Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523160/13/Bi/Kr

Linz, 30.07.2012

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung der Frau X, vertreten durch Herrn RA X, vom 25. April 2012 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 16. April 2012, VerkR21-198-2012pl, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, aufgrund des Ergebnisses der am
30. Juli 2012 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde der Berufungswerberin (Bw) gemäß §§ 24 Abs.1, 26 Abs.3 Z1 und 7 Abs.3 Z4 FSG die von der Bezirkshaupt­mannschaft Vöcklabruck am 14. Oktober 1969, GZ. 2849/69, für die Klasse B erteilte Lenk­berechtigung für die Dauer von zwei Wochen, gerechnet ab Rechtskraft des Bescheides, entzogen sowie das Lenken von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen verboten und gemäß § 29 Abs.3 FSG die unverzügliche Ablieferung des Führerscheines bei der Erstinstanz oder der PI X angeordnet. 

Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 18. April 2012.

 

2. Dagegen wendet sich die von der Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2.Satz AVG). Am 30. Juli 2012 wurde eine öffentliche mündliche Berufungs­­verhandlung in Anwesenheit des Rechtsvertreters der Bw Herrn
RA Dr. X sowie des kfztechnischen Amtssachverständigen X (SV) durchgeführt. Die Vertreterin der Erstinstanz war wie die Bw entschuldigt. Die Berufungsentscheidung wurde mündlich verkündet.

 

3. Die Bw bestreitet das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung und macht geltend, das Lichtbild im Akt sei nicht aussagekräftig. Beantragt wird die Beischaffung des "Kontrollbildes". Aus dem Vergleich der zurückgelegten Wegstrecke und dem Zeitintervall zwischen den beiden Lichtbildern werde klar ersichtlich werden, dass die vorgeworfene Geschwindigkeit mit Sicherheit nicht eingehalten worden sein könne. Im Hinblick auf einen "ganz offensichtlichen Messfehler" werde auch die Beischaffung des Eichscheines beantragt. Außerdem sei das Tempolimit nicht ordnungsgemäß verordnet und nicht ausreichend kundgemacht – dafür wird die Beischaffung des Verordnungsaktes beantragt. Weiters mögen die "meldungs­legenden Beamten" einvernommen werden zum Beweis dafür, dass die vorgeworfene Verwaltungs­übertretung auf einem Wahrnehmungsfehler oder einer Verwechslung beruhe; diese seien zu ihren tatsächlichen Beobachtungen zu befragen, um einem solchen Fehler vorzubeugen und dazu, welche "zeitnahen Dokumentationen in diesem Zusammenhang erstellt worden" seien.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Rechtsvertreter der Bw gehört und die Ausführungen der Erstinstanz in der Begründung des angefochtenen Bescheides berücksichtigt wurden. Weiters wurden die inzwischen eingeholten Unterlagen, nämlich A- und B-Foto sowie der Eichschein, erörtert und zum Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung ein kfztechnisches Gutachten durch den SV erstellt. Demnach wurde das ggst Radargerät zuletzt vor dem Vorfall am 14. Oktober 2010 mit Nacheichfrist am 31. Dezember 2013 von Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen geeicht, dh es war von einer ordnungsgemäßen Eichung  am Vorfallstag auszugehen.

Verlesen wurde die in Rechtskraft erwachsene Strafverfügung der Erstinstanz vom 6. Februar 2012, VerkR96-29407-2011, laut der die Bw insofern einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 20 Abs.2 iVm 99 Abs.2e StVO 1960 schuldig erkannt wurde, als sie am 28. November 2011 um 13.24 Uhr als Lenkerin des Pkw X in der Gemeinde Gampern, in x auf der B1 bei km 254.915 in Fahrtrichtung Vöcklabruck die im Ortsgebiet zulässige Höchstge­schwin­dig­keit von 50 km/h – unter Abzug der in Betracht kommenden Messtoleranz zu ihren Gunsten – um  42 km/h überschritten habe. Im Spruch der Strafverfügung wurde bereits darauf hingewiesen, dass das ggst Verwaltungs­strafverfahren auch mit einem Führerscheinentzug verbunden ist – die damals nicht rechtsfreundlich vertretene Bw hat nach eigenhändiger Zustellung der Strafverfügung am 8. Februar 2012 den Strafbetrag am 16. Februar 2012 einbezahlt und ein Rechtsmittel nicht erhoben.

 

Der SV hat unter Zugrundelegung der Kameradaten des Fixradargerätes eine fotogrammetrische Auswertung der beiden im Abstand von 0,5 Sekunden aufgenommenen Fotos vorgenommen und ist zum Ergebnis gelangt, dass die Bw zum Zeitpunkt der Radarmessung eine Geschwindigkeit zwischen 87 und 92 km/h eingehalten hat. Dabei wurde nicht die Messung nachvollzogen, sondern ein Zeit-Weg-Diagramm erstellt. Die dabei erhaltene günstigste Geschwindigkeit der Bw von 87 km/h kann auf eine – marginale – Bremsung im Zeitraum dieser halben Sekunde zwischen den beiden Fotos zurückzuführen sein oder/und auf eine Schrägfahrt, die aus den Fotos augenscheinlich nicht erkennbar ist. Der SV hat ausdrücklich betont, dass die Rahmenbedingungen für eine gültige Radarmessung eingehalten wurden, dh es handelt sich nicht um einen Defekt oder eine Fehlmessung des Gerätes. Zugunsten der Bw war aber von einer Mindestgeschwindigkeit von 87 km/h auszugehen.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4)  nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen. Für den Zeitraum der Entziehung der Lenkberechtigung ua für die Klasse B ist auch das Lenken von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen unzulässig – die dort genannten Ausnahmen treffen auf den ggst Fall nicht zu.

Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt wer­den, die verkehrszuverlässig sind. Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen ua die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr ...  gefährden wird. Als bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.1 FSG hat gemäß § 7 Abs.3 Z4 FSG zu gelten, wenn jemand die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebietes um mehr als 50 km/h überschritten hat und diese Überschreitung mit einem technischen Hilfsmittel festgestellt wurde.

 


Die Auswertung der beiden mittels geeichtem stationärem Radargerät MUVR 6FA Nr.1975 aufgenommenen Radarfotos hat ergeben, dass die tatsächlich von der Bw eingehaltene Geschwindigkeit im günstigsten Fall 87 km/h betragen hat, dh eine Überschreitung der im Ortsgebiet erlaubten Höchstgeschwindigkeit um "nur" 37 km/h anzunehmen ist. Damit liegt keine Überschreitung im Sinne des § 7 Abs.3 Z4 FSG vor und war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

Beschlagwortung:

 

Radarmessung im Ortsgebiet fotogrammetrische Auswertung von A- und B-Foto ergab günstigstenfalls 87 km/h -> keine Überschreitung um mehr als 40 km/h iSd § 7 Abs.3 Z.4 FSG -> Aufhebung

 

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