Linz, 23.07.2012
E R K E N N T N I S
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, geb. X, X, X, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. X, X, X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt, vom 11. Mai 2012, Zl. VerkR21-350-2011-GG, wegen einer Aufforderung nach § 24 Abs.4 FSG 1997, nach der am 9. Juli 2012 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:
I. Der angefochtene Bescheid wird im Punkt 1) behoben;
im Punkt 2) wird der Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, als dem Berufungswerber aufgetragen wird, binnen zwei Monaten ab Zustellung dieser Entscheidung, zur Beurteilung seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von KFZ, eine psychiatrische Stellungnahme (Gutachten) insbesondere mit Blick auf die Diagnose der Gruppe F6 (Persönlichkeits- u. Verhaltensstörung) iSd ICD-10-Kriterien, der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vorzulegen.
Dieses Erkenntnis gilt als Zuweisung zu einem psychiatrischen Gutachter.
II. Dem Berufungswerber werden als Ersatz für die von der Verkehrspsychologin für die Gutachtenserörterung im Rahmen der Berufungsverhandlung verzeichneten Kosten in Höhe von 293,50 Euro auferlegt.
Rechtsgrundlagen:
Zu I.: §§ 66 Abs.4, 67a AVG, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010; §§ 24 Abs.4 iVm 8 FSG, BGBl. I Nr. 120/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2010 und § 13 Abs.1 Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung - FSG-GV, BGBl. II Nr. 322/1997, zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 280/2011.
Zu II.: § 76 Abs.1 AVG
Entscheidungsgründe:
1.1. Begründend führte die Behörde erster Instanz folgendes aus:
2. Dem tritt die Rechtsvertreterschaft des Berufungswerbers in der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung mit folgenden Ausführungen entgegen:
3. Der Verfahrensakt wurde dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Dieser hat demnach durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 Z2 AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war einerseits ob des gesonderten Antrages als auch im Sinne der unmittelbaren Darstellung der medizinisch zu beurteilenden Faktenlage erforderlich (§ 67d AVG).
Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verwaltungsakt mit den darin erliegenden Gutachten. Ferner durch Anhörung des Meldungslegers als Auskunftsperson zu den Anzeigefakten, der Anhörung des Berufungswerbers, insbesondere betreffend der Motive seiner Verhaltensauffälligkeiten, der Anhörung der Amtsärztin zu der in ihrem Aktenvermerk zum Ausdruck gebrachten Fachmeinung und zuletzt durch Erörterung der verkehrspsychologischen Stellungnahme vom 28.1.2012 durch die Verkehrspsychologin Mag. Dr. X.
Sowohl der Berufungswerber als auch der Sachbearbeiter der Behörde erster Instanz nahm an der Berufungsverhandlung teil.
4. Sachverhalt gemäß der Aktenlage der Behörde erster Instanz:
Den Ausgangspunkt dieses Verfahrens begründete eine Anzeige eines Bediensteten der Postbusgarage Freistadt, vom 22.9.2011 um 08:32 Uhr, wonach am X in Freistadt vorwiegend in den Nachmittagsstunden der Lenker des weißen Kastenwagens mit dem Kennzeichen X provokant auf der Busspur auf- und ab gefahren sei, wobei dieser Lenker laut Anzeige auch schon einmal absichtlich auf wartende Kinder zugefahren sei und dann stark abgebremst habe.
Eine Rückfrage des erhebenden Beamten auf der Polizeiinspektion Freistadt führte demnach zum Ergebnis, dass sich bereits mehrere Postbuslenker beschwert hätten, da der Lenker mit dem weißen Opel Vivaro mit dem oben bezeichneten Kennzeichen, oftmals am X im Fahrverbot negativ aufgefallen sein soll. Konkret habe der Postbuslenker X der Polizei zwei Vorfälle geschildert.
Dieser Postbuslenker wurde noch am Anzeigetag um 11:40 Uhr auf der PI Freistadt zum Anzeigesachverhalt befragt.
Am 20.9.2011 um 14.05 Uhr ist X laut dessen Angaben vor der Polizei mit dem 15 m langen Postbus von der B 310 kommend zum X gefahren und ist dort am xplatz rechts zu den Busspuren eingebogen. Er wollte von dort zur letzten Haltestelle vor der xstraße an der linken Seite zufahren. Da schon bei der Hälfte der Haltestellen ein Postbus gestanden ist und Schüler eingestiegen sind und an der rechten Seite ein weißer Opel Kastenwagen in Richtung zur B310 (Aufschrift X) stand, war zu wenig Platz um durchzufahren. Er fuhr mit dem Postbus jedoch soweit vor, dass sich die vordere rechte Tür des Postbusses etwa auf Höhe der Fahrertür des weißen Opel Kastenwagen befand. Er ersuchte durch die geöffnete Bustür den Lenker des Kastenwagens, an dessen Beifahrerseite das Fenster heruntergekurbelt war, wegzufahren, damit er – X - mit dem Bus durchfahren könne. Dabei machte der Busfahrer unterstützend eine Handbewegung bzw. deutete dabei, der Lenker des weißen Kastenwagens möge wegfahren.
Der Lenker des Kastenwagens zeigte ihm jedoch sofort den Stinkefinger. An der Beifahrerseite saß ein kleinerer Bursche, vermeintlich türkischer Abstammung, der ihm ebenfalls den Stinkefinger zeigte und mit erhobener Faust in seine Richtung drohte. Gleichzeitig schleuderte der Lenker des Kastenwagen einen Gegenstand vom Fahrzeug heraus durch die geöffnete Tür in den Postbus. Es dürfte sich dabei um einen Kugelschreiber oder Teil eines Kugelschreibers gehandelt haben. Der Lenker des Kastenwagens fuhr nicht weg. X konnte seine Fahrt erst fortsetzen nachdem der im Postbushaltestellenbereich gestandene Postbus weggefahren war.
Im Zuge einer weiteren Überwachung des Stifterplatzes am 23.9.2011 durch Bezlnsp X und Grlnsp X konnte x in der Zeit von 07:40 bis 08:10 Uhr am xplatz ohne Fahrzeug angetroffen werden.
Er wurde von Gl X anschließend auf der PI Freistadt zu den Vorwürfen befragt.
Dazu gab der Berufungswerber sinngemäß an, dass er mit dem Opel Vivaro öfters den X im Bereich des Fahrverbotes durchfahre und er in diesem Bereich in der Nähe der öffentlichen WC-Anlage stehen bleibe.
Er sei sich jedoch nicht sicher, ob er sich am 20.9.2011 um 14:05 Uhr am X aufgehalten habe; er glaube, dass er an diesem Tag und um diese Zeit in Linz gewesen sei. Er könne sich allerdings schon erinnern, dass er einem Postbuslenker den Stinkefinger und das Arschloch gezeigt habe. Dies habe aber sein Beifahrer auch gemacht, dessen Namen er nicht nennen wollte. Er sei aber kurze Zeit später mit dem Opel Vivaro weggefahren damit der Postbus weiterfahren habe können.
Wegen der Sache mit dem Mädchen, auf dass er mit dem Auto etwas forscher zugefahren sei und dann stärker abgebremst habe, gab er (X) an, dass dies stimme. Dies habe er aus Spaß gemacht. Dieses Mädchen kenne er allerdings gut und dieses habe sich sicherlich nicht gefürchtet. Dass das Mädchen sich seitlich an dem von ihm gelenkten Bus festgehalten habe und er mit dem Opel-Bus dann ein Stück gefahren sei, stimme jedoch nicht. Auch glaube er, dass er am 14. und 15.9.2011 um 16.25 Uhr in Linz gewesen sei.
Auf die Frage, warum er solche Aktionen, wie im Fahrverbot zu fahren oder dem Postbuslenker den Stinkefinger zu zeigen, mache, habe x angegeben, dass er sich nur einen Spaß erlaubt hätte. Ernst habe er das eh nicht gemeint.
Hinsichtlich der Person des Berufungswerbers scheinen lt. Verfahrensakt im Bezirk Freistadt innerhalb 1 Jahres und zwar im Zeitraum zwischen 19.10.2010 und 19.10.2011 insgesamt 15 VStV-Anzeigen auf.
3 Anzeigen wegen Ordnungsstörung,
8 Anzeigen wegen StVO,
3 Anzeigen wegen KFG,
1 Anzeige nach dem Paßgesetz.
Des weiteren scheinen im selben Zeitraum
6 Anzeigen an die Staatsanwaltschaft Linz wegen
3 Sachbeschädigungen, 1 Nötigung,
4 Körperverletzungen, 1 Gefährliche Drohung u
1 Widerstand gegen die Staatsgewalt auf.
Einige Anzeigen davon sind noch wegen Erhebungen in Bearbeitung. Im selben Zeitraum scheinen weiters 3 Aktenvermerke wegen polizeilichem Einschreiten betreffend verbaler und tätlicher Auseinandersetzungen zwischen X und anderen Personen auf.
Nicht selten zeigte sich X bei diversen Amtshandlungen provokant und unbelehrbar.
Aus diesem Grund wurde seitens der Polizeiinspektion Freistadt die Behörde erster Instanz um Überprüfung der Verkehrszuverlässigkeit betreffend X ersucht.
4.1. Aus diesem Anlass hat die Behörde erster Instanz am 20.12.2011 an den Berufungswerber per Aufforderungsbescheid "zwecks Erstellung eines amtsärztlichen Gutachtens die Beibringung einer verkehrspsychologische Stellungnahme" angeordnet.
Der Berufungswerber unterzog sich folglich am 27.1.2012 einer verkehrspsychologischen Untersuchung (Institut X in X).
Dieses erbrachte bei der Überprüfung kraftfahrspezifischer Leistungsparameter bei einer normentsprechenden Fähigkeit im logisch analytischen Denken in allen untersuchten Bereichen durchschnittliche Ergebnisse. Die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit entsprach somit den Anforderungen im Sinne der Fragestellung.
Eignungseinschränkenden Charakter erbrachte jedoch die Befundlage zur Persönlichkeit.
Unter Verweis auf die – wie sich im Rahmen der Berufungsverhandlung herausstellte unvollständige - Vorgeschichte wurde ein mangelndes Norm- und Rechtsempfinden schlussgefolgert sowie ein unbekümmerter und wenig gefahrenbewusster Umgang im Straßenverkehr geortet.
Der Berufungswerber zeigte sich zum Untersuchungszeitpunkt reflektiert, kritisch und problembewusst und um eine Veränderung seines verkehrsauffälligen Problemverhaltens bemüht.
Die Verkehrspsychologin meinte zusammenfassend, es wäre davon auszugehen, dass der Untersuchte aus den negativen Konsequenzen seines Fehlverhaltens gelernt hätte und künftige Auffälligkeiten mit der nötigen Sicherheit vermeiden können würde.
In Verbindung mit der beruflichen Notwendigkeit des Führerscheins könne auch von einer hohen Motivation zur Aufrechterhaltung der gegenwärtig gefassten Vorsätze ausgegangen werden.
Dennoch könne aufgrund der zahlreichen Delikte innerhalb von zwei Jahren keine endgültig positive Prognose gestellt werden.
Es wurde eine "weitere Verlängerung der Probezeit empfohlen" um eine längerfristige risikoarme Verkehrsteilnahme ausreichend sicher erwarten zu können.
Da aufgrund der zahlreichen Delikte im Straßenverkehr ein grundlegender Kenntnismangel der Straßenverkehrsordnung (viermaliges Versagen bei der theoretischen Lenkerprüfung) nicht ausgeschlossen werden könne, erschien den Gutachterinnen auch eine Beobachtungsfahrt indiziert, um potenzielle Mängel zu reflektieren und bei Bedarf korrigieren zu können.
Zudem wurde aus verkehrspsychologischer Sicht eine Nachschulung für verkehrsauffällige Kraftfahrer zur Förderung der weiteren kritischen Reflexion eines unauffälligen Verhaltens im Straßenverkehr angeraten.
Abschließend wurde dem Berufungswerber aus verkehrspsychologischer Sicht zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Führerscheingruppe 1, Klasse B eine "bedingte Eignung" ausgesprochen.
Schließlich wurde unter der Vorraussetzung einer positiv absolvierten Beobachtungsfahrt, bei der grundlegende Mängel im Fahrzeughandling und mangelnde Kenntnisse der Straßenverkehrsordnung ausschließen zu können, die Aufrechterhaltung der Lenkberechtigung befürwortet. Diese Beobachtungsfahrt sei unabhängig von der im empfohlenen Nachschulungskurs vorgeschriebenen "Fahrprobe" zu sehen. Zudem solle die Aufrechterhaltung der Lenkberechtigung von einer eindeutigen Bewährung im Straßenverkehr abhängig gemacht werden.
Wie sich in der Folge im Berufungsverfahren herausstellen sollte, lagen der VPU-Gutachtens-Basis entscheidende beurteilungswesentliche Fakten zur Verhaltensvorgeschichte, insbesondere was die Zahl der verkehrsrelevanten Regelverstöße und die zur Verurteilung führenden strafbaren Handlungen des Berufungswerbers anlangt, nicht vor.
4.2. Die Amtsärztin erstattete dazu im Rahmen eines Aktenvermerks vom 3.4.2012, GZ: San20-2-445-2012 eine gutachterliche Stellungnahme.
Darin wird eingangs auf die Anzeigen wegen Aggressionsdelikte und die VPU und die dort vertretene Fachmeinung verwiesen. Der Amtsärztin erschien daher ebenfalls eine Beobachtungsfahrt notwendig, um potentielle Mängel zu reflektieren und bei Bedarf korrigieren zu können.
Sie ersuchte die Behörde - nachdem dies keine medizinische Fragestellung darstellt - um entsprechende Veranlassung. Ebenfalls verwies die Amtsärztin auf die Nachschulungsempfehlung der Verkehrspsychologinnen zur Förderung der weiteren kritischen Reflexion eines unauffälligen Verhaltens im Straßenverkehr.
Aus amtsärztlicher Sicht sei auf Grund der gegebenen Faktenlage vorerst eine psychiatrische Abklärung veranlasst worden, ob psychiatrische Auffälligkeiten vorliegen. Sollten welche vorliegen wäre in weiterer Folge die Beibringung einer psychiatrischen Stellungnahme aufzutragen.
5. Beweisaufnahme u. Beweiswürdigung des Unabhängigen Verwaltungssenates:
Anlässlich der Berufungsverhandlung legt der Vertreter der Behörde erster Instanz einen Protokoll- u. Urteilsvermerk des LG Linz, v. 15.11.2011, GZ: 25 Hv 118/11 g vor (Beilage ./1).
Daraus geht eine rechtskräftige Verurteilung wegen des Vergehens der Körperverletzung (§ 83 Abs.1 StGB), der versuchten Nötigung (§ 15 Abs.1, § 105 Abs.1), des Vergehens der Sachbeschädigung (§ 125 StGB), des Vergehens des versuchten Widerstandes (§ 15 Abs.1, § 269 StGB) und des Vergehens der gefährlichen Drohung (§ 107 Abs.1 StGB) hervor.
Der Berufungswerber wurde wegen der am 25.9.2011 und idZ vom 3.9.2011 bis 4.9.2011 begangenen Vergehen zu fünf Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Die Strafe wurde unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Die bedingte Strafnachsicht zu 25 Hv 102/10b wurde widerrufen. Als straferschwerend wurde das Zusammentreffen von 5 Vergehen und eine einschlägige Vorstrafe gewertet. Mildernd gewertet wurde, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist, das Alter unter 21 und das Geständnis.
Der ebenfalls von der Behörde erster Instanz vorgelegte Aktenvermerk (Beilage ./2) ist im Grunde unbeachtlich, weil dieser sich offenbar auf den Vorfall bezieht zu welchem die obige Verurteilung erfolgte. Im Zuge der Festnahme soll der Berufungswerber zu den einschreitenden Beamten gesagt haben, Waun i di alloni dawisch, drah i di hoam, du Oarschwichser du."
Der Berufungswerber legt eine Kursbestätigung über den Abschluss einer Nachschulung für verkehrsauffällige Fahranfänger (Probezeit) vom 2.7.2012 vor (Beilage ./3).
Die Behörde erster Instanz legte abschließend noch eine Anzeige vom 19.9.2011, GZ: Sich96-182-2011 vor. Diese bezieht sich auf einen Vorfall vom 15.8.2011, 01:40 Uhr hinsichtlich einer Ordnungsstörung. Dabei soll der Berufungswerber in Freistadt Fußgängern eine Ohrfeige versetzt haben (Beilage ./4).
Gemäß dem ebenfalls von der Behörde erster Instanz vorgelegten Vormerkregisterauszug sind vom Berufungswerber seit dem Jahr 2007 insgesamt 43 rechtskräftig vorgemerkte Verstöße verzeichnet. Diese beziehen sich überwiegend auf StVO- und KFG-Delikte.
5.1. Eingangs ist festzuhalten, dass im Rahmen der Behandlungsvorbereitung mit dem Rechtsvertreter über die Notwendigkeit der Beiziehung der Verkehrspsychologin zur Berufungsverhandlung und die Kostentragungspflichten für die Partei im Administrativverfahren Rücksprache gehalten wurde. Der Berufungswerbervertreter erklärte das Einverständnis zur Übernahme der diesbezüglichen Gutachterkosten.
In Vermeidung eines zusätzlichen Verfahrensaufwandes sollten die Gutachterkosten mit dem in der Sache ergehenden Bescheid vorgeschrieben werden. Da dies gemäß der Rechtslage jedoch erst nach Entrichtung derselben zulässig ist, musste mit der Bescheidausfertigung bis dahin zugewartet werden.
Der als Auskunftsperson anlässlich Berufungsverhandlung gehörte GrInsp. X attestiert dem Berufungswerber in der letzten Zeit ein unauffälliges Verhalten. Er selbst habe mit ihm nie ein Problem gehabt. Er kenne ihn durch Einvernahmen und die Bezahlung von Organmandatsstrafen. Der Meldungsleger habe ihn auch zu seinen zahlreichen Fehlverhalten und der damit einhergegangenen Strafen befragt, worauf der Berufungswerber sinngemäß vermeint hätte, dass ihm die Strafen eigentlich egal wären. Ebenfalls habe er dem Berufungswerber gegenüber klargestellt, dass es künftighin bei weiteren Verstößen seitens der Polizei nur mehr mit Anzeigen gegen ihn vorgegangen werden könne.
Der Berufungswerber selbst nimmt an der Berufungsverhandlung eher emotionslos teil. Fragen der Psychologin vermag er erst nach mehrmaliger Fragenpräzisierung, dann aber auch nur vage zu beantworten. Insgesamt lässt sich seine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Verfahrensgegenstand auf den von ihm kommenden Hinweis reduzieren, dass es ihm selbst weh täte wenn er jemand anderem Leid zufügen würde. Er bekundet dies mit einer zwischenzeitig vollzogenen Verhaltenseinstellung und Einsicht seiner Fehlverhalten.
Im Rahmen der Berufungsverhandlung stellte sich nach der Urkundenvorlage (Beilage ./1 bis ./4) die Vorgeschichte des Berufungswerbers noch deutlich negativer und die Regelverstöße gegen rechtlich geschützte Werte noch krasser dar, als dies auf Basis der vom Berufungswerber angegebenen Fakten im Rahmen der verkehrspsychologischen Untersuchung dem fachlichen Kalkül in der verkehrspsychologischen Stellungnahme am 28.1.2012 eingeflossen ist. Dabei wurde seitens der Verkehrspsychologin insbesondere auf die offenkundige Gewaltbereitschaft des Berufungswerbers verwiesen, insbesondere auch die diesbezüglich bereits mehrfachen strafgerichtlichen Verurteilungen.
Die Verkehrs- und Fachpsychologin für Klinische u. Gesundheitspsychologie, Frau Mag. Dr. X gelangt auf Grund der bisher nicht bekannten Fakten zum Ergebnis das ursprüngliche Kalkül der bedingten Eignung zurücknehmen zu müssen und sieht ein starkes Indiz in Richtung einer beim Berufungswerber vorliegenden Persönlichkeits- u. Entwicklungsstörung nach ICD-10, Diagnose F6. Sie zeigt in ausführlicher Begründung beim Berufungswerber Mängel im Erkennen von Normen und Konventionen auf. Die Verhaltensunauffälligkeit von zwischenzeitig etwa einem halben Jahr wird von Mag. Dr. X für eine relevante Verhaltensänderungsprognose als viel zu kurz dargestellt. Die vom Berufungswerber bekundete Verhaltensänderung wir aus psychologischer Sicht als extrenistisch – auf den Behalt der Lenkberechtigung zielend – motiviert dargestellt. Die Amtsärztin vermeint als Hintergrund für sein Verhalten ebenfalls eine Impulskontrollstörung zu sehen, welche nicht bloß mit jugendlicher Unreife erklärt werden könne.
Diese Schlussfolgerungen scheinen dem Unabhängigen Verwaltungssenat nachvollziehbar und schlüssig dargelegt.
Der Berufungswerber wusste etwa auf die Frage der Anzahl seiner gerichtlichen Verurteilungen vorerst keine und nach mehrmaligem erklärenden Nachfragen nur ungefähr anzugeben wie oft es zu Verurteilungen seinerseits gekommen ist und wie viele Anzeigen gegen ihn etwa anhängig gemacht wurden. Die Gutachterin erschließt daraus in entsprechender fachlicher Untermauerung die verdichtete Wahrscheinlichkeit einer Persönlichkeits- u. Verhaltensstörung, welche es abzuklären gelte.
Die psychologische Gutachterin weist in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass der Berufungswerber seine Verhaltensgesichte im Rahmen der Exploration nur sehr lückenhaft, beschönigend und nicht selbstkritisch, sondern im Ergebnis letztlich offenbar nur "sanktionsvermeidend" dargestellt habe. Selbst daraus sei schon der Schluss auf sein geringes Problembewusstsein und eher verharmlosende und bagatellisierende Darstellung zu ziehen gewesen. Auf Grund der zahlreichen Delikte wurde ebenfalls schon damals unter Hinweis auf das viermalige Versagen bei der Fahrprüfung, auch auf einen geringen Kenntnisstand der StVO-Vorschriften verwiesen worden. Im Gutachten haben angesichts der fehlenden Information über die gesamte Faktenlage manche Punkte nicht hinreichend beurteilt werden können. Mit dem jetzigen Kenntnisstand, so die Psychologin zusammenfassend sei die Eignungsfrage negativ zu beurteilen bzw. ist der Status einer von der Psychologin als wahrscheinlich bezeichneten Persönlichkeits- u. Verhaltensstörung (ICD-10, Verdacht auf Diagnose F6) psychiatrisch abzuklären um dann weiter zu sehen.
Die Verkehrspsychologin meinte schließlich zusammenfassend, dass hier nicht nur die Frage der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung, sondern die Vielzahl der Übertretungen darüber hinaus auch den Schluss auf eine mangelhafte Kenntnis der Verkehrsvorschriften zulasse. Ob sich letztlich der Berufungswerber zur Frage der Zahl der ihm von der Psychologin vorgehaltenen Vorfälle nicht äußern konnte oder bloß nicht äußern wollte, kann letztlich nicht mit Sicherheit geklärt gelten. Für die Beurteilung ob begründeten Bedenken an den gesundheitlichen Eignungsvoraussetzungen bestehen ist dies aber unbeachtlich.
Die Amtsärztin weist abermals auf die Notwendigkeit einer psychiatrischen Abklärung der Indizien einer Persönlichkeits- u. Verhaltensstörung, für ihre Beurteilungsmöglichkeit der gesundheitlichen Eignungsfrage hin. Sie schloss sich dabei grundsätzlich der diesbezüglichen Fachmeinung der Verkehrspsychologin an und hält ebenfalls das Krankheitsbild einer "Persönlichkeits- u. Verhaltensstörung" für wahrscheinlich. Die krasse Auffälligkeit des Berufungswerbers selbst untermauert dies auch nach Überzeugung des Unabhängigen Verwaltungssenates sehr eindrucksvoll.
Zur Frage der fachlichen Qualifikation konnte die Amtsärztin nicht Stellung nehmen, weil dies laut ihrer Darstellung nicht in den medizinischen Beurteilungsbereich falle.
5.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat gelangt daher ebenfalls zur Überzeugung, dass, neben den insgesamt 43 Verwaltungsvormerkungen, insbesondere die zeitlich nicht weit zurückliegenden Verhaltensweisen des Berufungswerbers – das Zufahren auf ein Kind um dieses angeblich "bloß aus Spaß" zu erschrecken, einem Linienbuslenker sichtlich ohne Not die Zufahrt zum Parkplatz zu verweigern und ihm sein Begehren auch noch durch eine verächtliche Geste zu erwidern, das offenkundig von einer niedrigen Hemmschwelle begleitete Einschlagen auf einen Menschen, die gegen diesen ausgesprochene gefährliche Drohung, die Sachbeschädigung aber auch die Gewaltandrohung gegenüber einschreitenden Beamten am 15.8.2011 – die Eignungsbedenken begründen. All dies sind erheblich von sozialen Verhaltensnormen abweichende Verhaltensmuster, die keinen vernünftigen Zweifel an einer mangelhaften Verkehrspassungsbereitschaft oder die Fähigkeit dazu offen lassen.
Das strafgerichtliche Verurteilungen an sich noch nicht zwingend solche Zweifel aufkommen lassen müssen, übersieht dabei der Unabhängige Verwaltungssenat dabei keineswegs. Vielmehr ist es hier sowohl die Quantität als auch die Qualität der Regelverstöße, welche hier die (abzuklärende) Frage nach den Ursachen und Heilungsmöglichkeiten derselben aufwirft.
Die der amtsärztlichen Empfehlung zu Grunde liegenden Fakten sind, wie oben bereits ausgeführt, insbesondere vor dem Hintergrund der zahlreichen und teils gravierenden Verhaltensauffälligkeiten des Berufungswerbers im Straßenverkehr und in der sozialschädlichen Verhaltensweisen, selbst für einen Laien durchaus logisch. Alleine daraus ist mit Blick auf das Gebot der Verkehrssicherheit eine psychiatrische Abklärung der Ursachen für diese Verkehrsauffälligkeit dringend geboten (vgl. VwGH 23. April 2002, 2001/11/0009).
Im internationalen Diagnoseschema zu psychischen Erkrankungen, ICD-10 F6, wird als Persönlichkeits- u. Verhaltensstörung etwa auch ein amnestisches Syndrom (d.h. Merkfähigkeitsstörung) definiert. Venzlaff / Foerster, im Handbuch der psychiatrischen Begutachtung, 4. Auflage, Seite 69 ff, beschreibt die "Persönlichkeits- u. Verhaltensstörung" u.a. auch als Ausprägung von Persönlichkeitszuständen die erhebliche Mängel in der sozialen Anpassung hervorrufen.
Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen werden in der Fachliteratur auch als eine tief verwurzelte, anhaltende, stabile und von der Mehrheit der Bevölkerung deutlich abweichende Reaktionen bezüglich Wahrnehmung, Denken, Fühlen, Verhalten und Sozialkontakten, in Verbindung mit unterschiedlich stark ausgeprägtem Leidensdruck und gestörter sozialer Funktionsfähigkeit beschrieben. Die gestörte Persönlichkeitsentwicklung wird meist als in der späten Kindheit oder Jugendzeit beginnend und bis in das Erwachsenenalter anhaltend dargestellt. Das Erscheinungsbild ist nicht Folge einer Erkrankung des Gehirns oder einer psychischen Störung (dies wäre „Persönlichkeitsveränderung“). Von der Definition her ist ein wesentlicher Persönlichkeitswandel nicht oder nur schwer möglich, eine Psychotherapie kann jedoch helfen, besser mit der jeweiligen Wesensart zurechtzukommen (Dr. Hans Morschitzky, Klinischer Psychologe, Psychotherapeut; Quelle: http://www.panikattacken.at/ICD-10/).
5.2.1. Wenn sich der Berufungswerber während der letzten Monate wohl verhalten hat, beantwortet dies laut Verkehrspsychologin jedenfalls nicht, inwieweit diese Defizite in einem Mangel an Wollen (Gleichgültigkeit zu rechtlich geschützten Werten) oder des Mangels an einem "Wohlverhaltenkönnen" (auf Grund eines Krankheitsbildes) ihre Ursache(n) haben. Eine diesbezügliche psychiatrische Abklärung erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat im Rahmen der Würdigung der Fachmeinungen (Verkehrspsychologin und Amtsärztin) im Ergebnis als zwingend.
Nicht zuletzt verweist selbst der Rechtsvertreter in seinem Rechtsmittel auf Seite 3 Punkt 1., dass etwa im Falle einer "Vorgeschichte oder wenn sich bei einer Untersuchung der Verdacht einer psychischen Erkrankung ergibt" die Vorgehensweise nach § 24 Abs.4 FSG indiziert sei.
5.3. Nicht in logischer Beziehung zu dieser Ausgangslage erachtet jedoch der Unabhängige Verwaltungssenat, auch das fachliche Können des Berufungswerbers mit einer im Sinne des § 24 Abs.4 FSG erforderlichen "Begründetheit" in Frage gestellt sehen zu können.
Nicht bloß dem Ergebnis des vorzulegenden psychiatrischen Gutachtens, sondern auch dem darauf zu stützenden Kalkül Amtsärztin würde vorgegriffen, würde bereits in diesem Verfahrenstadium dem Berufungswerber auch noch eine volle Fahrprüfung auferlegt werden, um seine fachliche Befähigung abermals nachweisen zu müssen. Da der Berufungswerber – wenn auch erst im vierten Anlauf - einerseits diese Befähigung bereits nachgewiesen hat und er darüber hinaus auf eine überdurchschnittliche Fahrpraxis verweisen kann, sieht es die Berufungsinstanz im Gegensatz zur Behörde erster Instanz, der Verkehrspsychologin und der Amtsärztin, einen fachlichen Eignungsmangel gegenwärtig (noch) nicht ausreichend sachlich begründet.
Sollte jedoch das beizubringende psychiatrische Gutachten Indizien auch für diesen Mangel aufzeigen, wäre dies im Rahmen des amtsärztlichen Endgutachtens entsprechend schlüssig zu begründen.
Gefahr in Verzug sah und sieht offenbar auch die Behörde erster Instanz nicht, welche immerhin eine Frist von drei Monaten bis zur Vorlage der genannten Nachweise einräumte. Auch die Berufungsbehörde sieht eine solche Gefahr nicht, sodass bis zur Abklärung des Umfanges der von der Verkehrspsychologin und der Amtsärztin vermuteten und auch von der Berufungsinstanz geteilten, begründeten Indizienlage hinsichtlich einer möglicher Weise eignungsausschließenden Persönlichkeits- u. Verhaltensstörung. Von der Anordnung einer Fahrprüfung ist jedoch mit Blick auf das Sachlichkeitsgebot und Übermaßverbot zumindest gegenwärtig abzusehen.
6. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:
Nach § 3 Abs.1 FSG gilt als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse im Sinn des § 8 FSG gesundheitlich geeignet, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften
1. die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt,
...
Kraftfahrzeuglenker müssen die für ihre Gruppe erforderlichen gesundheitlichen Voraussetzungen gemäß den nachfolgenden Bestimmungen erfüllen. Um die gesundheitliche Eignung nachzuweisen, ist der Behörde ein ärztliches Gutachten gemäß § 8 Abs. 1 oder 2 FSG vorzulegen.
...
Abs.3 leg.cit: Ergibt sich aus der Vorgeschichte oder anlässlich der Untersuchung der Verdacht auf das Vorliegen eines Zustandes, der die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen einschränken oder ausschließen würde, so ist gegebenenfalls die Vorlage allfälliger fachärztlicher oder verkehrspsychologischer Stellungnahmen zu verlangen. Diese Stellungnahmen sind bei der Gesamtbeurteilung zu berücksichtigen und im Gutachten in geeigneter Weise zu bewerten, wobei die zusätzlichen Risiken und Gefahren, die mit den Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 verbunden sind, besonders zu berücksichtigen sind.
6.1. Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs sind für einen Aufforderungsbescheid nach § 24 Abs.4 FSG jedenfalls begründete Bedenken in der Richtung notwendig, dass der Inhaber der Lenkerberechtigung die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen derjenigen Klassen, die von seiner Lenkberechtigung erfasst werden, nicht mehr besitzt. Es müssen hiefür zwar nicht Umstände vorliegen, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen einer Erteilungsvoraussetzung geschlossen werden kann, es müssen aber genügend begründete Bedenken in dieser Richtung bestehen, die die Überprüfung des Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen lassen (vgl. hiezu VwGH vom 25.5.2005, 2004/11/0016 und andere). Hiefür spricht auch der klare Wortlaut des § 24 Abs.4 1. Satz FSG, dessen Inhalt besagt, dass zu prüfen ist, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind. Diese Formulierung setzt jedenfalls ein aktuelles Ereignis voraus, das begründete Bedenken hinsichtlich des Wegfalls der – im Zweifel jedenfalls vorliegenden – gesundheitlichen Voraussetzungen bei der Behörde hervorruft.
Zweck des § 24 Abs.4 FSG ist ferner, die notwendige Erstellung des amtsärztlichen Gutachtens gemäß § 8 FSG zu gewährleisten, wenn Bedenken bestehen, ob die gesundheitliche Eignung des Betreffenden im Sinne des § 3 Abs.1 Z3 FSG noch gegeben ist. In einem solchen Fall ist nämlich gemäß § 24 Abs. 4 erster Satz FSG ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten - durch die Behörde - gemäß § 8 FSG einzuholen (vgl. VwGH 20. Oktober 2005, 2005/11/0158).
Eine "Formalentziehung" nach § 24 Abs.4 letzter Satz FSG wäre bereits in Fällen unzulässig, wenn der Betreffende die entsprechenden Anordnungen befolgt hat, weil damit der Zweck der Anordnungen erreicht wurde (Hinweis auf VwGH 20. Oktober 2005). Selbst ein allfälliger "negativer" Inhalt des Gutachtens, also eine Verneinung der notwendigen gesundheitlichen Eignung, könnte eine "Formalentziehung" noch nicht rechtfertigen, weil doch der Zweck des § 24 Abs.4 letzter Satz FSG, die notwendige Erstellung des amtsärztlichen Gutachtens diesen Zweck erfüllt. Erst bei Vorliegen eines - schlüssig begründeten – negativen Gutachtens, das die gesundheitliche Eignung des Betreffenden verneint, würde letztlich einen Entzug der Lenkberechtigung wegen Nichtvorliegens der gesundheitlichen Eignung begründen (VwGH 15. 5. 2007, 2006/11/0233 VwSlg 17194 A/2007).
6.2. Sollte die Amtsärztin im gegenständlichen Fall für die Beurteilung der "begründeten Bedenken" an der gesundheitlichen Eignung über das psychiatrische Gutachten hinaus weitere Gutachten einfordern, müsste auch dies entsprechend schlüssig begründet werden und als Basis für eine Formalentziehung wohl auf Basis eines bekämpfbaren Bescheides angeordnet werden. Was im gegenständlichen Fall die Frage der fachlichen Befähigung anbelangt wurde von der Amtsärztin in zutreffender Weise auf den ihr nicht zufallenden Fachbereich verwiesen.
Aus verfahrensökonomischen Gründen sieht sich der Unabhängige Verwaltungssenat an dieser Stelle zum Hinweis veranlasst, dass vorläufig diesbezüglich keine begründeten Zweifel im Sinne des § 24 Abs.4 FSG gesehen werden. Widrigenfalls hätten dem Berufungswerber eine Lenkberechtigung gar nicht ausgestellt werden dürfen. Sollte er jedoch auf Grund eines Krankheitsbildes iSd § 10 FSG die fachliche Befähigung eingebüsst haben wäre dies einmal mehr in der abzuklärenden Gesundheitsebene zu verifizieren.
6.2.1. Der § 13 Abs.1 FSG-GV besagt, dass Personen betreffend psychischer Krankheiten und Behinderungen, als ausreichend frei von psychischen Krankheiten im Sinne des § 3 Abs.1 Z1 FSG gelten, bei denen keine Erscheinungsformen von solchen Krankheiten vorliegen, die eine Beeinträchtigung des Fahrverhaltens erwarten lassen. Wenn sich aus der Vorgeschichte oder bei der Untersuchung der Verdacht einer psychischen Erkrankung ergibt, der die psychische Eignung zum Lenken eines Kraftfahrzeuges einschränken oder ausschließen würde, ist eine psychiatrische fachärztliche Stellungnahme beizubringen, die die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit mitbeurteilt.
(2) Personen, bei denen
1. eine angeborene oder infolge von Krankheiten, Verletzungen oder neurochirurgischen Eingriffen erworbene schwere psychische Störung,
2. eine erhebliche geistige Behinderung,
3. ein schwerwiegender pathologischer Alterungsprozess oder
4. eine schwere persönlichkeitsbedingte Störung des Urteilsvermögens, des Verhaltens und der Anpassung besteht, darf eine Lenkberechtigung nur dann erteilt oder belassen werden, wenn das ärztliche Gutachten auf Grund einer psychiatrischen fachärztlichen Stellungnahme, in der die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit mitbeurteilt wird, die Eignung bescheinigt.
6.2.2. Die große Zahl der Verstöße gegen straßenpolizeiliche- und kraftfahrrechtliche Bestimmungen und die sonstigen sogar strafrechtlich sanktionierten Fehlverhalten des Berufungswerbers, insbesondere das von ihm "als Spaß" darzustellen versuchte "Zufahren" auf ein Kind (um dieses zu erschrecken) und das Verhalten gegenüber dem Buslenker, begründet in wohl unzweifelhafter Weise die gesundheitlichen Eigungsbedenken. Wenn daher der Berufungswerber dem Buslenker, selbst wenn Letzterer ihn unfreundlich aufgefordert haben sollte ihm die Zufahrt zum Busparkplatz ermöglichen, mit dem sogenannten "Stinkefinger" diese Aufforderung erwiderte, deutet dies in der Zusammenschau mit den sonstigen massiven Verhaltensauffälligkeiten, auf eine mit den von einem Verkehrsteilnehmer zu erwartenden Mindesterfordernissen an sozialadäquaten Verhaltensregeln nicht mehr in Einklang zu bringende Geisteshaltung hin. Ein solches Verhalten lässt demnach durchaus den begründeten Verdacht auf das Vorliegen einer psychiatrischen Auffälligkeit mit nicht ausreichender Wertehaltung und damit einer Wahrscheinlichkeit der Selbst- und Fremdgefährdung, d.h. einer fehlenden Eignung erheben, weil diese nicht mehr mit den Zielen der Anforderungen für die Teilnahme am Straßenverkehr in Einklang stehen. Ein derartiges in der hier vorliegenden Qualität und Quantität aufgetretenes Verhaltsphänomen bedarf daher einer fachmedizinischen Abklärung um von solchen Personen allenfalls ausgehende Gefahren für die Allgemeinheit, insbesondere für andere Verkehrsteilnehmer vorzubeugen. Ob die Ursache in einer als Krankheit zu bezeichnenden Persönlichkeits- u. Verhaltensstörung oder bloß in einem Charaktermangel gründet ist letztlich unerheblich.
Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa VwGH 22. Februar 2007, 2004/11/0004, mwH) sind für die Erlassung eines Aufforderungsbescheides nach § 24 Abs. 4 FSG "begründete Bedenken" in der Richtung Voraussetzung, dass der Inhaber einer Lenkberechtigung die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen derjenigen Klassen, die von seiner Lenkberechtigung erfasst werden, nicht mehr besitzt. Diese Voraussetzung sieht der Unabhängige Verwaltungssenat angesichts der hier evidenten gravierenden Fehlverhalten unmissverständlich gegeben.
6.2.3. Die Notwendigkeit begründeter Bedenken und deren Inhalte – auf medizinische Fakten gestützt - lassen sich hier schon aus der vom Berufungswerber bereits vorgelegten VPU schlussfolgern, wobei die Psychologin die ihrer VPU-Stellungnahme vom 9.1.2012 zu Grunde gelegten Fakten angesichts der neuen Faktenlage, die Grundlage für ein positives Kalkül offenbar nicht mehr gegeben sieht. Andererseits wurden auch von der Amtsärztin im Rahmen der Berufungsverhandlung die Fachmeinung der Psychologin geteilt. Auch in der Judikatur findet die aufgetragene psychiatrische Abklärung Deckung (VwGH 13.12.2005, 2005/11/0191, sowie auch zu § 75 Abs.1 KFG 1967 z.B. VwGH 20.9.2001, 99/11/0279 mit Hinweis auf VwGH 3.7.1990, Zl. 89/11/0224 sowie VwGH 17.3.2005, 2004/11/0014).
Nicht sinnvoll scheint – wie ebenfalls oben schon dargelegt - die Verkehrsanpassungsfähigkeit oder Neigung parallel zum psychiatrischen Abklärung auch noch durch eine Fahrprüfung untermauern lassen zu wollen.
Einerseits kann bei der bestehenden überdurchschnittlichen Fahrpraxis derzeit nicht wirklich an der diesbezüglich fachlichen Fähigkeit gezweifelt werden. Andererseits würde dem psychiatrischen Gutachten vorgegriffen und nicht zuletzt - im Falle eines negativen Ausganges – dem Berufungswerber dadurch unnötige Kosten verursacht. Der Betroffene würde sich wohl auch hüten auch noch im Rahmen einer Prüfungsfahrt sich zu Regelverstößen der bisherigen Art hinreißen zu lassen. In diesem Punkt war daher der Aufforderungsbescheid zu beheben.
Im Rahmen dieses Verfahrens schien die aufgetragene Frist von zwei Monaten zur Beibringung eines entsprechenden Gutachtens ab Verkündung dieses Bescheides angemessen.
Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.
II. Die Gutachterkosten waren unter Hinweis auf die Rechtslage in Verbindung mit der diesbezüglichen Zustimmung dem Berufungswerber vorzuschreiben. Sie werden mit Blick auf die Anreisezeit aus Ried im Innkreis und die 1 ½ Stunden im Rahmen der Berufungsverhandlung geleisteten gutachterlichen Tätigkeit jedenfalls als angemessen erachtet.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
H i n w e i s:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Dr. B l e i e r
Beachte:
Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.
VwGH vom 16. Oktober 2012, Zl.: 2012/11/0189-4