Verkehrsverstöße großteils Verstöße gegen Vorschriften über den ruhenden Verkehr sind, ist der Bescheid erster Instanz auch hinsichtlich Punkt 1 seines Spruches rechtswidrig.

 

 

 

Der Bescheid erster Instanz ist aber auch mit mangelhaften Sachverhaltsfeststellungen behaftet.

 

 

 

Die Behörde erster Instanz stellt sachverhaltsmäßig fest, dass ich im September 2011 zu knapp zu einer Gruppe von Kindern zugefahren wäre, dies allerdings gemacht hätte, um eine Bekannte zu erschrecken. Die Kinder hätte ich anfangs nicht wahrgenommen. Dies aufgrund einer in der verkehrspsychologischen Stellungnahme vom 28.1.2011 unzureichend wiedergegebenen Gesprächszusammenfassung an­lässlich der durchgeführten Untersuchung am 27. Jänner 2012.

 

 

 

Zumal von der Behörde erster Instanz darüber hinausgehend nähere zwingend erforderliche Ermittlungen zu diesen behaupteten Verhalten meinerseits nicht durchgeführt wurden, ist die Behörde erster Instanz diesbezüglich ihrer Verpflichtung zur Erforschung der materiellen Wahrheit nicht nachgekommen. Das Ermittlungsverfahren ist in entscheidungswichtigen Punkten diesbezüglich unzulänglich geblieben, sodass jedenfalls eine Verfahrensmangelhaftigkeit vorliegt. Lediglich dann, wenn von der Behörde erster Instanz konkret Feststellungen aufgrund durchgeführter Ermittlungen (Feststellungen zur Geschwindigkeit, Bremsheftigkeit, Distanzen etc.) zu diesem Vorhalt getroffen worden wären, wäre eine Beurteilung, ob von mir ein Verhalten gesetzt wurde, welches im Sinne der Ansicht der Behörde erster Instanz Zweifel an meiner Verkehrszuverlässigkeit aufkommen ließe, möglich.

 

Die Behörde erster Instanz hat aber keine wie immer gearteten diesbezüglichen Ermittlungen konkret angestellt. Ich wurde ja auch gar nicht dazu konkret befragt.

 

 

 

In Zusammenschau damit, dass es dieses Vorhaltes wegen einerseits zu keinem Verwaltungsstrafverfahren gegen mich gekommen ist, andererseits auch keine konkreten Ermittlungen angestellt wurden, liegt lediglich eine unzulässige Vermutung der Behörde zu meinen Lasten vor. Diese Vermutung ist nicht geeignet, den weitreichenden behördlichen Auftrag zu tragen.

 

 

 

Ich stelle daher die

 

 

 

ANTRÄGE

 

 

 

die Berufungsbehörde möge in Stattgabe meiner Berufung

 

1. eine mündliche Berufungsverhandlung anberaumen

 

2. den angefochtenen Bescheid ersatzlos beheben und das Verwaltungsverfahren einstellen.

 

 

 

Linz, 1. Juni 2012/HB                                                                                  X."

 

 

 

 

3. Der Verfahrensakt wurde dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Dieser hat demnach durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 Z2 AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war einerseits ob des gesonderten Antrages als auch im Sinne der unmittelbaren Darstellung der medizinisch zu beurteilenden Faktenlage erforderlich (§ 67d AVG).

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verwaltungsakt mit den darin erliegenden Gutachten. Ferner durch Anhörung des Meldungslegers als Auskunftsperson zu den Anzeigefakten, der Anhörung des  Berufungswerbers, insbesondere betreffend der Motive seiner Verhaltensauffälligkeiten, der Anhörung der Amtsärztin zu der in ihrem Aktenvermerk zum Ausdruck gebrachten Fachmeinung und zuletzt durch Erörterung der verkehrspsychologischen Stellungnahme vom 28.1.2012 durch die Verkehrspsychologin Mag. Dr. X.

Sowohl der Berufungswerber als auch der Sachbearbeiter der Behörde erster Instanz nahm an der Berufungsverhandlung teil.

 

 

 

 

4. Sachverhalt gemäß der Aktenlage der Behörde erster Instanz:

Den Ausgangspunkt dieses Verfahrens begründete eine Anzeige eines Bediensteten der Postbusgarage Freistadt, vom 22.9.2011 um 08:32 Uhr, wonach am X in Freistadt vorwiegend in den Nachmittagsstunden der Lenker des weißen Kastenwagens mit dem Kennzeichen X provokant auf der Busspur auf- und ab gefahren sei,  wobei dieser Lenker laut Anzeige auch schon einmal absichtlich auf wartende Kinder zugefahren sei und dann stark abgebremst habe.

Eine Rückfrage des erhebenden Beamten auf der Polizeiinspektion Freistadt führte demnach zum Ergebnis, dass sich bereits mehrere Postbuslenker beschwert hätten, da der Lenker mit dem weißen Opel Vivaro  mit dem oben bezeichneten Kennzeichen, oftmals am X im Fahrverbot negativ aufgefallen sein soll. Konkret habe der Postbuslenker X der Polizei zwei Vorfälle geschildert.

Dieser Postbuslenker wurde noch am Anzeigetag um 11:40 Uhr auf der PI Freistadt zum Anzeigesachverhalt befragt.

Am 20.9.2011 um 14.05 Uhr ist  X laut dessen Angaben vor der Polizei mit dem 15 m langen Postbus  von der B 310 kommend zum X gefahren und ist dort am xplatz rechts zu den Busspuren eingebogen. Er wollte von dort zur letzten Haltestelle vor der xstraße an der linken Seite zufahren. Da schon bei der Hälfte der Haltestellen ein Postbus gestanden ist und Schüler eingestiegen sind und an der rechten Seite ein weißer Opel Kastenwagen in Richtung zur B310 (Aufschrift X) stand,  war zu  wenig Platz um durchzufahren. Er fuhr mit dem Postbus jedoch soweit vor, dass sich die vordere rechte Tür des Postbusses etwa auf Höhe der Fahrertür des weißen Opel Kastenwagen befand. Er ersuchte durch die geöffnete Bustür den Lenker des Kastenwagens, an dessen Beifahrerseite das Fenster heruntergekurbelt war,  wegzufahren,  damit er – X - mit dem Bus durchfahren könne. Dabei machte der Busfahrer unterstützend eine Handbewegung bzw. deutete dabei,  der Lenker des weißen Kastenwagens möge wegfahren.

Der Lenker des Kastenwagens zeigte ihm jedoch sofort den Stinkefinger. An der Beifahrerseite saß ein kleinerer Bursche, vermeintlich türkischer Abstammung,  der ihm ebenfalls den Stinkefinger zeigte und mit erhobener Faust in seine Richtung drohte. Gleichzeitig schleuderte der Lenker des Kastenwagen einen Gegenstand vom Fahrzeug heraus durch die geöffnete Tür in den Postbus.  Es dürfte sich dabei um einen Kugelschreiber oder Teil eines Kugelschreibers gehandelt haben. Der Lenker des Kastenwagens fuhr nicht weg. X konnte seine Fahrt erst fortsetzen nachdem der im Postbushaltestellenbereich gestandene Postbus weggefahren war.

 

Im Zuge einer weiteren Überwachung des Stifterplatzes am 23.9.2011 durch Bezlnsp X und Grlnsp X konnte x in der Zeit von 07:40 bis 08:10 Uhr am xplatz ohne Fahrzeug angetroffen werden.

Er wurde von Gl X anschließend auf der PI Freistadt zu den Vorwürfen befragt.

Dazu gab der Berufungswerber sinngemäß an, dass er mit dem Opel Vivaro öfters den X im Bereich des Fahrverbotes durchfahre und er in diesem Bereich in der Nähe der öffentlichen WC-Anlage stehen bleibe.

Er sei sich jedoch nicht sicher, ob er sich am 20.9.2011 um 14:05 Uhr am X aufgehalten habe; er glaube, dass er an diesem Tag und um diese Zeit in Linz gewesen sei. Er könne sich allerdings schon erinnern,  dass er einem Postbuslenker den Stinkefinger und das Arschloch gezeigt habe. Dies habe aber sein Beifahrer auch gemacht, dessen Namen er nicht nennen wollte.  Er sei aber kurze Zeit später mit dem Opel Vivaro weggefahren damit der Postbus weiterfahren habe können.

Wegen der Sache mit dem Mädchen, auf dass er mit dem Auto etwas forscher zugefahren sei und dann stärker abgebremst habe,  gab er (X) an, dass dies stimme. Dies habe er aus Spaß gemacht. Dieses Mädchen kenne er allerdings gut und dieses habe sich sicherlich nicht gefürchtet. Dass das Mädchen sich seitlich an dem von ihm gelenkten Bus festgehalten habe und er mit dem Opel-Bus dann ein Stück gefahren sei, stimme jedoch nicht. Auch glaube er,  dass er am 14. und 15.9.2011 um 16.25 Uhr in Linz gewesen sei.

Auf die Frage, warum er solche Aktionen, wie im Fahrverbot zu fahren oder dem Postbuslenker den Stinkefinger zu zeigen, mache, habe x angegeben,  dass er sich nur einen Spaß erlaubt hätte.  Ernst habe er das eh nicht gemeint.

 

Hinsichtlich der Person des Berufungswerbers scheinen lt. Verfahrensakt im Bezirk Freistadt innerhalb 1 Jahres und zwar im Zeitraum zwischen 19.10.2010 und 19.10.2011 insgesamt 15 VStV-Anzeigen auf.

3 Anzeigen wegen Ordnungsstörung,

8 Anzeigen wegen StVO,

3 Anzeigen wegen KFG,

1 Anzeige nach dem Paßgesetz.

Des weiteren scheinen im selben Zeitraum

6 Anzeigen an die Staatsanwaltschaft Linz wegen

3 Sachbeschädigungen, 1 Nötigung,

4 Körperverletzungen, 1 Gefährliche Drohung u

1 Widerstand gegen die Staatsgewalt auf.

Einige Anzeigen davon sind noch wegen Erhebungen in Bearbeitung. Im selben Zeitraum scheinen weiters 3 Aktenvermerke wegen polizeilichem Einschreiten betreffend verbaler und tätlicher Auseinandersetzungen zwischen X und anderen Personen auf.

Nicht selten zeigte sich X bei diversen Amtshandlungen provokant und unbelehrbar.

Aus diesem Grund wurde seitens der Polizeiinspektion Freistadt die Behörde erster Instanz um Überprüfung der Verkehrszuverlässigkeit betreffend X ersucht.

 

 

4.1. Aus diesem Anlass hat die Behörde erster Instanz am 20.12.2011 an den Berufungswerber per Aufforderungsbescheid "zwecks Erstellung eines amtsärztlichen Gutachtens die Beibringung einer verkehrspsychologische Stellungnahme" angeordnet.

Der Berufungswerber unterzog sich folglich am 27.1.2012 einer verkehrspsychologischen Untersuchung (Institut X in X).

Dieses erbrachte bei der Überprüfung kraftfahrspezifischer Leistungsparameter bei einer normentsprechenden Fähigkeit im logisch analytischen Denken in allen untersuchten Bereichen durchschnittliche Ergebnisse. Die  kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit entsprach somit den Anforderungen im Sinne der Fragestellung.

Eignungseinschränkenden Charakter erbrachte  jedoch die Befundlage zur Persönlichkeit.

Unter Verweis auf die – wie sich im Rahmen der Berufungsverhandlung herausstellte unvollständige -  Vorgeschichte wurde ein mangelndes Norm- und Rechtsempfinden schlussgefolgert sowie ein unbekümmerter und wenig gefahrenbewusster Umgang im Straßenverkehr geortet.

Der Berufungswerber zeigte sich zum Untersuchungszeitpunkt reflektiert, kritisch und problembewusst und  um eine Veränderung seines verkehrsauffälligen Problemverhaltens bemüht.

Die Verkehrspsychologin meinte zusammenfassend, es wäre davon auszugehen, dass der Untersuchte aus den negativen Konsequenzen seines Fehlverhaltens gelernt hätte und künftige Auffälligkeiten mit der nötigen Sicherheit vermeiden können würde.

In Verbindung mit der beruflichen Notwendigkeit des Führerscheins könne auch von einer hohen Motivation zur Aufrechterhaltung der gegenwärtig gefassten Vorsätze ausgegangen werden.

Dennoch könne aufgrund der zahlreichen Delikte innerhalb von zwei Jahren keine endgültig positive Prognose gestellt werden.

Es wurde eine "weitere Verlängerung der Probezeit empfohlen" um eine längerfristige risikoarme Verkehrsteilnahme ausreichend sicher erwarten zu können.

Da aufgrund der zahlreichen Delikte im Straßenverkehr ein grundlegender Kenntnismangel der Straßenverkehrsordnung (viermaliges Versagen bei der theoretischen Lenkerprüfung) nicht ausgeschlossen werden könne, erschien den Gutachterinnen auch  eine Beobachtungsfahrt indiziert, um potenzielle Mängel zu reflektieren und bei Bedarf korrigieren zu können.

Zudem wurde aus verkehrspsychologischer Sicht eine Nachschulung für verkehrsauffällige Kraftfahrer zur Förderung der weiteren kritischen Reflexion eines unauffälligen Verhaltens im Straßenverkehr angeraten.

Abschließend wurde dem Berufungswerber aus verkehrspsychologischer Sicht zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Führerscheingruppe 1, Klasse B eine "bedingte Eignung" ausgesprochen.

 

Schließlich wurde unter der Vorraussetzung einer positiv absolvierten Beobachtungsfahrt, bei der grundlegende Mängel im Fahrzeughandling und mangelnde Kenntnisse der Straßenverkehrsordnung ausschließen zu können, die Aufrechterhaltung der Lenkberechtigung befürwortet. Diese Beobachtungsfahrt sei unabhängig von der im empfohlenen Nachschulungskurs vorgeschriebenen "Fahrprobe" zu sehen. Zudem solle die Aufrechterhaltung der Lenkberechtigung von einer eindeutigen Bewährung im Straßenverkehr abhängig gemacht werden.

 

Wie sich in der Folge im Berufungsverfahren herausstellen sollte, lagen der VPU-Gutachtens-Basis entscheidende beurteilungswesentliche Fakten zur Verhaltensvorgeschichte, insbesondere was die Zahl der verkehrsrelevanten Regelverstöße und die  zur Verurteilung führenden strafbaren Handlungen des Berufungswerbers anlangt, nicht vor.

 

 

 

4.2. Die Amtsärztin erstattete dazu im Rahmen eines Aktenvermerks vom 3.4.2012, GZ: San20-2-445-2012 eine gutachterliche Stellungnahme.

Darin wird eingangs auf die Anzeigen wegen Aggressionsdelikte und die VPU und die dort vertretene Fachmeinung verwiesen. Der Amtsärztin erschien daher ebenfalls eine Beobachtungsfahrt notwendig, um potentielle Mängel zu reflektieren und bei Bedarf korrigieren zu können.

Sie ersuchte die Behörde - nachdem dies keine medizinische Fragestellung darstellt - um entsprechende Veranlassung. Ebenfalls verwies die Amtsärztin auf die Nachschulungsempfehlung der Verkehrspsychologinnen zur Förderung der weiteren kritischen Reflexion eines unauffälligen Verhaltens im Straßenverkehr.

Aus amtsärztlicher Sicht sei auf Grund der gegebenen Faktenlage vorerst eine psychiatrische Abklärung veranlasst worden, ob psychiatrische Auffälligkeiten vorliegen. Sollten welche vorliegen wäre in weiterer Folge die Beibringung einer psychiatrischen Stellungnahme aufzutragen.

 

 

 

5. Beweisaufnahme u. Beweiswürdigung des Unabhängigen Verwaltungssenates:

Anlässlich der Berufungsverhandlung legt der Vertreter der Behörde erster Instanz einen Protokoll- u. Urteilsvermerk des LG Linz, v. 15.11.2011, GZ: 25 Hv 118/11 g vor (Beilage ./1).

Daraus geht eine rechtskräftige Verurteilung wegen des Vergehens der Körperverletzung (§ 83 Abs.1 StGB), der versuchten Nötigung (§ 15 Abs.1, § 105 Abs.1), des Vergehens der Sachbeschädigung (§ 125 StGB), des Vergehens des versuchten Widerstandes (§ 15 Abs.1, § 269 StGB) und des Vergehens der gefährlichen Drohung (§ 107 Abs.1 StGB) hervor.

Der Berufungswerber wurde wegen der am 25.9.2011 und idZ vom 3.9.2011 bis 4.9.2011 begangenen Vergehen zu fünf Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Die Strafe wurde unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.  Die bedingte Strafnachsicht zu 25 Hv 102/10b wurde widerrufen. Als straferschwerend wurde das Zusammentreffen von 5 Vergehen und eine einschlägige Vorstrafe gewertet. Mildernd gewertet wurde, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist, das Alter unter 21 und das Geständnis.

Der ebenfalls von der Behörde erster Instanz vorgelegte Aktenvermerk (Beilage ./2) ist im Grunde unbeachtlich, weil dieser sich offenbar auf den Vorfall bezieht zu welchem die obige Verurteilung erfolgte. Im Zuge der Festnahme soll der Berufungswerber zu den einschreitenden Beamten gesagt haben, Waun i di alloni dawisch, drah i di hoam, du Oarschwichser du."

Der Berufungswerber legt eine Kursbestätigung über den Abschluss einer Nachschulung für verkehrsauffällige Fahranfänger (Probezeit) vom 2.7.2012 vor (Beilage ./3).

Die Behörde erster Instanz legte abschließend noch eine Anzeige vom 19.9.2011, GZ: Sich96-182-2011 vor. Diese bezieht sich auf einen Vorfall vom 15.8.2011, 01:40 Uhr hinsichtlich einer Ordnungsstörung. Dabei soll der Berufungswerber in Freistadt Fußgängern eine Ohrfeige versetzt haben (Beilage ./4).

Gemäß dem ebenfalls von der Behörde erster Instanz vorgelegten Vormerkregisterauszug sind vom Berufungswerber seit dem Jahr 2007 insgesamt 43 rechtskräftig vorgemerkte Verstöße verzeichnet. Diese beziehen sich überwiegend  auf  StVO- und KFG-Delikte.

 

 

 

5.1. Eingangs ist festzuhalten, dass im Rahmen der Behandlungsvorbereitung mit dem Rechtsvertreter über die Notwendigkeit der Beiziehung der Verkehrspsychologin zur Berufungsverhandlung und die Kostentragungspflichten für die Partei im Administrativverfahren Rücksprache gehalten wurde. Der Berufungswerbervertreter erklärte das Einverständnis zur Übernahme der diesbezüglichen Gutachterkosten.

In Vermeidung eines zusätzlichen Verfahrensaufwandes sollten die Gutachterkosten mit dem in der Sache ergehenden Bescheid vorgeschrieben werden. Da dies gemäß der Rechtslage jedoch erst nach Entrichtung derselben zulässig ist, musste mit der Bescheidausfertigung bis dahin zugewartet werden.

 

Der als Auskunftsperson anlässlich Berufungsverhandlung gehörte GrInsp. X attestiert dem Berufungswerber in der letzten Zeit ein unauffälliges Verhalten. Er selbst habe mit ihm nie ein Problem gehabt. Er kenne ihn durch Einvernahmen und die Bezahlung von Organmandatsstrafen. Der Meldungsleger habe ihn auch zu seinen zahlreichen Fehlverhalten und der damit einhergegangenen Strafen befragt, worauf der Berufungswerber sinngemäß vermeint hätte, dass ihm die Strafen eigentlich egal wären. Ebenfalls habe er dem Berufungswerber gegenüber klargestellt, dass es künftighin bei weiteren Verstößen seitens der Polizei nur mehr mit Anzeigen gegen ihn vorgegangen werden könne.

 

Der Berufungswerber selbst nimmt an der Berufungsverhandlung eher emotionslos teil. Fragen der Psychologin vermag er erst nach mehrmaliger Fragenpräzisierung, dann aber auch nur vage zu beantworten. Insgesamt lässt sich seine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Verfahrensgegenstand auf den von ihm kommenden Hinweis reduzieren, dass es ihm selbst weh täte wenn er jemand anderem Leid zufügen würde. Er bekundet dies mit einer zwischenzeitig vollzogenen Verhaltenseinstellung und Einsicht seiner Fehlverhalten.

 

Im Rahmen der Berufungsverhandlung stellte sich nach der Urkundenvorlage (Beilage ./1 bis ./4) die Vorgeschichte des Berufungswerbers noch deutlich negativer und die Regelverstöße gegen rechtlich geschützte Werte noch krasser dar, als dies auf Basis der vom Berufungswerber angegebenen Fakten im Rahmen der verkehrspsychologischen Untersuchung dem fachlichen Kalkül in der verkehrspsychologischen Stellungnahme am 28.1.2012 eingeflossen ist. Dabei wurde seitens der Verkehrspsychologin insbesondere auf die offenkundige Gewaltbereitschaft des Berufungswerbers verwiesen, insbesondere auch die diesbezüglich bereits mehrfachen strafgerichtlichen Verurteilungen.

Die Verkehrs- und Fachpsychologin für Klinische u. Gesundheitspsychologie, Frau Mag. Dr. X gelangt auf Grund der bisher nicht bekannten Fakten zum Ergebnis das ursprüngliche Kalkül der bedingten Eignung zurücknehmen zu müssen und sieht ein starkes Indiz in Richtung einer beim Berufungswerber vorliegenden Persönlichkeits- u. Entwicklungsstörung nach ICD-10, Diagnose F6. Sie zeigt in ausführlicher Begründung beim Berufungswerber Mängel im Erkennen von Normen und Konventionen auf. Die Verhaltensunauffälligkeit von zwischenzeitig etwa einem halben Jahr wird von Mag. Dr. X für eine relevante Verhaltensänderungsprognose als viel zu kurz dargestellt. Die vom Berufungswerber bekundete Verhaltensänderung wir aus psychologischer Sicht als extrenistisch – auf den Behalt der Lenkberechtigung zielend – motiviert dargestellt. Die Amtsärztin vermeint als Hintergrund für sein Verhalten ebenfalls eine Impulskontrollstörung zu sehen, welche nicht bloß mit jugendlicher Unreife erklärt werden könne.

 

Diese Schlussfolgerungen scheinen dem Unabhängigen Verwaltungssenat nachvollziehbar und schlüssig dargelegt.

Der Berufungswerber wusste etwa auf die Frage der Anzahl seiner gerichtlichen Verurteilungen vorerst keine und nach mehrmaligem erklärenden Nachfragen nur ungefähr anzugeben wie oft es zu Verurteilungen seinerseits gekommen ist und wie viele Anzeigen gegen ihn etwa anhängig gemacht wurden. Die Gutachterin erschließt daraus in entsprechender fachlicher Untermauerung die verdichtete Wahrscheinlichkeit einer Persönlichkeits- u. Verhaltensstörung, welche es abzuklären gelte.

Die psychologische Gutachterin weist in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass der Berufungswerber seine Verhaltensgesichte im Rahmen der Exploration nur sehr lückenhaft, beschönigend und nicht selbstkritisch, sondern im Ergebnis letztlich offenbar nur "sanktionsvermeidend" dargestellt habe. Selbst daraus sei schon der Schluss auf sein geringes Problembewusstsein und eher verharmlosende und bagatellisierende Darstellung zu ziehen gewesen. Auf Grund der zahlreichen Delikte wurde ebenfalls schon damals unter Hinweis auf das viermalige Versagen bei der Fahrprüfung, auch auf einen geringen Kenntnisstand der StVO-Vorschriften verwiesen worden. Im Gutachten haben angesichts der fehlenden Information über die gesamte Faktenlage manche Punkte nicht hinreichend beurteilt werden können. Mit dem jetzigen Kenntnisstand, so die Psychologin zusammenfassend sei die Eignungsfrage negativ zu beurteilen bzw. ist der Status einer von der Psychologin als wahrscheinlich bezeichneten Persönlichkeits- u. Verhaltensstörung (ICD-10, Verdacht auf Diagnose F6)  psychiatrisch abzuklären um dann weiter zu sehen.

Die Verkehrspsychologin meinte schließlich zusammenfassend, dass hier  nicht nur die Frage der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung, sondern die Vielzahl der Übertretungen darüber hinaus auch den Schluss auf eine mangelhafte Kenntnis der Verkehrsvorschriften zulasse. Ob sich letztlich der Berufungswerber zur Frage der Zahl der ihm von der Psychologin vorgehaltenen Vorfälle nicht äußern konnte oder bloß nicht äußern wollte, kann letztlich nicht mit Sicherheit geklärt gelten. Für die Beurteilung ob begründeten Bedenken an den gesundheitlichen Eignungsvoraussetzungen bestehen ist dies aber unbeachtlich.

Die Amtsärztin weist abermals auf die Notwendigkeit einer psychiatrischen Abklärung der Indizien einer Persönlichkeits- u. Verhaltensstörung, für ihre Beurteilungsmöglichkeit der gesundheitlichen Eignungsfrage hin. Sie schloss sich dabei grundsätzlich der diesbezüglichen Fachmeinung der Verkehrspsychologin an und hält ebenfalls das Krankheitsbild einer "Persönlichkeits- u. Verhaltensstörung" für wahrscheinlich. Die krasse Auffälligkeit des Berufungswerbers selbst untermauert dies auch nach Überzeugung des Unabhängigen Verwaltungssenates sehr eindrucksvoll.

Zur Frage der fachlichen Qualifikation konnte die Amtsärztin nicht Stellung nehmen, weil dies laut ihrer Darstellung nicht in den medizinischen Beurteilungsbereich falle.

 

 

 

5.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat gelangt daher ebenfalls zur Überzeugung, dass, neben den insgesamt 43 Verwaltungsvormerkungen, insbesondere die zeitlich nicht weit zurückliegenden Verhaltensweisen des Berufungswerbers – das Zufahren auf ein Kind um dieses angeblich "bloß aus Spaß" zu erschrecken, einem Linienbuslenker sichtlich ohne Not die Zufahrt zum Parkplatz zu verweigern und ihm sein Begehren auch noch durch eine verächtliche Geste zu erwidern, das offenkundig von einer niedrigen Hemmschwelle begleitete Einschlagen auf einen Menschen, die gegen diesen ausgesprochene gefährliche Drohung, die Sachbeschädigung aber auch die Gewaltandrohung gegenüber einschreitenden Beamten am 15.8.2011 – die Eignungsbedenken begründen. All dies sind erheblich von sozialen Verhaltensnormen abweichende Verhaltensmuster, die keinen vernünftigen Zweifel an einer mangelhaften Verkehrspassungsbereitschaft oder die Fähigkeit dazu offen lassen.

Das strafgerichtliche Verurteilungen an sich noch nicht zwingend solche Zweifel aufkommen lassen müssen, übersieht dabei der Unabhängige Verwaltungssenat dabei keineswegs. Vielmehr ist es hier sowohl die Quantität als auch die Qualität der Regelverstöße, welche hier die (abzuklärende) Frage nach den Ursachen und Heilungsmöglichkeiten derselben aufwirft.

Die der amtsärztlichen Empfehlung zu Grunde liegenden Fakten sind, wie oben bereits ausgeführt, insbesondere vor dem Hintergrund der zahlreichen und teils gravierenden Verhaltensauffälligkeiten des Berufungswerbers im Straßenverkehr und in der sozialschädlichen Verhaltensweisen, selbst für einen Laien durchaus logisch. Alleine daraus ist mit Blick auf das Gebot der Verkehrssicherheit eine psychiatrische Abklärung der Ursachen für diese Verkehrsauffälligkeit dringend geboten (vgl. VwGH 23. April 2002, 2001/11/0009).

Im internationalen Diagnoseschema zu psychischen Erkrankungen, ICD-10 F6, wird als Persönlichkeits- u. Verhaltensstörung etwa auch ein amnestisches Syndrom (d.h. Merkfähigkeitsstörung) definiert.  Venzlaff / Foerster, im Handbuch der psychiatrischen Begutachtung, 4. Auflage,  Seite 69 ff, beschreibt  die "Persönlichkeits- u. Verhaltensstörung" u.a. auch als Ausprägung von Persönlichkeitszuständen die erhebliche Mängel in der sozialen Anpassung hervorrufen.

Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen werden  in der  Fachliteratur auch als eine tief verwurzelte, anhaltende, stabile und von der Mehrheit der Bevölkerung deutlich abweichende Reaktionen bezüglich Wahrnehmung, Denken, Fühlen, Verhalten und Sozialkontakten, in Verbindung mit unterschiedlich stark ausgeprägtem Leidensdruck und gestörter sozialer Funktionsfähigkeit beschrieben. Die gestörte Persönlichkeitsentwicklung wird meist als in der späten Kindheit oder Jugendzeit beginnend und bis in das Erwachsenenalter anhaltend dargestellt. Das Erscheinungsbild ist nicht Folge einer Erkrankung des Gehirns oder einer psychischen Störung (dies wäre „Persönlichkeitsveränderung“). Von der Definition her ist ein wesentlicher Persönlichkeitswandel nicht oder nur schwer möglich, eine Psychotherapie kann jedoch helfen, besser mit der jeweiligen Wesensart zurechtzukommen (Dr. Hans Morschitzky, Klinischer Psychologe, Psychotherapeut; Quelle: http://www.panikattacken.at/ICD-10/).

 

 

5.2.1. Wenn sich der Berufungswerber während der letzten Monate wohl verhalten hat, beantwortet dies laut Verkehrspsychologin jedenfalls nicht, inwieweit diese Defizite in einem Mangel an Wollen (Gleichgültigkeit zu rechtlich geschützten Werten) oder des Mangels an einem "Wohlverhaltenkönnen" (auf Grund eines Krankheitsbildes) ihre Ursache(n) haben. Eine diesbezügliche psychiatrische Abklärung erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat im Rahmen der Würdigung der Fachmeinungen (Verkehrspsychologin und Amtsärztin) im Ergebnis als zwingend.

Nicht zuletzt verweist selbst der Rechtsvertreter in seinem Rechtsmittel auf Seite 3 Punkt 1., dass etwa im Falle einer "Vorgeschichte oder wenn sich bei einer Untersuchung der Verdacht einer psychischen Erkrankung ergibt" die Vorgehensweise nach § 24 Abs.4 FSG indiziert sei.

 

5.3. Nicht in logischer Beziehung zu dieser Ausgangslage erachtet jedoch der Unabhängige Verwaltungssenat, auch das fachliche Können des Berufungswerbers mit einer im Sinne des § 24 Abs.4 FSG erforderlichen "Begründetheit" in Frage gestellt sehen zu können.

Nicht bloß dem Ergebnis des vorzulegenden psychiatrischen Gutachtens, sondern auch dem darauf zu stützenden Kalkül Amtsärztin würde vorgegriffen, würde bereits in diesem Verfahrenstadium dem Berufungswerber auch noch eine volle Fahrprüfung auferlegt werden, um seine fachliche Befähigung abermals nachweisen zu müssen. Da der Berufungswerber – wenn auch erst im vierten Anlauf -  einerseits  diese Befähigung bereits nachgewiesen hat und er darüber hinaus auf eine überdurchschnittliche Fahrpraxis verweisen kann, sieht es die Berufungsinstanz im Gegensatz zur Behörde erster Instanz, der Verkehrspsychologin und der Amtsärztin, einen fachlichen Eignungsmangel gegenwärtig (noch) nicht ausreichend sachlich begründet.

Sollte jedoch das beizubringende  psychiatrische Gutachten Indizien auch für diesen Mangel aufzeigen, wäre dies im Rahmen des amtsärztlichen Endgutachtens entsprechend schlüssig zu begründen.

Gefahr in Verzug sah und sieht offenbar auch die Behörde erster Instanz nicht, welche immerhin eine Frist von drei Monaten bis zur Vorlage der genannten Nachweise einräumte. Auch die Berufungsbehörde sieht eine solche Gefahr nicht, sodass bis zur Abklärung des Umfanges der von der Verkehrspsychologin und der Amtsärztin  vermuteten und auch von der Berufungsinstanz geteilten, begründeten Indizienlage hinsichtlich einer möglicher Weise eignungsausschließenden Persönlichkeits- u. Verhaltensstörung. Von der Anordnung einer Fahrprüfung ist jedoch mit Blick auf das Sachlichkeitsgebot und Übermaßverbot   zumindest gegenwärtig abzusehen.

 

6. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Nach § 3 Abs.1 FSG gilt als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse im Sinn des § 8 FSG gesundheitlich geeignet, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften

     1. die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt,

     ...

Kraftfahrzeuglenker müssen die für ihre Gruppe erforderlichen gesundheitlichen Voraussetzungen gemäß den nachfolgenden Bestimmungen erfüllen. Um die gesundheitliche Eignung nachzuweisen, ist der Behörde ein ärztliches Gutachten gemäß § 8 Abs. 1 oder 2 FSG vorzulegen.

     ...

Abs.3 leg.cit: Ergibt sich aus der Vorgeschichte oder anlässlich der Untersuchung der Verdacht auf das Vorliegen eines Zustandes, der die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen einschränken oder ausschließen würde, so ist gegebenenfalls die Vorlage allfälliger fachärztlicher oder verkehrspsychologischer Stellungnahmen zu verlangen. Diese Stellungnahmen sind bei der Gesamtbeurteilung zu berücksichtigen und im Gutachten in geeigneter Weise zu bewerten, wobei die zusätzlichen Risiken und Gefahren, die mit den Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 verbunden sind, besonders zu berücksichtigen sind.

 

 

6.1. Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs sind für einen Aufforderungsbescheid nach § 24 Abs.4 FSG jedenfalls begründete Bedenken in der Richtung notwendig, dass der Inhaber der Lenkerberechtigung die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen derjenigen Klassen, die von seiner Lenkberechtigung erfasst werden, nicht mehr besitzt. Es müssen hiefür zwar nicht Umstände vorliegen, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen einer Erteilungsvoraussetzung geschlossen werden kann, es müssen aber genügend begründete Bedenken in dieser Richtung bestehen, die die Überprüfung des Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen lassen (vgl. hiezu VwGH vom 25.5.2005, 2004/11/0016 und andere). Hiefür spricht auch der klare Wortlaut des § 24 Abs.4 1. Satz FSG, dessen Inhalt besagt, dass zu prüfen ist, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind. Diese Formulierung setzt jedenfalls ein aktuelles Ereignis voraus, das begründete Bedenken hinsichtlich des Wegfalls der – im Zweifel jedenfalls vorliegenden – gesundheitlichen Voraussetzungen bei der Behörde hervorruft.

Zweck des § 24 Abs.4 FSG ist ferner, die notwendige Erstellung des amtsärztlichen Gutachtens gemäß § 8 FSG zu gewährleisten, wenn Bedenken bestehen, ob die gesundheitliche Eignung des Betreffenden im Sinne des § 3 Abs.1 Z3 FSG noch gegeben ist. In einem solchen Fall ist nämlich gemäß § 24 Abs. 4 erster Satz FSG ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten - durch die Behörde - gemäß § 8 FSG einzuholen (vgl. VwGH 20. Oktober 2005, 2005/11/0158).

Eine "Formalentziehung" nach § 24 Abs.4 letzter Satz FSG wäre bereits in Fällen unzulässig, wenn der Betreffende die entsprechenden Anordnungen befolgt hat, weil damit der Zweck der Anordnungen erreicht wurde (Hinweis auf VwGH 20. Oktober 2005). Selbst ein allfälliger "negativer" Inhalt des Gutachtens, also eine Verneinung der notwendigen gesundheitlichen Eignung, könnte eine "Formalentziehung" noch nicht rechtfertigen, weil doch der Zweck des § 24 Abs.4 letzter Satz FSG, die notwendige Erstellung des amtsärztlichen Gutachtens diesen Zweck erfüllt. Erst bei Vorliegen eines - schlüssig begründeten – negativen Gutachtens, das die gesundheitliche Eignung des Betreffenden verneint, würde letztlich einen Entzug der Lenkberechtigung wegen Nichtvorliegens der gesundheitlichen Eignung begründen (VwGH 15. 5. 2007, 2006/11/0233 VwSlg 17194 A/2007).

 

 

6.2. Sollte die Amtsärztin im gegenständlichen Fall für die Beurteilung der "begründeten Bedenken" an der gesundheitlichen Eignung über das psychiatrische Gutachten hinaus weitere Gutachten einfordern, müsste auch dies entsprechend schlüssig begründet werden und als Basis für eine Formalentziehung wohl auf Basis eines bekämpfbaren Bescheides angeordnet werden. Was im gegenständlichen Fall die Frage der fachlichen Befähigung anbelangt wurde von der Amtsärztin in zutreffender Weise auf den ihr nicht zufallenden Fachbereich verwiesen.

Aus verfahrensökonomischen Gründen sieht sich der Unabhängige Verwaltungssenat an dieser Stelle zum Hinweis veranlasst, dass vorläufig diesbezüglich keine begründeten Zweifel im Sinne des § 24 Abs.4 FSG gesehen werden. Widrigenfalls hätten dem Berufungswerber eine Lenkberechtigung gar nicht ausgestellt werden dürfen. Sollte er jedoch auf Grund eines Krankheitsbildes iSd § 10 FSG die fachliche Befähigung eingebüsst haben wäre dies einmal mehr in der abzuklärenden Gesundheitsebene zu verifizieren.

 

 

6.2.1. Der § 13 Abs.1 FSG-GV besagt, dass Personen betreffend psychischer Krankheiten und Behinderungen, als ausreichend frei von psychischen Krankheiten im Sinne des § 3 Abs.1 Z1 FSG gelten, bei denen keine Erscheinungsformen von solchen Krankheiten vorliegen, die eine Beeinträchtigung des Fahrverhaltens erwarten lassen. Wenn sich aus der Vorgeschichte oder bei der Untersuchung der Verdacht einer psychischen Erkrankung ergibt, der die psychische Eignung zum Lenken eines Kraftfahrzeuges einschränken oder ausschließen würde, ist eine psychiatrische fachärztliche Stellungnahme beizubringen, die die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit mitbeurteilt.

(2) Personen, bei denen

1. eine angeborene oder infolge von Krankheiten, Verletzungen oder neurochirurgischen Eingriffen erworbene schwere psychische Störung,

2. eine erhebliche geistige Behinderung,

3. ein schwerwiegender pathologischer Alterungsprozess oder

4. eine schwere persönlichkeitsbedingte Störung des Urteilsvermögens, des Verhaltens und der Anpassung besteht, darf eine Lenkberechtigung nur dann erteilt oder belassen werden, wenn das ärztliche Gutachten auf Grund einer psychiatrischen fachärztlichen Stellungnahme, in der die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit mitbeurteilt wird, die Eignung bescheinigt.

 

 

 

6.2.2. Die große Zahl der Verstöße gegen straßenpolizeiliche- und kraftfahrrechtliche Bestimmungen und die sonstigen sogar strafrechtlich sanktionierten Fehlverhalten des Berufungswerbers, insbesondere das von ihm "als Spaß" darzustellen versuchte "Zufahren" auf ein Kind  (um dieses zu erschrecken) und das Verhalten gegenüber dem Buslenker, begründet in wohl unzweifelhafter Weise die gesundheitlichen Eigungsbedenken. Wenn daher der Berufungswerber dem Buslenker, selbst wenn Letzterer ihn unfreundlich aufgefordert haben sollte  ihm die Zufahrt zum Busparkplatz ermöglichen, mit dem sogenannten "Stinkefinger" diese Aufforderung erwiderte, deutet dies in der Zusammenschau mit den sonstigen massiven Verhaltensauffälligkeiten, auf eine mit den von einem Verkehrsteilnehmer zu erwartenden Mindesterfordernissen an sozialadäquaten Verhaltensregeln nicht mehr in Einklang zu bringende Geisteshaltung hin. Ein solches Verhalten lässt demnach durchaus den begründeten Verdacht auf das Vorliegen einer psychiatrischen Auffälligkeit mit nicht ausreichender Wertehaltung und damit einer Wahrscheinlichkeit der Selbst- und Fremdgefährdung, d.h. einer fehlenden Eignung erheben, weil diese nicht mehr mit den Zielen der Anforderungen für die Teilnahme am Straßenverkehr in Einklang stehen.  Ein derartiges in der hier vorliegenden Qualität und Quantität aufgetretenes Verhaltsphänomen bedarf daher einer fachmedizinischen Abklärung um von solchen Personen allenfalls ausgehende Gefahren für die Allgemeinheit, insbesondere für andere Verkehrsteilnehmer vorzubeugen.  Ob die Ursache in einer als Krankheit zu bezeichnenden Persönlichkeits- u. Verhaltensstörung oder bloß in einem Charaktermangel gründet ist letztlich unerheblich.

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa VwGH 22. Februar 2007, 2004/11/0004, mwH) sind für die Erlassung eines Aufforderungsbescheides nach § 24 Abs. 4 FSG "begründete Bedenken" in der Richtung Voraussetzung, dass der Inhaber einer Lenkberechtigung die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen derjenigen Klassen, die von seiner Lenkberechtigung erfasst werden, nicht mehr besitzt.  Diese Voraussetzung sieht der Unabhängige Verwaltungssenat angesichts der hier evidenten gravierenden Fehlverhalten unmissverständlich gegeben.    

 

 

6.2.3. Die Notwendigkeit begründeter Bedenken und deren Inhalte – auf medizinische Fakten gestützt - lassen sich hier schon aus der vom Berufungswerber bereits vorgelegten VPU schlussfolgern, wobei die Psychologin die ihrer VPU-Stellungnahme vom 9.1.2012 zu Grunde gelegten Fakten angesichts der neuen Faktenlage, die Grundlage für ein positives Kalkül  offenbar nicht mehr gegeben sieht. Andererseits wurden auch von der Amtsärztin im Rahmen der Berufungsverhandlung die Fachmeinung der Psychologin geteilt.  Auch in der Judikatur findet die aufgetragene psychiatrische Abklärung Deckung (VwGH 13.12.2005, 2005/11/0191, sowie auch zu § 75 Abs.1 KFG 1967 z.B. VwGH 20.9.2001, 99/11/0279 mit Hinweis auf VwGH 3.7.1990, Zl. 89/11/0224 sowie VwGH 17.3.2005, 2004/11/0014).

Nicht sinnvoll scheint – wie ebenfalls oben schon dargelegt - die Verkehrsanpassungsfähigkeit oder Neigung parallel zum psychiatrischen Abklärung auch noch durch eine Fahrprüfung untermauern lassen zu wollen.

Einerseits kann bei der bestehenden überdurchschnittlichen Fahrpraxis derzeit nicht wirklich an der diesbezüglich fachlichen Fähigkeit gezweifelt werden.  Andererseits würde dem psychiatrischen Gutachten vorgegriffen und nicht zuletzt  - im Falle eines negativen Ausganges – dem Berufungswerber dadurch unnötige Kosten verursacht. Der Betroffene würde sich wohl auch hüten auch noch im Rahmen einer Prüfungsfahrt sich zu Regelverstößen der bisherigen Art hinreißen zu lassen. In diesem Punkt war daher der Aufforderungsbescheid zu beheben.

Im Rahmen dieses Verfahrens schien die aufgetragene Frist von zwei Monaten zur Beibringung eines entsprechenden Gutachtens ab Verkündung dieses Bescheides angemessen.

 

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

 

II. Die Gutachterkosten waren unter Hinweis auf die Rechtslage in Verbindung mit der diesbezüglichen Zustimmung dem Berufungswerber vorzuschreiben.  Sie werden mit Blick auf die Anreisezeit aus Ried im Innkreis und die 1 ½ Stunden im Rahmen der Berufungsverhandlung geleisteten gutachterlichen Tätigkeit jedenfalls als angemessen erachtet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. B l e i e r

Beachte:

 

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

 

VwGH vom 16. Oktober 2012, Zl.: 2012/11/0189-4

 

 

 

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