Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523177/7/Bi/Kr

Linz, 07.08.2012

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung der Frau X, vom 23. Mai 2012 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 8. Mai 2012, VerkR21-280-2011/SD, Einschränkung der Lenkberechtigung durch Auflagen und Befristung, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird insofern teilweise Folge gegeben, als nur eine Kontrolluntersuchung nach Vorlage des neurologischen Befundes an die Erstinstanz im September 2014 als Auflage vorzuschreiben ist. Hinsichtlich der Befristung wird die Berufung abgewiesen.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde der Berufungswerberin (Bw) gemäß §§ 24 Abs.1 Z2, 8 und 13 Abs.5 FSG iVm §§ 3,5 und 12 FSG-GV die von der BH Schärding am 19.3.1992, VerkRF/37220/1992, für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung insofern eingeschränkt, als sie ab Rechtskraft des Bescheides bis 19. März 2017 befristet und unter der Auflage jährlicher neurologischer Kontrolluntersuchungen mit anschließender Befundvorlage an die Verkehrs­abteilung der BH Schärding spätestens bis 19. März 2013, 19. März 2014,
19. März 2015 und 19. März 2016 eingeschränkt wurde. Zur amtsärztlichen Neuuntersuchung vor Ablauf der Befristung sei ein aktueller neurologischer Befund vorzulegen. Die Bw habe den Führerschein zur Eintragung der Befristung und der Auflagen binnen 14 Tagen ab Rechtskraft der BH Schärding vorzulegen.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 9. Mai 2012.

 


2. Dagegen wendet sich die von der Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungs­verhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG). 

 

3. Die Bw macht im Wesentlichen geltend, sie sei mit der Befristung nicht einverstanden. Nach Annahme der Fachärzte leide sie an einer von über 30 Arten der spastischen Spinalparalyse, aber drei Gentests seien negativ gewesen und man habe medizinisch nichts nachweisen können. Dank der Medikamente sei alles stabil und der technische SV habe bei der Probefahrt keinerlei Einwände gehabt. 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Die Bw ist seit 1992 im Besitz einer Lenkberechtigung für die Klasse B. Am
20. Juli 2011 suchte sie um einen Ausweis gemäß § 29b StVO für dauernd stark gehbehinderte Personen an, weil es ihr aufgrund einer spastischen Lähmung in den Beinen sehr schwer falle, längere Strecken zu gehen, zumal ihr jeder Schritt große Schmerzen bereite.

Laut Gutachten des Amtsarztes Dr. X vom 20. Juli 2011, San20-330-2011, ist die Bw gemäß § 29b StVO als dauernd stark gehbehindert einzustufen. Sie ist nicht in der Lage, Gehstrecken bis 300 m ohne überdurchschnittliche Kraftanstrengung und ohne große Schmerzen zurückzulegen.

 

Laut Führerscheinattest Dris X, Facharzt für Neurologie in X, vom 19. September 2011 besteht die Diagnose "Progrediente spastische linksbetonte Paraparese der UE, DD spastische Spinalparalyse" – von dieser Diagnose sei am ehesten auszugehen; diese chronische Krankheit werde noch an der Univ.Klinik Innsbruck genauer abgeklärt, sodass derzeit keine abschließ­ende Diagnose gestellt werden könne. "Aktuell besteht kein Einwand gegen eine Weitererteilung des Führerscheins aus der Gruppe 1, wobei ich eine Probefahrt empfehle, ob eventuell bereits ein Automatikgetriebe wegen der Betonung des linken Beines notwendig ist. Empfehle jährlich neurologische Kontrollen."

 

Laut Gutachten des technischen Amtssachverständigen X, Amt der Oö. Landesregierung, vom 9. Jänner 2012, Verk-394947/679-2012-Ang/Hc, ist die Bw "als Ergebnis einer Beobachtungsfahrt am 28.12.2011 zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Führerscheinklasse B ohne Erteilung von Auflagen geeignet. Aufgrund der sicheren Pedalbedienung ohne jegliche visuelle Kontrolle ergibt sich derzeit kein Erfordernis von Ausgleichseinrichtungen."

 

Weiters wurde vorgelegt eine ärztliche Bestätigung der Universitätsklinik für Neurologie in X, Frau X, vom 6. Februar 2012, wonach die Bw "an einer unkomplizierten Verlaufsform einer spastischen Spinalparese leidet und an der Univ.Klinik für Neurologie in X in regelmäßigen Kontrollen ist. Bei einer spastischen Spinalparese kommt es zu einer langsam zunehmenden Steifigkeit in den Beinen. Eine Koordinationsstörung oder Beeinträchtigung von feinmotori­schen Tätigkeiten ist bei einer unkomplizierten Verlaufsform nicht zu erwarten. Auch kommt es zu keiner geistigen Beein­trächtigung oder zu epileptischen Anfällen. Aufgrund der nur langsam zunehmenden Paraspastik der unteren Extremitäten ist aus neurologischer Sicht das Lenken von Kraftfahrzeugen in sitzender Position für die Patientin gut möglich. Weitere regelmäßige Kontrollen finden an unserer Ambulanz statt".

 

Auf dieser Grundlage lautete nach einer Untersuchung der Bw am 20. Juli 2011 das amtsärztliche Gutachten gemäß § 8 FSG Dris X vom 19. März 2012 auf "befristet geeignet – Nachuntersuchung mit neurologischem Befund in fünf Jahren unter der Auflage von Kontrolluntersuchungen einmal pro Jahr – neurologische Kontrolle – Befundvorlage". Weiters wurde ausgeführt, es seien derzeit keine techni­schen Auflagen zur Bedienung der Fußpedale erforderlich; der weitere Verlauf sei abzuwarten.

 

Die Bw nahm am 2. April 2012 dieses Gutachten "nicht zur Kenntnis" und führte aus, sie habe derzeit keinerlei Einschränkungen bei der Bedienung des Kraftfahr­zeuges. Die Erkrankung stelle keine solche dar, bei der anzunehmen sei, dass sie sich innerhalb des Befristungszeitraumes derart verschlechtern werde, dass es zur gesundheitlichen Nichteignung komme; es könne nur sein, dass sie irgendwann ein Automatikfahrzeug benötige. Sie sehe daher eine Befristung als rein prophylaktisch an, weil dieser Zeitpunkt nicht vorhergesagt werden könne. Sollte ein Automatikgetriebe für sie irgendwann eine Erleichterung darstellen, werde sie sich ohnehin in Eigenverantwortung ein solches anschaffen. Sie ersuche daher um eine unbefristete Lenkberechtigung.

Daraufhin erging der nunmehr angefochtene Bescheid.

 

Seitens des UVS wurde die Amtsärztin Frau X, Amt der Oö. Landesregierung, um Prüfung der Befristung und der Vorschreibung jährlicher Kontrolluntersuchungen ersucht, zumal die ärztliche Bestätigung der Univ.Klinik X keinerlei Einschränkungen vorsieht und auf regelmäßige Kontrollen in der Ambulanz verweist. Der behandelnde Arzt Herr X teilte der Amtsärztin bei einem Telefonat am 26. Juni 2012 mit, dass grundsätzlich mit einer so langsamen Verschlechterung der Symptomatik zu rechnen sei, dass eine weitere amtsärztliche Untersuchung nach Ablauf von fünf Jahren unter zwischen­zeitlicher Vorlage eines neurologischen Befundberichts an die Behörde nach Ablauf von zweieinhalb Jahren ausreiche. Demgemäß führte die Amtsärztin gutachterlich aus, dass die von Herrn X vorgeschlagenen Termine für Nachuntersuchung und Befundbeibringung so nachvollziehbar sind, dass sich die regelmäßigen Kontrollen sowie die Befristung nach den fachärztlich vorgeschlagenen Zeitabständen richten können.

Die Bw hat im Rahmen des Parteiengehörs keine Äußerung abgegeben, sodass der UVS ankündigungsgemäß nach der Aktenlage zu entscheiden hat.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit 1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder 2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzu­schränken. Diesfalls ist gemäß § 13 Abs.5 ein neuer Führerschein auszustellen.

 

Nach der Rechtsprechung des VwGH (vgl E 15.9.2009, 2009/11/0084; 16.9.2008, 2008/11/0091) bedarf es, um eine bloß eingeschränkte Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen anzunehmen, auf einem ärztlichen Sachver­ständigen­gutachten beruhender konkreter Sachverhalts­feststellungen darüber, dass die gesund­heitliche Eignung, und zwar in ausreichendem Maß, für eine bestimmte Zeit vorhanden ist, dass aber eine gesundheitliche Beeinträchtigung besteht, nach deren Art nach Ablauf der von der Behörde angenommenen Zeit mit einer die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ausschließenden oder in relevantem Ausmaß einschränkenden Verschlechterung gerechnet werden muss.

 

Bestätigt wurde von der Univ-Klinik X zum einen, dass bei der Bw die Gefahr besteht, dass es aufgrund der bei ihr diagnostizierten spastischen Spinal­parese zu einer langsam zunehmenden Steifigkeit in den Beinen kommt. Aller­dings ist mit einer nur langsamen Zunahme zu rechnen, die bei den von der Bw regelmäßigen durchgeführten ambulanten Kontrollen festgestellt werden kann. Die Folge wäre die Erforderlichkeit einer Vorschreibung von Ausgleichsein­richtungen beim von ihr gelenkten Kraftfahrzeug in Form eines Automatik­getriebes, die die Bw aber, wie sie nachvollziehbar ausführt, ohnehin selbst jederzeit einbauen lassen kann, wenn sie ein solches als Erleichterung beim Lenken empfindet.

 

Dass die Bw Befunde über die Ergebnisse der ambulanten Kontrollen vorzulegen hat, die vom Amtsarzt in Form einer Kontrolluntersuchung zu begutachten sind, steht außer Zweifel.

 

Der Zeitraum von einem Jahr ist ursprünglich dem Führerscheinattest Dris X vom 19. September 2011 entnommen, der jährliche neurologische Kontrollen empfohlen hat. Offenbar finden die Kontrollen aber in der Ambulanz der Univ.Klinik X statt und dort wurde vom Facharzt X der Zeitraum auf zweieinhalb Jahre ausgedehnt. Diese Überlegungen hat die Amtsärztin (nachvollziehbar) übernommen, was zur Folge hat, dass nur eine Befundvorlage mit Kontrolluntersuchung im auch vom Facharzt nicht abgeän­derten Befristungs­zeitraum – naturgemäß im September 2014 – erforderlich ist.   

 

Gemäß § 2 Abs.1 FSG-Gesundheitsverordnung dürfen bei der Vorschreibung ärztlicher Kontrolluntersuchungen als Auflage diese niemals alleine, sondern immer nur in Verbindung mit einer Befristung der Lenkberechtigung und einer Nachuntersuchung bei Ablauf der Befristung verfügt werden.

Gemäß § 8 Abs.3a FSG ist die Dauer der Befristung vom Zeitpunkt der Ausfertigung des amtsärztlichen Gutachtens zu berechnen.

 

Die von der Bw angefochtene Befristung kann aufgrund der Vorschreibung der – wenn auch einzigen – Kontrolluntersuchung im Befristungs­zeit­raum nicht entfallen. Auch der rechnerische Beginn dieses Zeit­raums am 19. März 2012 (Datum des amtsärztliche Gutachtens gemäß § 8 FSG) ändert sich nicht und für die Nachuntersuchung vor Ablauf der Befristung hat die Bw einen dann aktuellen neurologischen Befund vorzulegen, ebenso nach zweieinhalb Jahren (ausgehend vom 19. März 2012), also im September 2014. 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 


 

Mag. Bissenberger

 

 

 

Beschlagwortung:

 

Zeitraum der Auflage ausgedehnt (Befundvorlage nicht 1 x jährlich, sondern nach 2,5 Jahren) – Befristung bleibt aber aufrecht § 2/1 FSG-GV

 

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