Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210597/6/Bm/Ba

Linz, 19.07.2012

 

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die auf das Strafausmaß eingeschränkte Berufung der Frau X, vertreten durch Rechtsanwältin Mag. X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 29.12.2011, BauR96-89-2011, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Oö. BauO 1994 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 4.7.2012 zu Recht erkannt:

 

 

 

I.          Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 800 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 7 Stunden herabgesetzt werden.

 

II.       Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 80 Euro; für das Berufungsverfahren ist kein Verfahrenskosten­beitrag zu leisten.

         

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 idgF (AVG) iVm §§ 24, 5, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 idgF (VStG).

Zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck wurde über die Berufungswerberin (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe von 1.000 Euro, Ersatz­freiheitsstrafe von 3 Tagen wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 57 Abs.1 Z 3 iVm § 25 Abs.1 Z 9 der Oö. Bauordnung 1994 verhängt.

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Sie haben als Bauherrin am 16. Juni 2011 auf dem Grst.Nr. X, KG. X, eine bauliche Anlage, - zehneckiger, nahezu ovaler Baukörper mit 2,75 x 3,85 m Grundrissabmessungen und einer Gesamthöhe von ca. 2,80 m - ohne Anzeige ausgeführt, obwohl es sich hiebei um ein anzeigepflichtiges Bauvorhaben gemäß § 25 Abs. 1 Z. 9 der Oö. Bauordnung 1994, i.d.g.F., gehandelt hat."

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat die Bw durch ihre anwaltliche Vertretung innerhalb offener Frist Berufung eingebracht und darin ausgeführt, die belangte Behörde gehe bereits bei der Beschreibung der baulichen Anlage von unrichtigen Zahlen aus. Die Gesamthöhe betrage nämlich nicht 2,80 m sondern lediglich 2,60 m. Die belangte Behörde habe es offensichtlich unterlassen, sich selbst ein Bild von der baulichen Anlage zu machen. Allerdings habe die belangte Behörde es unterlassen anzuführen, dass es sich bei der baulichen Anlage um einen unbefestigten, hölzernen Bretterverschlag handle, dessen Grundfläche lediglich 7,833 m2 betrage. Eine entsprechende Feststellung werde begehrt.

Eine Subsumtion unter den Tatbestand des § 25 Abs.1 Z 9 der Oö. Bauordnung 1994 setze voraus, dass es sich bei einer baulichen Anlage um ein Gebäude handle. Hierzu seien die Bestimmungen des § 2 Oö. Bautechnikgesetz als Auslegungsgrundlage heranzuziehen, wonach dann ein Gebäude vorliege, wenn es sich um einen begehbaren überdachten Bau mit einer lichten Raumhöhe von mindestens 1,5 m handle. Als Gebäude würden ebenfalls überdachte, jedoch nicht allseits umschlossene Bauten, wie Flug- und Schutzdächer, Pavillons etc. mit einer bebauten Fläche von mehr als 35 m2 gelten. Zwei Faktoren, die in der Begriffsbestimmung des § 2 Abs.1 Z 20 Oö. Bautechnikgesetz angeführt seien, würden im konkreten Fall nicht vorliegen. Zum einen handle es sich bei dem errichteten Bretterverschlag um keinen allseits umschlossenen Bau, sondern weise der Bretterverschlag eine Öffnung im Ausmaß von 1,4 m auf. Hätte die belangte Behörde einen Lokalaugenschein abgehalten, hätte sie festgestellt, dass aufgrund der behördlichen Aufklärung beide Flügeltüren entfernt worden seien. Darüber hinausgehend liege diese bauliche Anlage auch flächenmäßig unter 35 m2, sohin nur bei 7,833 m2, sodass selbst dann, wenn es sich um einen allseits umschlossenen Bau handeln würde, kein Gebäude vorliege, da der umbaute Raum nur bei 7,833 m2 liege, sohin bei weitem unter 35 m2. Da es sich bei dem von der Bw errichteten Bretterverschlag also keineswegs um ein anzeigepflichtiges Bauvorhaben handle, sei bereits aus diesem Grunde das Straferkenntnis rechtswidrig und ersatzlos zu beheben.

Ungeachtet dessen sei die verhängte Geldstrafe weder tat- noch schuldange­messen. Die Bw habe die Liegenschaft im November 2010 erworben und sei vom Voreigentümer zugesichert worden, dass dort eine Badehütte errichtet werden dürfe. Die Bw habe auch Kenntnis dahingehend erlangt, dass auch in der Ver­gangenheit dort Bretterverschläge vorhanden gewesen seien, zumal dieses Seegrundstück früher als Lagerplatz verwendet worden sei und im Zuge der gewerblichen Nutzung sich dort auch Unterstände befunden haben. Mit dieser Zusage und zusätzlichen Information habe sich die Bw nicht begnügt, sondern – vor Errichtung des Bretterverschlages – auch noch Einsicht in das Grundbuch genommen, wonach die von der Bw erworbene Fläche im Grundbuch als Baufläche ausgewiesen sei. Dadurch seien die bisherigen Informationen bestätigt worden.

Die Schuld sei – wenn überhaupt – daher als gering anzusehen. Nach der Errichtung des Bretterverschlages sei die Bw von der Behörde aufmerksam gemacht worden, dass im rechtskräftigen Flächenwidmungsplan diese Liegen­schaft als sogenanntes GZ 1 Gebiet ausgewiesen sei. Hiezu sei auszuführen, dass dieser Flächenwidmungsplan Nr. 04/2004 bereits sechs Jahre rechtskräftig sei und die belangte Behörde keine Veranlassungen getroffen habe, den Grund­buchstand an den tatsächlichen Flächenwidmungsplan anzupassen. Es bestehe zwar durchaus Verständnis, dass diese Veranlassung nicht kurzfristig erfolgen könne, allerdings sei die Verabsäumung einer entsprechenden Richtigstellung für einen Zeitraum von mehr als sieben Jahren als grobe Nachlässigkeit der belangten Behörde anzulasten. Die Bw habe daher mit gutem Gewissen davon ausgehen können, dass die mündlichen Zusagen des Voreigentümers, die Infor­mationen über die Vornutzung in Kombination mit der entsprechenden Widmung im Grundbuch der Richtigkeit entsprechen würden. Darüber hinaus habe die Bw, als ihr von der belangten Behörde mitgeteilt worden sei, dass es sich hierbei um ein anzeigepflichtiges Bauvorhaben handle, einen entsprechenden Antrag gestellt. Hierauf sei zwar ein Entfernungsauftrag ergangen, der allerdings noch nicht rechtskräftig entschieden worden sei.

Selbst wenn also – was ausdrücklich bestritten werde – ein anzeigepflichtiges Bauvorhaben vorliege, dem in der Folge eine solche Genehmigung untersagt würde, wären die Bestimmungen des § 20 VStG anzuwenden, da die Milderungs­gründe die Erschwernisgründe beträchtlich überwiegen würden. Die Schuld der Bw wäre als dermaßen gering anzusehen, dass die belangte Behörde in Anbetracht der Einkommensverhältnisse mit einer weitaus geringeren Strafe das Ausmaß finden hätte können. Es bestehe sogar die Ansicht, dass im konkreten Fall die Tatbestandsvoraussetzungen des § 21 VStG vorliegen würden. Aufgrund des – wenn überhaupt – geringfügigen Verschuldens und den unbeträchtlichen Folgen der Übertretung hätte die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen können und es bei einer Abmahnung belassen können. Für eine solche Maßnahme wäre noch immer Zeit und Raum nach der rechtskräftigen Entscheidung, ob es sich nunmehr um einen anzeigepflichtigen Bau handle, dem eine Bauausführung zu Recht untersagt werde oder nicht.

 

Es werden daher die Anträge gestellt, die Berufungsbehörde möge diesem Rechtsmittel stattgeben und

1.    den angefochtenen Bescheid ersatzlos beheben, in eventu

2.    den angefochtenen Bescheid beheben und eine Ermahnung in Form einer Bescheiderlassung nach § 21 VStG aussprechen, in eventu

3.    die verhängte Geldstrafe tat- und schuldangemessen auf € 100,00 Euro herabsetzen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Berufung samt dem bezughabenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, hatte der Oö. Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 4.7.2012, bei der die anwaltliche Vertreterin der Bw und ein Vertreter der belangten Behörde anwesend waren.

Mit Eingabe vom 16.7.2012 wurde von der Bw mitgeteilt, dass die Berufung auf die Strafhöhe eingeschränkt wird.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 57 Abs.1 Z 3 Oö. Bauordnung 1994 begeht eine Verwaltungsüber­tretung, wer als Bauherr oder Bauherrin eine bauliche Anlage, die gemäß § 25 Abs.1 Z 9 Oö. Bauordnung 1994 anzeigepflichtig ist, ohne vorherige Anzeige bzw. entgegen der Vorschrift des § 25a Abs.2 ausführt.

 

Gemäß § 57 Abs.2 leg.cit. sind Verwaltungsübertretungen gemäß Abs.1 Z 3 von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafen bis 36.000 Euro zu bestrafen.

 

5.2. Da die Bw die Berufung auf die Strafhöhe eingeschränkt hat, ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

5.3. Von der belangten Behörde wurde im angefochtenen Straferkenntnis eine Geldstrafe von 1.000 Euro bei einem Strafrahmen bis 36.000 Euro, sohin eine Geldstrafe im unteren Bereich des Strafrahmes verhängt.

Der Strafbemessung wurden von der Erstbehörde die von der Bw angegebenen persönlichen Verhältnisse, nämlich Bezug einer monatlichen Pension von netto ca. 1.300 Euro, kein Vermögen und keine Sorgepflichten, zugrunde gelegt. Strafmildernd wurde gewertet, dass keine einschlägigen Vorstrafen vorliegen, straferschwerende Gründe lagen nicht vor.

Unter Berücksichtigung der von der Bw vorgebrachten besonderen Umstände und der Tatsache, dass die Bw keine Verschleierungshandlungen gesetzt hat, sondern an der Aufklärung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes mitge­wirkt hat, konnte die verhängte Geldstrafe auf das im Spruch festgesetzte Ausmaß herabgesetzt werden. Eine weitere Herabsetzung war jedoch schon aus spezialpräventiven Gründen und unter Berücksichtigung des Unrechtsgehaltes der Tat nicht möglich.

Nach dem Schutzzweck der oben angeführten Norm soll eine widmungsgemäße geordnete Bauführung durch die Hintanhaltung konsensloser Bauführungen garantiert werden und besteht ein schutzwürdiges Interesse an der Vermeidung von Gefahren durch bauliche Anlagen, sei es im Sinne des Nachbarschutzes, des Umweltschutzes, des Brandschutzes udgl. Eben diese geschützten Interessen hat die Bw durch die gegenständliche Verwaltungsübertretung verletzt.

 

Nach § 21 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden der Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann die Beschuldigte jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um die Beschuldigte von einer weiteren strafbaren Handlung gleicher Art abzuhalten.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann von einer Geringfügigkeit des Verschuldens nur die Rede sein, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt. Der Oö. Verwaltungssenat ist nicht der Auffassung, dass die der Bw anzulastende Sorgfaltswidrigkeit soweit hinter dem deliktstypischen Schuldgehalt zurückbleibt, dass unter diesem Gesichtspunkt eine Anwendung des § 21 gerechtfertigt wäre, zumal es für die Bw ein leichtes gewesen wäre, sich bei der zuständigen Behörde über das Vorliegen einer Bewilligungs- bzw. Anzeigepflicht zu erkundigen.

Da die Voraussetzungen des § 21 Abs.1 VStG kumulativ vorliegen müssen, erscheint schon aus diesem Grund die Anwendung dieser Bestimmung ausge­schlossen.

 

Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen. Der Bw kommt nach der Aktenlage der Milderungsgrund des Fehlens einer einschlägigen Vorstrafe zugute. Dieser einzige zu berücksichtigende Milderungs­grund bedeutet auch bei Fehlen von Erschwerungsgründen noch kein beträcht­liches Überwiegen der Milderungsgründe über die Erschwerungsgründe im Sinne des § 20 VStG (vgl. VwGH 8.9.1998, 98/03/0159 uva), weshalb von der Anwendung des § 20 VStG abzusehen war.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

 

 

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