Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-252914/10/BMa/Th

Linz, 03.08.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag.a Gerda Bergmayr-Mann über die Berufung des X, vertreten durch Ing. Mag. X, gegen das Straferkenntnis des Magistrats der Landeshauptstadt Linz vom 13. Mai 2011, GZ.: 0055508/2010, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 2. Juli 2012, zu Recht erkannt:

 

 

      I.      Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis wird bestätigt.

 

  II.      Der Berufungswerber hat einen Beitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in Höhe von 146 Euro, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991, idF BGBl. I Nr. 111/2010, iVm §§ 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991, idF BGBl. I Nr. 111/2010

zu II.: § 64 VStG


Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig gesprochen und bestraft:

 

"I.       Tatbeschreibung:

 

Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma X GmbH, X, welche für die Erfüllung der sozialversicherungsrechtlichen Meldepflicht keinen Bevollmächtigten bestellt hat und somit als nach § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher, folgende Verwaltungsübertretung zu verantworten:

 

Die oa. Firma hat als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG seit 01.08.2010, zumindest aber am 06.10.2010 Herrn X, geboren X, wohnhaft X als Dienstnehmer in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt –  € 123,00 pro Zustelltour – ausgehend vom Betriebsstandort als Zustellfahrer - Lenker des Lkw mit dem behördl. Kennzeichen X der Firma X - in einem dienstnehmerähnlichen Arbeitsverhältnis beschäftigt. Der in Rede stehende Beschäftigte war der Firma organisatorisch sowie hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit maßgeblich unterworfen. Auch bestand eine persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit.

 

Obwohl dieser Dienstnehmer nicht von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausgenommen und daher in der Kranken- Unfall- und Pensionsversicherung vollversicherungspflichtig ist, wurde hierüber eine zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete Meldung bei der OÖ. Gebietskrankenkasse, 4020 Linz, Gruberstraße 77, als zuständigem Sozialversicherungsträger nicht vor Aufnahme der Tätigkeit erstattet.

 

Die gegenständlichen Firma hat somit gegen die sozialversicherungsrechtliche Meldepflicht des § 33 Abs. 1ASVG verstoßen.

 

II.       Verletzte Verwaltungsvorschriften in der jeweils gültigen Fassung:
§ 33/1 und 1a iVm § 111 ASVG

 

III.     Strafausspruch:

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von Falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von Gemäß

€ 730,00      112 Stunden                                                 § 111 ASVG




 

IV.      Kostenentscheidung:

 

Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens haben Sie 10% der verhängten Strafe zu leisten:

 

€ 73,00

 

Rechtsgrundlage in der jeweils gültigen Fassung:

§ 64 (1) und (2) Verwaltungsstrafgesetz

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

            € 803,00.

 

V.        Haftung

 

Die Firma X GmbH, X haftet gemäß § 9/7 VStG zur ungeteilten Hand für die in Punkt IV dieses Bescheides über ihr zur Vertretung nach außen berufenes Organ verhängten Geldstrafen in der Gesamthöhe von € 730,00 und die in Punkt IV dieses Bescheides angeführten Verfahrenskosten in der Höhe von € 73,00, somit für einen Gesamtbetrag in der Höhe von € 803,00, sowie weiters für die Kosten eines allenfalls erforderlichen Strafvollzuges.

 

VI.      Zahlungsfrist:

 

Wird keine Berufung erhoben, ist der Gesamtbetrag (Strafe/Verfahrenskosten) in der Höhe von € 803,00 binnen zwei Wochen nach Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides mittels beiliegenden Erlagscheins einzuzahlen. Sonst müsste die zwangsweise Einbringung veranlasst werden."

 

1.2. Begründend führt die belangte Behörde nach Darlegung des Verwaltungsgeschehens und der maßgeblichen Rechtsvorschriften im Wesentlichen aus, X sei als arbeitnehmerähnlicher Dienstnehmer für den Bw tätig gewesen und er sei nicht vom Bw bei der zuständigen Sozialversicherung angemeldet worden. Daher sei der Tatbestand der angelasteten Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht erfüllt.

Der Bw habe sich nicht bei der zuständigen Stelle beispielsweise der Oö. GKK informiert, ob X als Arbeitnehmer anzumelden sei, er habe damit zumindest fahrlässig gehandelt und den subjektiven Tatbestand ebenfalls erfüllt. Die belangte Behörde hat bei der Strafbemessung strafmildernd keinen Umstand gewertet und straferschwerend die lange Beschäftigungsdauer ohne Versicherungsanmeldung. Sie ist von einem geschätzten monatlichen Nettoeinkommen von 3.500 Euro bei der Strafbemessung ausgegangen.

 

1.3. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitige Berufung vom
12. Juli 2011. Die Berufung macht im Wesentlichen Verletzung von Verfahrensvorschriften durch die Nichteinvernahme des X, inhaltliche Rechtswidrigkeit, so liege entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde zwischen der X GmbH und X kein arbeitnehmerähnliches Verhältnis vor, sondern dieser habe die Güterbeförderung selbstständig ausgeübt, geltend und zur Strafbemessung Ausführungen hinsichtlich der persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers.

Abschließend werden die Anträge gestellt, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu die verhängte Geldstrafe herabzusetzen, jedenfalls aber eine mündliche Berufungsverhandlung durchzuführen.

 

2.1. Mit Schreiben vom 13.07.2011 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht sowie Anberaumung und Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 2. Juli 2012, zu der der Berufungswerber in rechtsfreundlicher Vertretung, ein Vertreter der belangten Behörde und ein Vertreter des Finanzamts Grieskirchen Wels gekommen sind. Als Zeuge wurde der Vertreter des Finanzamts X einvernommen.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt wird zugrunde gelegt:

 

Der Bw ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma X GmbH, X. Die X GmbH hat am 06.10.2010 Herrn X, geb. am X, als Fahrer von Zustelltouren gegen ein für solche Zustelltouren übliches Entgelt als Dienstnehmer in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit in einem dienstnehmerähnlichen Arbeitsverhältnis beschäftigt. Für seine Zustellfahrten hat X ein KFZ von der X GmbH angemietet. Die Betankung des KFZ erfolgt über Tankchip dieser Firma bei der Tankstelle der Firma X in X. Die für das Benzin anfallenden Kosten werden X bei der monatlichen Abrechnung in Rechnung gestellt. Am 6. Oktober 2010 wurde X aufgrund seiner Rückenschmerzen vom Bw ein Beifahrer für seine Zustelltour zur Seite gestellt, der ihm beim Ein- und Entladen der Pakete geholfen hat. X fährt üblicherweise die gleiche Tour (Innviertel). Bei Verzug von anderen Zustellfahrern übernimmt er aber auch zusätzliche Fahrten. X hat nicht für andere Firmen oder Auftraggeber zur Tatzeit gearbeitet. Ihm war es verwehrt, Pakete von anderen Firmen bei seiner Zustellfahrt mitzunehmen. Ihm wurde vom Bw bzw. dessen Firma eine Karte übergeben, die ihm den Zutritt zum X-Lager ermöglicht hat. Der dem X als Helfer beigestellte X war bei der Firma des Bw gemeldet.

 

Über den Inhalt des vom Bw vorgelegten Frachtvertrag, der zwischen der X GmbH und X geschlossen wurde, ist er nicht informiert und es fehlt auch die wesentliche Beilage, mit der die monatliche Vergütung geregelt ist. Diese soll ein integrierter Bestandteil des Frachtvertrags sein.

Die Bezahlung des X richtet sich danach, wie viele Touren von ihm gefahren werden, wobei dieser regelmäßig für den Bw Touren gefahren ist.

Aufgrund der regelmäßig von X gefahrenen Touren hat dieser eine Entlohnung erhalten, die die Geringfügigkeitsgrenze überschritten hat.

 

Der einzige Unterschied zwischen X und den Fahrern, die von der Firma X GmbH zur Sozialversicherung angemeldet sind, besteht darin, dass X nicht immer die gleiche Tour gefahren ist, sondern auch andere Touren übernommen hat. Er war wie die anderen Fahrer in die Organisation des Bw eingebunden, so hat er von diesem Listen und Scanner für die Beladung und Auslieferung der Pakete bekommen, ebenso die Berechtigungskarte für das Betreten des Lagers der X.

 

Ein angestellter Arbeiter der Firma X hat mit ihm im Arbeitsverbund die Pakete ausgeliefert.

 

X musste nicht für die Auslieferung der Pakete haften.

 

Der Bw hat ein monatliches Nettogehalt von 1.300 Euro und ist für 5 minderjährige Kinder im Alter von 2 bis 12 Jahren sorgepflichtig. Er besitzt zwar eine Eigentumswohnung, diese ist aber mit einem Darlehen belastet.

 

3.2. Beweiswürdigend wird ausgeführt, dass sich der Sachverhalt aus dem vorliegenden Akteninhalt sowie dem Ergebnis der mündlichen Berufungsverhandlung am 2. Juli 2012 ergibt. Der Bw hat anlässlich der mündlichen Verhandlung auch selbst dargelegt, dass der einzige Unterschied zwischen dem von ihm als selbstständig titulierten X und den bei ihm angestellten Fahrer jener ist, dass X nicht immer die gleiche Tour fährt.

 

Dass die Beschäftigung des X die Grenze der Geringfügigkeit überschritten hat, wurde vom Bw nicht bestritten.

 

Anlässlich der mündlichen Verhandlung konnte der Bw – entgegen dem vorgelegten Frachtvertrag – nicht angeben, dass X für eine mangelhafte Zustellung der Pakete gehaftet hat. Soweit die Angaben des Bw jenen im vorgelegten Frachtvertrag entgegen stehen, ist den in der mündlichen Verhandlung gemachten Aussagen des Bw zu folgen, ist doch davon auszugehen, dass der Frachtvertrag lediglich geschlossen wurde, um entgegen den tatsächlichen Verhältnissen eine Selbstständigkeit des X vorzuspiegeln.

 

Der als Zeuge geladene X ist zur Verhandlung am 2. Juli 2012 nicht gekommen, seine anlässlich der Kontrolle am 6. Oktober 2010 aufgenommene niederschriftliche Aussage konnte dem Verfahren aber zugrunde gelegt werden, weil der Vertreter des Finanzamts Grieskirchen Wels der die Befragung des X durchgeführt hat, glaubwürdig dargelegt hat, dass X, der österreichischer Staatsangehöriger ist, die an ihn gerichteten Fragen verstanden und ordnungsgemäß beantwortet hat.

 

3.3. In rechtlicher Hinsicht hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 111 Abs 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG (BGBl Nr. 189/1955 idFd Art I Teil 2 des SRÄG 2007, BGBl I Nr. 31/2007) handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 ASVG meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs 3 ASVG entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

1.  Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

2.  Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

3.  Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

4.  gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeich­nungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

Gemäß Absatz 2 ist die Ordnungswidrigkeit nach Absatz 1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen und zwar

-         mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

-         bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestim­mungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erst­maligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs 1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Nach § 33 Abs 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden.

 

Entsprechend § 33 Abs 1a ASVG kann die Anmeldeverpflichtung auch in zwei Schritten erfüllt werden, nämlich derart, dass vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben) und innerhalb von 7 Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung die noch fehlenden Angaben (vollständige Anmeldung) gemeldet werden.

 

Nach § 4 Abs 1 Z 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung (unmittelbar) auf Grund des ASVG versichert (Vollversicherung), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollver­sicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.

 

Als Dienstnehmer iSd ASVG gilt gemäß § 4 Abs 2 ASVG derjenige, der in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird, wobei hiezu auch Personen gehören, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

 

Nach § 35 Abs. 1 ASVG ist als Dienstgeber derjenige anzusehen, für dessen Rechnung der Betrieb geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, wobei gemäß § 35 Abs 2 ASVG Besonderes für jene nach § 4 Abs 1 Z 4 und 5 ASVG pflichtversicherte und für nach § 8 Abs 1 Z 3 lit c ASVG teilversicherte Dienstnehmer, für Heimarbeiter und für nach dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz überlassene Dienstnehmer gilt. Die dem Dienstgeber gemäß § 33 ASVG vorgeschriebenen Pflichten können nach § 35 Abs 3 ASVG grundsätzlich auch auf Bevollmächtigte übertragen werden; dennoch hat der Dienstgeber auch in diesem Fall die in § 33 ASVG vorgesehene Meldung selbst zu erstatten, wenn eine der Voraussetzungen des § 35 Abs 4 ASVG vorliegt.

 

Gemäß § 539a Abs 1 ASVG ist für die Beurteilung von Sachverhalten nach dem ASVG in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (zB Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend.

 

Durch den Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten nach bürgerlichem Recht können Verpflichtungen nach dem ASVG, besonders die Versicherungspflicht, nicht umgangen oder gemindert werden (§ 539a Abs 2 ASVG).

 

Ein Sachverhalt ist so zu beurteilen, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre (§ 539a Abs 3 ASVG).

 

3.4. Beim gegebenen Sachverhalt ist davon auszugehen, dass die Tätigkeit des X im Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit erfolgte, weshalb diese Tätigkeit als meldepflichtige Beschäftigung iSd § 33 ASVG zu qualifizieren war. X wurde für seine Tätigkeit vom Bw auch monatlich ein Entgelt gezahlt.

So war X gegenüber dem Bw weisungsgebunden, der Bw hat ihm die Touren zugeteilt und er wurde vom Bw monatlich entlohnt. X war in den betrieblichen Ablauf der organisatorisch eingebunden, er hat bei Bedarf zusätzliche Fahrten übernommen, er hat das Zustellauto vom Betrieb des Bw gemietet, dieses mit Tankchip der X GmbH betankt, er hatte eine Berechtigungskarte vom Bw um die Pakete einladen zu können und es wurde ihm ein Angestellter der X GmbH vom Bw zur Unterstützung bei Ausführung seiner Tätigkeit beigegeben, als er gesundheitliche Probleme hatte. Mit dem beigegebenen Arbeiter hat X bei der Paketzustellung im Arbeitsverbund gearbeitet. Seine Arbeit unterlag der Kontrolle durch den Bw und er musste nicht für seine tägliche Tätigkeit haften.

 

Damit ist der objektive Tatbestand der dem Bw vorgeworfenen Rechtsnorm erfüllt.

 

3.5. Gemäß § 5 Abs 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die 'Glaubhaftmachung' nicht.

 

Dem Bw ist es nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass in an der Übertretung kein Verschulden trifft. Er hat nicht dargelegt, dass er entsprechende Auskünfte bei der zuständigen Stelle, der Oö. GKK eingeholt hätte, ob die Tätigkeit des X in dieser Form als selbstständige zu qualifizieren ist, oder ob das konkrete Beschäftigungsverhältnis einer Meldepflicht bei der Oö. GKK unterliegt.

Er hat damit keine Gründe angeführt, warum eine ordnungsgemäße Meldung bei der Oö. GKK unterblieben ist.

Als Schuldform ist damit zumindest Fahrlässigkeit anzunehmen. Vorsatz kann dem Bw deshalb nicht unterstellt werden, weil er in der mündlichen Verhandlung dargetan hat, dass er bemüht war, eine rechtliche Konstruktion zu wählen, die als gesetzeskonform einzustufen ist.

 

3.6. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Die im vorliegenden Fall gegebene Ordnungswidrigkeit gemäß § 111 Abs.1 Z1 ASVG ("wer Meldungen oder Anzeigen nicht oder nicht rechtzeitig erstattet") ist gemäß § 111 Abs.2 ASVG als Verwaltungsübertretung grundsätzlich mit Geldstrafe von 730 bis 2.180 Euro zu bestrafen, wobei für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe bis 2 Wochen vorgesehen ist. Nach diesem Strafsatz war die Strafe zu bemessen. Der Bw hat in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass sein Einkommen ein geringeres ist, als die belangte Behörde angenommen hat und er überdies Sorgepflichten und Schulden hat. Die diesbezüglichen Angaben des Bw in der mündlichen Verhandlung werden dem gegenständlichen Verfahren zugrunde gelegt.

 

Die belangte Behörde hat eine Geldstrafe von 730 Euro verhängt, das entspricht der Mindeststrafe bei erstmaliger Tatbegehung. Im Wiederholungsfall ist die Mindeststrafe 2.180 Euro.

 

Aus dem im Akt einliegenden Strafregisterauszug vom 16.05.2011 ist ersichtlich, dass mit Straferkenntnis vom 20.10.2010, rechtskräftig am 12.11.2010 bereits eine Strafe von 365 Euro gemäß § 111 ASVG verhängt wurde. Diese einschlägige Vorstrafe wurde von der belangten Behörde nicht angeführt. Es hätte daher in diesem Fall eine Mindeststrafe von 2.180 Euro verhängt werden müssen.

Unter Zugrundelegung des Grundsatzes der reformatio in peius ist es dem Unabhängigen Verwaltungssenat aber verwehrt, die verhängte Geldstrafe von 730 Euro zu erhöhen. Auch wenn die nunmehr festgestellten Vermögens-, Einkommens- und Familienverhältnisse des Bw nicht den von der belangten Behörde festgestellten entsprechen, sondern wesentlich darunter liegen, ist die verhängte Geldstrafe als sehr milde anzusehen. Die Verhängung der Geldstrafe war nötig, um den Bw hinkünftig von Übertretungen gleicher Art abzuhalten, sie war aber auch aus generalpräventiven Erwägungen erforderlich.

 

Die Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafe von 112 Stunden erfolgte in Relation der Obergrenze der Geldstrafe zur Obergrenze der Ersatzfreiheitsstrafe.

 

5. Bei diesem Ergebnis war zusätzlich zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ein Beitrag zu den Kosten vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 20 % der verhängten Strafe vorzuschreiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag.a Bergmayr-Mann

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum