Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730351/25/Wg/JO

Linz, 24.07.2012

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Wolfgang Weigl über die Berufung des X, geb. X, vertreten durch X, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 17. Dezember 2009, AZ: 1004658/FRB, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 24. April 2012, zu Recht erkannt:

 

 

Der Antrag vom 22. Mai 2009 auf Aufhebung des mit Bescheid der BPD Linz vom 6. September 2001, Zl 1004658/FRB, erlassenen Aufenthaltsverbotes – nunmehr Rückkehrverbotes – wird als unzulässig zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG)

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die Bundespolizeidirektion Linz wies mit Bescheid vom 17. Dezember 2009 den Antrag des Berufungswerbers (im Folgenden: Bw) vom 22. Mai 2009 auf Aufhebung des mit Bescheid der BPD Linz vom 6. September 2001 unter der Zl. 1004658/FRB erlassenen, auf 10 Jahre befristeten Aufenthaltsverbotes, gemäß § 65 Abs.1 Fremdenpolizeigesetz 2005 ab. Die Behörde argumentierte, im Hinblick auf die vom Berufungswerber begangenen Verbrechen bzw. Vergehen sei die Verhängung eines 10-jährigen Aufenthaltsverbotes dringend erforderlich. Bereits mit Schreiben vom 7. November 2006 habe er einen Antrag auf Aufhebung des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes gestellt. Dieser Antrag sei mit Bescheid vom 22. November 2006 abgewiesen worden. Einer dagegen erhobenen Berufung sei mit Bescheid der SID vom 11. Jänner 2007 keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt worden. Einer gegen den Bescheid der SID erhobenen Beschwerde beim VwGH sei keine Folge gegeben worden, sondern sei mit Erkenntnis des VwGH vom 24. April 2007 die gegenständliche Beschwerde als unbegründet abgewiesen worden. Im diesbezüglichen Erkenntnis des VwGH sei sein bisheriges Wohlverhalten sowie der Umstand berücksichtigt worden, dass er geheiratet habe und mit seiner Familie zusammenleben möchte. Dem gegenständlichen Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes habe er neuerlich damit begründet, dass er, zwischenzeitig zwar geschieden, jedoch in einer neuen Lebensgemeinschaft, mit seiner Frau zusammenleben möchte, insbesondere deshalb, weil er seit X eine gemeinsame leibliche Tochter habe. Angesichts seines insgesamt sehr schwerwiegenden Gesamtfehlverhaltens sei auch derzeit die Beibehaltung des Aufenthaltsverbotes zulässig, zumal sie weiter dringend geboten sei.

 

Dagegen richtet sich die Berufung vom 28. Dezember 2009. Der Bw stellte darin die Anträge, die Berufungsbehörde möge den hier angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass seinem Antrag Folge gegeben und das über ihn mit Bescheid der BPD Linz vom 6. September 2001 erlassene Aufenthaltsverbot aufgehoben werde; oder den angefochtenen Bescheid der Erstbehörde aufheben und dieser die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auftragen. Er verwies in der Begründung auf sein gesamtes erstinstanzliches Vorbringen. Entgegen der Rechtsansicht der Erstbehörde hätten sich die Verhältnisse gegenüber der Erlassung des Aufenthaltsverbotes wesentlich geändert. Die strafgerichtlichen Verurteilungen würden bereits viele Jahre zurückliegen. Die letzte strafgerichtliche Verurteilung stamme aus dem Jahr 2001. Die auf Seite 2 des erstinstanzlichen Bescheides angeführten Verwaltungsstrafen würden aus dem Jahr 1999 stamme. Sie seien verwaltungsstrafrechtlich längst getilgt. Zu berücksichtigen sei seine Familiengründung. Er sei am X Vater geworden und gehe einer geregelten Beschäftigung nach. Er habe aus seinen Fehlern gelernt und sei gewillt in Zukunft ein geordnetes und dem Gesetz entsprechendes Leben zu führen. Er habe dies auch in der letzten Zeit unter Beweis gestellt und sei nicht mehr strafrechtlich in Erscheinung getreten. Bei richtiger Würdigung seines Vorbringens und gesetzesgemäßer Ermessensübung sei auch im Lichte des Artikel 8 EMRK das gegen ihn verhänge Aufenthaltsverbot aufzuheben.

 

Nach Inkrafttreten wesentlicher Bestandteile des Fremdenrechtsänderungs-gesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 am 1. Juli 2011 übermittelte die Sicherheitsdirektion den Berufungsakt zuständigkeitshalber dem Oö. Verwaltungssenat.

 

Der Verwaltungssenat führte am 24. April 2012 eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durch.

 

Der Bw erstattete eingangs folgendes Vorbringen:

"Der Berufungswerber hat mit Eingabe vom 19. April 2012 gegen das Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 28. März 2012 Beschwerde beim Asylgerichtshof erhoben. Die Beschwerde wird dem Verhandlungsleiter zur Einsicht vorgelegt. Im Übrigen wird auf den Berufungsschriftsatz verwiesen. Die dort gestellten Anträge werden ausdrücklich aufrecht erhalten. Weiters werden folgende Dokumente vorgelegt: Schulbesuchsbestätigung für das Schuljahr 1991/92, 92/93, 93/94, 94/95, Lohnbestätigung der "X" vom 23. April 2012, Bestätigung der X vom 12. April 2012, Geburtsurkunde X, Meldebestätigung X, X, X, Kurzarztbrief X vom 11. April 2012, Mietvertrag, Versicherungsdatenauszug."

 

Abschließend erstattete der Bw folgendes Vorbringen:

"Aufgrund der in der Verhandlung dargestellten familiären Situation des Berufungswerbers insbesondere auch in Anbetracht bzw. wegen der schweren Erkrankung seiner kleinen Tochter ist insgesamt eine positive Zukunftsprognose zu erstellen. Ich ersuche um Aufhebung des verhängten Aufenthaltsverbotes. Im Übrigen wird auf den Berufungsschriftsatz verwiesen."

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat stellt folgenden Sachverhalt fest:

 

Der Berufungswerber wurde am X geboren und ist Staatsangehöriger von Bosnien und Herzegowina.

 

Er reiste im Jahr 1990 in das Bundesgebiet ein und ist seither hier niedergelassen. Die Bundespolizeidirektion Linz erließ mit Bescheid vom 6. September 2001, AZ: 1004658/FRB, gegen den Berufungswerber gemäß § 36 Abs.1 sowie Abs.2 Z1 und 2 iVm §§ 37 und 39 Fremdengesetz 1997 – FRG, BGBl. I Nr. 75/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 134/2000, auf ein 10 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich. Das Aufenthaltsverbot stützt sich auf die damals aufscheinenden rechtskräftigen strafrechtlichen Verurteilungen des Bw.

 

Die Sicherheitsdirektion Oberösterreich gab der dagegen erhobenen Berufung mit Bescheid vom 5. Juni 2002, Zl. St 136/01, keine Folge und bestätigte den angefochtenen Bescheid. Dieser Berufungsbescheid wurde dem rechtsanwaltlichen Vertreter des Bw am 10. Juni 2002 zugestellt.

 

Der Bw stellte mit Eingabe vom 17. November 2006 einen Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes vom 6. September 2001. Die BPD Linz wies diesen Antrag mit Bescheid vom 22. November 2006 als unbegründet ab.

 

Die Sicherheitsdirektion Oberösterreich gab der dagegen erhobenen Berufung mit Bescheid vom 11. Jänner 2007, Zl.  St 281/06, keine Folge und bestätigte den angefochtenen Bescheid.

 

Der Verwaltungsgerichthof wies die dagegen erhobene Beschwerde mit Erkenntnis vom 24. April 2007, Zl. 2007/18/0120-3, als unbegründet ab. Aus der Begründung des VwGH-Erkenntnisses geht im Wesentlichen hervor:

"1. Gemäß § 65 Abs. 1 FPG ist ein Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind. Demnach kann ein Antrag auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes nur dann zum Erfolg fuhren, wenn sich seit der Erlassung der Maßnahme die dafür maßgebenden Umstände zu Gunsten des Fremden geändert haben, wobei im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag auch auf die nach der Verhängung des Aufenthaltsverbotes eingetretenen und gegen die Aufhebung dieser Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen ist. Da bei der Entscheidung über die Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes die Rechtmäßigkeit des Bescheides, mit dem das Aufenthaltsverbot erlassen wurde, nicht mehr überprüft werden kann, ist für den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides über den Aufhebungsantrag zu beurteilen, ob die Voraussetzungen für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes wegen einer Änderung der Umstände zu Gunsten des Fremden weggefallen sind. (Vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 29. November 2006, ZI. 2006/18/0327.)

 

2. Der Hinweis des Beschwerdeführers zur Darlegung der inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids auf "das gesamte Vorbringen im Verwaltungsverfahren" ist schon deshalb nicht zielführend, weil damit eine gesetzmäßige Darlegung der Beschwerdegründe im Sinn des § 28 Abs. 1 Z. 5 VwGG nicht erfolgt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 18. Mai 2006, ZI. 2006/18/0095, mwH).

 

3. Als geänderte Umstände zu seinen Gunsten macht der Beschwerdeführer insbesondere geltend, dass er mittlerweile seit dem X verheiratet sei, mit seiner Familie zusammenlebe und den Rückhalt seiner Familienangehörigen besitze. Selbst wenn die Zeit des Wohlverhaltens nach Entlassung aus der Strafhaft gering sei, würden diese Gesichtspunkte doch zeigen, dass der Beschwerdeführer gewillt sei, sich in Zukunft wohl zu verhalten, keine strafbaren Handlungen mehr zu begehen und nur mehr für seine Familie dazusein.

 

4. Das behauptete Wohlverhalten ist nicht geeignet, die vom Beschwerdeführer auf Grund der unstrittig festgestellten Straftaten ausgehende gravierende Gefahrdung öffentlicher Interessen entscheidend zu mindern;, weil - wie die Beschwerde einräumt - die Zeit des Wohlverhaltens des Beschwerdeführers nach Entlassung aus der Strafhaft kurz ist und der vom Beschwerdeführer behauptete Gesinnungswandel nur daran geprüft werden kann, wie lange sich der Beschwerdeführer in Freiheit wohlverhalten hat (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 5. September 2006, ZI. 2006/18/0174). Vielmehr lässt das unstrittige, im angefochtenen Bescheid festgehaltene über einen Zeitraum von etwa zehn Jahren - zum Teil auch nach Erlassung des Aufenthaltsverbots - gesetzte und sich (wie insbesondere die den Verurteilungen in den Jahren 2002 und 2006 zu Grunde liegenden qualifizierten Diebstahlsdelikte und Verstöße gegen das SMG zeigen) im Lauf der Zeit in Art und Schwere gesteigerte Fehlverhalten die Annahme nach § 60 Abs. 1 FPG auch im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides als gerechtfertigt erscheinen. An dieser Beurteilung vermag das Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe geheiratet, er lebe mit seiner Familie zusammen und besitze deren Rückhalt, nichts zu ändern.

 

5. Mit Blick auf § 66 Abs. 1 und 2 FPG bringt der Beschwerdeführer vor, dass sich seine Eltern schon seit 22 bzw. 30 Jahren in Österreich aufhielten, dass hier auch seine drei Schwestern (die die österreichische Staatsbürgerschaft besäßen) und seine Großmutter leben würden, und dass auch mehrere Onkeln und Tanten die österreichische Staatsbürgerschaft besäßen. Er selbst lebe bereits seit seinem neunten Lebensjahr in Österreich, er hätte in seinem Heimatland kein soziales Netzwerk und würde auch die bosnische Sprache nicht ausreichend beherrschen.

Bei der Interessenabwägung gemäß § 66 Abs. 1 und 2 FPG hat die belangte Behörde angesichts der persönlichen Interessen des Beschwerdeführers zutreffend einen mit der Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbots verbundenen relevanten Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers iSd § 66 Abs. 1 FPG angenommen. Wenn sie dennoch angesichts des insgesamt schwerwiegenden Gesamtfehlverhaltens des Beschwerdeführers die Beibehaltung des Aufenthaltsverbots im Licht dieser Gesetzesbestimmung für zulässig, weil dringend geboten, erachtet hat, so ist dies in Ansehung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten maßgeblichen öffentlichen Interessen an der Verhinderung strafbarer Handlungen, am Schutz der Rechte und Freiheiten anderer sowie am Schutz der Gesundheit nicht als rechtswidrig zu erkennen. Unter Zugrundelegung dieses großen öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung der fremdenpolizeilichen Maßnahme erweist sich ferner das Ergebnis der von der belangten Behörde gemäß § 66 Abs. 2 FPG vorgenommenen Abwägung - auch unter Berücksichtung der vorgebrachten Umstände - als unbedenklich. Dabei kann seine Eheschließung am X nicht wesentlich zu Gunsten des Beschwerdeführers ausschlagen, erfolgte diese doch zu einem Zeitpunkt, zu dem der Beschwerdeführer wusste, dass er nicht mit einem rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich rechnen durfte.

Wenn der Beschwerdeführer für seinen Standpunkt auf das Urteil des EGMR vom 6. Februar 2003, ZI. 36757/97, im Fall Jakupovic v. Österreich hinweist, so ist ihm entgegenzuhalten, dass der diesem Urteil zugrunde liegende Fall mit dem vorliegenden Beschwerdefall in wesentlichen Punkten nicht vergleichbar ist, wurde doch der Beschwerdeführer - anders als der Beschwerdeführer Jakupovic - nicht bloß zu bedingten Haftstrafen für der Dauer von fünf Monaten bzw. für zehn Wochen, sondern auf Grund seines durch einen längeren Zeitraum hindurch gesetzten wiederholten Fehlverhaltens u.a. zu Freiheitsstrafen in der Dauer von neun Monaten, zweieinhalb Jahren sowie zehn Monaten verurteilt. Dass diese Haftstrafen bedingt für eine Probezeit verhängt worden wären, ergibt sich weder aus dem angefochtenen Bescheid noch aus der Beschwerde."

 

Mit Eingabe vom 22. Mai 2009 stellte der Bw erneut einen Antrag, die BPD Linz, möge das über ihn verhängte Aufenthaltsverbot vom 6. September 2001 aufheben. In diesem Antrag führt der Bw aus:

"Zur Begründung verweise ich darauf, dass ich mich nun doch bereits län­gere Zeit wohl verhalten habe und mein Leben grundlegend geändert ha­be. Ich lebe seit X mit der bosnischen Staatsangehörigen X zusammen. Ich bin am X Vater einer Tochter mit dem Namen X geworden. Ich gehe einer geregelten Beschäftigung nach und arbeite bei der Firma X. Ich habe aus meinen Feh­lern gelernt und möchte in Zukunft ein geordnetes und dem Gesetz ent­sprechendes Leben führen. Jene Umstände die zur Erlassung des Aufent­haltsverbots geführt haben, sind mittlerweile weggefallen. Die gesetzli­chen Voraussetzungen für die Aufhebung des Aufenthaltsverbots liegen vor."

 

Daraufhin erließ die BPD den nunmehr bekämpften Bescheid.

 

Zum Asylverfahren des Berufungswerbers ist festzustellen, dass er aus dem Stande der Strafhaft am 20. April 2005 einen Antrag auf Gewährung von Asyl stellte. Am 30. Jänner 2006 wurde gegen ihn ein Ausweisungsverfahren gemäß § 27 Abs.2 Asylgesetz eingeleitet, da er am 26. Jänner 2006 in X, in der Bäckerei X, bei einem versuchten Diebstahl durch Einbruch auf frischer Tat von den Organen des Öffentlichen Sicherheitsdienstes betreten worden war. Über ihn wurde in der Folge die Untersuchungshaft verhängt. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 4. April 2006, Zl. 0505.621, wurde der Asylantrag des Bw vom 20. April 2005 gemäß § 7 Asylgesetz 1997 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Weiters wurde die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Bw nach "Bosnien Montenegro" gemäß § 8 Abs.1 Asylgesetz für zulässig erklärt (Spruchpunkt II.) und gleichzeitig gemäß § 8 Abs.2 Asylgesetz dessen Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach "Bosnien Montenegro" verfügt (Spruchpunkt III.). Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 12. Juni 2006, GZ: 301.429-C1/E1-XVI/46/06, wurde die Berufung gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesasylamtes vom 4. April 2006 gemäß § 7 Abs.1 Asylgesetz abgewiesen, weiters die Berufung gegen Spruchpunkt II. des Bescheides des Bundesasylamtes gemäß § 8 Abs.1 Asylgesetz mit der Maßgabe abgewiesen, dass "die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung von X nach Bosnien und Herzegowina gemäß § 8 Asylgesetz zulässig ist", und die Berufung gegen Spruchpunkt III. gemäß § 8 Abs.2 Asylgesetz mit der Maßgabe abgewiesen, dass "gemäß § 8 Abs.2 Asylgesetz X aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Bosnien und Herzegowina ausgewiesen wird". Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. April 2010, Zl.: 2006/01/0411-9, wurde Spruchpunkt III. des Bescheides des Unabhängigen Bundesasylsenates wegen Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Im Übrigen – bezüglich der Spruchpunkte I. und II. – wurde die Behandlung der Beschwerde abgelehnt. Begründend führte der VwGH aus, dass der Bw seit seinem 10. Lebensjahr in Österreich lebe, in Österreich aufgewachsen sei und sich über einen Zeitraum von rund 11 Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten habe, wo auch seine Familie lebe. Ausgehend davon hätte es im vorliegenden Fall jedenfalls näherer Feststellungen zu den konkreten Tathandlungen der begangenen Delikte und den sich daraus für die fallbezogene Abwägung ergangenen Schlussfolgerungen bedurft, die im angefochtenen Bescheid fehlen würden. Der angefochtene Bescheid sei daher im Hinblick auf seinen Spruchpunkt III. mit relevanten Begründungsmängeln belastet. Das Verfahren wurde in weiterer Folge vom Asylgerichtshof fortgesetzt. Der Asylgerichtshof wies den Berufungswerber mit Erkenntnis vom 28. März 2012, gemäß § 10 Abs.1 Z2 Asylgesetz 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Bosnien und Herzegowina aus. Der Bw erhob gegen das Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 28. März 2012 mit Schriftsatz vom 19. April 2012 Beschwerde beim VfGH. Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom 27. Juni 2012, Zl U 794/12-3, die Behandlung der Beschwerde ab.  

 

Zur Beweiswürdigung:

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch die mündliche Verhandlung am 24. April 2012, in der der Bw als Partei und X sowie X als Zeugen einvernommen wurden. Die Feststellungen ergeben sich unstrittig aus den Zeugenaussagen, dem Vorbringen des Bw und den angeführten behördlichen Entscheidungen, so insbesondere dem Erkenntnis des AGH vom 28. März 2012. Der Beschluss des VfGH wurde dem UVS vom rechtsanwaltlichen Vertreter mit Eingabe vom 19. Juli 2012 übermittelt.

 

Der Verwaltungssenat hat dazu in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

In Folge der Asylantragsstellung am 20. April 2005 gilt das Aufenthaltsverbot gemäß § 125 Abs.3 Fremdenpolizeigesetz 2005 als Rückkehrverbot.

 

Vor In-Krafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 erlassene Aufenthaltsverbote gem. § 60 oder Rückkehrverbote gem. § 62 bleiben gem. § 125 Abs. 16 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF. BGBl. I Nr. 38/2011 bis zum festgesetzten Zeitpunkt weiterhin gültig.

 

Das Aufenthaltsverbot wurde mit der am 10. Juni 2002 erfolgten Zustellung  des Berufungsbescheides der Sicherheitsdirektion vom 5. Juni 2002 durchsetzbar. Die 10-jährige Gültigkeitsdauer begann folglich gemäß § 39 Abs 2 Fremdengesetz 1997 am 10. Juni 2002 zu laufen. Die am 1. Jänner 2006 in Kraft getretene Bestimmung des § 63 Abs 2 Fremdenpolizeigesetz (FPG) sieht ebenfalls – im wesentlichen gleichlautend – sowohl für Aufenthalts- als auch für Rückkehrverbote vor, dass die Frist mit dem Eintritt der Durchsetzbarkeit zu laufen beginnt.

 

Demgegenüber beginnt die Frist gemäß der am 1. Juli 2011 in Kraft getretenen Bestimmung des § 54 Abs 3 FPG idF BGBl I Nr. 38 /2011 mit Ablauf des Tages der Ausreise des Fremden. Diese Anordnung gilt gemäß § 125 Abs 16 FPG aber nicht für Rückkehrverbote oder Aufenthaltsverbote, die vor dem 1. Juli 2011 - im Geltungsbereich des Fremdengesetzes 1997 oder des Fremdenpolizeigesetzes 2005 idF vor dem 1. Juli 2011 - rechtskräftig wurden. Deren Gültigkeitsdauer richtet sich nach den zum Zeitpunkt der Rechtskraft geltenden Rechtsvorschriften (arg. "bis zum festgesetzten Zeitpunkt").

 

Daraus folgt: Das 10-jährige Aufenthaltsverbot bzw Rückkehrverbot der BPD Linz vom 6. September 2001 endete mit Ablauf des 10. Juni 2012 und gehört nicht mehr dem Rechtsbestand an. Ein nicht (mehr) existentes Aufenthaltsverbot/Rückkehrverbot kann nicht aufgehoben werden, weshalb der verfahrensgegenständliche Antrag als unzulässig zurückzuweisen war. Im Übrigen waren die Berufungsanträge als unbegründet abzuweisen. 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren für die Beschwerde von 50,40 Euro (Eingabe- u. Beilagengebühren) angefallen.

 

 

Mag. Wolfgang Weigl

 

 

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