Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-531277/2/Re/Th

Linz, 16.07.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung des Herrn X, vom 25. Juni 2012, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 5. Juni 2012, Ge20-72-2012-RE, betreffend die Erteilung einer gewerbebehördlichen Betriebsanlagenänderungsgenehmigung im Grunde des § 81 GewO 1994, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird als unzulässig zurückgewiesen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 42, 66 Abs.4, 67a Abs.1 und 67d des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 idgF (AVG)

§§ 359a und 356 Abs.1 Gewerbeordnung 1994 idgF (GewO 1994).

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit dem Bescheid vom 5. Juni 2012, Ge20-72-2012-RE über Antrag der X GmbH, X, die gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung für die Änderung der bestehenden Betriebsanlage im Standort X, durch Vergrößerung des Abfallzentrums, Erweiterung und Umbau der bestehenden Betriebstechnik, Personenlifteinbau im Hauptstiegenhaus, Änderung der Brandrauchentlüftung im TG, Errichtung eines Zwischenbaus sowie Verkleinerung der Hallen 7 und 8 unter Vorschreibung von Auflagen erteilt. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, über den Antrag der Konsenswerberin eine mündliche Augenscheinsverhandlung anberaumt und durchgeführt worden sei und stützen sich die vorgeschriebenen Auflagenbedingungen zum Schutz der gemäß § 74 Abs.2 GewO wahrzunehmenden Interessen auf das Gutachten des beigezogenen Amtssachverständigen.

 

Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens konnte die Genehmigung erteilt werden, wobei dem Verfahren der bestmögliche Schutz der Nachbarschaft zugrunde gelegt wurde, und dieser durch die konkrete Ausführung in Verbindung mit den Auflagen und Bedingungen gewährleistet erscheint.

 

2. Gegen diesen Bescheid hat der Nachbar X, mit Schriftsatz vom 25. Juni 2012 innerhalb offener Frist Berufung erhoben. Dies im Wesentlichen mit dem Vorbringen, er sei Besitzer des Grundstück Nr. X der KG X mit dem darauf befindlichen Wohnhaus und bewohne dieses mit seiner Familie seit 1997. Damals sei die Firma X im Entstehen gewesen und die Grundstücke noch als Grünland (landwirtschaftlich genutzt) gewesen. Bedenken und Änderungsvorschläge bestehen, da die Privatsphäre der Familie beeinträchtigt sei und die Mitarbeiter Einblick auf das Privatleben hätten, dies aufgrund verglaster Fensterfronten in den Produktionshallen. Vorgeschlagen werde die Errichtung einer Lärm- und Sichtschutzwand. Weiters würden Lichtemissionen durch Dauerbeleuchtung der Produktionshallen entstehen. Jalousien bei Oberlichten und Kellerfenstern würden vorgeschlagen. Durch Schallreflektionen gäbe es nunmehr zusätzlichen Verkehrslärm von der Autobahn, Bundesstraße und Westbahn. Die Problematik betreffend Notausgangsbeleuchtungen seien bereits mit dem Geschäftsführer der Konsenswerberin besprochen worden. Eine dicht an sein Grundstück herangesetzte Baumreihe würde Probleme bringen. Wurzeln würden das Zaunfundament gefährden und Nadelfall würde das Grundstück verschmutzen. Bei starken Wind könnten auch Bäume fallen. Rohstoffanlieferungen würden Lärmbelästigungen verursachen. Ebenfalls geöffnete Fenster beim bestehenden Betriebsgebäude, da Produktionsmaschinen im früheren Lagerbereich aufgestellt würden. Diese Fenster sollten daher nicht öffenbar ausgeführt werden. Vorgeschlagen werde eine Lärm- und Sichtschutzwand in der Höhe von ca. 5 m entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenzen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land als belangte Behörde hat diese Berufungsschrift gemeinsam mit dem zu Grunde liegenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Die belangte Behörde hat dabei keine inhaltlichen Äußerungen zum Berufungsvorbringen abgegeben und keinen Widerspruch im Sinne des § 67h Abs.1 AVG erhoben.

 

Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich durch Einzelmitglied ergibt sich aus § 359a GewO 1994 iVm. § 67a Abs.1 AVG.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde zu Ge20-72-2012-RE.

 

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus der Aktenlage, weshalb die Durchführung einer mündlichen öffentlichen Berufungsverhandlung nicht erforderlich war.

 

Dem vorliegenden Verfahrensakt ist zu entnehmen, dass von der belangten Behörde aufgrund des dem Verfahren zugrundeliegenden Ansuchens der X GmbH um Erteilung der gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigung für die Änderung der bestehenden gewerblichen Betriebsanlage ein den Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 entsprechendes Ermittlungsverfahren durchgeführt wurde. Die belangte Behörde hat nach Vorbegutachtung der Projektsunterlagen mit Kundmachung vom 21. Mai 2012 eine mündliche Verhandlung für den 5. Juni 2012 anberaumt und an diesem Tage durchgeführt. Zu dieser mündlichen Verhandlung wurde auch der nunmehrige Berufungswerber nachweisbar geladen und hat er an dieser Verhandlung teilgenommen. Eine Stellungnahme während der Verhandlung hat der Berufungswerber nicht abgegeben. Von der Verhandlungsleiterin wurde in der Verhandlungsschrift vom 5. Juni 2012 vermerkt, dass sich Herr X nach dem Lokalaugenschein von der Verhandlung entfernt und mitgeteilt habe, dass er keine Einwände habe. Schriftliche Einwendungen des Bw sind im erstinstanzlichen Verfahren nicht eingelangt.

 

4. Erwägungen des Unabhängigen Verwaltungssenates:

 

Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

1.    das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden,

2.    die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,

3.    die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,

4.    die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder

5.    eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

 

Gemäß § 81 Abs. 1 GewO 1994 bedarf die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der Bestimmungen der Gewerbeordnung, wenn dies zur Wahrung der im §74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist.

 

Gemäß § 356 Abs.1 GewO 1994 hat die Behörde, wenn eine mündliche Verhandlung anberaumt wird, den Nachbarn Gegenstand, Zeit und Ort der Verhandlung sowie die Voraussetzungen zur Aufrechterhaltung der Parteistellung (§ 42 AVG) durch Anschlag in der Gemeinde (§ 41 AVG) und durch Anschlag in den der Betriebsanlage unmittelbar benachbarten Häusern bekannt zu geben. Die Eigentümer der betroffenen Häuser haben derartige Anschläge in ihren Häusern zu dulden. Statt durch Hausanschlag kann die Bekanntgabe aus Gründen der Zweckmäßigkeit, Raschheit und Einfachheit durch persönliche Verständigung der Nachbarn erfolgen. Der Eigentümer des Betriebsgrundstückes und die Eigentümer der an dieses Grundstück unmittelbar angrenzenden Grundstücke sind persönlich zu laden.

 

Gemäß § 42 Abs.1 AVG  i.d.g.F. hat eine gemäß § 41 Abs.1 zweiter Satz und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemachte mündliche Verhandlung zur Folge, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, wenn sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt; § 13 Abs.5 zweiter Satz ist nicht anwendbar .

Wenn die Verwaltungsvorschriften über die Form der Kundmachung nichts bestimmen, so tritt die im ersten Satz bezeichnete Rechtsfolge ein, wenn die mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs.1 zweiter Satz und in geeigneter Form kundgemacht wurde. Eine Kundmachungsform ist geeignet, wenn sie sicherstellt, dass ein Beteiligter von der Anberaumung der Verhandlung voraussichtlich Kenntnis erlangt.

 

Nach der geltenden Rechtslage kommt somit Nachbarn ex lege Parteistellung in den regulären Verfahren zur Genehmigung bzw. Genehmigung der Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage zu und zwar auf Grund des § 8 AVG iVm mit den, den Nachbarn zustehenden subjektiv-öffentlichen Rechten gemäß § 74 Abs.2 Z1, 2, 3 oder 5 der Gewerbeordnung. Erfolgt jedoch eine ordnungsgemäß kundgemachte mündliche Verhandlung betreffend die Genehmigung der Änderung der gewerblichen Betriebsanlage so hat dies im Sinne der zit. Rechtsvorschriften die Folge, dass Nachbarn ihre Parteistellung verlieren, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung zulässige Einwendungen erheben. Durch die Erhebung zulässiger und rechtzeitiger Einwendungen von Nachbarn in Verfahren zur Genehmigung bzw. Genehmigung der Änderung einer Betriebsanlage bleibt deren Parteistellung aufrecht. Dies aber nur in dem Rahmen und Umfang, soweit zulässige und rechtzeitige Einwendungen erhoben wurden. Umgekehrt verlieren die Nachbarn ihre Stellung als Partei, soweit sie nicht zulässige und rechtzeitige Einwendungen erhoben haben.

 

Eine zulässige Einwendung im Sinne des § 42 Abs.1 AVG liegt vor, wenn der Nachbar Verletzungen im subjektiven Recht geltend macht. Dem betreffenden Vorbringen muss jedenfalls entnommen werden können, dass überhaupt die Verletzung eines subjektiven Rechts behauptet wird und ferner, welcher Art dieses Recht ist (VwGH 10.12.1991, 91/04/0229). Die Wahrnehmung anderer als eigener subjektiv-öffentlicher Rechte steht den Nachbarn nicht zu.

 

Dem Verfahrensakt ist zweifelsfrei zu entnehmen, dass der Berufungswerber nach Anberaumung der mündlichen Verhandlung bis zum Tage der Durchführung der mündlichen Verhandlung keine schriftliche Stellungnahme bei der Behörde eingebracht hat. Er hat an der mündlichen Verhandlung teilgenommen, dort jedoch keine Einwendungen erhoben sondern gegenüber der Verhandlungsleiterin mitgeteilt, dass er keine Einwände habe. Der Berufungswerber hat somit im Rahmen der durchgeführten mündlichen Augenscheinsverhandlung, welche ordnungsgemäß, insbesondere auch unter Zitierung der Rechtsfolgen des § 42 AVG anberaumt wurde, keine zulässigen Einwendungen erhoben. Er hat somit seine Parteistellung durch Präklusion im Grunde der zitierten Gesetzesbestimmungen nach Durchführung der mündlichen Verhandlung verloren.

 

Mangels aufrechter Parteistellung war der Berufungswerber somit nicht zulässiger Weise berechtigt, ein Rechtsmittel gegen den ergangenen Genehmigungsbescheid einzubringen, weshalb aufgrund der dargestellten Sach- und Rechtslage wie im Spruch zu entscheiden und die Berufung als unzulässig zurückzuweisen war.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.


Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Reichenberger

 

 

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