Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100952/8/Br/La

Linz, 19.01.1993

VwSen-100952/8/Br/La Linz, am 19. Jänner 1993

DVR. 0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr.Bleier über die Berufung der Frau C H, vom 1. Dezember 1992, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach, Zl.: VerkR96/1529/1992, vom 1. Dezember 1992, zu Recht:

I. a) Der Berufung wird in Punkt 1) keine Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird in diesem Punkt vollinhaltlich bestätigt.

b) Hinsichtlich des Punktes 2) wird der Berufung insofern Folge gegeben, daß die Strafe auf 500 S, im Fall der Uneinbringlichkeit auf 30 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, ermäßigt wird.

Rechtsgrundlage:

§ 4 Abs. lit.a iVm § 99 Abs.2 lit.a und § 4 Abs.5 iVm § 99 Abs.3b der Straßenverkehrsordnung 1960, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 615/1991 - StVO 1960; § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 866/1992 - AVG; iVm. § 19, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 867/1992 - VStG.

II. a) Für das Berufungsverfahren wird ein Kostenbeitrag von 300 S (20% der verhängten Strafe) auferlegt.

b) Der erstinzstanzliche Kostenbeitrag ermäßigt sich auf 50 S; für das Berufungsverfahren entfällt ein Kostenbeitrag.

Rechtsgrundlage:

a) § 64 Abs. 1 und 2 VStG, b) § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat mit Straferkenntnis vom 1.

Dezember 1992 über die Berufungswerberin wegen der eingangs zitierten Übertretungen der Straßenverkehrsordnung Geldstrafen von 1) 1.500 S und für den Nichteinbringungsfall 90 Stunden und 2) von 1.000 S und für den Nichteinbringungsfall 60 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil sie am 19. Februar 1992 um 07.30 Uhr in Linz, vor dem Haus B als Lenkerin des PKW yx am PKW vx einen Sachschaden verursacht und es folglich unterlassen hätte, nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, an dem sie in ursächlichem Zusammenhang beteiligt gewesen wäre, 1) sofort anzuhalten und 2) ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle zu verständigen, obwohl ein Nachweis des Namens und der Anschrift dem Geschädigten gegenüber unterblieben wäre.

2. Begründend führte die Erstbehörde im wesentlichen aus, daß die Übertretung auf Grund der Ausführungen des amtlichen Sachverständigen Ing. K erwiesen wäre.

3. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung führt die Berufungswerberin im Ergebnis aus, daß sie das Gutachten wohl zur Kenntnis nehme, die Schadensverursachung jedoch nicht bemerkt habe.

4. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt, somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden. Da die Berufung sich gegen Schuld und Strafe richtet, war eine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen und durchzuführen gewesen (§ 51e Z.1 VStG).

4.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach, Zl.: VerkR/96/1529/1992, und der Darlegung des bisherigen Ganges des Verfahrens am Beginn der Ver handlung, sowie durch Beweisaufnahme in der öffentlichen mündlichen Verhandlung durch Vernehmung der Berufungswerberin und durch das in der Verhandlung erstattete Gutachten des technischen Amtssachverständigen, Ing. K.

5. Das Beweisverfahren hat folgendes ergeben:

5.1. Die Berufungswerberin versuchte ihr Fahrzeug im Retourgang aus der "Schrägparklücke" auszuparken. Dabei stieß sie beim Zurückschieben gegen den rechts von ihr, ebenfalls schräg abgestellten PKW vx. Dieses Fahrzeug wurde hiedurch am linken hinteren Kotflügel eingedellt.

5.1.1. Diese Feststellungen ergeben sich insbesondere aus der Aussage des Zeugen B und den eigenen Angaben der Berufungswerberin, nämlich, daß sie einräumt zur fraglichen Zeit am fraglichen Ort gewesen zu sein und gegenständlich beschriebenes Fahrmanöver durchgeführt zu haben. Ferner wurde laut den Angaben der Berufungswerberin der gegnerische Schaden durch die Haftpflichtversicherung bereits liquidiert. Der Zeuge B befand sich in unmittelbarer Nähe und wollte sein Fahrzeug in die durch die Berufungswerberin freiwerdende Parklücke einparken. Dabei konnte er den Anstoß beobachten. Der technische Amtssachverständige Ing. K führt in seinem Gutachten diesbezüglich aus, daß die Angaben des Zeugen mit dem Schadensbild vereinbar sind. Ferner führt der Sachverständige aus, daß auf Grund der Sachlage die Beschädigung von der Berufungswerberin sowohl objektiv wie auch subjektiv, nämlich durch die in Form einer beim Anstoß aufgetretenen Querbeschleunigung, als Stoßreaktion wahrzunehmen gewesen wäre. Diese Beschleunigungskomponente muß 3 Meter/sek. betragen haben. Eine derartige Beschleunigung ist aus sachverständiger Sicht als Stoßreaktion wahrnehmbar. Auf Grund dieses Beweisergebnisses konnte auf die abermalige Vernehmung des Zeugen B, welcher wegen eines Auslandsaufenthaltes zur Verhandlung nicht erscheinen konnte, unterbleiben. Seine diesbezügliche Aussage vor der Erstbehörde wurde verlesen.

5.1.2. Da die Berufungswerberin am Beginn der Verhandlung die Schadensverursachung nicht (nicht mehr) in Abrede gestellt hat und auch der Schadensumfang nicht strittig ist, war im Beweisverfahren nur mehr die Frage der Wahrnehmbarkeit der Schadensverursachung zu klären. in diesem Zusammenhang ist auf die Ausführungen des Sachverständigen zu verweisen.

5.2. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

5.2.1. Im Sinne des § 4 Abs.1 und 5 StVO haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, auch wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, dann ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle zu verständigen, wenn sich jene Personen, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander nicht ihre Identität (Name und Anschrift) nachgewiesen haben. Der Zweck dieser Bestimmung ist, daß ein durch einen Verkehrsunfall Geschädigter seine Schadenersatzansprüche durchzusetzen in der Lage ist. Auf Grund des Ausmaßes des verursachten Schadens bzw. der Intensität des Kontaktes mit dem Geschädigtenfahrzeug war davon auszugehen, daß der Schaden bemerkt werden hätte müssen (VwGH 31.1.1986, 85/18/0367). Grundsätzlich muß von einem Fahrzeuglenker, insbesondere beim Ein- und Ausparken, ein Grad an Aufmerksamkeit erwartet werden, daß ein derartiger Zwischenfall bermerkt wird. Immerhin müßte die Berufungswerberin, alleine schon aus der Nähe zum Geschädigtenfahrzeug, mit einer möglichen Berührung mit diesem Fahrzeug gerechnet haben. Die Berufungswerberin hätte sich daher vom Schadenseintritt überzeugen müssen. Dieser Grad an Aufmerksamkeit und Sorgfaltsübung ist jedem Fahrzeuglenker zuzumuten (Hauer-Leukauf, Handbuch des öst. Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, Seite 712 Anm.6).

6. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 Abs. 1 u. 2 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.1. Konkret ist zur Strafzumessung auszuführen, daß die von der Erstbehörde verhängte Strafe in Punkt 1) sehr niedrig bemessen wurde. Die Einhaltung der diesbezüglichen Vorschriften liegt, wie oben schon dargelegt, insbesondere in der Wahrung der Möglichkeit der zivilen Rechtsdurchsetzung des durch einen derartigen Vorfall betroffenen Fahrzeugbesitzers. Durch derartige Zuwiderhandlungen wird ein Fahrzeugeigentümer in aller Regel um seinen Schadenersatzanspruch gebracht. Er wird dadurch in seinem Recht in elementarer Weise beeinträchtigt. Diese Rechtsgutbeeinträchtigung wurde von der Berufungswerberin offenkundig schlechthin in Kauf genommen.

Der objektive Unrechtsgehalt der Übertretung ist angesichts dieser Beeinträchtigung als schwerwiegend zu erachten. Weil jedoch der Unwertgehalt der Übertretung nach § 4 Abs.5 bereits von der Bestimmung nach § 4 Abs.1 lit.a der StVO 1960 weitestgehend mitumfaßt anzusehen ist, vermochte zu Punkt 2. die Strafe dennoch reduziert zu werden. Auf das Einkommen, die Vermögensverhältnisse und die Sorgepflichten der Berufungswerberin wurde Bedacht genommen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof oder beim Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.Ö. Verwaltungssenat:

Dr. Bleier

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