Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-710005/49/WEI/Ba

Linz, 12.07.2012

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des E K, geb. X, Straußenzüchter, nunmehr V, R, vormals vertreten durch den inzwischen verstorbenen M H, Obmann der "C-S-A-Österreichs", F, W, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmanns von Gmunden vom 25. September 2008, Zl. Pol 20-34-2008, betreffend ein unbefristetes Tierhalteverbot gemäß dem § 39 Abs 1 Tierschutzgesetz nach Durchführung der Berufungsverhandlungen vom 17. November 2009 und vom 23. April 2012 zu Recht erkannt:

 

 

Aus Anlass der Berufung wird das allgemeine Verbot der Haltung von landwirtschaftlichen Nutztieren sowie von Tieren zu landwirtschaftlichen Zwecken aufgehoben und an dessen Stelle dem Berufungswerber die Haltung von Straußenvögeln zu landwirtschaftlichen Zwecken auf Dauer verboten.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 33 u 39 Abs 1 Tierschutzgesetz (TSchG).

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bezirkshauptmanns von Gmunden wurde über den Berufungswerber (im Folgenden nur Bw) wie folgt abgesprochen:

 

 

S p r u c h :

 

I. Verbot der Tierhaltung:

Herrn E K, geb. X, R, M, wird die Haltung landwirtschaftlicher Nutztiere sowie von Tieren zu landwirtschaftlichen Zwecken auf Dauer verboten.

 

Rechtsgrundlage:

§ 39 Abs. 1 Tierschutzgesetz (TSchG), BGBl I Nr. 118/2004 idgF.

 

In der Begründung führt die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrensganges und der eingeholten Stellungnahme des Bw zum Sachverhalt aus. dass der Bw bereits im Jahr 2007 durch die Straferkenntnisse je vom 23. April 2007, Zl. Pol 96-102-2006 und Zl. Pol 96-102-1-2006, wegen Verstoßes gegen § 5 TSchG rechtskräftig bestraft worden sei. Auch sei er bereits im Zusammenhang mit der Straußenhaltung 25 Mal nach weiteren Bestimmungen des Tierschutzgesetzes und des Oö. Polizeistrafgesetzes bestraft und ihm bereits im Jahr 2007 ein Tierhalteverbot angedroht worden.

 

Zum näher dargestellten Vorbringen des Bw im Rahmen des Parteiengehörs hielt die belangte Behörde zunächst fest, dass entgegen seiner Aussage das wegen des Vergehens der Tierquälerei gegen ihn ergangene Urteil des Bezirksgerichts Gmunden vom 19. Juni 2008, mit dem er zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von 2 Monaten verurteilt worden sei, in Rechtskraft erwachsen sei.

 

Die vom Bw angesprochenen "Schwierigkeiten mit der Behörde" seien bereits vor Inkrafttreten des Bundestierschutzgesetzes im Jahr 2005 aufgetreten. Im Jahr 2004 seien schon Missstände bei der Tierhaltung festgestellt und Maßnahmen zur Behebung und zum Schutz der Tiere aufgetragen worden. Diese habe der Bw trotz ausreichender Fristen nicht oder nur unzureichend umgesetzt. Die Behörde habe immer auf den gesundheitlichen Zustand des Bw Rücksicht genommen, er sei aber offensichtlich mit einer Tierhaltung in dieser Form überfordert. Auch die letzte Überprüfung im April 2008 habe ergeben, dass die Bestimmungen des Tierschutzgesetzes nicht eingehalten werden und dadurch den Tieren Schaden und Leid zugefügt werde.

 

Im Hinblick darauf, dass wiederholte Verwaltungsstrafen, die Androhung eines Tierhalteverbotes im Jahr 2007 und selbst die Abnahme von Tieren den Bw nicht hätten abhalten können, neuerlich in gravierender Weise gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen zu verstoßen, hielt die belangte Behörde die Erlassung eines Tierhalteverbotes für notwendig, um in Zukunft eine Tierquälerei oder einen Verstoß gegen die §§ 5,6, 7 oder 8 TSchG zu verhindern.

 

1.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vom Bw durch seinen damaligen Rechtsvertreter M H am 8. Oktober 2008 rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 7. Oktober 2008, mit der die ersatzlose Aufhebung des Tierhalteverbotes, in eventu die Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung des Bezirksgerichts Gmunden über einen Wiederaufnahmeantrag und durch den UVS Oberösterreich über die Berufung gegen das Straferkenntnis vom 11. September 2008, Pol 96-65-2008, beantragt wird.

 

Zur Begründung führt die Berufung unter Punkt 1. aus, dass das Bezirksgericht Gmunden bei einer Einvernahme am 26. September 2008 verkündet hätte, dem Wiederaufnahmeantrag zum Urteil wegen Tierquälerei stattzugeben. Dieses sei daher nicht mehr rechtskräftig. Zum Beweis wird die Beischaffung des Gerichtsaktes beantragt.

 

Im Punkt 2. wird darauf hingewiesen, dass das Straferkenntnis der belangten Behörde vom 11. September 2008, Pol 96-65-2008, wegen der dagegen eingebrachten Berufung noch nicht rechtskräftig sei. In weiterer Folge enthält die Berufung Ausführungen zu den 16 Spruchpunkten dieses Straferkenntnisses, die hier nicht mehr darzustellen sind. Der UVS Oberösterreich hat über die Berufung gegen das zitierte Straferkenntnis der belangten Behörde mit Erkenntnis vom 15. Dezember 2009, Zl. 300852/14/WEI/La, rechtskräftig entschieden.

 

2. Zum weiteren Gang des Verfahrens:

 

2.1. Mit Schreiben vom 20. Jänner 2009 legte die belangte Behörde die vom Bezirksgericht Gmunden übermittelte StPOForm Nr. 8 "Benachrichtigung von der Beendigung des Strafverfahrens" vor, aus der hervorgeht, dass der Bw in der Strafsache des Bezirksgerichts Gmunden zur Zl. X wegen des Vergehens der Tierquälerei nach § 222 Abs 1 Z 1 StGB am 19. Juni 2008 zu einer Freiheitsstrafe von 2 Monaten verurteilt worden und dass das Urteil seit 11. November 2008 rechtskräftig ist. Der UVS Oberösterreich ersuchte das Gericht daraufhin um Aktenübersendung. Der Strafakt langte am 9. April 2009 ein und wurde bereits mit Note vom 15. April 2009 wieder zurückgefordert. Für das gegenständliche Berufungsverfahren wurden daher vom wesentlichen Akteninhalt Kopien angefertigt.

 

Dem bezeichneten Gerichtsakt ist zu entnehmen, dass mit Urteil des Landesgerichts Wels als Berufungsgericht vom 11. November 2008, Zl. 24 Bl 127/08i, die vom BW erhobene Berufung wegen Nichtigkeit, Schuld und Strafe gegen das bezirksgerichtliche Urteil vom 19. Juni 2008 als unzulässig (verspätet) zurückwiesen wurde. Dies mit der wesentlichen Begründung, dass die gemäß § 466 Abs 1 StPO erforderliche Anmeldung der Berufung binnen drei Tagen nach Urteilverkündung nicht fristgerecht erfolgt war. Beim Termin am 26. September 2008 war der Bw in Begleitung von M H beim Bezirksgericht Gmunden erschienen, wobei ihm erläutert worden war, dass eine Berufungsanmeldung des Verteidigers nicht bei Gericht eingegangen war.

 

Mit Beschluss des Berufungsgerichts vom 11. November 2008, Zl. X, wurde der von M H für den Bw eingebrachte Wiedereinsetzungsantrag vom 1. Oktober 2008 gegen die Versäumung der Rechtsmittelanmeldefrist zurückgewiesen. Dies mit der Begründung, dass Dr. M L im Verfahren als Verteidiger bekannt gegeben worden sei und diese Bevollmächtigung nicht widerrufen wurde. Die mit dem Wiedereinsetzungsantrag vorgelegte Bevollmächtigung des M H sei mangels dessen Erfüllung der Voraussetzungen eines Verteidigers keine im Sinne des Gesetzes

 

Am 27. April 2009 langte dann beim UVS Oberösterreich eine von M H übermittelte Ablichtung des von Rechtsanwalt Dr. L unterschriebenen Antrags vom 9. April 2009 auf Wiederaufnahme des gerichtlichen Strafverfahrens 4 U 242/05z ein. Begründet wird dieser Wiederaufnahmeantrag im Wesentlichen mit einem Schreiben vom 30. März 2009 (vgl Gerichtsakt ON 47) des im Gerichtsverfahren bestellten Sachverständigen Diplomtierarzt Dr. med.vet. A P-T, in dem dieser zusammengefasst nach reiflicher Überlegung zum Schluss kommt, dass er entscheidende Tatsachen anders, und zwar für den Bw deutlich günstiger beurteilt hätte, wenn ihm Gelegenheit eingeräumt worden wäre, seine Beurteilung nicht nur aus dem vorliegenden Akt zu erschließen, sondern auch einem Lokalaugenschein durchzuführen und mit dem Bw zu sprechen.

 

Weitere Eingaben des M H und der belangten Behörde bezogen sich auf laufende oder einzuleitende Verwaltungsstrafverfahren im Zusammenhang mit der Straußenhaltung des Bw (vgl ON 11 bis 16).

 

2.2. In einem Telefonat vom 1. Oktober 2010 zum Stand des Wiederaufnahmeverfahrens teilte die zuständige Richterin des Bezirksgerichts Gmunden dem erkennenden Mitglied des UVS Oberösterreich mit, dass der Sachverständige einvernommen wurde und in den nächsten Wochen die Entscheidung ergehen werde. Der UVS Oberösterreich hat daraufhin für den 17. November 2009 einen Termin für eine Berufungsverhandlung anberaumt.

 

Mit Note vom 15. Oktober 2009 übermittelte das Bezirksgericht Gmunden den Beschluss vom 5. Oktober 2009, Zl. X, mit dem der Antrag auf Wiederaufnahme des Strafverfahrens abgewiesen wurde. Begründend wird auf die gerichtliche Befragung des Sachverständigen Dr. med.vet. A P-T (Gerichtsakt ON 53) hingewiesen, bei der dieser sein Gutachten in allen wesentlichen Punkten vollinhaltlich aufrecht hielt. Eine Stellungnahme des Wiederaufnahmewerbers zum zugestellten Einvernahmeprotokoll sei binnen der gesetzten Frist von 14 Tagen nicht eingelangt. In der rechtlichen Begründung wird zunächst angenommen, dass das dem Wiederaufnahmeantrag beigelegte Schreiben des Sachverständigen nicht als neues Beweismittel im Sinne des § 353 StPO erscheine. Selbst wenn aber davon ausginge, könnte es die Wiederaufnahme noch nicht begründen, zumal der Sachverständige bei der gerichtlichen Vernehmung sein Gutachten aufrecht erhalten habe.

 

2.3. In der Berufungsverhandlung vom 17. November 2009 erschien der Bw mit seinem Vertreter M H und mit Rechtsanwalt Dr. M L, der nur für die Teilnahme an der Berufungsverhandlung bevollmächtigt zu sein erklärte. Das erkennende Mitglied stellte zu dem gerichtlichen Strafverfahren gegen den Bw und zur angestrebten Wiederaufnahme, die in erster Instanz mit Beschluss vom 5. Oktober 2009 abgewiesen worden war, fest, dass es bei einem rechtskräftigen Strafurteil des Bezirksgerichts vom 19. Juni 2008 bleibt. Der im Wiederaufnahmeverfahren beteiligte Rechtsanwalt Dr. L erklärte dazu, dass er gegen den Abweisungsbeschluss kein Rechtsmittel mehr eingebracht habe, weil er sich davon nichts mehr versprochen hätte. Der Gerichtssachverständige Dr. P-T habe sich selbst widersprochen und bei seiner Einvernahme am 17. Juli 2009 im Wesentlichen sein schriftliches Gutachten wieder bestätigt.

 

In der Berufungsverhandlung vom 17. November 2009 (vgl Tonbandprotokoll ON 25, Seiten 5 ff) wurde vom Rechtsanwalt Dr. L angeregt, mit dem Vertreter der belangten Behörde und dem Amtstierarzt einen gemeinsam Termin vor Ort zur Frage der Durchführung von Verbesserungsmaßnahmen zu vereinbaren. Der Behördenvertreter erklärte diesbezüglich seine Gesprächsbereitschaft, allerdings nur auf der Grundlage des Gesetzes und der Tierhaltungsverordnung. Der als Zeuge einvernommene Amtstierarzt wies auf bestehende Missstände hin und kritisierte, dass der Bw bisher nicht akzeptieren wollte, auch bauliche Änderungen in der Anlage vorzunehmen. Er erklärte sich zwar bereit, die entsprechenden Unterweisungen vor Ort zu geben, äußerte aber hinsichtlich der Umsetzung durch den Bw Bedenken, weil er sich nach den bisherigen Erfahrungen immer uneinsichtig gezeigt hätte. Wenn der Bw weiterhin nicht die notwendige Bereitschaft für Änderungen mitbringe, dann trete der Amtstierarzt für ein unbefristetes Tierhalteverbot zumindest in Bezug auf die Haltung von Straußenvögeln ein.

 

Der Behördenvertreter gab bekannt, dass inzwischen ein weiteres Strafverfahren gegen den Bw wegen Tierquälerei beim Bezirksgericht Gmunden zur Zahl X anhängig sei, in dem ein Fachgutachten des bestellten Gerichtssachverständigen Dr. K erstattet wurde. Das zuständige Mitglied des UVS Oberösterreich gab den Parteien bekannt, der Anregung zu folgen, den Ausgang dieses Strafverfahrens abzuwarten und den Gerichtsakt als weitere Entscheidungsgrundlage beizuschaffen.

 

2.4. Mit dem den Parteien am 21. Dezember 2009 zugestellten Beschluss vom 16. Dezember 2009, Zl. VwSen-710005/27/WEI/La, wurde das gegenständliche Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung des gegen den Bw beim Bezirksgericht Gmunden anhängigen Strafverfahrens zur Zahl X ausgesetzt. Auch dem Bezirksgericht Gmunden wurde eine Beschlussausfertigung mit dem Ersuchen um Aktenübersendung nach rechtskräftigem Abschluss des Strafverfahrens am 21. Dezember 2009 nachweislich zugestellt.

 

Mit Note des Bezirksgerichts Gmunden vom 15. September 2010, Zl. X, eingelangt am 13. Oktober 2010, wurde der UVS Oberösterreich um Aktenübersendung ersucht. In einem Telefonat vom 15. Oktober 2010 teilte die Richterin mit, dass das in erster Instanz ergangene Urteil von der zweiten Instanz aufgehoben wurde, die auch die Beischaffung der Verwaltungsakten verlangt habe. Deshalb werde der Berufungsakt samt Beiakten benötigt. Der UVS Oberösterreich übermittelte mit Schreiben vom 15. Oktober 2010 die angeforderten Verwaltungsakten.

 

Mit Schreiben des Bezirksgerichts Gmunden vom 14. September 2011, eingelangt am 14. Oktober 2011, wurde die Benachrichtigung von der Beendigung des Strafverfahrens (StPOForm Nachr 8) übermittelt, aus der hervorgeht, dass das Strafverfahren gegen den Bw wegen Tierquälerei nach § 222 Abs 1 Z 1 StGB in der Zeit von Anfang 2009 bis 12. August 2009 gemäß § 227 Abs 1 StPO (dh nach Zurückziehung des Strafantrags) eingestellt worden ist.

 

Nach zunächst unvollständiger Übermittlung der Verwaltungsakten am 25. November 2011 hat der UVS Oberösterreich mit Schreiben vom 29. November 2011 die fehlenden Aktenteile und die Übermittlung des gerichtlichen Strafaktes angefordert. Die Nachsendung und der Gerichtsakt langten dann am 24. Jänner 2012 ein und wurden die wesentlichen Teile des Strafaktes für den gegenständlichen Berufungsakt kopiert.

 

Am 23. April 2012 wurde durch die jeweils zuständigen Mitglieder des UVS Oberösterreich im gegenständlichen Verfahren und im präjudiziellen Verwaltungsstrafverfahren über die Berufung gegen das Straferkenntnis der belangten Behörde vom 7. Dezember 2011, Zl. Pol 96-273-2011/ST (= VwSen-301165-2012), eine gemeinsame Berufungsverhandlung am Gemeindeamt R mit anschließendem Lokalaugenschein am Anwesen des Bw durchgeführt. Das Verwaltungsstrafverfahren wurde in der Folge mit Erkenntnis vom 10. Mai 2012, Zl. VwSen-301165/18/Br/REI, entschieden.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat zunächst am 17. November 2009 eine Berufungsverhandlung in Gegenwart des Bw und seiner Rechtsvertreter M H und des Rechtsanwalts Dr. M L, der nur für die Verhandlung beigezogen war, sowie des Mag. M S als Vertreter des Bezirkshauptmanns durchgeführt, bei der Beweis aufgenommen wurde durch Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten sowie Darstellung der wesentlichen Aktenlage samt Verlesungen und Erörterung durch den Verhandlungsleiter mit den Parteien und Einvernahme des Amtstierarztes Mag. R G als sachverständigen Zeugen. Im Hinblick auf das gegen den Bw zu X des BG Gmunden eingeleitete weitere Strafverfahren wegen Tierquälerei hat der UVS Oberösterreich in der Folge die Aussetzung des gegenständlichen Verfahrens bis zur Entscheidung im Strafverfahren beschlossen (vgl näher oben Punkte 2.3. und 2.4.).

 

Die gemeinsam mit dem im h. Berufungsverfahren VwSen-301165-2012 (= Verwaltungsstrafsache Pol 96-273-2011/ST der BH Gmunden) zuständigen Mitglied Dr. Bleier durchgeführte Berufungsverhandlung des UVS Oberösterreich vom 23. April 2012 wurde in Gegenwart des Bw, seines Verfahrenshilfeverteidigers Mag. F E für Frau Rechtsanwältin Mag. V S-G, des Dr. J H, Präsident der Bürgerhilfe-Organisation Österreich, als Beistand des Bw für die Verhandlung sowie des Mag. M S als Vertreter des Bezirkshauptmanns von Gmunden, des Tierschutzombudsmannes Mag. D D und des Amtssachverständigen Dr. H G, Tierschutzsachverständiger beim Amt der Oö. Landesregierung, durchgeführt.

 

Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in den Verwaltungsstrafakt Pol 96-273-2011 der belangten Behörde sowie in den beigeschafften Strafakt Xandes mit den Parteien, durch Verlesung von Urkunden und Erörterung des vom Amtssachverständigen Dr. H G erstatteten Gutachtens vom 23. September 2011, Zl. ESV-120007/24-2011-G/N, unter Berücksichtigung des im eingestellten Gerichtsverfahren erstatteten Gutachtens von Dr. D K betreffend den Zeitraum Anfang 2009 bis 12. August 2009. Auf die seit der Verhandlung vom 17. November 2009 im Instanzenzug entschiedenen vier Strafverfahren wegen Übertretungen des Tierschutzgesetzes in Verbindung mit der 1. Tierhaltungsverordnung wurde hingewiesen. Herr X, der Bürgermeister von R, wurde ad hoc als Auskunftsperson gehört. Die zunächst am Gemeindeamt durchgeführte Berufungsverhandlung ist in der Folge mit einem Ortsaugenschein auf der Straußenfarm des Bw fortgesetzt worden.

 

Auf Grund der Aktenlage und des durchgeführten Beweisverfahrens steht folgender wesentliche  S a c h v e r h a l t  fest:

 

3.1. Der rund 74jährige Bw betreibt auf seinem Anwesen nach eigenen Angaben seit 18 Jahren eine Straußenfarm in adaptierten Stallungen der früheren Rinderhaltung. Etwa seit dem Jahr 2004 hat er Schwierigkeiten mit der belangten Behörde wegen seiner Straußenhaltung. Nach Überprüfungen bei Lokalaugenscheinen am 7. und 28. September 2004, 25. April 2005 und 17. Mai 2005 wurden dem Bw schließlich am 20. Mai 2005 rund 50 Straußenvögel wegen tierärztlich festgestellter Missstände und der Vernachlässigung der Unterbringung, Ernährung und Betreuung der Tiere zwangsweise abgenommen. Die dagegen erhobene Maßnahmenbeschwerde hat der UVS Oberösterreich mit Erkenntnis vom 2. November 2005, Zl. VwSen-420425/20/Ste, als unbegründet abgewiesen. Die Vernachlässigung der Tiere im Zeitraum vom 25. April bis 25. Juli 2005 war auch Gegenstand des strafgerichtlichen Verfahrens gegen den Bw wegen Tierquälerei nach § 222 Abs 1 Z 1 StGB, das mit einem Schuldspruch endete (dazu unten Punkt 3.2.).

 

Schon mit Schreiben vom 25. Juni 2007 drohte die belangten Behörde dem Bw die Erlassung eines Tierhalteverbotes an, worauf sie die rechtsfreundlich vertretene Stellungnahme erhielt, dass alle für die Tierhaltung erforderlichen Bedingungen und Auflagen erfüllt würden. Daraufhin wurde am 12. Juli 2007 von der belangten Behörde mit dem damaligen Amtstierarzt Dr. G und der Tierschutzombudsfrau ein Lokalaugenschein durchgeführt, bei dem erhebliche Mängel festgestellt wurden, über die der Amtstierarzt Befund und Gutachten vom 16. Juli 2007 mit Lichtbildbeilage erstattete. Dieses Gutachten war Gegenstand einer Nachtragsanzeige, die im Gerichtsverfahren gegen den Bw wegen Tierquälerei zur Zl. 4 U 242/05z des BG Gmunden einbezogen wurde.

 

Mit Schreiben vom 25. Juli 2007, Zl. Pol 20-13-2007, übermittelte die belangte Behörde dem Bw das veterinärmedizinische Gutachten zur Stellungnahme und teilte ihm mit, dass weiterhin die Erlassung eines Tierhalteverbot für landwirtschaftliche Nutztiere auf unbeschränkte Dauer beabsichtigt sei. In der rechtsfreundlich vertretenen Stellungnahme vom 10. August 2007 werden die Ausführungen im Gutachten als nicht objektivierbar und die fachliche Befähigung des Amtstierarztes als nicht ausreichend angesehen. Außerdem werden der Behördenvertreter Mag. S und der Amtstierarzt Dr. G auf Grund ihrer Vorgangsweise als befangen abgelehnt.

 

Die belangte Behörde hat daraufhin noch zugewartet und schließlich mit Schreiben vom 8. Juli 2008, Zl. Pol 20-34-2008, dem Bw abermals die beabsichtigte Erlassung eines Tierhalteverbotes gemäß § 39 TSchG angekündigt. Dabei wies sie auf 25 Verwaltungsvorstrafen im Zusammenhang mit der Straußenhaltung sowie auf die Verurteilung des Bw wegen Tierquälerei mit dem Strafurteil des Bezirksgerichts Gmunden vom 19. Juni 2008 (dazu unter 3.2.) hin und bezog sich weiter auf im Jahr 2007 erlassene Straferkenntnisse, mit denen der Bw wegen Verstoßes gegen § 5 TSchG rechtskräftig bestraft worden sei.

 

Mit den im Folgenden unter 3.1.1. bis 3.1.2. dargestellten drei Straferkenntnissen der belangten Behörde wurden über den Bw rechtskräftige Verwaltungsstrafen wegen Übertretungen des § 5 iVm § 38 Abs 1 Z 1 TSchG verhängt. Die Bestrafung des Bw zu dem in Punkt 3.1.3. dargestellten Straferkenntnis der belangten Behörde betrifft eine Übertretung nach § 38 Abs 3 TSchG in Verbindung mit Vorschriften der Anlage 7 der 1. Tierhaltungsverordnung. All diese Straferkenntnisse wurden nach den aktenkundigen Rückscheinen der RSa-Briefe jeweils am 25. April 2007 zu Händen des damaligen Rechtsvertreters Dr. L zugestellt und in der Folge nicht mit Berufung bekämpft, weshalb von der belangten Behörde jeweils auf den in den Akten einliegenden Bescheiden die Rechtskraft mit 10. Mai 2007 vermerkt worden ist.

 

3.1.1. Mit rechtskräftigem Straferkenntnis vom 23. April 2007, Zl. Pol 96-102-2006, das auf § 5 Abs 2 Z 13 TSchG iVm § 38 Abs 1 Z 1 TSchG gestützt wurde, hat die belangte Behörde dem Berufungswerber vorgeworfen, dass sich bei der Kontrolle am 19. September 2006 in seinem landwirtschaftlichen Betrieb in M, R, die Umzäunung des Straußengeheges in einem sehr mangelhaften Zustand darstellte, wobei ein Strauß außerhalb des Zaunes frei herumlaufend angetroffen wurde. Das Kontrollorgan (Amtstiersarzt) habe insbesondere festgestellt, dass

 

·         die Zaundrähte für die Strauße nicht erkennbar sind,

·         an drei Stellen Drähte locker hingen und nicht an den Holzpflöcken befestigt waren,

·         die Holzpflöcke teilweise locker verankert waren,

·         zerbrochene Holzbretter teilweise zwischen den Holzpflöcken belassen werden und

·         in den Holzpflöcken sich teilweise hervorstehende Nägel befinden,

 

so dass dieser Zaun für die gehaltenen Strauße eine außerordentlich hohe Verletzungsgefahr darstellte und der Berufungswerber die Unterbringung und Betreuung der Tiere in einer Weise vernachlässige, dass für die Tiere Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden sind oder sie in schwere Angst versetzt werden.

 

Mit rechtskräftigem Straferkenntnis vom 23. April 2007, Zl. Pol 96-102-1-2006, lastete die belangte Behörde dem Berufungswerber eine weitere Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs 2 Z 13 iVm § 38 Abs 1 Z 1 TSchG an, weil am 19. September 2006 bei einer Kontrolle nach § 35 Tierschutzgesetz in seinem landwirtschaftlichen Betrieb in M, R, vom Kontrollorgan festgestellt wurde, dass in den Stallräumen keine geeigneten Tränkeeinrichtungen im Sinne der Anlage 7 Ziffer 3 der 1. Tierhaltungsverordnung vorhanden sind und dass er somit die Unterbringung, Ernährung und Betreuung der Strauße in einer Weise vernachlässige, dass für die Tiere Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden seien oder sie in schwere Angst versetzt werden.

 

Den zitierten Straferkenntnissen je vom 23. April 2007 lag der Aktenvermerk über die amtstierärztliche Revision der Straußenhaltung vom 19. September 2006 samt Bilddokumentation durch den Amtstierarzt Dr. G G zu Grunde. Dieser berichtete über einen schlechten Zustand des Zaunes mit locker hängenden Drähten und teilweise zerbrochenen Holzbrettern und mit vielen Bruchstellen und Nägeln in den Holzpflöcken, was eine hohe Verletzungsgefahr für die Tiere darstellen würde. Auch viele Moraststellen und Gehegebereiche ohne trittsicheren Boden, das Fehlen einer wirksamen Unterteilung der Gehege und von windgeschützten Sandflächen und Nistplätzen wird kritisiert. Auf Grund des desolaten Zaunes bestehe die Möglichkeit, dass Tiere - verstärkt während der Rangkämpfe und Balz - Verletzungen davontragen. Auch die Stallräume wurden in schlechtem Zustand, verschmutzt und nass und ohne geeignete Tränkeeinrichtungen beschrieben. Beim Zugang in den Stall des Großgehege herrsche immer ein Gedränge, weil nur ein Tier die Türe (2,0 x 0,85 m) passieren könne.

 

3.1.2. Mit rechtskräftigem Straferkenntnis vom 23. April 2007, Zl. Pol 96-164-2006, hat die belangte Behörde dem Berufungswerber ebenfalls ein Verletzung des § 5 Abs 2 Z 13 TSchG (iVm § 38 Abs 1 Z 1 TSchG) vorgeworfen. Bei der Kontrolle am 21. Dezember 2006 in seinem landwirtschaftlichen Betrieb in M, R, stellten sich die Umzäunungen des Straußengeheges in einem sehr mangelhaften Zustand dar, wobei ein Strauß außerhalb des Zaunes frei herumlaufend angetroffen wurde. Das Kontrollorgan habe insbesondere festgestellt, dass

 

·         mehrere Zaundrähte locker herabhingen und am Boden gelegen sind und somit eine tödliche Verletzungsgefahr für die Strauße darstellten,

·         zwischen den an der Verankerung gerissenen Holzpflöcken zerbrochene Holzbretter liegen, welche aufgrund der Bruchstellen und der in den Holzpflöcken befindlichen Nägel eine außerordentlich hohe Verletzungsgefahr für die Tiere darstellten,

·         weiters die am Boden liegenden Drähte für die Tiere nicht sichtbar waren,

·         das Gehege großflächig, sumpfige Moraststellen aufwies, welche für die Tiere auch bei einer langsamen Bewegung eine außerordentliche Rutschgefahr bedeuten und somit Brüche der Unter- und Oberschenkelknochen leicht möglich sind,

 

so dass dieser Zaun für die gehaltenen Strauße eine außerordentlich hohe Verletzungsgefahr darstellte und der Berufungswerber somit die Unterbringung und Betreuung der Tiere in einer Weise vernachlässigt habe, dass für die Tiere Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden seien und sie in schwere Angst versetzt werden.

 

3.1.3. Mit rechtskräftigem Straferkenntnis vom 23. April 2007, Zl. Pol 96-164-1-2006, hat die belangte Behörde dem Bw zudem in 9 Spruchpunkten angelastet, gegen Haltungsvorschriften nach näher bezeichneten Bestimmungen der Anlage 7 der 1. Tierhaltungsverordnung (iVm § 38 Abs 3 TSchG) verstoßen zu haben, wobei beim Lokalaugenschein am 21. Dezember 2006 festgestellt worden sei, dass

 

1.     die im Gehege I gehaltenen Strauße über keinen ständigen Zugang zu einem Stallgebäude verfügen,

2.     die Zäune der Gehege nicht durchgehend eine Höhe von 200 cm aufwiesen, obwohl über 14 Monate alte Tiere gehalten wurden,

3.     der Boden der Gehege nicht trittsicher war, viele Moraststellen aufwies und keine Sanierungsarbeiten durch Drainagen oder Aufbringung von Sand oder Kies durchgeführt wurden,

4.     die (ansatzweise) vorhandene Sandfläche nicht überdacht war,

5.     zwischen den Zuchtgehegen keinerlei Unterteilung, wie z.B. durch einen mindestens 100 cm breiten Zwischenraumstreifen, Vorrichtungen wie Stangen und Rohre oder durch Verhinderung des Sichtkontakts durch Verblenden oder Baum- und Strauchbewuchs, vorhanden war,

6.     in keinem Zuchtgehege an einer höher gelegenen und trockenen Stelle ein Nistplatz vorhanden war,

7.     die Strauße nicht in Gruppen gehalten wurden,

8.     durch die nicht vorgenommene Unterteilung der Strauße in Gruppen die erforderliche Besatzdichte, die für die Erhaltung der Bodenvegetation ausschlaggebend ist, nicht geregelt werden kann,

9.     kein Gehegebuch über Zu- und Abgänge, Bruterfolge, Behandlungen, Befunde, Todesfälle und sonstige Vorfälle geführt wird bzw. zumindest nicht vorgewiesen werden konnte.

 

Im Spruchpunkt 10 wurde ihm angelastet, als Verfügungsberechtigter entgegen seiner Mitwirkungspflicht nach § 36 Abs 2 TSchG (iVm § 38 Abs 3 TSchG), den Überprüfungsorganen den Zutritt zu den Stallungen verweigert zu haben.

 

3.1.4. Diese Straferkenntnisse je vom 23. April 2007, Zl. Pol 96-164-2006 und Zl. Pol 96-164-1-2006, beruhten auf dem Lokalaugenschein vom 21. Dezember 2006 durch den damaligen Amtstierarzt Dr. G und den Behördenvertreter Mag. S, bei dem neuerlich Missstände beschrieben und darüber Aufnahmen von der Straußenfarm des Bw angefertigt wurden. Im Befund und Gutachten des Amtstierarztes vom 25. Jänner 2007 wird abermals über den desolaten Zustand des Zaunes, Moraststellen und eine hohe Verletzungsgefahr für die Tiere berichtet. Die im Gehege sichtbaren Tieren seien insgesamt mit stark verschmutztem, stumpfem Federkleid und auffälligen Hautverletzungen im Bereich der Vorderbrust und der Hinterextremitäten vorgefunden worden. Die Haltung und Betreuung der Strauße werde durch den Bw in einer Weise vernachlässigt, die mit Schmerzen, Leiden und gesundheitlichen Schäden der Tiere verbunden sei.

 

3.2. Mit dem Urteil des Bezirksgerichts Gmunden vom 19. Juni 2008, Zl. X, wurde der Berufungswerber wegen des Vergehens der Tierquälerei nach § 222 Abs 1 Z 1 StGB wie im Strafantrag ON 2 der Staatsanwaltschaft Wels vom 21. Oktober 2005, Zl. 23 BAZ 996/05b, und dessen Ausdehnung (ON 18 bzw 26 im Gerichtsakt) zu einer Freiheitsstrafe von 2 Monaten, bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, verurteilt (vgl ON 30 im kopierten Gerichtsakt). Der Berufungswerber wurde dabei im Sinne des schriftlichen Strafantrags des Bezirksanwalts beim Bezirksgericht Gmunden für den Zeitraum vom 25. April 2005 bis 25. Juli 2005 und im Sinne der in der Hauptverhandlung vom 23. November 2007 erfolgten Ausdehnung des Tatzeitraumes vom 1. Mai 2007 bis 12. Juli 2007 schuldig erkannt, dass er es während dieser Zeiträume unterließ für die notwendige Nahrung, Tränke und Unterkunft für seine 250 bis 300 Stück Strauße zu sorgen, ihnen Fütterung, Tränke und Pflege vorenthielt, nicht einer notwendigen ärztlichen Behandlung zuführte und überdies die Stallungen nicht von den Fäkalien der Tiere reinigte, diesen damit unnötige Qualen zufügte.

 

Das Gerichtsverfahren wurde auf Grund der in der Strafanzeige der Polizeiinspektion Laakirchen vom 28. Juli 2005, Zl. B1/160/05-Sc, dargestellten Missstände am Anwesen des Bw mit Lichtbildbeilagen für den Zeitraum 25. April bis 25. Juli 2005 sowie Befunden des Amtstierarztes und Obduktionsberichten eingeleitet. Am 20. Mai 2005 war es auch zu seiner Zwangsabnahme von 50 bis 60 Straußenvögel gekommen, die in einem überfüllten Stall mit stark durch Urin und Kot verschmutztem Boden und bei starkem Ammoniakgeruch untergebracht waren. Mit Erkenntnis des UVS Oberösterreich vom 2. November 2005, Zl. 420425/20/Ste, wurde die gegen die Abnahme dieser Tiere erhobene Maßnahmenbeschwerde des Bw als unbegründet abgewiesen.

 

Gegenstand der im Gerichtsverfahren einbezogenen Nachtragsanzeige der belangten Behörde vom 24. Juli 2007, Zl. Pol 20-13-2007, die zur oben angeführten Ausdehnung des Strafantrages führte, waren Befund und Gutachten des Amtstierarztes Dr. G G vom 16. Juli 2007, Zl. Vet 30-2-2007, über den Lokalaugenschein vom 12. Juli 2007. Über den Ablauf des Termins und die Notwendigkeit der Beiziehung von Polizeiassistenz, weil der Bw zunächst den Zutritt zu seinen Stallungen entgegen § 36 TSchG verweigerte, wurde vom Behördenvertreter Mag. S der Aktenvermerk vom 12. Juli 2007, Zl. Pol 20-13-2007, angefertigt.

 

In dem mit zahlreichen Lichtbildern gut dokumentierten Befund wird wieder auf zahlreiche Missstände hingewiesen. Zunächst wird auf erhöhte Verletzungsgefahren durch großflächige tiefe Moraststellen mit außerordentlicher Rutschgefahr und durch den desolaten Gehegezaun hingewiesen. In einem Stall wurden 13 Jungtiere im Alter bis zu einem Jahr in verwahrlostem Zustand (stumpfes Federkleid, ausgeprägte Gelenksverdickungen und Deformationen der Hinterextremitäten mit teilweise offenen Gelenksverletzungen) gehalten. Ein Strauß mit verschlossener Lidspalte des linken Auges war stark abgemagert. In Fütterungs- und Tränkungseinrichtungen war weder Futter, noch Wasser vorhanden. Nach dem äußeren Erscheinungsbild seien Tiere aufgrund hochgradigen Mangels an Nähr- und Mineralstoffen im länger andauernden Zustand eines körperlichen Unbehagens gewesen. Im Zuchtgehege wurden Strauße mit auffällig tiefen Hautverletzungen im Vorderbrust- und Halsbereich sowie an den Hinterextremitäten und teilweise Gelenksverdickungen gesichtet. Mangels eines Gehegebuchs waren über Tierzugänge und sowie Krankheiten und verletzungsbedingte Tierabgänge keine schlüssigen Informationen zu erhalten.

 

Die Verurteilung des Bw durch das Bezirksgericht Gmunden ist mangels einer rechtzeitig angemeldeten Berufung rechtkräftig geworden. Der durch Rechtsanwalt Dr. M L für den Bw eingebrachte Wiederaufnahmeantrag vom 9. April 2009 wurde mit Beschluss des Bezirksgerichts Gmunden vom 5. Oktober 2009, Zl. 4 U242/05z-55, rechtskräftig abgewiesen (näher unter Punkte 2.2. u 2.3.).

 

3.3. Mit Strafantrag der Staatsanwaltschaft Wels vom 28. September 2009, Zl. 23 BAZ 386/09b, wurde nach Einholung des Gutachtens des Fachtierarztes Dr. Reinhard K vom 26. August 2009 die Bestrafung des Bw wegen Tierquälerei nach § 222 Abs 1 Z 1 StGB beantragt.

 

Das Bezirksgericht Gmunden erkannt über diesen Strafantrag mit Urteil vom 21. Jänner 2010, Zl. X, dass der Bw des Vergehens der Tierquälerei nach § 222 Abs 1 Z 1 StGB schuldig sei, er habe zumindest in der Zeit von Anfang 2009 bis 12. August 2009 in R dadurch, dass er es unterließ, für die artgerechte Haltung seiner 200 bis 250 Strauße zu sorgen und ihnen fachgerechte veterinärmedizinische Behandlung sowie ausreichende Versorgung (Futter und Tränke) vorenthielt, diesen unnötige Qualen zugefügt. Er wurde zu einer unbedingten Geldstrafe von 1.950 Euro (150 Tagessätze à 13 Euro) verurteilt.

 

Begründend stützte sich das Gericht vor allem auf die Ausführungen des Gutachters Dr. K, stellte Verletzungsquellen in Stall und Gehegen, zu hohe Besatzdichte und unpassendes Geschlechterverhältnis und Unterlassung ausreichender Versorgung mit Futter und Tränke fest. Dem Bw fehle jegliche Einsicht, dass er seine Strauße unnötigen Qualen aussetze, weshalb auch in Hinkunft keine artgerechte Haltung erwartet werden könne.

 

Das Landesgericht Wels als Berufungsgericht gab mit Urteil vom 5. Juli 2010, Zl. 24 Bl 57/10y, der Berufung des Angeklagten wegen Nichtigkeit Folge, hob das angefochtene Urteil auf und verwies die Strafsache zur neuerlichen Verhandlung und Urteilsfällung an das Erstgericht zurück. Das Berufungsgericht folgte im Ergebnis der Verfahrensrüge nach § 281 Abs 1 Z 4 StPO mit dem Einwand der Befangenheit des Sachverständigen auf Grund mangelnder Objektivität. Zur Begründung wird auf die Wortwahl des Gerichtssachverständigen in seinem schriftlichen Gutachten abgestellt, in dem er sich auch der Person des Angeklagten, seinem Handeln und seiner Psyche gewidmet und näher dargestellte Aussagen getroffen habe, die deutliche Anhaltspunkte für seine mangelnde Objektivität, wenn nicht sogar für seine persönliche Abneigung gegenüber dem Angeklagten, liefern. Das Erstgericht hätte daher einen anderen Sachverständigen bestellen müssen.

 

Im fortgesetzten Verfahren wurde Dr. D K zum Gerichtssachverständigen bestellt und in der Hauptverhandlung vom 27. Jänner 2011 beigezogen, in der neben dem Bw auch der Amtstierarzt Mag. R G ergänzend einvernommen wurde. Das schriftliche Gutachten vom 2. August 2011 des aus Matrei in X stammenden Dr. K, Fachtierarzt für Tierzucht, wurde dann hinsichtlich des angeklagten Tatzeitraumes allein auf Grund des Hauptverhandlungsprotokolls vom 27. Jänner 2011, des Aktenvermerks betreffend den Lokalaugenschein vom 17. Juli 2009 durch Amtstierarzt Mag. G und der Lichtbilder im Gutachten Dr. K erstellt.

 

Dr. K ging auf Grund dieser Befunde zwar von den Vorgaben der Tierhaltungsverordnung zweifelsfrei widersprechenden Umständen aus, vermisste aber konkrete Fakten, dass sich Tiere des Angeklagten in einem "qualvollem Zustand" iSd § 222 StGB befunden haben. Auf den zur Verfügung stehenden Lichtbildern konnte er keine wesentlichen pathologischen Veränderungen erkennen, auch der Ernährungszustand der abgebildeten Tiere sei unauffällig und ein direkter Zusammenhang zwischen den Verletzungen der Tiere und den schafkantigen Gegenständen fehle. Die Hautverletzungen könnten auch von Kämpfen herrühren und seien in einer Herde unvermeidbar. Erst wenn der Prozentsatz der Tiere mit Hautveränderungen und/oder Verletzungen die 5 % Marke, einen Richtwert in der Nutztierhaltung, überschreitet, sei Handlungsbedarf im Hinblick auf Ursachenforschung und Beseitigung von Ursachen gegeben. Es fehlte im Gutachten Dris. K auch eine ungefähre Angabe des Anteils der Tiere mit Hautverletzungen. Auch die Aussagen zum schlechten Ernährungszustand seien nicht ausreichend dokumentiert und daher gutachterlich nicht nachvollziehbar gewesen. Dies gelte auch für die mangelhafte Wasserversorgung und den Durst der Tiere zum Zeitpunkt der Befundaufnahmen. Die Zufügung unnötiger Qualen sei daher für den tatgegenständlichen Zeitraum ebenso wenig wie ein diesbezügliches vorsätzliches Handeln des Angeklagten zu erkennen.

 

Dem Anordnungs- und Bewilligungsbogen ist die Note der Staatsanwaltschaft Wels vom 8. September 2011 zu entnehmen, in der nach Einsicht in dieses Gutachten ON 33 dem Bezirksgericht Gmunden erklärt wird, dass der wegen § 222 Abs 1 Z 1 StGB erhobene Strafantrag gemäß § 227 Abs 1 StPO zurückgezogen wird. Das gegen den Bw geführte Strafverfahren zu Zl. 4 U 160/09x wurde in der Folge vom Gericht am 14. September 2011 eingestellt (vgl Mitteilung ON 37).

 

3.4. Nach der Berufungsverhandlung vom 17. November 2009 im gegenständlichen Verwaltungsverfahren sind bis zur weiteren Berufungsverhandlung am 23. April 2012 in Sachen Tierhaltung des Bw noch folgende Entscheidungen im Instanzenzug wegen Verwaltungsübertretungen nach dem § 38 Abs 3 iVm § 13 Abs 2 TSchG und der Anlage 7 der 1. Tierhaltungsverordnung ergangen:

 

·         Mit Erkenntnis vom 15. Dezember 2009, Zl. VwSen-300852/14/WEI/La, wurden 11 Schuldsprüche von insgesamt 16 Spruchpunkten im Straferkenntnis der belangten Behörde vom 11. September 2008 Zl. Pol 96-65-2008, wegen Nichteinhaltung von Mindestanforderungen für die Haltung von Straußen nach Anlage 7 der 1. Tierhaltungsverordnung am 17. April 2008 bestätigt und über den Bw Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.

 

·         Mit Erkenntnis vom 27. Mai 2011, Zl. VwSen-300941/2/WEI/Ba, wurden 11 Schuldsprüche von insgesamt 18 Spruchpunkten im Straferkenntnis der belangten Behörde vom 9. März 2010, Zl. Pol 96-139-2009, wegen Nichteinhaltung von Mindestanforderungen für die Haltung von Straußen nach Anlage 7 der 1. Tierhaltungsverordnung am 17. Juli 2009 bestätigt und über den Bw Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.

 

·         Mit Erkenntnis vom 14. Oktober 2011, Zl. VwSen-300957/3/WEI/Ba, wurden 4 Schuldsprüche von insgesamt 7 Spruchpunkten im Straferkenntnis der belangten Behörde vom 4. August 2010, Zl. Pol 96-116-2010/ST, wegen Nichteinhaltung von Mindestanforderungen für die Haltung von Straußen nach Anlage 7 der 1. Tierhaltungsverordnung am 8. April 2010 bestätigt und über den Bw Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.

 

·         Mit Erkenntnis vom 17. April 2012, Zl. VwSen-301014/2/WEI/Ba, wurde ein Schuldspruch von insgesamt 6 Spruchpunkten im Straferkenntnis der belangten Behörde vom 17. Februar 2011, Zl. Pol 96-269-2010/ST, wegen Nichteinhaltung von Mindestanforderungen für die Haltung von Straußen nach Anlage 7 der 1. Tierhaltungsverordnung am 28. September 2010 bestätigt und über den Bw eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

 

In diesen zu verschiedenen Kontrollzeitpunkten in den Jahren 2008 bis 2010 ergangenen Berufungsentscheidungen wurde dem Bw immer wieder die Nichteinhaltung von Mindestanforderungen für die Haltung von Straußen nach den Vorgaben der Anlage 7 der 1. Tierhaltungsverordnung angelastet. Dabei wurde im Wesentlichen wiederholt vorgeworfen, dass vom Bw gehaltene Strauße teilweise keinen direkten Zugang vom jeweiligen Stall zu einem Außengehege hatten, dass er in seinen Gehegen keine Unterteilungen und keine überdachte Sandflächen hatte und die vorgeschriebene Gruppenhaltung nicht durchführte, dass erhebliche Mängel in der Umzäunung und diverse Baumängel in den Stallungen vorhanden waren und den Tieren auch nicht immer ausreichend Wasser angeboten wurde.

 

In den an erster und zweiter Stelle genannten Erkenntnissen wurde dem Bw zudem angelastet, entgegen der Verpflichtung nach Anlage 7 Z 6 Abs 4 der 1. Tierhaltungsverordnung als Halter von Straußen keine Aufzeichnungen über Zu- und Abgänge, Bruterfolge, Behandlungen, Befunde, Todesfälle oder sonstige Vorfälle in einem Gehegebuch zu führen. Im Berufungsverfahren VwSen-300852 hatte der vom Bw zur Berufungsverhandlung am 17. November 2009 beigezogene Rechtsanwalt Dr. L eingeräumt, dass der Bw kein Gehegebuch führt. Er hätte aber handschriftliche Aufzeichnungen, die er allerdings den Amtsorganen wegen fehlenden Vertrauens nicht vorgelegt hätte. (näher dazu h. Erk VwSen-300852 vom 15.12.2009, Seite 17). In der Berufungsverhandlung vom 23. April 2012 äußerte der Bw die Schutzbehauptung, dass sich sein Gehegebuch bei seinem Anwalt befände, musste dann aber über Vorhalt doch sinngemäß einräumen, in Wahrheit kein Gehegebuch zu führen. Früher habe er handschriftliche Aufzeichnungen geführt. Nähere Angaben konnte er nicht machen (vgl Tonbandprotokoll, Seite 5).

 

3.5. Mit Berufungserkenntnis des UVS Oberösterreich vom 10. Mai 2012, Zl. VwSen-301165/18/Br/REI, dem Bw zugestellt zu Händen seiner Verteidigung am 24. Mai 2012, wurde das Straferkenntnis der belangten Behörde vom 7. Dezember 2011, Zl. Pol 96-273-2011/ST, in den Spruchpunkten 3, 4 und 6 betreffend Schuldsprüche nur hinsichtlich Nichteinhaltung von Bestimmungen der Anlage 7 der 1. Tierhaltungsverordnung bestätigt. Die erstbehördlichen Anlastungen in den Spruchpunkten 2, 8 und 11 wurden im Berufungserkenntnis im Wesentlichen bestätigt und als einheitlicher Tatvorwurf mit der Maßgabe der Qualifikation als eine Verwaltungsübertretung nach dem § 5 Abs 1 und 2 Z 13 TSchG zusammengezogenen und dafür eine Gesamtstrafe von 1.500 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 260 Stunden) ausgesprochen. Die übrigen Spruchpunkte wurden aufgehoben und insofern das Strafverfahren eingestellt.

 

Die in der Schuldfrage bestätigten Spruchpunkte lauten:

 

"Aufgrund der Feststellungen beim durchgeführten Lokalaugenschein am 04. Juli 2011 zwischen 10.30 und 14.00 Uhr durch den Tierschutzsachverständigen beim Amt der Oö. Landesregierung Herrn. Dr. H G, dem Amtstierarzt der Bezirkshauptmannschaft Gmunden Herrn Mag. R G, gemeinsam mit Herrn Mag. D D (Tierschutzombudsmann des Landes Oberösterreich), bei welchem Sie auch anwesend waren, haben Sie als Halter der auf dem Areal Ihrer Straußenzucht gehaltenen Strauße zu verantworten, dass .die die gesetzlichen Mindestanforderungen (1. Tierhaltungsverordnung, Anlage 7) betreffend die Haltung von Straußen wie folgt nicht eingehalten wurden:

 

1a) ...

 

1b) ...

 

2.      In Ihren Stallgebäuden sowie in den Außengehegen konnten folgende Missstände festgestellt werden, welche für die Tiere eine Verletzungsgefahr darstellten:

 

a)     An verschiedenen Stellen der Außengehege lagen Drähte der Umzäunung auf dem Boden im Tierbereich. (Während der Begehung wurde beobachtet, wie eine Straußenhenne sich in einem solchen Draht verfing und diesen mehrere Meter weit mitschleifte.)

 

b)     Im unbewachsenen Teil im Westen der Fahrsilos befand sich ein Gerät aus rostigem Stahl in Form einer Schaufel.

 

c)      Die Umzäunung im südlich gelegenen Obstgarten (Auslauf für junge erwachsene Tiere) bestand aus einem Wildzaun mit rechteckigen Maschen, der an der niedrigsten Stelle zum Güterweg hin eine Höhe von 1,11 m aufwies. Das Maschengeflecht war an mehreren Stellen gebrochen, wodurch spitze Drahtenden in das Gehege hineinreichten.

 

d)     Im Jungvogelstall (alter Kuhstall) war im Tierbereich eine alte Luftleitung einer Melkanlage über einen Großteil der Raumlänge angebracht. Die nach unten ragenden Ventile befanden sich unter der Kopfhöhe der jungen erwachsenen Tiere.

 

e)     In den Stallgebäuden und in den Außengehegen wurden zu niedrige und schadhafte Begrenzungseinrichtungen, Bodenunebenheiten sowie offene Schächte vorgefunden.

 

     Die Unterkünfte sowie die Vorrichtungen, mit denen die Tiere angebunden oder räumlich umschlossen werden, sind so auszuführen und zu warten, dass die Tiere keine Verletzungen, insbesondere durch scharfe Kanten oder Unebenheiten erleiden können. Es dürfen keine Gegenstände vorhanden sein, an denen sich die Tiere verletzen können.

 

3.  Der Boden in den Gehegen war nicht trittsicher. Es wurden zahlreiche Moraststellen festgestellt. Vereinzelt konnte eine mangelhafte Sanierung durch Bodenplatten festgestellt werden. Der Boden muss trittsicher und trocken sein. Flächen, auf denen bei Niederschlägen Morast entsteht, sind durch Drainagen oder Aufbringung von Sand oder Kies trocken zu legen.

 

4.  Windgeschützte Sandflächen waren im gesamten Gehegebereich nicht vorhanden. Jedes Gehege muss mindestens eine überdachte, trockene und möglichst windgeschützte Sandfläche im Mindestausmaß von 200,00 x 200,00 cm als Platz für das Sandbaden aufweisen.

 

5   ...

 

6   Die 4 Türen, die den Zugang zum nördlich gelegenen Auslauf darstellen, wiesen ein lichtes Maß von 0,80 m x 1,90 m auf. Tore müssen so groß sein dass auch mehrere Tiere gleichzeitig passieren können.

 

7.  ...

 

8.  Durch die Wahl der Besatzdichte ist die Erhaltung der Bodenvegetation sicherzustellen, die eine Weidemöglichkeit bietet. Davon ausgenommen ist die Haltung von Straußen in den Zoos.

     Im Obstgarten wurden 34 Zuchttiere über 14 Monate im Geschlechterverhältnis 1:1 gehalten und wurde die Größe laut Katastermappe mit 2.765 m2 errechnet. Der Platzbedarf gemäß Tierhalteverordnung für diese Tiere wurde mit 14.150 m2 errechnet.

     Das Platzangebot bei den Innenlagen wurde im Stallabteil 2 (laut Skizze) mit 18,72 m2 angegeben und muss laut Tierhalteverordnung eine Größe von 60 m2 aufweisen, Das Stallabteil 3 (lt. Skizze) betrug 18,72 m2 und muss laut Tierhalteverordnung eine Größe von 136 m2 aufweisen.

     Die Mindestmaße für Stall- und Gehegeflächen werden somit nicht eingehalten und zum Teil erheblich unterschritten.

 

9.  ...

 

10. ...

 

11. An den Straußen wurden folgende Verletzungen festgestellt:

 

     a)  Im großen Elterntiergehege:

          An der Brust (ca. ein Drittel bis die Hälfte der Tiere):

          - Federnlose Bereiche

          - Knotenartige Auftreibung

          - Verkrustete großflächige Zusammenhangstrennungen der Haut

          An der Unterbrust:

          - Bei einem männlichen Tier eine annähernd kreisrunde, erhabene, dunkelrote, verkrustete, scharf begrenzte Stelle mit einem Durchmesser von etwa 8 – 10 cm.

          Am Hals:

          - Bei den 6 erwachsenen Tieren in der großen Gruppe fielen nur vernarbte Wunden auf. Es waren Dreicks-Lappenwunden, wobei die Spitze des Lappens nach unten zeigte, die nach oben (cranial) zurückgezogene Spitze des Lappens ist angeheilt und steht vom Hals ab. Länge der Verletzungen zwischen 20 und 25 cm. Weiters gerade vertikale Wunden (Schnittwunden).

          Am Steiß:

          - Bei einer Henne zeigte sich eine etwa 20 cm lange gerade, scharfrandige rot gefärbte Wunde.

 

     b)  Bei den jungen Vögeln im Obstgarten:

          Am Hals:

     - Ein männlicher Jungstraße mit 2 etwa 30 cm langen klaffenden vertikalen frischen Schnittwunden mit dunkelroter Wundfläche.

          An den Extremitäten (5 Hennen):

          - Am unteren Ende des Röhrbeines in der Beuge vor Beginn der Zehe oder am körpernahen Ende der Zehe frische gerade, horizontale, etwa 2 – 3 cm lange Verletzungen.

 

     Die Verletzungen stammen einerseits aus innerartlichen Rangkämpfen, durch die vor allem im Obstgartengehege um die 5-fach übersteigende Besatzdichte von der Mindestnorm und auf die oben beschriebenen Verletzungsquellen zurückzuführen. Da auch Vögel bei Zusammenhangstrennungen der Haut Wundschmerz empfinden, muss von akutem Schmerz ausgegangen werden. Es wurde den Tieren dadurch ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt."

 

3.6.1. Die dargestellten Schuldsprüche beruhen auf dem mit Aktenvermerk vom 23. September 2011, Zl. ESV-120007/24-2011-G/N, erstatteten, umfassenden schriftlichen Gutachten des Dr. H G, Tierschutzsachverständiger der Abteilung Ernährungssicherheit und Veterinärwesen beim Amt der Oö. Landesregierung, mit einer umfangreichen Fotodokumentation zum erhobenen Befund beim Lokalaugenschein am 4. Juli 2011 auf der Straußenfarm des Bw.

 

Zu den festgestellten Verletzungen an Straußen ist auf die Dokumentation dieses Amtssachverständigen im Befund auf den Seiten 6 ff hinzuweisen. Auch die Mindestanforderungen für die Haltung von Straußen und der im Vergleich dazu durchwegs mangelhafte Istzustand beim Bw werden im schriftlichen Befund auf den Seiten 11 ff ausführlich dargestellt. Schließlich behandelt der Gutachter das Thema der Aufzeichnungspflicht für Halter gemäß § 21 TSchG und hält die vom Bw erhobenen Fakten im Befund auf Seiten 24 ff mit Fotos von den in einer verstaubten Nische des alten Kuhstalls deponierten Medikamenten und Behandlungsutensilien fest. Im Gutachten, Seite 31, wird dazu angeführt, dass Reste von Arzneimitteln aufgefunden wurden, die zur Anwendung am Lebensmittel liefernden Tier verboten sind. Die antibiotischen Wirkstoffe der Augensalben Cortison-Kemicetin (Abbildung 29) und der Augensalbe Refobacin (Abbildung 30) seien nicht zugelassen.

 

Der Bw legte entgegen seiner gesetzlichen Verpflichtung keinerlei Aufzeichnungen über medizinische Behandlungen oder die Anzahl der toten Tiere vor. Er konnte keine ärztlichen Abgabebelege über Medikamente vorweisen und gab an, in erster Linie Wunden (mit CTC-Spray) und Augenentzündungen (mit Augensalben) zu behandeln. Der antibiotische Blauspray zur Wundbehandlung wird häufig vom Bw eingesetzt, wie die Menge an leeren Gebinden (vgl Befund, Seiten 25 f, Abbildungen 31-33) zeigt (Gutachten, Seite 31).

 

Verendete Tiere gab der Bw an, selbst bei der Tierkörperverwertung in Regau abzuliefern. Im lebensmittelrechtlich nicht zugelassenen Schlachtraum wurden am Kontrolltag Aasgeruch und Maden an einer Stelle wahrgenommen, wo der Bw angab, einen verletzten Jungvogel zerlegt und das Fleisch den Katzen verfüttert zu haben.

 

Die Gesamtanzahl seiner Tiere konnte der Bw offenbar mangels Führung eines Gehegebuches nicht genau angeben, er schätzte sie mit ca 120 Tieren. 108 Tiere konnten beim Lokalaugenschein gezählt werden (vgl Befund, Seite 5).

 

3.6.2. Im Gutachtensteil (Seiten 29 ff) befasst sich der Sachverständige objektiv mit der nach § 5 TSchG zu lösenden Tatfrage der ungerechtfertigten Zufügung von Schmerzen, Leiden oder Schäden.

 

Dabei wird zunächst zu den frischen Verletzungen klargestellt, dass auch bei Straußenvögeln von akutem Schmerz ausgegangen werden müsse, weil auch Vögel bei Zusammenhangstrennungen der Haut Wundschmerzen empfinden. Danach werden die bei zahlreichen Straußen festgestellten Schäden an Gewebeteilen in Form von frischen oder abgeheilten Verletzungen kategorisiert:

 

Die Verletzungen an der Brust seien auf innerartliche Rangkämpfe zurückzuführen, die Verletzungen am Hals (Wunden mit Spitze nach unten und Schnittverletzungen) vornehmlich auf gebrochene Drahtenden im Obstgartengehege, weil die neugierigen Vögel den Kopf aus der Umzäunung strecken und bei Störung fluchartig zurückziehen und sich dabei verletzen. Im Obstgartengehege sei auch die Besatzdichte um mindestens das Fünffache überhöht, wodurch die geschlechtsreifen Tiere bei Rangauseinandersetzungen nicht ausweichen können. Verletzungen an den Extremitäten wie Schnittwunden an der Beuge zwischen Zeh und Mittelfuß lassen sich auf im Gehege verstreute Drahtstücke zurückführen, die von den Tieren-  wie bei der Kontrolle beobachtet- mitgeschleift werden und sich verhaken, wenn der Draht irgendwo hängen bleibt. Die Verletzung einer Henne am Steiß habe sich keiner Ursache zuordnen lassen.

 

Wie der Sachverständige weiter ausführt, kann den Verletzungsgefahren bei der Straußenhaltung durch eine ungefährliche Umgebung, durch die Vermeidung von Rangauseinandersetzungen durch adäquate Gruppengrößen und Geschlechterverhältnisse sowie adäquate Besatzdichten begegnet werden.

 

Gefährdende Materialien wurden zahlreich vorgefunden und im Befund beschrieben (dazu unter 3.5. die Spruchpunkte 2a bis 2e). Im großen Elterntiergehege hatte der Bw die Höchstzahl für die Gruppengröße von 40 Tieren deutlich überschritten und unverhältnismäßig viele Hähne (männlich:weiblich im Verhältnis 1:1) in der Herde gehalten (vgl Befund, Seite 22). Im Obstgartengehege standen für die 34 Zuchttiere im Alter über 14 Monate im problematischen Geschlechterverhältnis nur 2765 m2 zur Verfügung, während der Bedarf laut Tierhaltungsverordnung 14150 m2 betragen würde. Gerade im Obstgartengehege müsse es dabei wegen des eingeschränkten Platzangebotes zu erheblichen Auseinandersetzungen kommen. Auch in der dazugehörigen Innenanlage und den Ställen werde das erforderliche Platzangebot erheblich unterschritten. Dieser Bereich sei am gefährlichsten, weil dort alle negativen Faktoren auf engstem Raum zusammenwirken.

 

3.6.3. Zum Hintergrund für diese Gefährdungssituation weist der Sachverständige auf die Tatsache hin, dass der Bw rechtskonform nur Erlöse aus dem Verkauf von Eiern erzielen könne, weil er für seine Schlachtanlage über keine lebensmittelrechtliche Zulassung verfüge. Die Tierzahlen und die Altersverteilung in der Herde zeige Bruterfolge in den letzten Jahren auf. Das Fleisch der Hähne sei aber nur für den Eigenverbrauch nutzbar gewesen, weshalb es zu einer steigenden Anzahl männlicher Tier kommen musste. Dies habe auch die Zusammenlegung der Zuchtgehege erfordert. Die Entnahme von Vögeln zur Fleischgewinnung könne wegen der verweigerten Aufzeichnungen über tote Tiere nicht bestimmt werden.

 

Mit Bezug auf Anforderungen an den Halter (§ 12 TSchG) und an Betreuungspersonen (§ 14 TSchG) bezweifelt der Amtssachverständige nach Gesprächen mit dem Bw und angesichts der Befunde, dass der Bw als Betreuungsperson für seine mehr als 108 Strauße ausreicht. Schadhafte Stellen mit Drahtenden und offensichtlich durch Kämpfe eingedrückte Stellen des Maschendrahtzaunes im Obstgarten weisen nach Ansicht des Sachverständigen auf eine Überforderung des Bw hin, so dass er das mögliche Entweichen von Tieren und die Verletzungsgefahr in Kauf nehmen müsse. Eine Verbesserung der Zustände zu vorangegangenen Kontrollen sei bisher nicht feststellbar gewesen. Es sei daher der Schluss zulässig, dass der Bw als nicht in der Lage bezeichnet werden kann, sich in der gegebenen Situation an die gesetzlichen Bestimmungen zu halten.

 

3.7. In der Berufungsverhandlung vom 23. April 2012 wurde das Gutachten vom 23. September 2011 mit dem Tierschutzsachverständigen Dr. G und den Parteien erörtert. In der Frage der Herbeiführung von Tierleid durch die vom Bw praktizierte Tierhaltung hat der Sachverständige unter Hinweis auf sein schriftliches Gutachten den kausalen Zusammenhang zwischen den Mängeln in den Gehegen und den festgestellten Verletzungen der Straußenvögel abermals bejaht und dabei betont, dass der Tierhalter eine ungefährliche Umgebung zu gewährleisten habe. So seien etwa Schnittverletzungen am Hals, wie in Abbildungen 10 und 11 seines Gutachten ersichtlich, eindeutig auf den beschädigten Zaun zurückzuführen, wenn man nicht von böswilliger Zufügung ausgehen könne. Dafür gibt und gab es allerdings keinerlei Anhaltspunkte.

 

Auch die Hintanhaltung von Rangkämpfen liege in der Verantwortung des Tierhalters. Es handle sich beim Auslösen von Rangkämpfen um ein multifaktorelles Geschehen, wobei die überhöhte Besatzdichte (Nichteinhaltung der normierten Gruppengröße) und das gemeinsame Halten kampfbereiter adulter Hähne Rangkämpfe gleichsam vorprogrammiere, weil ein deckungsbereiter Hahn nur einen weiteren neben sich dulde. Die typischen Verletzungen an der Brust seien die Folge der Rangkämpfe, weil sich die Hähne anspringen.

 

Der Amtssachverständige stellte in der Berufungsverhandlung (Tonbandprotokoll ON 45, Seite 7) klar, dass er die im Gutachten des Gerichtgutachters Dr. K (vgl ON 33 im Akt X des BG Gmunden) geäußerte Meinung teile, wonach Verletzungen in einer Herde von 120 Straußen bis zur Marke von 5 % (ein Richtwert in der Nutztierhaltung) als unvermeidbar gelten können und erst bei Überschreitung dieser Marke Handlungsbedarf bestehe. Diese Grenze erachtete der Amtssachverständige aber auf der Straußenfarm des Bw als deutlich überschritten. Beim Ortsaugenschein im Rahmen der Berufungsverhandlung vom 23. April 2012 erklärte der Sachverständige, dass von 5 % keine Rede sein könne, vielmehr sei "auch heute sichtbar", dass von einem Drittel bis zur Hälfte an verletzten Tieren auszugehen sei, wie die Kahlstellen nach Altverletzungen und die sichtbaren Wundstellen der Tiere zeigten (vgl Tonbandprotokoll ON 45, Seite 10). Im Brustbereich vieler Tiere waren Narben oder knotenförmige Kahlflächen feststellbar (Tonbandprotokoll ON 45, Seite 9, Abs 5).

 

Im Zuge der Begehung des Areals konnten gewisse Verbesserungen zu früheren Kontrollen verzeichnet werden. Beim 2,5 ha großen Außengehege (Elterntiergehege) hatte der Bw diverse Reparaturen am Zaun vorgenommen und zusätzliche Holzlatten quer zu den gespannten Drähten als Versteifungen eingezogen. Auch eine gewisse Unterteilung des Geheges war nunmehr erkennbar, wobei aber eine Haltung in Gruppen und nach Alter und Geschlecht dennoch nicht festgestellt werden konnte. Das Geschlechterverhältnis war nach wie vor problematisch, weil überproportional viele Hähne herumliefen. Dies galt auch für das sog. Obstgartengehege, wo überwiegend Hähne vorgefunden wurden (vgl näher Tonbandprotokoll ON 45, Seite 10). Der dort vorhandene Sandplatz von ca 4 m2 ist nicht überdacht und weist zu wenig Sand zwischen 2 morschen Baumstämmen auf. Er wird daher, wie der Bw selbst erklärte und vom Tierschutzombudsmann für glaubhaft erachtet wurde, von den Straußen auch nicht angenommen (Tonbandprotokoll ON 45, Seite 11).

 

Im Obstgartengehege wurden noch schadhafte Stellen im Zaun und in den Stallgebäuden auch noch Baumängel wahrgenommen, die zu Verletzungen der Tiere führen können. Der Bw hat seine ursprünglichen Rinderställe mehr oder weniger notdürftig für die Straußenhaltung adaptiert, wie auch die Aufnahmen im Befund des Amtssachverständigen zeigen (vgl die Fotos im Befund, Seiten 4 ff und 19 ff). Im "alten Stierstall" musste ein quer in den Laufstall hineinragendes Rohr beanstandet werden, dass ein ernstes Hindernis in Kopfhöhe von erwachsenen Straußen darstellte. In unmittelbarer Nähe zu diesem Hindernis befand sich auch ein männlicher Strauß mit einer massiven Augenverletzung, die nach Meinung des Amtssachverständigen die Folge eines Anstoßes an dieses Rohr sein konnte. Weitere kleinere Stallungen in den früheren "Fahrsilos" mit Hindernissen (durch vorstehende Holzbretter oder Pfosten) in den als Durchgang für die Tiere dienenden Wandöffnungen sowie eine alter rostiger Traktor und diverse alte landwirtschaftliche Geräte und ein Autowrack hinterließen zumindest auch einen schlechten Eindruck zum äußeren Erscheinungsbild, auf das der Bw offenbar keinen Wert legt.

 

Nach Beendigung der Begehung des Anwesens erklärte der Amtssachverständige abschließend, dass im Vergleich zur Kontrolle am 4. Juli 2011 vom Bw Verbesserungen der Außengehege vorgenommen und die lose herumliegenden Drähte und ein alter Futterwagen entfernt wurden. Jedoch habe sich der Zustand der Vögel nicht gebessert. Bei diesen waren im Ergebnis die gleichen verletzungsbedingten Veränderungen im Ausmaß von einem Drittel bis zur Hälfte der Tiere feststellbar. Lediglich Verletzungen in der Zehenbeuge, die den umher liegenden Drähten zuzuordnen waren, konnten diesmal nicht festgestellt werden (vgl Tonbandprotokoll ON 45, Seite 13).

 

3.8. Bei seiner Einvernahme in der Berufungsverhandlung vom 23. April 2012 konnte der Bw der schlüssigen und widerspruchsfreien Darstellung des Tierschutzsachverständigen Dr. G keine beachtlichen Argumente entgegensetzen (vgl Bw, Tonbandprotokoll ON 45, Seiten 4 f). Er räumte Mängel durch wegstehende Drähte ein, was schon vorkommen könne, wenn ein Strauß gegen den Zaun laufe, sieht darin aber keinerlei eigenes Verschulden. Auch die in der Anlage 7 der 1. Tierhaltungsverordnung normierte Gruppenhaltung bis höchstens 40 Tiere habe sich für ihn nicht als zweckmäßig erwiesen. Diese Unterteilungen hätten sich nicht bewährt, weshalb er sie entfernte, um mehr Ausweich- und Fluchtflächen zu schaffen. Das Problem der zu hohen Besatzdichte und der vom Gutachter festgestellten viel zu kleinen Flächen im Verhältnis zur Anzahl der Tiere sah er nicht und wurde von ihm schlicht substanzlos negiert. Die vom Sachverständigen dokumentierten Verletzungen der Tiere hält der Bw im Ergebnis für unvermeidbar, wobei er ins Treffen führt, dass es "federnlose Bereiche" immer gebe und auf einen anonym gehaltenen Betrieb verweist, wo sämtliche Hennen völlig nackt wären. Die Verletzungen führt er auf das Raufen in der Balzzeit zurück, wofür er nicht verantwortlich wäre.

 

Das vom Bw vorgelegten Schreiben vom 13. August 2010 an den Bezirkshauptmann von Gmunden (Beilage 1) bezieht sich auf das Straferkenntnis vom 4. August 2010, Zl. Pol 96-116-2010, über das mit h. Erkenntnis vom 14. Oktober 2011, Zl. VwSen-300957/3/WEI/Ba, rechtskräftig entschieden wurde. Es enthält großteils unsachliche Unmutsäußerungen und ist für das gegenständliche Verfahren nicht weiter von Relevanz. Die vom Bw vorgelegte Beilage 3 (Schreiben vom 30.03.2009 des Diplomtierarztes Dr. A P-T) und die Beilage 4 (Benachrichtigung von der Beendigung des Strafverfahrens zu 4 U 160/09x) enthalten keine neuen Informationen und wurden oben bei der Darstellung des Verfahrens bereits berücksichtigt (vgl näher unter Punkt 2).

 

4. In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

 

4.1. Gemäß § 39 Abs 1 des Bundesgesetzes über den Schutz der Tiere (Tierschutzgesetz - TSchG; BGBl I Nr. 118/2004, zuletzt geändert mit BGBl I Nr. 80/2010) kann die Behörde einer Person, die vom Gericht wenigstens einmal wegen Tierquälerei oder von der Verwaltungsbehörde mehr als einmal wegen Verstoßes gegen §§ 5, 6, 7 oder 8 TSchG rechtskräftig bestraft wurde, die Haltung von Tieren aller oder bestimmter Arten für einen bestimmten Zeitraum oder auf Dauer verbieten, soweit dies mit Rücksicht auf das bisherige Verhalten der betreffenden Person erforderlich ist, damit eine Tierquälerei oder ein Verstoß gegen die §§ 5, 6, 7 oder 8 TSchG in Zukunft voraussichtlich verhindert wird. Dies gilt in gleicher Weise, wenn die Bestrafung nur wegen Fehlens der Zurechnungsfähigkeit unterblieben ist.

 

Die für den Ausspruch eines Tierhalteverbotes vorausgesetzten rechtskräftigen Bestrafungen des Bw wegen der Art und Weise seiner Straußenhaltung liegen vor. Mit Urteil des Bezirksgerichts Gmunden vom 19. Juni 2008, Zl. 4 U 242/05z-30, wurde der Bw des Vergehens der Tierquälerei nach dem § 222 Abs 1 Z 1 StGB schuldig erkannt und zu einer bedingen Freiheitsstrafe von zwei Monaten rechtskräftig verurteilt, weil er den Tieren unnötige Qualen durch Vernachlässigung (Vorenthalten von Fütterung, Tränke und Pflege, der notwendigen tierärztlichen Behandlung und Nichtreinigung der Stallungen von Fäkalien) in der Zeit vom 24. April bis 25. Juli 2005 und vom 1. Mai bis 12. Juli 2007 zufügt hatte (vgl näher Punkt 3.2.).

 

Auch wegen Verstößen gegen § 5 TSchG wurde der Bw von der Verwaltungsbehörde schon mehr als einmal rechtskräftig bestraft. Es handelt sich dabei um die gegen den Bw ergangenen drei Straferkenntnisse je vom 23. April 2007 wegen Verwaltungsübertretungen nach dem § 5 Abs 2 Z 13 iVm § 38 Abs 1 Z 1 TSchG (dazu näher Punkte 3.1.1. bis 3.1.2.) und um die zuletzt im Instanzenzug erfolgte Bestrafung des Bw wegen § 5 Abs 2 Z 13 iVm § 38 Abs 1 Z 1 TSchG durch die mit h. Berufungsentscheidung vom 10. Mai 2012, VwSen-301165/18/Br/REI, bestätigten Spruchpunkte 2, 8 und 11 im Straferkenntnis der belangten Behörde vom 7. Dezember 2011, Pol 96-273-2011/ST (dazu oben Punkt 3.5.)

 

Gemäß § 38 Abs 1 TSchG begeht im Fall der Ziffer 1 eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 7.500 Euro, im Wiederholungsfall bis 15.000 Euro zu bestrafen, wer einem Tier entgegen § 5 Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwere Angst zufügt.

 

Die oben angeführten Verwaltungsvorstrafen des Bw bezogen sich alle auf den Fall der mit Tierleid verbundenen Haltungsmängel des § 5 Abs 2 Z 13 TSchG: "Wer die Unterbringung, Ernährung, Betreuung eines von ihm gehaltenen Tieres in einer Weise vernachlässigt, dass für das Tier Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden sind oder es in schwere Angst versetzt wird".

 

4.2. Aus der im Verwaltungsstrafverfahren Pol 96-273-2011/ST (= VwSen-300165-2012) zuletzt bekannt gewordenen Aktenevidenz der belangten Behörde mit Stand 7. Dezember 2011 ergeben sich insgesamt 41 rechtskräftige Schuld- und Strafaussprüche wegen Nichteinhaltung der Anlage 7 der 1. Tierhaltungsverordnung (iVm § 38 Abs 3 TSchG) aus zahlreichen gegen den Bw ergangenen Strafbescheiden seit dem Jahr 2006.

 

Im Zusammenhang mit der Straußenhaltung des Bw kam es seit dem Jahre 2005 aber auch immer wieder zu Anzeigen wegen Verwaltungsübertretungen nach dem § 5 Abs 1 Oö. Polizeistrafgesetz, weil aus dem Gehegen des Bw Straußenvögel ausbrechen und entlaufen konnten und bei ihren "Ausflügen" nicht selten dritte Personen gefährdet oder über das zumutbare Maß hinaus belästigt haben. Auch das erkennende Mitglied hatte sich schon in zahlreichen Berufungsfällen damit zu befassen. Zuletzt wurde mit Erkenntnis des UVS Oberösterreich vom 2. Mai 2012, Zl. VwSen-301029/2/WEI/Ba, das Straferkenntnis der belangten Behörde vom 14. April 2011, Zl. Pol 96-291-2010, mit Einschränkungen im Schuldspruch bestätigt und die Geldstrafe auf 400 Euro herabgesetzt. Unter Einbeziehung dieses Verfahrens ergeben sich aus der Vorstrafenevidenz der belangten Behörde (Stand 7.12.2011) insgesamt 14 gegen den Bw ergangene rechtskräftige Strafbescheide wegen § 5 Oö. Polizeistrafgesetz.

 

Auch wenn im zweiten gerichtlichen Strafverfahren 4 U 160/09x die Verurteilung des Bw durch das Bezirksgerichts Gmunden vom Rechtsmittelgericht wegen eines befangenen Erstgutachters aufgehoben wurde und der zweite Rechtsgang zur Einstellung führte, weil der beigezogen Zweitgutachter Dr. K in seinem Aktengutachten ohne eigene Befundaufnahme letztlich die Feststellungen des Erstgutachters für "ein Zufügen unnötiger Qualen" durch den Bw im Zeitraum Anfang 2009 bis 9. August 2009 als nicht ausreichend ansah, so geht doch aus den Ausführungen des Zweitgutachters (vgl Gutachten ON 33 im Gerichtsakt, Seite 10) klar hervor, dass nach den aktenkundigen Umständen erhebliche Mängel in der Haltung der Strauße (wie zu hohe Besatzdichte, keine Gruppenteilung, mangelhafte Umzäunung, Baumängel der Stallgebäude, Gefahrenstellen für Verletzungen, zu wenige und hygienisch mangelhafte Wassertränken etc.) vorlagen. Dieser Sachverständige beanstandete für den Zeitraum Anfang bis 9. August 2009 im Ergebnis, dass im Erstgutachten ein direkter Zusammenhang zwischen den Mängeln entgegen der Tierhaltungsverordnung und einem erwiesenen Tierleid nicht nachvollzogen werden konnte. Durch das Gutachten Dris. K wird dem Bw daher keinesfalls eine ordnungsgemäße Straußenhaltung bescheinigt.

 

Wie die zahlreichen Verwaltungsvorstrafen des Bw belegen, war der Bw bisher noch nie in der Lage, die seit dem 1. Jänner 2005 in Kraft stehende Anlage 7 der 1. Tierhaltungsverordnung (BGBl II Nr. 485/2004, zuletzt geändert mit BGBl II Nr. 219/2010) auch nur einigermaßen einzuhalten. Auch wenn es bei vielen Vorstrafen des Bw im Wesentlichen (nur) um die Nichteinhaltung von allgemeinen und/oder besonderen Anforderungen an die Haltung von Straußen nach der Anlage 7 der 1. Tierhaltungsverordnung ging, mit denen noch kein Verstoß gegen den § 5 TSchG mit einer Zufügung von Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwerer Angst verbunden sein musste, so lassen doch auch dies Verwaltungsstrafen Rückschlüsse auf eine problematische Einstellung des Bw und seine mangelnde Zuverlässigkeit zu. Diese wird mittlerweile auch durch die gegen den Bw ergangenen 14 Strafbescheide nach § 5 Oö. Polizeistrafgesetz wegen Gefährdung oder unzumutbarer Belästigung Dritter durch entlaufene Straußenvögel, die aus seinen mangelhaft umzäunten Gehegen immer wieder entweichen konnten, ernsthaft in Frage gestellt. Auf diese Problematik der häufig entfliehenden Strauße hat der in der Berufungsverhandlung vom 23. April 2012 als Auskunftsperson ad hoc befragte Bürgermeister von R auch mit Nachdruck hingewiesen (vgl Tonbandprotokoll ON 45, Seite 8).

 

4.3. Im vorliegenden Gutachten des Tierschutzsachverständigen Dr. G vom 23. September 2011 (vgl näher Punkte 3.6.1. bis 3.6.3.) werden nicht nur die am 4. Juli 2011 auf der Straußenfarm des Bw vorgefundenen Missstände und Verletzungen von Tieren dokumentiert. Der Amtssachverständige stellte beim Bw auch die Verletzung der Aufzeichnungspflichten über medizinische Behandlungen und die Verwendung von nicht zugelassenen Medikamenten fest. Außerdem konnte dieser wieder kein Gehegebuch, wie in Anlage 7 Z 6. Abs 4 der 1. Tierhaltungsverordnung vorgeschrieben, mit entsprechenden Aufzeichnungen über Zu- und Abgänge etc. vorlegen. In der Berufungsverhandlung vom 23. April 2012 musste der Bw über Vorhalt sinngemäß einräumen, dass er in Wahrheit kein Gehegebuch führt (vgl dazu auch Feststellungen im Punkt 3.4.). Früher habe er handschriftliche Aufzeichnungen geführt. Nähere Angaben konnte oder wollte er dazu nicht machen (vgl Tonbandprotokoll ON 45, Seite 5). Auch diese permanente Verletzung von Halterpflichten wirft ein bezeichnendes Licht auf die Einstellung des Bw.

 

In der Berufungsverhandlung vom 23. April 2012 (vgl näher dazu Punkt 3.7.) legte der Amtssachverständige den Zusammenhang zwischen Verletzungen von Straußenvögeln und den Mängel in den Gehegen des Bw nochmals dar und kritisierte die zu häufigen Rangkämpfen führenden schweren Haltungsfehler des Bw (überhöhte Besatzdichte, keine Gruppenhaltung, gemeinsames Halten zu vieler kampfbereiter Hähne), die zu den typischen Verletzungen an der Brust der Hähne führen. Die Richtmarke für Verletzungen in der Nutztierhaltung von 5 % erachtete er auf der Straußenfarm des Bw als weit überschritten und sprach von einem Drittel bis zur Hälfte an verletzten Tieren, wie auch der Ortsaugenschein am 23. April 2012 wieder ergeben habe. Deshalb hätte für den Bw längst Handlungsbedarf bestanden.

 

Der Bw versuchte in der Berufungsverhandlung vom 23. April 2012 (vgl näher Punkt 3.8) die vom Amtssachverständigen festgestellten Mängel zu bagatellisieren (vgl Tonbandprotokoll ON 45, Seite 4: ".., weil das ja immer vorkommen könne, ...") und übernahm keinerlei Verantwortung für Verletzungen der Tiere, die er in der Balzzeit als unvermeidbar betrachtete. Das Problem der zu hohen Besatzdichte und der gemeinsamen Haltung von vielen adulten Hähnen wollte er nicht zur Kenntnis nehmen. Auch die in der Anlage 7 der 1. Tierhaltungsverordnung vorgeschriebene Gruppenhaltung tat er lapidar als nicht zweckmäßig ab. Mit dieser Einlassung hat der Bw nicht die notwendige Einsicht in die Problematik seiner Straußenhaltung und in die Bedeutung der einschlägigen Haltungsvorschriften gezeigt. Schon in der Berufungsverhandlung vom 17. November 2009 stellte der Bw den Sinn von Haltungsvorschriften der 1. Tierhaltungsverordnung in Frage, so dass das erkennende Mitglied des UVS Oberösterreich betonen musste, dass die Geltung von einschlägigen Vorschriften nicht zur Debatte stehen könne (vgl Tonbandprotokoll ON 25, Seite 7). Die Rechtsvertretung des Bw hatte damals eine gewisse Einsicht in Verbesserungsmaßnahmen signalisiert. Der Amtstierarzt erklärte sich auch zu entsprechenden Unterweisungen vor Ort bereit, hatte aber nach seinen bisherigen Erfahrungen schwere Bedenken, ob Verbesserungen mit dem uneinsichtigen Bw umzusetzen sein werden (vgl bereits unter Punkt 2.3.). Es kam in der Folge zu keinen solchen Unterweisungen vor Ort. Vielmehr fanden am 8. April 2010 und am 28. September 2010 veterinärrechtliche Kontrollen durch den Amtstierarzt statt, die zu weiteren Verwaltungsstrafverfahren gegen den Bw führten (vgl unter Punkt 3.4.)

 

Nach längerer Beobachtung des Bw im Rahmen des bisherigen Verfahrensganges und auf Grund der schon dargelegten Umstände zum Verhalten des Bw geht das erkennende Mitglied von der negativen Prognose aus, dass beim Bw voraussichtlich nur mit einem Tierhalteverbot weitere Tierquälereien oder Verstöße gegen den § 5 TSchG verhindert werden können. Aus dem dargestellten Sachverhalt zum bisherigen Verhalten des Bw und seiner Einlassung im gegenständlichen Verfahren ist abzuleiten, dass er trotz zahlreicher amtstierärztlichen Kontrollen und Beanstandungen in den letzten Jahren eine im Wesentlichen unveränderte Einstellung aufweist. Die vielen Bestrafungen des Bw waren offenbar nach seiner Persönlichkeitsstruktur noch nicht ausreichend, um beim Bw ein hinreichendes Verständnis für die Haltungsvorschriften in der Straußenzucht mit einer Bewusstseinsänderung zur Bedeutung und zum Schutzzweck der Bestimmungen in Anlage 7 der 1. Tierhaltungsverordnung hervorzurufen.

 

Der Amtssachverständige bezweifelt auf Grund der mit dem Bw geführten Gespräche und angesichts der erhobenen Befunde, dass dieser als Betreuungsperson für seine vielen Strauße ausreicht, und hält ihn insofern auch für überfordert. Es müsse auf Basis der bisherigen Kontrollergebnisse auf der Straußenfarm des Bw der Schluss zulässig sein, dass er in der gegebenen Situation nicht im Sinne des § 12 TSchG zur Einhaltung der einschlägigen Bestimmungen in der Lage ist. Auch die Lebensmittelsicherheit könne der keine Aufzeichnungen führende Bw, der auch Salben mit verbotenen antibiotischen Wirkstoffen anwendet, nicht gewährleisten (vgl näher Gutachten vom 23.09.2011, Seiten 30 f).

 

Der erkennende Verwaltungssenat teilt die schlüssige und sachlich begründete Meinung des beigezogenen Tierschutzsachverständigen Dr. G. Im Hinblick auf die bisher gegen den Bw geführten Gerichtsverfahren wegen Tierquälerei und die mehr als 40 verwaltungsrechtlichen Vorstrafen des Bw im Zusammenhang mit der Straußenhaltung und seine bei der Berufungsverhandlung vom 23. April 2012 im Wesentlichen unverändert problematische Einstellung zur Straußenhaltung, ist das erkennende Mitglied des UVS Oberösterreich zur Überzeugung gelangt, dass beim Bw bislang kein Gesinnungswandel eingetreten ist und die von ihm zuletzt vorgenommenen Verbesserungen im großen Außengehege nur als angepasstes Verhalten zu werten sind, um vorläufig größeres Übel abzuwenden.

 

5. Der 74jährige Bw hatte bisher keine Unterstützung durch geeignete Betreuungspersonen. Auch wenn der Bw schon viele Jahre Erfahrungen mit der Straußenzucht hat und seinen Tieren nicht bewusst Schaden oder Leiden zufügen will, sind die vielen amtstierärztlichen Beanstandungen seiner Straußenhaltung doch auf eine den Zweck der Haltungsvorschriften weitgehend ignorierende, starrsinnige Einstellung des Bw und letztlich auf seine persönliche Überforderung zurückzuführen, die auch im fortgeschrittenen Alter des Bw begründet sein mag. Auf Grund der seit etwa 2005 anhaltenden negativen Erfahrungen mit der vom Bw praktizierten Straußenhaltung, kann nicht angenommen werden, dass er in Hinkunft die vorschriftsgemäße Versorgung seiner vielen Tiere sicherstellen und eine mit unnötigen Leiden und Qualen verbundene Nutztierhaltung vermeiden kann.

 

Nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des UVS Oberösterreich kann dem Bw, der jahrzehntlang als Landwirt tätig gewesen ist, nicht die Fähigkeit zur landwirtschaftlichen Nutztierhaltung schlechthin abgesprochen werden. Für eine so weitgehende Annahme spricht weder das Gutachten des Tierschutzsachverständigen Dr. G, noch gibt es sonst ein entsprechendes Beweisergebnis. Wenn man von der besonderen Problematik mit der Haltung seiner rund 120 Straußenvögel absieht, kann die Frage, warum der Bw beispielsweise nicht einige Hühner oder Rinder halten können soll, nicht zu seinem Nachteil beantwortet werden. Auch der Amtstierarzt Mag. G hatte sich in der Berufungsverhandlung vom 17. November 2009 ausdrücklich nur für ein unbefristetes Tierhalteverbot in Bezug auf die Haltung von Straußenvögeln ausgesprochen, wenn der Bw nicht die notwendige Einsicht und Bereitschaft für Änderungen mitbringe. Die Haltung anderer landwirtschaftlicher Nutztiere stand nämlich nicht zur Beurteilung an (vgl Tonbandprotokoll ON 25, Seite 7).

 

Im Ergebnis war daher das Tierhalteverbot auf die Haltung von Straußenvögeln zu landwirtschaftlichen Zwecken zu beschränken.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Im gegenständlichen Berufungsverfahren sind Eingabengebühren für die Berufung (14,30 Euro) und für 14 Beilagen (54,60 Euro), insgesamt daher in Höhe von 68,90 Euro angefallen.

 

 

 

Dr. W e i ß

Beachte:

 

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

 

VwGH vom 19.07.2013, Zl.: 2012/02/0270-6

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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