Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730637/6/SR/ER/WU

Linz, 18.07.2012

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des X, geboren am X, StA von Kroatien, vertreten durch X, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 6. Juni 2012, AZ. 1005214/FRB, mit dem ein Antrag des Berufungswerbers auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes abgewiesen wurde, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

 

Rechtsgrundlage

§ 66 Abs. 4 iVm. § 67a Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 12. Jänner 2009, AZ. 1005214/FRB, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden Bw) ein auf 7 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich erlassen.

 

Begründend führte die Behörde Folgendes aus:

 

"Dem Fremdenakt kann entnommen werden, dass Sie bereits am 06.03.2003 mit Bescheid der BPD Linz - unter dem Namen X - aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich ausgewiesen wurden.

Da Sie in der Folge, ohne im Besitz einer zur Wiedereinreise notwendigen Bewilligung zu sein, nach Österreich zurückkehrten, wurde mit Bescheid der BPD Linz vom 27.10.2004 ein Aufenthaltsverbot - gültig bis 27.10.2009 - gegen Sie erlassen.

 

Am 30.09.2006 ehelichten Sie die österreichische Staatsbürgerin X, wobei Sie den Familiennamen X annahmen.

Am 12.10.2006 brachten Sie über die Österreichische Botschaft einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels - Familienangehöriger - beim Magistrat Linz ein. In der Folge wurde eine routinemäßige Anfrage an die Fremdenpolizei gestellt, ob Gründe gegen die Erteilung eines Aufenthaltstitels sprechen würden.

Dabei dürfte - wahrscheinlich aufgrund des geänderten Familiennamens - das gegen Sie bestehende Aufenthaltsverbot nicht berücksichtigt worden sein, weshalb Ihnen in der Folge ein Aufenthaltstitel erteilt und dieser in der Folge verlängert wurde.

 

Am 24.07.2008 wurden Sie vom Landesgericht Linz unter der Zahl 29 Hv 31/2008p wegen des Verbrechens der versuchten schweren Erpressung nach den §§ 15 Abs. 1, 144 Abs. 1 und 145 Abs. 1 Z. 1 1. und 8. Fall StGB, des Verbrechens des gewerbsmäßigen Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 2 und 148 2. Fall StGB sowie des Verbrechens der versuchten schweren Nötigung nach den §§ 15 Abs. 1, 105 Abs. 1 und 106 Abs. 1 Z. 1 1. Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten, davon 16 Monate bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren, rechtskräftig verurteilt.

 

Dieser Verurteilung liegt zugrunde, dass Sie

A.) X durch gefährliche Drohungen mit dem Tod sowie mit einer Gefährdung durch Sprengmittel zu einer Handlung, nämlich zur Ausfolgung von weiterem Bargeld in unbekannter Höhe, zu nötigen versucht haben, die diese im genannten Betrag am Vermögen geschädigt hätte, wobei Sie mit dem Vorsatz gehandelt haben, sich durch das Verhalten der Genötigten unrechtmäßig zu bereichern, und zwar:

Ende Jänner 2008 bis Ende Februar 2008 durch die mehrfachen sinngemäßen Äußerungen, Sie werden X die Zähne einschlagen, mit dem Messer auf sie losgehen und eine Bombe unter ihrem Auto anbringen, sollte sie Ihnen kein Geld geben, wobei Sie betonten, im Krieg bereits Menschen getötet zu haben;

 

B.) mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich unrechtmäßig zu be­reichern, X durch Täuschung über Tatsachen, und zwar Ihrer Rückzahlungsfähigkeit und -Willigkeit, zu Handlungen, nämlich zur Ausfolgung nachangeführter, jeweils € 3.000,- übersteigender Geldbeträge, verleitet haben, die X in einem Betrag von insgesamt € 29.000,- am Vermögen schädigten, wobei Sie die schweren Betrügereien in der Absicht vornahmen, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und zwar:

1.) am 27.09.2007 €5.000,-

2.) am 08.10.2007 € 4.000,-3.) am 15.10.2007 €10.000,-4.) am 22.10.2007 €10.000,-

 

C.) von Ende 2007 bis Februar 2008 X durch gefährliche Drohung mit dem Tod zu einer Unterlassung, nämlich zur Abstandnahme von einer Anzeigenerstattung gegen Sie wegen der oben angeführten Tathandlungen, zu nötigen versucht haben, indem Sie ihr gegenüber äußerten, dass Sie sie töten werden, sollte sie „die Sache" der Polizei melden.

 

Weiters scheinen über Sie folgende rechtskräftige gerichtliche Verurteilungen sowie mehrere verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen auf:

1.) Landesgericht Linz vom 22.08.2001, Zahl: 29 EVR 1144/2001 Hv 49/2001, wegen §§ 15 und 236 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 180 Tagessätzen zu je ATS 30,-(ATS 5.400,-), im Nichteinbringungsfall 90 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, bedingt auf eine Probzeit von 3 Jahren;

2.) Landesgericht Linz vom 09.01.2004, Zahl: 23 Hv 125/2003k, wegen §§ 15 Abs. 1, 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z. 1, 125, 15 Abs. 1 und 127 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten, bedingt auf eine Probzeit von 3 Jahren;

3.) Bezirksgericht Enns vom 11.10.2006, Zahl: 2 U 127/2006p, wegen § 127 StGB zu ei­ner Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je € 10,- (€ 800,-), im Nichteinbringungsfall 40 Tage Ersatzfreiheitsstrafe.

 

Den oa. Verurteilungen liegt zugrunde, dass Sie:

Ad 1.) welcher das Geld gutgläubig als echt und unverfälscht als Wechselgeld empfangen hatte, ohne sich dabei strafbar zu machen, am 30.11.1995 in X versucht haben, nachgemachtes oder verfälschtes Geld als echt und unverfälscht weiterzugeben, indem Sie vorerst selbst versuchten, diese gefälschte Banknote bei der Volkskreditbank zu wechseln und nachdem dieser Versuch fehlgeschlagen war, den ohne Vorsatz handelnden X ersuchten, das Falsifikat bei einer Bank zu wechseln, worauf X dies bei der Girokreditbank und schließlich bei der Nationalbank versuchte.

 

Ad 2.) in der Nacht vom 21.09.2003 auf den 22.09.2003 in X

a.) X durch gefährliche Drohung mit dem Tode zu einer Handlung, nämlich zur Herausgabe eines Geldbetrages von € 3.633,64 (ATS 50.000,-) zu nötigen versucht haben, und zwar durch die mehrmals wiederholte Äußerung, dass Sie ihn umbringen werden, sollte Ihnen X nicht die Ihrem Bruder X (angeblich) zustehenden ATS 50.000,- übergeben, wobei Sie mit einem Küchenmesser gegen X aufzielten, während Sie in der anderen Hand eine Grillspachtel hielten; b.) nachgenannte fremde Sachen zerstört bzw. beschädigt haben, und zwar:

zumindest zwei Aschenbecher sowie eine Vase des X, indem Sie diese zu Boden warfen bzw. mit einem Stuhl darauf einschlugen, wobei es hinsichtlich der Vase beim Versuch geblieben ist; einen Stuhl des X, indem Sie mit diesem auf einen Tisch einschlugen;

c.) fremde bewegliche Sachen, nämlich drei Flaschen Pils-Bier und eine Flasche Co­la-Limonade in unbekannten Wert, dem X mit dem Vorsatz weggenommen haben, sich und Ihre drei Begleiter durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.

 

Ad 3.) am 17.07.2006 in X eine fremde bewegliche Sachen, nämlich 9 Kübel Fassadenfarbe im Gesamtwert von € 1.260,- Verfügungsberechtigten der Fa. X in X, mit dem Vorsatz weggenommen haben, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.

 

Im Einzelnen wird auf die Ausführungen der schriftlichen Urteilsausfertigungen verwiesen, die an dieser Stelle, um Wiederholungen zu vermeiden, zum integrierenden Bestandteil des Bescheides erhoben werden.

 

Mit Schreiben vom 24.11.2008 wurde Ihnen mitgeteilt, dass aufgrund Ihrer rechtskräftigen gerichtlichen Verurteilung, nunmehr beabsichtigt ist, gegen Sie erneut ein Aufenthaltsverbot zu erlassen. Gleichzeitig wurde Ihnen Gelegenheit gegeben, dazu Stellung zu nehmen und Ihre Privat- und Familienverhältnisse darzulegen.

Eine diesbezügliche Stellungnahme ist bis dato ha. nicht eingelangt."

Nach Wiedergabe der angewendeten Rechtsgrundlagen führte die Behörde ihre rechtliche Beurteilung wie folgt durch:

 

"Nachdem Sie in Österreich bereits vier Mal rechtskräftig gerichtlich verurteilt wurden, davon 3 Mal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender Straftaten - zuletzt zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 24 Monaten, liegt zweifelsfrei eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG vor, welche die Annahme rechtfertigt, dass Ihr weiterer Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet.

 

Das von Ihnen gesetzte - eingangs ausführlich erläuterte - Fehlverhalten ist schwer zu gewichten, da sich aus Ihrem Verhalten eine erhebliche Gefahr für den Schutz der Freiheit sowie fremden Eigentums manifestiert, die dadurch noch erheblich verstärkt wird, dass Sie die Ihnen zur Last gelegten Straftaten in der Absicht begangen haben, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.

 

Es kann daher keinem Zweifel unterliegen dass Ihr oben näher geschildertes persönliches kriminelles Verhalten eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, nämlich das Grundinteresse an der Verhinderung und Bekämpfung von Delikten gegen die Freiheit, Eigentumsdelikten und der Kriminalität überhaupt, und es bedarf daher auch keiner näheren Erörterung, dass neben strafrechtlichen Sanktionen auch jegliche andere gesetzliche Möglichkeiten ausgeschöpft werden müssen, um derartigen Verbrechen entgegenzuwirken.

 

Da Sie bis dato keine Stellungnahme eingebracht haben, mussten Ihre Privat- und Familienverhältnisse aufgrund der Aktenlage beurteilt werden.

In einer niederschriftlichen Einvernahme vom 12.11.2008, gab Ihre Ehegattin X an, dass Sie im November 2007 Probleme miteinander gehabt hätten. Sie seien daraufhin aus der gemeinsamen Wohnung X aus und in ein Zimmer in der X eingezogen. Seit März 2008 würden Sie jedoch wieder ständig bei ihr wohnen. Angeführt wird, dass Sie laut aktuellem Auszug aus dem Zentralen Melderegister dort jedoch nicht gemeldet sind. Sie waren bis 13.11.2008 in X gemeldet. Am 01.12.2008 traten Sie die Verbüßung Ihrer Freiheitsstrafe an.

 

Beim Einwohner- und Standesamt Linz konnte erhoben werden, dass die mit X geschlossene Ehe noch aufrecht ist.

 

Den Akten kann nicht entnommen werden, dass Sie weitere nennenswerte private oder familiäre Bindungen in Österreich hätten.

 

Laut aktuellem Versicherungsdatenauszug waren Sie bis 07.11.2008 bei der Fa. X als Arbeiter beschäftigt.

 

Aufgrund der Tatsache, dass Sie mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet sind und Sie in Österreich zweitweise einer beruflichen Tätigkeit nachgegangen sind, mag durch die Erlassung des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes in Ihr Privat- und Familienleben eingegriffen werden. Dieser Eingriff relativiert sich jedoch dahingehend, dass es nicht einmal Ihrer Ehegattin gelungen ist, Sie davon abzuhalten straffällig zu werden. Auch Ihre ersten gerichtlichen Verurteilungen konnten Sie nicht davon abhalten, in immer schwerwiegenderer Form straffällig zu werden.

 

Zusammenfassend kann daher davon ausgegangen werden, dass die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes aufgrund der oben näher geschilderten Umstände nicht nur zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK (siehe § 66 Abs. 1 FPG) genannten Zwecke dringend geboten, sondern auch im Lichte des § 66 Abs. 2 FPG zulässig ist.

 

Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist nach § 63 Abs. 2 FPG auf die, für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Dabei haben grundsätzlich bei der Beurteilung des Wohlverhaltens, im Strafvollzug verbrachte Zeiten außer Betracht zu bleiben (vgl. VwGH 24.07.2002, ZI. 99/18/0260).

 

Unter Berücksichtigung aller, bereits oben ausführlich erläuterten Umstände, insbesondere der Tatsache, dass Sie mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet sind und in Österreich zweitweise einer beruflichen Beschäftigung nachgingen, erachtet es die BPD Linz für angemessen, die Dauer des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes auf 7 Jahre festzusetzen."

 

1.2. Der gegen den vorliegenden Bescheid eingebrachten Berufung gab der Sicherheitsdirektor von Oberösterreich mit Bescheid vom 16. März 2009, Zl. St 27/09, keine Folge und bestätigte den angefochtenen Bescheid.

 

Nach Wiedergabe des bekämpften Bescheids und der angewendeten Rechtsgrundlagen führte der Sicherheitsdirektor begründend aus, dass die Erfüllung des Tatbestands des § 86 Abs. 1 in Verbindung mit § 60 Abs. 2 Zi. 1 FPG – wie die Bundespolizeidirektion Linz im Rahmen der von ihr getroffenen Sachverhaltsdarstellung zutreffend ausgeführt habe und in der Berufungsschrift vom 20. Jänner 2009 dem Grunde nach unbestritten geblieben sei – insofern zu bejahen sei, als der Bw, wie aus der zuletzt bezeichneten Verurteilung (rechtskräftige Verurteilung durch das Landesgericht Linz von 24. Juli 2008, Zahl: 29 Hv 31/2008p) hervorgehe, von einem inländischen Gericht zu einer teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe (Freiheitsstrafe 24 Monate, davon 16 Monate bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren) rechtskräftig verurteilt worden sei.

Betreffend sämtlicher Verurteilungen sei auf den von der Erstbehörde festgestellten Sachverhalt zu verweisen, der - um Wiederholungen zu vermeiden - zum integrierten Bestandteil des gegenständlichen Bescheides erhoben werde.

Das vom Bw gesetzte Fehlverhalten sei schwer zu gewichten, da sich aus seinem
Verhalten eine erhebliche Gefahr für den Schutz der Freiheit sowie dem fremden Eigentum manifestiere. Dies werde dadurch erheblich verstärkt, dass der Bw die ihm zur Last gelegten Straftaten in der Absicht begangen habe, sich durch die wiederkehrende Begehung fortlaufende Einnahmen zu verschaffen und er im Bewusstsein eines bereits bestehenden Aufenthaltsverbotes neuerlich straffällig geworden sei.

Im Rahmen der Verurteilung des Landesgerichtes Linz vom 24.07.2008, Zahl: 29 Hv 31/2008p wegen des Verbrechens der versuchten schweren Erpressung nach den §§ 15 Abs. 1, 144 Abs. 1 und 145 Abs. 1 Ziffer 1, 1 und 8. Fall StGB, des Verbrechens des gewerbsmäßigen Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 2 und 148 2. Fall StGB sowie des Verbrechens der versuchten schweren Nötigung nach den §§ 15 Abs. 1, 105 Abs. 1 und 106 Abs. 1 Ziffer 1 1. Fall StGB sei der Bw zu einer Freiheitsstrafe 24 Monate, davon 16 Monate bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren verurteilt worden, wobei ihm im Rahmen der Strafbemessung mildernd lediglich angerechnet worden sei, dass es teilweise beim Versuch geblieben sei, erschwerend seien hingegen das Vorhandensein zweier einschlägiger Vorstrafen, das Zusammentreffen dreier Verbrechen, die mehrfache Qualifikation der Erpressung (Drohung mit dem Tode und mit dem Einsatz von Sprengmitteln) sowie die mehrfache Qualifikation des Betrugsverbrechens (Wert und Gewerbsmäßigkeit) gewertet worden.

Hinsichtlich der persönlichen und familiären Situation sei zu beachten gewesen, dass dem Bw zweifelsohne eine der Dauer seines Aufenthaltes entsprechende Integration zuzubilligen sei. Ebenso sei dem Bw die Tatsache, dass er mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet und er seit 29. November 2006 bis zuletzt 7. November 2008 überwiegend durchgehend einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgegangen sei, anzurechnen. Daher greife die gegenständliche fremdenrechtliche Maßnahme in das Privat- und Familienleben des Bw ein.

Die Integration sei jedoch dahingehend zu relativieren, dass der Bw sich in Österreich überwiegend bewusst illegal aufgehalten habe.

Aus der Aktenlage sei weiters erkennbar, dass sich einige der Verwandten des Bw in Österreich aufhalten würden. Dabei sei jedoch zu relativieren, dass das Vorhandensein zahlreicher Verwandter in Österreich, mit welchen er aber nicht in einem gemeinsamen Haushalt lebe, nicht von den geschützten familiären Bindungen erfasst sei (vgl. VwGH vom 12. November 1998, Zahl: 98/18/0319).

Ansonsten würden vom Bw keine nennenswerten privaten und/oder familiären Bindungen zur Republik Österreich aufgezeigt bzw. seien aus der Aktenlage auch keine ersichtlich.

In Anbetracht der Art und Schwere der begangenen Straftaten, sei ein Charakterbild erkennbar, das zweifelsohne den Schluss rechtfertige, der Bw sei gegenüber den zum Schutz der Freiheit und des Eigentums anderer Personen erlassenen Vorschriften, bzw. gegenüber der österreichischen Rechtsordnung überhaupt, negativ eingestellt. Der Bw bilde daher eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit.

Diese Feststellung werde insbesondere auch durch den Umstand untermauert, als ein bereits gegen ihn rechtskräftig erlassenes Aufenthaltsverbot den Bw nicht davon abgehalten habe, abermals in erheblicher Art und Weise strafrechtlich in Erscheinung zu treten. Davon habe ihn auch die Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin nicht abhalten können.

Auch wenn der Bw in seiner Berufungsschrift angeführt habe, dass er aus seinen Fehlern gelernt habe und in Zukunft ein straffreies Leben in Österreich mit seiner Gattin führen werde, so stelle dieses Versprechen ein zukünftiges und ungewisses Ereignis dar, welchem in Anbetracht der bisherigen Lebensweise bzw. der straffälligen Vergangenheit von der Behörde die Glaubwürdigkeit abzusprechen gewesen sei.

Da – unter Abwägung aller oben angeführten Tatsachen – im Hinblick auf die für den weiteren Aufenthalt des Bw zu stellende negative Zukunftsprognose die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes wesentlich schwerer wögen, als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf seine Lebenssituation, sei das Aufenthaltsverbot auch zulässig im Sinn des § 66 Abs. 2 FPG.

Aus oben angeführten Gründen sei von der Ermessensbestimmung des § 60 Abs. 1 FPG zulasten des Bw Gebrauch zu machen gewesen, da ansonsten die öffentli­che Ordnung zu schwer beeinträchtigt worden wäre, insbesondere da das dem Bw vorwerfbare (Fehl-)Verhalten im Verhältnis zu der vom Bw gel­tend gemachten Integration überwiege und weder aus der Akte noch aus der Berufungsschrift darüber hinaus besondere Umstände erkennbar geworden wären, die eine Ermessensübung zugunsten des Bw begründet hätten.

Die Dauer des von der Erstbehörde verhängten Aufenthaltsverbotes sei nicht als rechtswidrig zu erkennen, zumal nach Ablauf dieser Zeit erwartet werden könne, dass sich der Bw wiederum an die im Bundesgebiet geltenden Normen halten werde.

 

2. Mit Schriftsatz vom 18. Mai 2012 beantragte der Bw rechtsfreundlich vertreten die Aufhebung des Aufenthaltsverbotsbescheides. Begründend führte er im Wesentlichen an, dass er – wie einem beiliegenden Schreiben zu entnehmen sei – trotz Ortsabwesenheit an der Schadenswiedergutmachung gegenüber der durch seine Tathandlungen, die letztlich zur Verurteilung vom 24. Juli 2008 geführt hätten, geschädigten X bemüht sei und die diesbezüglich vereinbarten Ratenzahlungen einhalte. Frau X habe ihn daher schriftlich nach Österreich eingeladen. Der Bw achte nunmehr – nach Einsicht seines Unrechts – die österreichischen Gesetze und gelobe, "in Zukunft straffrei und vorbildlich in Österreich sozial völlig integriert wohnen und leben zu wollen".

Vor allem die Ehefrau leide erheblich unter der Trennung ihres Ehemannes. Aufgrund der Tatsache, dass sich der Bw nun über längere Zeit wohl verhalten habe, stelle er den Antrag auf Aufhebung des gegenständlichen Aufenthaltsverbots.

 

2.1. Mit Bescheid vom 6. Juni 2012, AZ. 1005214/FRB, wies die belangte Behörde den Antrag der Bw gemäß § 69 Abs. 2 FPG ab.

 

Nach Wiedergabe des Antrags und der angewendeten Rechtsgrundlagen führt die belangte Behörde im Wesentlichen Folgendes aus:

 

§ 69 Abs. 2 FPG idgF. entspreche im Wesentlichen dem bisherigen § 65 Abs. 1 FPG 2005 - so sei ein Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 65 Abs. 1 FPG könne ein Antrag auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes die dafür maßgeblichen Umstände zu Gunsten des Fremden geändert haben, wobei im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag auch auf die nach der Verhängung des Aufenthaltsverbotes eingetretenen und gegen die Aufhebung dieser Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen sei.

 

Bei der Beurteilung sei maßgeblich, ob eine Gefährlichkeitsprognose dergestalt (weiterhin) zu treffen sei, dass die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes erforderlich sei, um eine vom Fremden ausgehende erhebliche Gefahr im Bundesgebiet abzuwenden, und ob die Aufrechterhaltung dieser Maßnahme zulässig sei.

Angesichts des massiven strafrechtlichen Fehlverhaltens des Bw sei zutreffend, dass von ihm auch jetzt noch eine maßgebliche Gefährdung ausgehe.

 

Nach der Bestimmung des § 69 Abs. 2 FPG 2005, die ihren Inhalt nur aus dem Zusammenhalt mit § 61 FPG 2005 gewinne, habe sich die Behörde mit der Frage auseinanderzusetzen, ob ein relevanter Eingriff im Sinne des § 61 FPG 2005 vorliege und - gegebenenfalls - die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes dringend geboten sei. Bejahendenfalls habe die Behörde zu beurteilen, ob sich seit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes die Umstände, die zur Beurteilung der öffentlichen Interessen einerseits und der privaten und familiären Interessen andererseits maßgebend sind, zugunsten des Fremden geändert haben und daran anschließend diese Interessen gegeneinander abzuwägen.

Hier sei festzuhalten, dass das gegenständliche Aufenthaltsverbot im Fall des Bw als ein Aufenthaltsverbot gem. § 65b i. V. m. § 67 FPG 2005 i.d.g.F gelte - Aufenthaltsverbot für Familienangehörige von Österreichern.

Im Rahmen der Ermessensausübung sei festzustellen, dass auch jetzt die nachteiligen Folgen einer Aufhebung des Aufenthaltsverbotes um vieles schwerer wögen, als die Auswirkungen desselben auf die Lebenssituation des Bw. Auch jetzt stelle sein persönliches kriminelles Verhalten noch eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr dar, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berühre, nämlich das Grundinteresse an der Verhinderung und Bekämpfung von Delikten gegen die Freiheit, Eigentumsdelikten, Gewaltdelikten und massiver Kriminalität überhaupt. Es bedürfe auch keiner näheren Erörterung, dass neben strafrechtlichen Sanktionen auch jegliche andere gesetzlichen Möglichkeiten ausgeschöpft werden müssten, um derartigen Verbrechen entgegenzuwirken.

Zur Untermauerung ihrer Ermessensentscheidung zählt die belangte Behörde die rechtskräftigen Verurteilungen des Bw auf. Die dem Aufenthaltsverbot zugrunde liegenden gerichtlichen Verurteilungen seien noch nicht getilgt.

Aufgrund der noch immer zu erstellenden negativen Zukunftsprognose sei nach Ansicht der Behörde die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbots dringend geboten, da das maßgebliche öffentliche Interesse an der Verhinderung von massiv strafbaren Handlungen in diesem Fall unverhältnismäßig schwerer wiege als die privaten und familiären Interessen des Bw.

Unter Berücksichtigung, dass das Aufenthaltsverbot auf sieben Jahre befristet erlassen worden sei, sei der seit Erlassung des Aufenthaltsverbots verstrichene Zeitraum noch viel zu kurz, um eine günstige Zukunftsprognose zu erstellen und könne in Anbetracht der Schwere des Verbrechens nicht abgesehen werden, wann die Gründe, die zu Erlassung des Aufenthaltsverbots geführt haben, tatsächlich wieder wegfallen würden.

Festzuhalten sei überdies, dass der Bw auch fremdenrechtlichen Vorschriften negativ bzw. gleichgültig gegenüberstehe, zumal er trotz bestehenden Aufenthaltsverbots im Oktober 2010 und im Mai 2012 wieder nach Österreich eingereist sei.

Es werde noch eines längeren Zeitraums des Wohlverhaltens bedürfen, um eine für den Bw günstige Zukunftsprognose erstellen zu können. Entscheidungsrelevant sei vor allem auch, dass die damalige gesamte private und familiäre Situation des Bw bereits bei Erlassung des Aufenthaltsverbots von der Behörde berücksichtigt worden sei – vor allem der Umstand, dass er in Österreich mit einer österreichischen Staatsangehörigen verheiratet sei. Die privaten und familiären Umstände des Bw hätten sich zwischenzeitlich nicht maßgeblich geändert. Ferner hält die belangte Behörde fest, dass der Umstand, dass die Ehe mit einer Österreicherin den Bw nicht von der Begehung schwerer Verbrechen abgehalten habe. Bereits im Rahmen der Erlassung des Aufenthaltsverbots sei festgestellt worden, dass die mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Beeinträchtigungen im Hinblick auf die große Gefahr, die vom Bw ausgeht, von ihm hingenommen werden müssten.

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH könne ein Antrag auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbots nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit der Erlassung die dafür maßgebenden Umstände zugunsten des Fremden geändert hätten, wobei im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag auch auf die nach der Verhängung des Aufenthaltsverbots eingetretenen und gegen die Aufhebung sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen sei. Da bei der Entscheidung über die Aufhebung eines Aufenthaltsverbots die Rechtmäßigkeit des Bescheids, mit dem das Aufenthaltsverbot erlassen wurde, nicht mehr überprüft werden könne, sei für den Zeitpunkt der Erlassung des verfahrensgegenständlichen Bescheids nur zu beurteilen, ob die Voraussetzungen für die Erlassung wegen einer Änderung der Umstände zugunsten des Fremden weggefallen seien (VwGH vom 24. Februar 2009, Zl. 2008/22/0587 und vom 10. November 2009, Zl. 2008/22/0848).

Maßgeblich für die Erlassung des Aufenthaltsverbots und demzufolge für die zu treffende Prognose sei der Zeitpunkt der rechtskräftigen Erlassung des Aufenthaltsverbots. Auf diesen Zeitpunkt bezogen werde die relevante Gefährlichkeitsprognose unter Berücksichtigung aller bis dahin eingetretenen relevanten Umstände getroffen.

 

Auf diesen Zeitpunkt sei hier abzustellen und seien die danach vorgebrachten Umstände einer Bewertung zu unterziehen. Auch sei der verstrichene Zeitraum seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes zu kurz, um eine Änderung in den maßgeblichen Umständen (nur durch Zeitablauf) annehmen zu können.

Angesichts der gravierenden Straffälligkeit des Bw und seiner sich daraus ergebenden besonderen Gefährlichkeit, die das öffentliche Interesse am gegenständlichen Aufenthaltsverbot rechtfertige, hätten der Bw und seine Angehörigen, der ständigen Judikatur des VwGH folgend, eine anfällige Trennung in Kauf zu nehmen (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 17. Juli 2008, Zl. 2007/21/0084), ebenso allfällige Schwierigkeiten bei der Wiedereingliederung in den Heimatstaat.

Zudem bleibe es den Angehörigen unbenommen, den Bw in seinem Aufenthaltsstaat regelmäßig zu besuchen – was seinen Angaben zu Folge bereits der Fall sei – bzw. könne der Kontakt mittels Telefon und E-Mail (wenn auch in geminderter Form) aufrecht erhalten werden.

 

Im Ergebnis bedeute dies, dass keine Änderung der maßgeblichen Umstände im Sinne des § 69 Abs. 2 FPG vorlägen, weshalb der Antrag auf Aufhebung des gegen den Bw bestehenden Aufenthaltsverbotes als unbegründet abzuweisen gewesen sei.

 

2.2. Gegen diesen Bescheid, zugestellt am 12. Juni 2012, erhob der Bw mit Fax vom 26. Juni 2012, rechtsfreundlich vertreten, rechtzeitig Berufung. Diese begründet er wie folgt:

 

"Der Bescheid ist in seiner Gesamtheit rechtsirrig und somit als rechtswidrig aufzuheben.

Inhaltlich geht die Erstbehörde vollkommen verfehlt von nicht geänderten Verhältnissen aus. Hier ist insbesondere das Wohlverhalten im Rahmen der Gefährlichkeitsprognose anzufechten. Der Einschreiter ist, wie die Erstbehörde richtig dargestellt hat, zu 4 gerichtlichen Entscheidungen verurteilt worden. Seit der letzten Verurteilung vom 24.07.2008 sind nunmehr 4 Jahre verstrichen. Dies ist faktisch weit länger als die verhängte Probezeit von 3 Jahren. Weiters muss festgehalten werden, dass mit dem strafrechtlich zu verfolgenden Handeln bereits lange vor der Verurteilung aufgehört wurde und sohin ein weit längerer Zeitraum zurückliegt. Ohne die Daten zu negieren oder zu verschönern, liegt dennoch ein massiver Lebenswandel vor und ist nunmehr der Einschreiter gesetzestreu. Dies unterstreicht auch das von der Erstbehörde dem Einschreiter zur Last gelegten Einreisen. Tatsächlich zeugen die Einreisen in die Republik Österreich davon, das auch in den Zeiträumen, in denen sich der Einschreiter in Österreich aufgehalten hat, dieser keine weiteren strafrechtlichen Handlungen gesetzt hat. Der Einschreiter ist sohin im strafrechtlichen Sinne absolut gesetzestreu und verspricht jedenfalls nicht mehr in Erscheinung zu treten. Für den Einschreiter ist das Aufenthaltsverbot, dessen halbe Zeit bereits verstrichen ist ein großer Einschnitt und sieht der Berufungswerber sohin jedenfalls die Chance sich im Rahmen der Gefährlichkeitsprognose in Österreich weiterhin rechtstreu zu verhalten und zu leben. Den Einschnitt, welchen sich der Berufungswerber durch seine damaligen Taten selber zugefügt hat, bedauert der Berufungswerber sehr.

Aus all diesen Gründen wird sohin höflich beantragt den angefochtenen Bescheid aufzuheben und in der Sache zu entscheiden und dem Antrag vom 18.05.2012 stattzugeben."

 

3.1. Die belangte Behörde legte den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat Oberösterreich vor.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde, sowie in aktuelle Auszüge des Elektronischen Kriminalpolizeilichen Informationssystems, des Zentralen Melderegisters und einen aktuellen Versicherungsdatenauszug.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil eine solche nicht erforderlich war, nachdem sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt zweifelsfrei aus der Aktenlage ergibt.

 

3.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von den unter den Punkten 1. und 2. dieses Erkenntnisses dargestellten unbestrittenen gebliebenen Sachverhaltsteilen aus.

 

3.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

4. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 69 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes – FPG in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 38/2011, sind eine Ausweisung und ein Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu ihrer Erlassung geführt haben, weggefallen sind.

 

4.2.1. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dem inhaltlich mit dem aktuellen § 69 Abs. 2 FPG vergleichbaren § 65 Abs. 1 FPG in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 kann ein Antrag auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes die dafür maßgeblichen Umstände zugunsten des Fremden geändert haben, wobei im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag auch auf die nach der Verhängung des Aufenthaltsverbotes eingetretenen und gegen die Aufhebung der Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen ist.

 

Bei dieser Beurteilung ist maßgeblich, ob eine Gefährlichkeitsprognose weiterhin zu treffen ist, sodass die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes erforderlich ist, um eine vom Fremden ausgehende erhebliche Gefahr im Bundesgebiet abzuwenden, und ob die Aufrechterhaltung dieser Maßnahme im Grunde des      § 61 FPG (Schutz des Privat- und Familienlebens) zulässig ist.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat sich somit mit der Frage auseinanderzusetzen, ob im konkreten Fall ein relevanter Eingriff im Sinne des   § 61 FPG vorliegt und – gegebenenfalls – ob die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes weiterhin dringend geboten ist. Bejahendenfalls ist ferner zu erörtern, ob sich seit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes die Umstände, die zur Beurteilung der öffentlichen Interessen einerseits und der privaten und familiären Interessen andererseits maßgebend sind, zugunsten des Fremden geändert haben. Diese Interessen sind daran anschließend gegeneinander abzuwiegen.

 

4.2.2. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass ein Antrag auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 69 Abs. 2 FPG keinesfalls dazu geeignet sein kann, Umstände, die bei der Erlassung des ursprünglichen Aufenthaltsverbotes gewürdigt wurden und durch die Rechtskraft der Entscheidung gedeckt sind, neu oder anders zu beurteilen, da dies in Hinblick auf § 68 Abs. 1 AVG unzulässig wäre. Umstände, die bei Beurteilung im Rahmen der Verhängung der Maßnahme unverändert bestanden, unterliegen daher nicht den Überprüfungsmöglichkeiten im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens. Weiters kann bei Entscheidung über die Aufhebung eines Aufenthaltsverbots die Rechtmäßigkeit des Bescheides, mit dem das Aufenthaltsverbot erlassen wurde, nicht mehr überprüft werden.

 

4.3. Im vorliegenden Fall ist zunächst festzuhalten, dass der Bw – wie anhand seiner kriminellen Aktivitäten vor seiner Inhaftierung eindrucksvoll verdeutlicht wird – ein besonders hohes kriminelles Potenzial aufwies. Der Bw wurde rechtskräftig wegen des Verbrechens der versuchten schweren Erpressung nach den §§ 15 Abs. 1, 144 Abs. 1 und 145 Abs. 1 Ziffer 1, 1 und 8. Fall StGB, des Verbrechens des gewerbsmäßigen Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 2 und 148 2. Fall StGB sowie des Verbrechens der versuchten schweren Nötigung nach den §§ 15 Abs. 1, 105 Abs. 1 und 106 Abs. 1 Ziffer 1 I. Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe 24 Monate, davon 16 Monate bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren verurteilt, wobei ihm im Rahmen der Strafbemessung mildernd lediglich angerechnet worden ist, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist, erschwerend sind hingegen das Vorhandensein zweier einschlägiger Vorstrafen, das Zusammentreffen dreier Verbrechen, die mehrfache Qualifikation der Erpressung (Drohung mit dem Tode und mit dem Einsatz von Sprengmitteln) sowie die mehrfache Qualifikation des Betrugsverbrechens (Wert und Gewerbsmäßigkeit) gewertet worden.

 

Besonders ist bei einer Gefahrenprognose hervorzuheben, dass der Bw in vollem Bewusstsein und hartnäckig besagte Verbrechen vorantrieb, indem er – wie vom Landesgericht Linz festgestellt wurde – sein Opfer über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr schädigte. Entgegen seiner in der Berufung aufgestellten Behauptung hat der Bw die Tathandlungen nicht lange vor der Verurteilung beendet. Zwischen der letzten, gerichtlich festgestellten Tat Ende Februar 2008 und der Verurteilung am 24. Juli 2008 liegen lediglich knapp fünf Monate. Davon abgesehen kann sich der Bw nicht auf das Wohlverhalten vor Erlassung des Aufenthaltsverbots berufen, zumal dieses bereits im Rahmen der Festsetzung des zeitlichen Ausmaßes des Aufenthaltsverbots berücksichtigt wurde.

 

Ergänzend ist auf die ständige Judikatur des VwGH zu verweisen, wonach ein Gesinnungswandel, der zu einer günstigeren Gefährdungsprognose führen könnte, nur daran gemessen wird, wie lange ein Straftäter sich nach der Enthaftung wohlverhalten hat. Vgl. dazu folgende Zitate: 

"Der Gesinnungswandel eines Straftäters ist nämlich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes primär daran zu prüfen, ob und wie lange er sich in Freiheit wohlverhalten hat (vgl. zB das hg. Erkenntnis vom 19. Mai 2011, Zl. 2008/21/0032, mwN)."

"Unter dem Blickwinkel des hier maßgeblichen Fremdenrechts ist im Übrigen ein allfälliger Gesinnungswandel [...] in erster Linie daran zu messen, innerhalb welchen Zeitraums er sich nach der Entlassung aus der Strafhaft in Freiheit wohlverhalten hat (siehe beispielsweise das Erkenntnis vom 19. Mai 2011, Zl. 2008/21/0486, mwN)."

"[...]; zutreffend hat die belangte Behörde aber ausgeführt, dass bei der Prüfung eines allfälligen Gesinnungswandels in erster Linie auf das in Freiheit gezeigte Wohlverhalten abzustellen ist (vgl. etwa das Erkenntnis vom 10. Mai 2011, Zl. 2007/18/0272, mwN)."

 

Allfälliges Wohlverhalten während der Haft bleibt demnach unberücksichtigt.

 

Der Bw wurde am 11. Mai 2009 bedingt aus der Haft entlassen. Ein allfälliges Wohlverhalten wäre demnach ab diesem Datum zu berücksichtigen.

 

Der festgestellte relevante Sachverhalt, im Besonderen das Vorbringen des Bw, lassen im Hinblick auf den relativ kurzen Beobachtungszeitraum nicht erkennen, dass das beim Bw festgestellte massive kriminelle Potenzial nicht mehr gegeben ist und sich tatsächlich ein umfangreicher Gesinnungswandel vollzogen hat. Im Zuge der Erlassung des dem Antrag zugrunde liegenden Aufenthaltsverbotsbescheides haben sich die involvierten Behörden umfassend mit der kriminellen Energie des Bw auseinandergesetzt und den (Beobachtungs)Zeitraum von sieben Jahren als unbedingt erforderlich erachtet.

 

Abstellend auf das beachtliche kriminelle Potential des Bw, dass auch in der Begründung der letzten strafrechtlichen Verurteilung anschaulich zum Ausdruck gekommen ist, die kurze Zeitspanne des Wohlverhaltens und die dem Bw in einem gewissen Ausmaß zuzubilligende Reue, kann zum Entscheidungszeitpunkt noch keinesfalls das Maß an Nachhaltigkeit des Gesinnungswandels erkannt werden, das ein Abweichen von der ursprünglichen Gefährdungsannahme erlauben würde.

 

Abgerundet wird das Bild durch die mehrfachen illegalen Einreisen des Bw während des aufrechten Aufenthaltsverbots. Der Bw hat sich nachweislich im Oktober 2010 und im Mai 2012 – trotz bestehenden Aufenthaltsverbots – im Bundesgebiet aufgehalten. Aus einem aktuellen Versicherungsdatenauszug geht überdies hervor, dass der Bw von 9. Februar 2011 bis 16. Februar 2011 als geringfügig Beschäftigter bei einer Fassadensanierungsfirma in X beschäftigt war.

 

Wenn der Bw in seiner Berufung angibt, seine widerrechtlichen Aufenthalte in Österreich sprächen für seine Rechtstreue, da er während dieser Zeiträume keine strafbaren Handlungen gesetzt habe, ist er auf die Strafbestimmungen des FPG hinzuweisen, die die rechtswidrige Einreise und den rechtswidrigen Aufenthalt sanktionieren. Auch hat es der Bw verabsäumt, einen Antrag gemäß § 72 Abs. 2 FPG auf besondere Bewilligung der Wiedereinreise während der Gültigkeitsdauer eines Aufenthaltsverbots zu stellen. Diese Verstöße sprechen, anders als der Bw vermeint, nicht für sein rechtstreues Verhalten.

 

Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass die ursprüngliche Prognoseentscheidung, wonach im Fall des Bw ein besonders hohes, gegenwärtiges und nachhaltiges Gefährdungspotential vorliegt, weiterhin aufrecht erhalten werden muss und somit die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, noch nicht weggefallen sind.

 

4.4. Insofern der Bw – im Rahmen der Interessensabwägung nach nunmehr § 61 FPG – auf das familiäre Umfeld in Österreich abstellt, war die Feststellung, dass der Bw in Österreich langjährig aufhältig war und mit einer Österreicherin verheiratet ist, schon im ursprünglichen Verfahren bekannt und erlauben daher keine neuerliche Abwägung im Sinne des § 61 FPG. Die Bindung zur Familie wurde im ursprünglichen Verfahren abschließend gewürdigt. Relevante Änderungen haben sich nicht ergeben.

 

Angesichts der gravierenden Straffälligkeit des Bw und seiner sich daraus ergebenden besonderen Gefährlichkeit, die das öffentliche Interesse am gegenständlichen Aufenthaltsverbot rechtfertigen, haben der Bw und seine Angehörigen, der ständigen Judikatur des VwGH folgend, eine anfällige Trennung in Kauf zu nehmen (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 17. Juli 2008, Zl. 2007/21/0084), ebenso allfällige Schwierigkeiten bei der Wiedereingliederung in den Heimatstaat.

 

Weitere Umstände, die als Neuerungsgründe im Sinne des § 69 Abs. 2 FPG iVm. § 61 FPG zu berücksichtigen wären, sind nicht bekannt, ergeben sich auch nicht aus der Aktenlage und wurden vom Bw nicht vorgebracht.

 

4.5. Im Ergebnis bedeutet dies, dass keine Änderung der maßgeblichen Umstände im Sinne des § 69 Abs. 2 FPG vorliegt, weshalb der Antrag – von der belangten Behörde völlig zurecht – als unbegründet abgewiesen wurde.

 

4.6. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt unterschrieben werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro (Eingabegebühr) angefallen.

 

 

Mag. Stierschneider

 

 

 

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