Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-440151/2/AB/HK

Linz, 11.07.2012

B E S C H L U S S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Astrid Lukas aus Anlass der – "bereits im Vorhinein" eingebrachten – "Maßnahmenbeschwerde iS des 88 Abs. 3 SPG" des J D, S, T, vom 5.7.2012 gegen Herrn "G" den Beschluss gefasst:

 

 

Die Beschwerde wird mangels eines tauglichen Beschwerdegegenstandes als unzulässig zurückgewiesen.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu Art 129a Abs 1 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) iVm § 88 SPG iVm § 67a Abs 1 Z 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG; §§ 67c und 79a AVG.

 

 

B e g r ü n d u n g:

 

1. Mit Eingabe vom 5.7.2012 hat der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) – "bereits im Vorhinein" – "Maßnahmenbeschwerde iS des 88 Abs. 3 SPG" – im Zusammenhang mit der Aufforderung zum Antritt einer Ersatzfreiheitsstrafe wegen einer Übertretung nach dem F – gegen Herrn "G" erhoben:

"Da G schriftlich anführt, ich hätte die Ersatzfreiheitsstrafe unverzüglich nach Erhalt der Aufforderung anzutreten und keine, so wie vom Gesetzgeber gefordert, eine angemessene Frist einräumt, sondern statt dessen Zwangsmaßnahmen androht, bringe ich gegen G unter einem auch eine Maßnahmenbeschwerde iS des 88 Abs. 3 SPG bereits im Vorhinein ein!"

 

2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat im gegenständlichen Verfahren schon nach Einsicht in die Beschwerde festgestellt, dass die behauptete Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt nicht vorliegen kann, die Beschwerde daher mangels eines für eine Maßnahmenbeschwerde tauglichen Gegenstandes zurückzuweisen ist.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

3.1. Gemäß Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG iVm § 67a Abs 1 Z 2 AVG erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten durch Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein (sog. Maßnahmenbeschwerde), ausgenommen Finanzstrafsachen des Bundes.

 

Die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt setzt nach der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts die unmittelbare Anwendung physischen Zwanges oder die Erteilung eines Befehles mit unverzüglichem Befolgungsanspruch voraus (vgl VwGH 14.12.1993, 93/05/0191; VfSlg 11935/1988; VfSlg 10319/1985; VfSlg 9931/1984 und 9813/1983; zahlreiche weitere Judikatur bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 [1998] E 55 ff zu § 67a AVG). Die bloße Untätigkeit einer Behörde erfüllt diesen Begriff nicht (vgl VfSlg 9813/1983; VfSlg 9931/1984; VfSlg 10319/1985, VfSlg 11935/1988). Für die Ausübung von Zwangsgewalt ist im allgemeinen ein positives Tun begriffsnotwendig (vgl VwGH 25.4.1991, 91/06/0052; VwSlg 9461 A/1977; VfSlg 6993/1973; VfSlg 4696/1964). Dieses kann auch in einem schlüssigen Tun iSd § 863 ABGB bestehen (vgl Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit [1983], 74).

 

Voraussetzung für die Zulässigkeit einer sog. Maßnahmenbeschwerde ist daher, dass gegen den Beschwerdeführer physischer Zwang tatsächlich ausgeübt wurde oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehles drohte (vgl mwN Walter/Mayer/Kuscko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht10 [2007] Rz 610). Maßnahmen im Rahmen der schlichten Hoheitsverwaltung können daher grundsätzlich nicht mit einer Beschwerde wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt bekämpft werden.

 

Im Übrigen dient der subsidiäre Rechtsbehelf der Maßnahmenbeschwerde nur dem Zweck, Lücken im Rechtsschutzsystem zu schließen. Zweigleisigkeiten für die Verfolgung ein- und desselben Rechts sollten mit der Maßnahmenbeschwerde nicht geschaffen werden. Was im Verwaltungsverfahren ausgetragen werden kann, ist daher kein zulässiger Gegenstand einer Maßnahmenbeschwerde (vgl z.B. VwGH 18.3.1997, 96/04/0231; VwGH 17.4.1998, 98/04/0005). Das gilt auch dann, wenn das für die Rechtsdurchsetzung zur Verfügung stehende Verwaltungsverfahren allenfalls länger dauert (vgl VwGH 15.6.1999, 99/05/0072, 0073, 0074 mwN). Demnach sind auch Zwangsmaßnahmen kein tauglicher Beschwerdegegenstand, wenn sie im Verwaltungsverfahren bekämpft werden können (vgl VwGH 25.4.1991, 91/06/0052; VwSlg 9.461 A/1977 und VwSlg 9.439 A/1977).

 

3.2. Der Bf führt in seiner Beschwerde selbst aus, dass er diese "bereits im Vorhinein" – sozusagen vorbeugend – einbringe, da im Rahmen der Aufforderung zum Strafantritt Zwangsmaßnahmen angedroht worden seien.

 

Eine tatsächlich erfolgte Ausübung von verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt liegt somit nicht vor. Damit steht bereits fest, dass eine faktische Amtshandlung, bei der physischer Zwang gegen den Bf tatsächlich ausgeübt wurde oder dem Bf unmittelbar bei Nichtbefolgung eines Befehles drohte, nicht angenommen werden kann.

Ferner ist auch eine Androhung von Zwangsmaßnahmen im Zusammenhang mit dem Antritt einer Ersatzfreiheitsstrafe im Verwaltungsverfahren bekämpfbar und kann daher schon aufgrund des Subsidiaritätsgedankens nicht durch eine Maßnahmenbeschwerde bekämpft werden.

 

4. Die vorliegende Beschwerde war daher schon aus diesem Grund mangels eines tauglichen Beschwerdegegenstandes als unzulässig zurückzuweisen.

 

5. Eine Kostenentscheidung iSd § 79a Abs 3 AVG war nicht zu treffen, weil noch keine Kosten entstanden sind.

 

6. Ergänzend darf darauf hingewiesen werden, dass sich eine Maßnahmenbeschwerde im Zusammenhang mit dem Antritt einer Ersatzfreiheitsstrafe aus Anlass einer Übertretung nach dem FSG (um die es sich – wie schon allein dem Betreff der Eingabe des Bw zu entnehmen ist – offensichtlich im gegenständlichen Fall handeln dürfte), nicht auf das S, sondern ausschließlich auf Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG iVm § 67a Abs. 1 Z 2 und § 67c AVG stützen kann.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

 

D r .  L u k a s

 

 

 

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