Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730617/6/BP/JO

Linz, 18.07.2012

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des X, geb. X, StA der Dominikanischen Republik, vertreten durch X, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 16. April 2012,
Zl. 1061241/FRB, betreffend die Erlassung eines auf 5 Jahre befristeten Aufenthaltsverbotes nach dem Fremdenpolizeigesetz, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird mit der Maßgabe stattgegeben als die Dauer des Aufenthaltsverbotes auf 2 Jahre herabgesetzt wird; im Übrigen wird der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 iVm. § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

 

 

 

 


Entscheidungsgründe

 

1.1.1. Mit Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 16. April 2012, Zl. 1061241/FRB, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) auf Basis des § 67 Abs. 1 und Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 in der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung, ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot verhängt. Gemäß § 70 Abs.3 FPG wurde dem Bw gleichgehend von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat erteilt.

 

Begründend führt die belangte Behörde zunächst zum Sachverhalt aus, dass aus dem zentralen Melderegister hervorgehe, dass der Bw erstmals am 08.01.2007 in Österreich zur Anmeldung gelangt sei.

Ihm sei zuletzt am 26.11.2008 von der BH Salzburg-Umgebung ein bis 30.04.2010 gültiger Aufenthaltstitel erteilt worden.

Über seinen am 15.10.2010 gestellten Antrag auf Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels sei bislang nicht entschieden worden.

 

Am 04.03.2011 sei der Bw vom LG Linz, zu 61 Hv 48/10 a, wegen des Verbrechens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs. 1 1. und 2. Fall, Abs. 2 SMG und des Verbrechens des Suchtgifthandels als Bestimmungstäter nach §§ 12 2. Fall, 15 Abs. 1 StGB, 28a Abs. 1 6. Fall und Abs. 4 Z. 3 SMG rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von 23 Monaten verurteilt worden.

 

Der Verurteilung liege zu Grunde, dass der Bw am 11.02.2009 in X gemeinsam mit seinem Bruder X vorschriftswidrig Suchtgift in einer das 15-fache der Grenzmenge übersteigenden Menge, nämlich zumindest 1.000 Gramm Kokain in einer Reinsubstanz von 400 Gramm Kokain, von X, welche das Suchtgift zuvor am 08.02.2009 im Auftrag von X via Madrid aus der Dominikanischen Republik aus- und nach Österreich eingeführt habe, mit dem Vorsatz erworben und besessen habe, es in Verkehr zu setzen;

Ende März/Anfang April 2009 habe er in X X dazu bestimmt, dem präsumtiven Suchtgiftabnehmer X eine das 25-fache der Grenzmenge übersteigende Suchtgiftmenge, nämlich 1.000 Gramm Kokain in einer Reinheitssubstanz von 400 Gramm Kokain, zu verschaffen, indem der Bw X ansprach, ob sie nicht wieder „arbeiten" wolle, er den Kontakt zu X hergestellt habe und X sodann in dessen Auftrag bzw. dem Auftrag von X den Kontakt mit dem Suchtgiftlieferanten „X" in der Dominikanischen Republik zum Ankauf der Suchtgiftmenge habe herstellen und den Erwerb zum Zweck der Einfuhr nach Österreich mittels eines Drogenkuriers arrangieren sollen, wobei es infolge der späteren Abkehr der X vom ursprünglichen Tatentschluss beim Versuch geblieben sei.

 

Bereits seit 10. März 2010 sei der Bw in Untersuchungshaft angehalten worden.

 

Zu den Privat- und Familienverhältnissen des Bw gibt die Erstbehörde an, dass er mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet sei und er mit seiner Gattin und den beiden Kindern gemeinsam in X lebe. Während seines Aufenthalts in Österreich habe er mehrere Deutsch-Integrationskurse erfolgreich absolviert. Er verfüge über eine Einstellungszusage von Totengräber X in X.

 

1.1.2. Die belangte Behörde führt in rechtlicher Hinsicht aus, dass dem Bw zweifellos eine entsprechende Integration zuzubilligen sei. Allerdings werde diese in der für ihn wesentlichen sozialen Komponente durch die begangenen Straftaten erheblich beeinträchtigt.

Schon im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität, insbesondere des Suchtgifthandels, sei die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes auch bei ansonsten völliger sozialer Integration des Fremden dringend geboten, weil das maßgebliche öffentliche Interesse (an der Verhinderung von strafbaren Handlungen zum Schutz der Gesundheit) in diesen Fällen unverhältnismäßig schwerer wöge, als das private Interesse des Fremden. Ein rigoroses Vorgehen gegen Suchtgiftdelikte, ganz gleich in welcher Form, sei schon deshalb dringend geboten, da der immer größer werdende Konsum von Suchtgiften zu verheerenden Schäden und Folgen in der Gesellschaft und hier wiederum vor allem bei Jugendlichen, führe. Außerdem nehme die mit dem Genuss von Suchtgiften einhergehende Suchtgiftkriminalität bereits Dimensionen an, die zu einer eklatanten Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit führen würden.

 

Im Hinblick auf den Schutz der Gesellschaft, und hier vor allem wiederum der Jugendlichen, die diesen Gefahren auf Grund ihrer mangelnden Reife vermehrt ausgesetzt seien, sei eine derartige Maßnahme dringend erforderlich.

 

Im Fall des Bw scheine daher die Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht nur zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten, sondern auch im Licht des § 61 Abs. 2 FPG zulässig, auch wenn es einen gravierenden Eingriff in sein Privat- und Familienleben bedeute.

 

1.2. Gegen diesen Bescheid erhob der rechtsanwaltlich vertretene Bw rechtzeitig Berufung mit Schriftsatz vom 30. April 2012.

 

Der gegenständliche Bescheid werde von ihm vollinhaltlich angefochten. Als Berufungsgründe werden wesentliche Verfahrensmängel und inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht. Die Behörde erster Instanz habe dem Bw zwar richtigerweise volle Integration zugebilligt, dennoch wurde ein Aufenthaltsverbot im Ausmaß von 5 Jahren verhängt.

 

Richtig sei, dass er am 04.03.2011 vom Landesgericht Linz zu 61 Hv 48/10 a zu einer Freiheitsstrafe von 23 Monaten verurteilt worden sei. Unberücksichtigt sei jedoch geblieben, dass der Bw bei der gegenständlichen Straftat nur in einer äußerst untergeordneten Rolle tätig gewesen sei.

Dies zeige sich bei genauem Aktenstudium des gegenständlichen Falles insbesondere dadurch, dass er bei der Abholung des Suchtmittels der X nur seinen Bruder, der in diesem Zusammenhang wohl als Haupttäter beschuldigt worden sei, mit dem Auto gefahren habe.

 

Auch betreffend die angebliche Bestimmungstäterschaft der X sei weder Suchtmittel an diese übergeben worden, noch seien mit dieser Mengen oder sonstiges vereinbart worden. Der Bw habe hier lediglich einen Kontakt zwischen derselben und X hergestellt. Bereits dies lasse erkennen, dass sein kriminelles Potential im unteren Bereich anzusiedeln sei. Er habe selbst weder jemals Suchtmittel bestellt noch vertrieben, konsumiert oder sonst wie in Umlauf gebracht.

 

Wenngleich die Ausführungen der Behörde erster Instanz insbesondere im Hinblick auf die Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität nicht unzutreffend seien, so hätten diese Faktoren jedoch bei der Entscheidung der Behörde erster Instanz einfließen müssen und hätte diese hier zum Ergebnis gelangen müssen, dass der Eingriff in das Privat- und Familienleben des Bw weit massiver wirke, als dessen rechtswidriges Handeln.

 

Er sei keinesfalls ein Drogenkrimineller, der sich hier allenfalls Vorteile aus der Suchtgiftkriminalität verschaffen wolle. Die Gefährlichkeitsthematik, die die Behörde erster Instanz ausführe, treffe auf ihn nicht zu.

 

Es dürfe hier weiters nicht unberücksichtigt bleiben; dass er bis auf diese Vorstrafe keinerlei Vorstrafen oder Vormerkungen in Österreich aufweise. Er sei hier quasi als Mitläufer in die Sache hineingezogen worden, wobei er jedoch selbst nie beabsichtigt habe, aktiv als Suchtmittelkäufer-, Verkäufer etc. aufzutreten. Alleine auf Grund eines möglichen Begleitwissens sei letztlich die Verurteilung erfolgt, was aber nicht nahelege, dass der Bw eine Verbreitung von Suchtmittel fördern wolle. Er habe selbst Kinder zu versorgen, es sei ihm die Problematik von Suchtmittel, gerade im Hinblick auf die erfolgten Festnahmen und Verurteilungen in der X „Dominikanerszene", vollinhaltlich bewusst.

 

Der Bw habe sich vor und nach den Straftaten immer vorbildlich in Österreich benommen, eine entsprechende Integration gepflegt, Deutschkurse absolviert und danach getrachtet, einer entsprechenden Beschäftigung nachzugehen. Sein Lebensmittelpunkt sei in Österreich bei seiner Familie, die er auch zu versorgen habe. Seine Familie sei, nunmehr, da seine Ehegattin wieder ein Kind bekomme, der Armut, auch Obdachlosigkeit ausgesetzt, wenn es ihm nicht ermöglicht werde, in Österreich zu verbleiben um einer geregelten Arbeit nachzugehen. Die Gefahr, auf eine „schiefe Laufbahn" zu geraten, sei weitaus höher, wenn er in die Dominikanische Republik abgeschoben werde, und dort wie viele andere keine Arbeit finde.

 

Verwiesen werde insbesondere auf die Bestimmung des § 67 Abs 1 FPG. Hier werde in der Entscheidung erster Instanz ausgeführt, dass strafrechtliche Verurteilungen alleine nicht ohne weiteres die Maßnahmen des Aufenthaltsverbotes gegen begünstigte Drittstaatsangehörige begründen könnten. Die Behörde erster Instanz stelle hier unstrittig nur auf die strafrechtliche Verurteilung ab.

 

Weiters müsse das persönliche Verhalten des Betroffenen eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die die Grundinteressen der Gesellschaft berührten, um ein Aufenthaltsverbot zu rechtfertigen. Das persönliche Verhalten des Bw sei keinesfalls geeignet noch eine gegenwärtige oder erhebliche Gefahr darzustellen, zumal er nur eine strafrechtliche Verurteilung aufweise und weder vorher noch nachher, insbesondere im Zusammenhang mit Suchtmittelkonsum- oder vertrieb, aufgefallen sei.

 

Der Bw sei durch die Dummheit, seinem Bruder zu helfen, bereits längere Zeit in Strafhaft gewesen, weswegen er keinesfalls noch eine gegenwärtige oder erhebliche Gefahr für derartige Interessen darstellen könne. Ganz im Gegenteil habe er nach dessen Haftentlassung sofort wieder Maßnahmen ergriffen, um einem geregelten Arbeitsleben und seiner Integration nachzukommen, um seine Familie hier in Österreich weiterhin zu versorgen.

 

Insgesamt betrachtet erfülle daher der Bw die Voraussetzungen zur Verhängung eines Aufenthaltsverbotes nicht. Die Ausweisung würde, wie bereits ausgeführt, zu einer massiven Schlechterstellung der in Österreich lebenden Familie führen. Es handle sich hier nicht nur um eine theoretische Folge, sondern um eine ganz konkrete Gefährdung, zumal der Bw hier in Österreich eine Arbeitsmöglichkeit hätte und mit dem Einkommen tatsächlich seine Familie versorgen könnte. Ohne ihn sei das wirtschaftliche Auskommen der Familie massiv gefährdet.

 

Bei richtiger, rechtlicher Beurteilung hätte sohin die Behörde erster Instanz von der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes absehen müssen.

 

Gerade in Zusammenschau mit dem Verhalten vor bzw. nach der Haftentlassung des Bw hätte die Behörde selbst bei Unterstellung einer Gefährdung vom Grundinteresse der Gesellschaft höchstens ein Aufenthaltsverbot von 2 Jahren verhängen dürfen.

 

Durch die Entscheidung der Ausweisung sei massiv in die Rechts- und Privatsphäre des Betroffenen eingegriffen worden. Wie bereits ausgeführt, sei die Ehegattin des Betroffenen zu einem weiteren Kind schwanger. Die sofortige Durchsetzung des Aufenthaltsverbotes würde zu massiven Einschränkungen insbesondere dahingehend führen, als der wirtschaftliche Nachteil, der durch die Ausweisung und allfällige Wiedereinreise im Falle der Aufhebung des Aufenthaltsverbotes entstehen würde, enorm wäre. Dieser Aufwand sei gerade im Zusammenhang mit dem Umstand, dass der Bw derzeit in Österreich nicht arbeiten dürfe, als existenzgefährdend zu betrachten. Gemäß § 68 Abs 2 FPG dürfe der Berufung gegen die Ausweisung die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt werden. Die sofortige Ausreise oder sofortige Durchsetzbarkeit liege nicht im öffentlichen Interesse, zumal der Beschuldigte nunmehr seit 1,5 Jahren aus der Haft entlassen sei und ebenso keinerlei Grundinteresse der Gesellschaft beeinträchtige.

 

Gemäß § 70 FPG 2005 könne einem Drittstaatsangehörigen auf Antrag während des Verfahrens zur Erlassung der Ausweisung, ein Durchsetzungsaufschub von höchstens 3 Monaten erteilt werden. Gerade in Zusammenschau mit der Schwangerschaft der Ehegattin sei es für den Bw unbedingt erforderlich, dieser in der Zeit der Schwangerschaft bzw. der Zeit der Geburt des Kindes beizustehen und für diese entsprechende Maßnahmen und Regelungen zu treffen und zu ergreifen, die sie gerade in Zusammenhang mit dem Neugeborenen nicht selbst durchführen könne. Seine Ehegattin sei unbedingt auf seine Hilfe angewiesen.

 

Insbesondere aus diesem Grund sei eine Gewährung eines Durchsetzungsaufschubes von 3 Monaten jedenfalls geboten.

 

Der Bw stelle daher den Antrag,

 

• der UVS OÖ möge der Berufung Folge geben und den angefochtenen Bescheid der BPD Linz vom 16.04.2012 zu AZ: 1061241/FRB ersatzlos beheben; in eventu

• die angefochtene Entscheidung der BPD Linz vom 16.04.2012 zu AZ: 1061241/FRB aufheben und ein allenfalls zu verhängendes Aufenthaltsverbot in geringerem Ausmaß verhängen;

• jedenfalls jedoch der Berufung aufschiebende Wirkung zuerkennen, sowie

• im Falle der Rechtskraft der Entscheidung dem Bw einen Durchsetzungsaufschub von 3 Monaten gewähren.

 

 

2.1. Die belangte Behörde legte den in Rede stehenden Verwaltungsakt mit Schreiben vom 2. Mai 2012 dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung vor.

 

2.2.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde.

 

2.2.2. Aus dem Akt ergibt sich, dass gegen den Bw wegen mehrfacher Handgreiflichkeiten gegen seine schwangere Gattin, deren Herkunftsstaat ursprünglich ebenfalls die Dominikanische Republik war, mit Wirkung 29. März 2012 ein Betretungsverbot nach § 38a SPG ausgesprochen wurde. Laut Auskunft der belangten Behörde wurde diesbezüglich jedoch kein Verwaltungsstrafverfahren gegen den Bw eingeleitet.

 

An rechtskräftigen Verwaltungsübertretungen liegen lediglich solche aus dem Bereich des Verkehrsrecht vor.

 

Aus einem aktuellen Versicherungsdatenauszug ergibt sich, dass der Bw wie folgt gemeldet war:

 

16. 05. 2007 - 16. 11. 2007 Selbstvers. § 16 Abs. 1 ASVG Wartezeit

17. 11. 2007 – 31. 12. 2008 Selbstversicherung § 16 Abs. 1 ASVG

01. 01. 2009 – 18. 03. 2009 Selbstvers. Krankenvers. § 16 ASVG

                                               X

19. 03. 2009 – 04. 05. 2009 Arbeiter

04. 06. 2009 – 19. 09. 2009 Arbeiter X

07. 01. 2010 – 31. 03. 2010 geringfügig beschäftigter Arbeiter X

 

2.2.3. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil eine solche nicht erforderlich war, nachdem sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt zweifelsfrei aus der Aktenlage ergibt, im Verfahren im Wesentlichen die Beurteilung von Rechtsfragen strittig ist und die Akten erkennen lassen, dass eine weitere mündliche Erörterung eine tiefgreifendere Klärung der Sache nicht erwarten lässt (§ 67d AVG).

 

Zudem liegt auch kein darauf gerichteter Parteienantrag vor. Im Übrigen wird angemerkt, dass dem sachverhaltsbezogenen Vorbringen des Bw ohnehin gefolgt wird. Davon unberührt bleibt jedoch die rechtliche Wertung insbesondere der Rolle des Bw im Rahmen der Straftaten, wobei der UVS hier dem Urteil folgt.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter den Punkten 1.1.1., 1.2. und 2.2.2. dieses Erkenntnisses dargestellten völlig unbestrittenen Sachverhalt aus.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1.1. Gemäß § 65b des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 - FPG idgF. BGBl. I Nr. 50/2012 unterliegen Familienangehörige (§ 2 Abs. 4 Z. 12) der Visumpflicht. Für sie gelten die Bestimmungen für begünstigte Drittstaatsangehörige nach den §§ 41a, 65a Abs. 2, 66, 67 und 70 Abs. 3.

 

Gemäß § 2 Abs. 4 Z. 12 FPG ist Familienangehöriger: wer Drittstaatsangehöriger und Ehegatte oder minderjähriges lediges Kind, einschließlich Adoptiv- oder Stiefkind ist (Kernfamilie); dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, die Drittstaatsangehörige sind.

 

3.1.2. Im vorliegenden Fall ist zunächst unbestritten, dass der Bw am 22. November 2008 eine österreichische Staatsangehörige geheiratet hat und somit  als Ehegatte einer solchen unter den Begünstigtenkreis des § 65b iVm. § 2 Abs. 4 Z. 12 FPG fällt. Dazu kann es keine Rolle spielen, dass die Ehegattin – wie auch der Bw – ursprünglich dominikanische Staatsangehörige war.

 

Die Verhängung von Aufenthaltsverboten für EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige ist in § 67 FPG geregelt, der durch § 65b FPG als anwendbar erklärt wird.

 

3.2.1. Gemäß § 67 Abs. 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

 

 

3.2.2. Nachdem sich der Bw erst seit rund 5 Jahren im Bundesgebiet aufhält, kommt § 67 Abs. 1 letzter Satz FPG nicht zur Anwendung.

 

Es ist – im Hinblick auf die oa Bestimmung - nun zu prüfen, ob das Verhalten des Bw auch aus derzeitiger Sicht geeignet erscheint, die öffentliche Ordnung oder Sicherheit nachhaltig und erheblich zu gefährden.

 

Bei Interpretation des unbestimmten Gesetzesbegriffs "nachhaltig" ist festzuhalten, dass darunter sowohl eine nach Intensität als auch Konstanz vorliegende Wirksamkeit angesprochen wird. Als Synonym bzw. Deskription von nachhaltig könnte demnach auch "wirksam andauern" verstanden werden.

 

Zum Vorliegen des Tatbestandselements der Gegenwärtigkeit bedarf es eines Sachverhalts, dessen Wirkungen nicht schon in der Vergangenheit erschöpft, sondern auch zumindest in die Gegenwart reichend anzusehen sind. Dies impliziert jedoch auch die Beurteilung einer aus Sicht des gegenwärtigen Augenblicks erstellten Zukunftsprognose.

 

"Erheblich" wiederum bedeutet in etymologischer Herleitung: "Schwer genug, um die Waagschale zu heben". Ursprünglich aus dem Rechtsbegriff Relevanz abgeleitet, übersteigt "erheblich" in der Gemeinsprache den Ursprungsbegriff der Intensität nach.

 

Die eben dargestellten Tatbestandselemente müssen zur Rechtfertigung eines Aufenthaltsverbotes kumulativ gegeben sein.

 

 

3.2.3. Im vorliegenden Fall wurde der Bw vom LG Linz, zu 61 Hv 48/10 a, wegen des Verbrechens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs. 1 1. und 2. Fall, Abs. 2 SMG und des Verbrechens des Suchtgifthandels als Bestimmungstäter nach §§12 2. Fall, 15 Abs. 1 StGB, 28a Abs. 1 6. Fall und Abs. 4 Z. 3 SMG rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von 23 Monaten verurteilt.

 

Der Verurteilung lag zu Grunde, dass der Bw am 11.02.2009 in X gemeinsam mit seinem Bruder X vorschriftswidrig Suchtgift in einer das 15-fache der Grenzmenge übersteigenden Menge, nämlich zumindest 1.000 Gramm Kokain in einer Reinsubstanz von 400 Gramm Kokain, von X, welche das Suchtgift zuvor am 08.02.2009 im Auftrag von X via Madrid aus der Dominikanischen Republik aus- und nach Österreich eingeführt hatte, mit dem Vorsatz erwarb und besaß, es in Verkehr zu setzen;

Ende März/Anfang April 2009 bestimmte er in X X dazu, dem präsumtiven Suchtgiftabnehmer X eine das 25-fache der Grenzmenge übersteigende Suchtgiftmenge, nämlich 1.000 Gramm Kokain in einer Reinheitssubstanz von 400 Gramm Kokain, zu verschaffen, indem der Bw X ansprach, ob sie nicht wieder „arbeiten" wolle, er den Kontakt zu X herstellte und X sodann in dessen Auftrag bzw. dem Auftrag von X den Kontakt mit dem Suchtgiftlieferanten „X" in der Dominikanischen Republik zum Ankauf der Suchtgiftmenge herstellen und den Erwerb zum Zweck der Einfuhr nach Österreich mittels eines Drogenkuriers arrangieren sollte, wobei es infolge der späteren Abkehr der X vom ursprünglichen Tatentschluss beim Versuch blieb.

 

3.2.4.1. Die Verhinderung von Straftaten gerade im so sensiblen Bereich der Suchtgiftkriminalität, insbesondere wenn sie in der hier vorliegenden der gehandelten Menge nach massiven Form gegeben ist, zählt unbestritten zum Grundinteresse der Gesellschaft, auf dem die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit basiert. Zu den von der Suchtgiftkriminalität ausgehenden und diese begleitenden Gefährdungen darf – um Wiederholungen zu vermeiden – diesbezüglich auf die völlig zutreffenden Ausführungen der belangten Behörde verwiesen werden.

 

3.2.4.2. Maßgeblich ist aber nicht primär, dass eine strafgerichtliche Verurteilung ausgesprochen wurde, sondern dass im Sinne einer Prognoseentscheidung das gegenwärtige und zukünftige Verhalten einer Person im Lichte einer strafgerichtlichen Verurteilung rechtlich zu würdigen ist. Es ist also im konkreten Einzelfall zu analysieren, ob davon ausgegangen werden kann, dass sich der Bw hinkünftig rechtskonform verhalten wird bzw. ob sein Aufenthalt eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die oa. Schutzgüter darstellt.  

 

3.2.4.3. Es zeugt fraglos von evidenter krimineller Energie, Suchtgifthandel in einem erstaunlich hohem Umfang zu betreiben. Allein schon die Tatsache, dass der Bw offensichtlich am Handel von einer besonders großen Menge Kokain profitieren wollte, zeigt einen im Grunde menschenverachtenden und unverantwortlichen Zugang des Bw zu den Werten der Gesellschaft.

 

An dieser Feststellung ändert es so auch nichts, wenn der Bw anführt, beruflich und sozial integriert sowie Ersttäter gewesen zu sein. Das nachträgliche Wohlverhalten steht zwar bislang außer Zweifel, allerdings ist der Zeitraum für diese Beobachtung jedenfalls noch zu kurz, um einen Wegfall der kriminellen Energie tatsächlich annehmen zu können.

 

Demnach werden auch die völlig verharmlosenden Darstellungen in der Berufung hinsichtlich der Beteiligung des Bw am in Rede stehenden Suchtgifthandel mit äußerstem Befremden zur Kenntnis genommen, wenn er zum Einen nur Fahrer seines Bruders - des Haupttäters – gewesen sein will, wobei im Urteil vom 4. März 2011 klar zum Ausdruck gebracht wird, dass auch der Bw selbst die Intention des Erwerbs und des Besitzes von immerhin 1 kg. Kokain im Rahmen der Tat verfolgte. Solches geht wohl über bloße Fahrerdienste weit hinaus, was nicht zuletzt auch vom urteilenden Gericht mit einer entsprechenden Strafe gewertet wurde. Die "bloß untergeordnete Rolle" des Bw, die er nun vorzugeben bestrebt ist, kann und wurde in diesem Sinn auch nicht erkannt.

 

Gleiches gilt für die zweite Tathandlung, die betreffend der Bw – ebenfalls in der Berufung – von einer "angeblichen" Bestimmungstäterschaft spricht und die lediglich mangels Entsprechung der Bestimmung durch die potentielle Haupttäterin nicht zum beabsichtigten Drogenhandel führte.

 

Damit aber dokumentiert der Bw eindrucksvoll, dass er in sträflich verharmlosender Weise das Unrecht seiner – wenn auch im Jahr 2009 begangenen – Taten negiert, was schlussendlich auch zur Bejahung der Gegenwärtigkeit der von ihm ausgehenden Gefahr anregt. In Anbetracht der hohen Sozialschädlichkeit von Drogendelikten und angesichts der in diesem Bereich notorisch feststellbaren hohen Rückfallsquoten ist sowohl die tatsächliche als auch die erhebliche Gefahr gegeben.

 

Im Grunde regt der Bw mittelbar selbst Zweifel an der vollzogenen Läuterung an, wenn er ausführt, dass die Durchsetzung der ggst. aufenthaltsbeendenden Maßnahme viel eher geeignet wäre, ihn neuerlich auf die schiefe Bahn zu lenken. Auch eine – in der Dominikanischen Republik wohl zu erwartende – wirtschaftliche Schlechterstellung des Bw dürfte nicht zwangsläufig zur Revitalisierung seines kriminellen Verhaltens führen, weshalb die diesbezügliche Feststellung in der Berufung beinahe als oppressiv angesehen werden könnte.  

 

Es kann jedenfalls – angesichts der doch gefestigten kriminellen Verhaltensweisen des Bw – zum jetzigen Zeitpunkt nicht geschlossen werden, dass nunmehr das oben beschriebene Gefährdungspotential von ihm nicht mehr ausgeht und die unbestritten in hohem Maße vorhandene kriminelle Energie nicht mehr vorliegt.

 

Eine allfällig geänderte Einstellung des Bw zu den rechtlich geschützten Werten muss sich erst nach einem gewissen Beobachtungszeitraum beweisen, um eine positive Zukunftsprognose erstellen zu können.

 

3.2.4.4. Ohne den Grundsatz in dubio pro "reo" außer Acht zu lassen, folgt das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates im Grunde der Ansicht der belangten Behörde, dass das Verhalten des Bw auch zum jetzigen bzw. zukünftigen Zeitpunkt eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefährdung des Grundinteresses der Gesellschaft an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit in Form des Schutzes der Gesellschaft, vor allem von Jungen Menschen und deren Gesundheit wie auch nicht zuletzt der Verhinderung von Straftaten bildet.

 

In diesem Sinn ist die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes gegen den Bw fraglos gerechtfertigt. Allerdings ist bei der Beurteilung des Falls auch auf § 61 FPG bzw. Art. 8 EMRK Bedacht zu nehmen.

 

3.3.1. Gemäß § 61 Abs. 1 FPG ist, sofern durch eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 2 FPG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

1.      die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der        bisherige          Aufenthalt des Fremden rechtmäßig war;

2.      das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3.      die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4.      der Grad der Integration;

5.      die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;

6.      die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7.      Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des      Asyl-          Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8.      die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem   Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren   Aufenthaltstatus bewusst waren;

9.      die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes in den Behörden       zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 3 FPG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung oder einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung schon allein  aufgrund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder 51ff. NAG) verfügen, unzulässig wäre.

3.3.2. Im Sinne der zitierten Normen ist eine Interessensabwägung – basierend auf einer einzelfallbezogenen  Gesamtbetrachtung – vorzunehmen.

 

Es ist festzuhalten, dass es gestützt auf die ständige Rechtsprechung der Höchstgerichte grundsätzlich zulässig und erforderlich ist, Maßnahmen zu ergreifen, um Straftaten durch Fremde dauerhaft im Bundesgebiet zu unterbinden, da ein solcher rechtswidriger Status fraglos dazu geeignet ist, die öffentliche Ordnung und Sicherheit eines Staates massiv zu beeinträchtigen. Wiederum wird zur Vermeidung von Wiederholungen auch auf Punkt 1.1.2. und 3.2. dieses Erkenntnisses verwiesen. Daraus folgt, dass das diesbezügliche öffentliche Interesse hoch anzusetzen ist und ein Aufenthaltsverbot grundsätzlich ein nicht inadäquates Mittel darstellt, um einen rechtskonformen Zustand wiederherzustellen und zu erhalten. Dies gilt jedoch nur insofern, als die privaten bzw. familiären Interessen im jeweils konkreten Einzelfall nicht als höherrangig anzusehen sind.

 

3.3.3. Es ist nun festzustellen, dass im Fall des Bw sowohl das Familien- als auch das Privatleben hinsichtlich der Interessensabwägung gemäß § 61 Abs. 2 FPG zu erörtern sind, da der Bw mit einer österreichischen Staatsangehörigen verheiratet ist und mit ihr nicht nur im selben Haushalt lebt, sondern darüber hinaus 2 gemeinsame minderjährige Kinder hat. Zudem erwartet die Ehegattin nunmehr ein drittes Kind.

 

3.3.4.1. Wie sich aus dem Sachverhalt ergibt, befindet sich der Bw seit rund 5   Jahren im Bundesgebiet, wobei der Aufenthalt durchgängig rechtmäßig war. 

 

3.3.4.2. In beruflicher Hinsicht kann dem Bw allenfalls eine durchschnittliche Integration zugemessen werden, zumal er seit dem Jahr 2010 nicht mehr einer legalen Beschäftigung nachging bzw. nachgehen konnte. Wenn er auch einen Arbeitsvorvertrag vorweisen kann, ist per se derzeit noch nicht von einer Selbsterhaltungsfähigkeit im klassischen Sinn auszugehen.

 

Die soziale Integration hingegen ist als durchaus vorliegend anzuerkennen, zumal der Bw nicht nur durch die Familie Anknüpfungspunkte zum Bundesgebiet hat, sondern diese auch durch entsprechende Deutschkenntnisse dokumentieren kann.

 

3.3.4.3.  Es besteht seit der Entlassung aus der Strafhaft vor gut einem halben Jahr ein tatsächliches Familienleben mit seiner Ehegattin und den gemeinsamen Kindern, wobei schon hier anzumerken ist, dass deren Interessen im Sinne des § 61 Abs. 3 FPG besonders zu berücksichtigen sein werden, zumal sie österreichische Staatsangehörige sind. Das Privat- und Familienleben des Bw erscheint auch aus diesem Grund schützenswert. Diese Feststellung wird dadurch etwas gemindert, als aufgrund der Inhaftierung des Bw für knapp zwei Jahre die Entwicklung des Familienlebens – vor allem aus Sicht der beiden Kleinkinder – fraglos gehemmt war und die Ehegattin des Bw gerade in diesem Zeitraum (wie auch seit der Entlassung aus der Strafhaft) für das wirtschaftliche Wohl der Familie sorgen musste. Es ist natürlich auch besonders auf die Bedeutung der Vaterrolle in der Folgezeit der Geburt hinzuweisen, was hier keinesfalls übersehen werden darf. Dieses Element – nämlich die Interessen der Kinder – wiegen in einer Erörterung des Privat- und Familienlebens im vorliegenden Fall durchaus schwer. Alleine; sie sind nicht geeignet unbedingt stets das Überwiegen der privaten bzw. familiären Interessen nach sich zu ziehen. Jedoch muss jedenfalls, wenn das Überwiegen der öffentlichen Interessen festgestellt wird, schon im Sinn der Verhältnismäßigkeit ein derartiges Familienleben zumindest bei der Bemessung der Gültigkeitsdauer berücksichtigt werden, um die Interessen der Familienangehörigen nicht zu stark zu beeinträchtigen.

 

3.3.4.4. Dem volljährigen Bw, der im Heimatland aufgewachsen war, dort sprachlich und kulturell offenbar sozialisiert ist und der erst die letzten 5 Lebensjahre im Bundesgebiet aufhältig ist, kann eine allfällige Reintegration in der Dominikanischen Republik wohl zugemessen werden. Es ist aber unbestritten, dass die Trennung von seiner Familie in Österreich einen gravierenden Einschnitt in seine persönlichen Interessen darstellt. Rein wirtschaftlich gesehen kann der Bw auch vom Ausland aus seine Familie unterstützen und somit zu deren Lebensunterhalt beitragen. Für die persönliche Beziehung muss zumindest für eine (wie hier überschaubare Zeit) das Auslangen mit Telefon oder Skype gefunden werden, zumal der Ehegattin, auch wenn diese der Herkunft nach ebenfalls aus der Dominikanischen Republik stammt und somit dort kulturell und sprachlich integriert wäre, wobei diese Integration auch für die im Kleinkindesalter befindlichen Kinder möglich wäre, nicht zwangsläufig zugesonnen werden kann, dem Ehegatten für die Dauer der fremdenpolizeilichen Maßnahme in den gemeinsamen Herkunftsstaat zu folgen. Dem Bw selbst wäre diese Trennung – als Folge seines eigenen und von ihm zu verantwortenden - Fehlverhaltens schon mit weniger Bedenken zumutbar.

 

3.3.4.5. Zu den strafgerichtlichen Verurteilungen wird auf Punkt 3.2. dieses Erkenntnisses verwiesen. Im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit und Sozialschädlichkeit der Suchtgiftkriminalität erscheinen die oa. Verfehlungen des Bw und die daraus resultierende beträchtliche Gefährdung der öffentlichen Interessen in der Abwägung äußerst gewichtig.  

 

Angemerkt sei aber auch noch, dass das hier ins Treffen geführte Familienleben durch eine – wenn auch verwaltungsstrafrechtlich konsequenzenlos gebliebene Wegweisung des Bw im März 2012 infolge von massiven Streitigkeiten zumindest zeitweilig erschüttert wurde. Die Verwaltungsvorstrafen im Verkehrsbereich sind in die Gewichtung als weniger relevant mit einzubeziehen.

 

3.3.4.6. Das Privat- und Familienleben entstand nicht erst zu einem aufenthaltsrechtlich unsicheren Zeitpunkt. Genau so wenig können Verzögerungen von Seiten der Behörden festgestellt werden.

 

3.3.5. Insgesamt ist der belangten Behörde zu folgen, dass den öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit sowie an der Verhinderung strafbarer Handlungen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK im konkreten Einzelfall der Vorrang vor den persönlichen Interessen des Bw gegeben werden muss. Diese Annahme stützt sich auf die besondere Sensibilität der Suchtgiftkriminalität ohne jedoch die besonders stark ausgeprägte Integration des Bw außer Acht zu lassen oder gar die massiven Interessen der Familienangehörigen (ÖsterreicherInnen) im Sinne des § 61 Abs. 3 FPG – wie oben näher ausgeführt - gering zu schätzen. Diese müssen jedoch – wie im Übrigen schon während der selbst verschuldeten Inhaftierung des Bw – eine weitere räumliche Trennung vom Vater bzw. Ehegatten in Kauf nehmen.

 

Der Bw kann sich somit nicht durchschlagend auf den Schutz seines Privat- und Familienlebens berufen.

 

3.4.1. Gemäß § 67 Abs. 2 FPG kann ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von höchstens 10 Jahren erlassen werden.

 

Gemäß § 67 Abs. 3 FPG kann ein Aufenthaltsverbot unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

 

     1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

 

     2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

 

     3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

 

     4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

 

 

 

Gemäß § 67 Abs. 4 FPG ist bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist beginnt mit Eintritt der Durchsetzbarkeit zu laufen.

 

 

3.4.2. Hinsichtlich der Dauer des Aufenthaltsverbotes erachtet das erkennende Mitglied des UVS Oberösterreich im Hinblick auf die Ersttäterschaft des Bw und seine besonders hohe Integration im Bundesgebiet, aber auch nicht zuletzt wegen der zu berücksichtigenden Interessen seiner österreichischen Familienangehörigen eine 2-jährige Gültigkeitsdauer für angemessen. Es kann wohl nach diesem Zeitraum erwartet werden, dass das vom Bw ausgehende Gefährdungspotential nicht mehr in der nunmehrigen Intensität bestehen wird.

 

3.5.1. Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

 

3.5.2. Diese Bestimmung ist auch gemäß § 65b auf Familienangehörige von österreichischen Staatsangehörigen anzuwenden. Es handelt sich dabei um eine "Ist-Bestimmung", wodurch der Behörde grundsätzlich kein Ermessensspielraum eingeräumt wird.

 

Die in der Berufung angestrebte Erstreckung des Durchsetzungsaufschubes nach § 70 Abs. 2 FPG kann, nachdem dort explizit die Ausweisung nach § 62 und das Aufenthaltsverbot nach § 63 angesprochen werden, im vorliegenden Fall schon dem Gesetzeswortlaut nach nicht in Frage kommen.

 

Überdies wird angemerkt, dass wohl die gesetzlich vorgesehene einmonatige Frist auch bei Bestehen eines entsprechenden Ermessens als durchaus angemessen erkannt werden müsste.

 

3.6.1. Es war daher der Berufung hinsichtlich der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes stattzugeben und eine entsprechende Reduktion auf 2 Jahre festzusetzen, im Übrigen aber der angefochtene Bescheid zu bestätigen. 

 

3.6.2. Da der Bw offenbar der deutschen Sprache ausreichend mächtig ist, konnte die Übersetzung des Spruchs sowie der Rechtsmittelbelehrung dieses Bescheides gemäß 67 Abs. 5 iVm. § 59 Abs. 1 FPG unterbleiben. 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro (Eingabegebühr) angefallen.

 

Bernhard Pree

Beachte:

 

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

 

VwGH vom 16. November 2012, Zl.: 2012/21/0209-11

 

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