Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420748/6/MB/WU

Linz, 20.08.2012

B E S C H L U S S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Markus Brandstetter aus Anlass der Beschwerde der X, X, vertreten durch X, Rechtsanwalt in X, vom 21. Juni 2012 wegen Vornahme einer Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz – GSpG am 15. Juni 2012 in X, durch Organe des Finanzamtes Grieskirchen Wels den Beschluss gefasst:

 

I.                  Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

II.              Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bundespolizeidirektion Wels) den notwendigen Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: Art 129a Abs 1 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) iVm § 67 Abs 1 Z 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG; §§ 67c und 79a AVG,

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit der dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich am 1. Juli 2012 per Telefax übermittelten Eingabe vom 21. Juni 2012 hat die Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf) durch ihren Rechtsvertreter rechtzeitig Beschwerde wegen einer Amtshandlung von Organen des Finanzamtes Grieskirchen Wels (belangte Behörde) am 15. Juni 2012 in X, betreffend eine Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz erhoben.

 

Nachfolgend bringt die Bf vor:

"Ich betreibe als Einzelunternehmerin Pokerveranstaltungen, im Turnier- und Lebendspiel an der Adresse X. Am 15.6.2012 ereignete sich in meinem Geschäftslokal X beginnend ab 2.20 Uhr eine rechtswidrige Amtshandlung der sog Finanzpolizei, zuordenbar an das FA Grieskirchen/Wels, Dragonerstraße 31, 4601 Wels, an dem acht Pokertische gesetzwidrig beschlagnahmt bzw versiegelt wurden. Ohne Bescheid daher im Rahmen eines Aktes unmittelbarer Verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (AuvBZ) wurden meine Mitarbeiter und Gäste Vorort mit rauem Ton aufgefordert, den Poker- und Automatenbereich zu verlassen. Im Anschluss daran wurden die neun Pokertische aneinander gestellt, verbunden und gemeinsam so versiegelt, dass man einen ganzen Bereich des Lokales nicht mehr benutzen kann. Es wäre ohne weiteres möglich gewesen die Pokertische einzeln zu versiegeln oder mitzunehmen. Anstelle dessen wurde bewusst die Versiegelung so vorgenommen, dass eine große Fläche des Lokales blockiert ist. Dies alleine ist schon rechtswidrig, weil es unsachgemäß schikanös durchgerührt wurde. Das Verschieben der Pokertische ist ohne Siegelbruch nicht möglich. Durch die Versiegelung ist der Betrieb der Tische nicht mehr möglich. Ich bin die Betreiberin des Pokerbetriebes. Die Beamten haben sich nicht mit ihrem Namen vorgestellt. Die Beamten haben nicht angegeben von welcher Dienststelle sie kommen und aufgrund welcher (verfahrensrechtlicher) Rechtsgrundlage sie einschreiten.

 

Die Einschreitenden Beamten sind offenbar dem FA Grieskirchen/Wels, Dragonerstraße 31, 4601 Wels, zuzuordnen. Sie dürften aber nur nach den Verfahrensrechten der BAO vorgehen. Dort dürfen derartige AuvBZ nicht durchgeführt werden. Die Beamten handelten daher ohne verfahrensrechtliche Grundlage! Ihre Angabe, sie seien eine sog „Finanzpolizei" dient nur der Täuschung, damit der rechtsunkundige Bürger in den Glauben versetzt werden sollte, dass Organe der öffentlichen Sicherheit einschreiten würden. Dies war aber mit Nichten der Fall. Die Beamten hatten weder eine entsprechende Ausbildung dazu, noch wurden diese förmlich einem Sicherheitswachkörper zugewiesen, der nach den Regeln des SPG vorgehen könnte. Die Beschlagnahmung gern § 53 Abs 2 GISpG ist ebenso rechtswidrig, da wir seit dem Jahr 2008 unser Lokal betreiben und gern § 60 Abs 24 GISpG bis zur Erteilung einer Konzession im Sinne des § 22 GISpG ein Pokersalon für Pokerspiele ohne Bankhalter (auch) im Lebendspiel betrieben werden kann, zumal unser Unternehmen auf Basis der Rechtslage zum 1. Jänner 2010 zulässig gewesen wäre und bereits vor dem 15. März 2010 aufgrund einer aufrechten gewerberechtlichen Bewilligung geführt wurde."

 

Überdies führt die Bf aus, dass die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt sich gegen sie gerichtet habe und sie daher aktivlegitimiert sei. Darüber hinaus weist die Bf auf die Dringlichkeit der Beschwerde hin, da sie an mehreren Standorten Pokerlokale betreibe und zu befürchten sei, dass mit weiteren rechtswidrigen Eingriffen zu rechnen sei, welche zu ruinösen finanziellen Schäden führen könnten.

 

Abschließend stellt die Bf nachfolgende Anträge:

"1.  auf Durchführung einer öffentlichen Verhandlung, und

2.   auf Fällung folgenden

Erkenntnisses:

1.   Die Beschwerdeführerin ist durch die Amtshandlung am 15.6.2012 beginnend ab 2.20 Uhr durch Organe des Finanzamtes für FA Grieskirchen/Wels, Dragonerstraße 31, 4601 Wels im Lokal X, an dem die einschreitenden Beamten der sog „Finanzpolizei" neun Pokertische von mir vorläufig beschlagnahmten bzw versiegelten und zwar so, dass alle gemeinsam miteinander verbunden und versiegelt wurden, sodass das Verschieben der Tische ohne Siegelbruch nicht möglich ist und daher ein großer Teil des Lokales unbrauchbar geworden ist, dies alles, ohne dass sich die Beamten mit ihrem Namen vorstellten, ihre Dienststelle und die einschreitende Rechtsgrundlage nannten, in unserem verfassungsgesetzlichen gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit sowie in unserem einfachgesetzlichen Recht auf Betreibung von Pokerspielen im Turnier- und Lebendspiel nach den Bestimmungen der § 1 ff Glücksspielgesetz verletzt.

2.   Der Bund als Rechtsträger der belangten Behörde ist schuldig, der Beschwerdeführerin gern § 79a AVG die Kosten dieses Verfahrens binnen 14 Tagen gern § 19a RAO zu Händen des Beschwerdeführervertreters bei sonstiger Exekution zu bezahlen."

 

Die Bf legt hierzu folgende Kosten:

Schriftsatzaufwand:                        EUR 737,60

Verhandlungsaufwand:                   EUR 922,00

Gebühren:                                       EUR 20,00

Summe:                                          EUR 1.679,60

 

2.1. Weiters legte die belangte Behörde nach entsprechender Aufforderung durch den Oö. Verwaltungssenat den Verwaltungsakt samt Gegenschrift vor. Darin führt die belangten Behörde neben der Geltendmachung des Aufwandsersatzes idHv. 426,20 Euro (Schriftsatzaufwand: 368,80 Euro + Vorlageaufwand: 57,40 Euro) im Wesentlichen aus, dass zuvorderst die Dringlichkeit der Beschwerdebehandlung in Abrede zu stellen sei, da die zeitliche Differenz zwischen der Verfassung des Schriftstückes und dessen Absendung Gegenteiliges indiziere. Weiters wird angeführt, dass die Anzahl der beschlagnahmten Pokertische in der Beschwerde widersprüchlich sei (8 bzw. 9 Tische). Zudem behandle die angeführte gesetzliche Bestimmung des § 57 GSpG die Thematik der Glücksspielabgaben und habe nichts mit der gegenständlichen Amtshandlung zu tun. Auch werde in der gesamten Beschwerde nicht dargelegt, wodurch und wie die Bf eine Verletzung von einfach- bzw. verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten zugefügt worden sei.

 

Zum Sachverhalt bringt die belangte Behörde vor, dass die Kontrolle ordnungsgemäß durch Vorweis der Legitimation der handelnden Organe angemeldet worden sei. Dies könne einerseits vom vorgewiesenen Dienstausweis des Einsatzleiters, als auch von der ausgestellten Bescheinigung abgelesen werden. Darüber hinaus haben die einschreitenden Organe rechtmäßig auf Grundlage des § 53 GSpG gehandelt, zudem nach Ansicht der belangten Behörde der Verwaltungsgerichtshof die möglicherweise bestehende gewerberechtliche Bewilligung als nicht relevant in diesem Zusammenhang ansehe (s Seite 7f der Beschwerde mwN). Der Hinweis auf die fehlende verfahrensrechtliche Grundlage für die Amtshandlung im Rahmen der Bundesabgabenordnung gehe daher ins Leere. Auch das Berufen auf eine vorliegende gewerberechtliche Genehmigung könne im Zusammenhang mit der Übergangsbestimmung zu keinem anderen Ergebnis führen.

 

Insgesamt werden daher die Anträge gestellt, dass die Bf ihre Beschwerdelegitimation nachweisen solle und widrigenfalls die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen sei. Im Übrigen wird beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

 

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat im gegenständlichen Verfahren schon nach Einsicht in die Beschwerde und Gegenschrift festgestellt, dass die behauptete Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt keine Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates (mehr) auslösen kann.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

3.1. Gemäß Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG iVm § 67a Abs 1 Z 2 AVG erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten durch Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein (sog. Maßnahmenbeschwerde), ausgenommen Finanzstrafsachen des Bundes.

 

Die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt setzt nach der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts die unmittelbare Anwendung physischen Zwanges oder die Erteilung eines Befehles mit unverzüglichem Befolgungsanspruch voraus (vgl VwGH 14.12.1993, 93/05/0191; VfSlg 11935/1988; VfSlg 10319/1985; VfSlg 9931/1984 und 9813/1983; zahlreiche weitere Judikatur bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 [1998] E 55 ff zu § 67a AVG). Die bloße Untätigkeit einer Behörde erfüllt diesen Begriff nicht (vgl VfSlg 9813/1983; VfSlg 9931/1984; VfSlg 10319/1985, VfSlg 11935/1988). Für die Ausübung von Zwangsgewalt ist im allgemeinen ein positives Tun begriffsnotwendig (vgl VwGH 25.4.1991, 91/06/0052; VwSlg 9461 A/1977; VfSlg 6993/1973; VfSlg 4696/1964). Dieses kann auch in einem schlüssigen Tun iSd § 863 ABGB bestehen (vgl Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit [1983], 74).

 

Voraussetzung für die Zulässigkeit einer sog. Maßnahmenbeschwerde ist daher, dass gegen den Beschwerdeführer physischer Zwang tatsächlich ausgeübt wurde oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehles drohte (vgl mwN Walter/Mayer/Kuscko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht10 [2007] Rz 610). Maßnahmen im Rahmen der schlichten Hoheitsverwaltung können daher grundsätzlich nicht mit einer Beschwerde wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt bekämpft werden.

 

3.1.1. Im Übrigen dient der subsidiäre Rechtsbehelf der Maßnahmenbeschwerde nur dem Zweck, Lücken im Rechtsschutzsystem zu schließen. Zweigleisigkeiten für die Verfolgung ein- und desselben Rechts sollten mit der Maßnahmenbeschwerde nicht geschaffen werden. Was im Verwaltungsverfahren ausgetragen werden kann, ist daher kein zulässiger Gegenstand einer Maßnahmenbeschwerde (vgl z.B. VwGH 18.3.1997, 96/04/0231; VwGH 17.4.1998, 98/04/0005). Das gilt auch dann, wenn das für die Rechtsdurchsetzung zur Verfügung stehende Verwaltungsverfahren allenfalls länger dauert (vgl VwGH 15.6.1999, 99/05/0072, 0073, 0074 mwN). Demnach sind auch Zwangsmaßnahmen kein tauglicher Beschwerdegegenstand, wenn sie im Verwaltungsverfahren bekämpft werden können (vgl VwGH 25.4.1991, 91/06/0052; VwSlg 9.461 A/1977 und VwSlg 9.439 A/1977).

 

3.2. Wie sich aus der Beschwerde der Bf – insb. aus Pkt 2. auf Seite 4 der Beschwerde – ergibt, wendet sich diese gegen den Umstand (sowohl das Geschehen, als auch die Art und Weise) der Beschlagnahme der neun Pokertische am 15. Juni 2012 um 2.20 Uhr in der X durch Organe des Finanzamtes Grieskirchen und Wels.

 

3.3. Diese Beschlagnahme betreffend ist jedoch mit Hinterlegung an die Bf am 3. August 2012 ein entsprechender Bescheid durch die Bundespolizeidirektion Wels erlassen worden. Der Spruch samt Präambel dieses Bescheides lautet wie folgt:

 

"Über die am 14. Juni 2012 durch Organe des Finanzamtes Grieskirchen-Wels im Lokal "X", X, etabliert, gemäß § 53 Abs. 2 GSpG durchgeführte vorläufige Beschlagnahme von Glücksspielgeräten ergeht von der Bundespolizeidirektion Wels gegen Sie als Inhaber und Veranstalter dieser Pokertische folgender

 

SPRUCH

 

Gemäß § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a Glückspielgesetz BGBl. Nr. I 73/2010 wird von der Bundespolizeidirektion Wels zur Sicherung der Einziehung die Beschlagnahme der vorläufig beschlagnahmten acht Pokertische angeordnet."

 

Hieraus, aus der Begründung und den in der Gegenschrift ersichtlichen Protokollen und Niederschriften ergibt sich, dass die beschwerdegegenständliche Kontrolle bereits am 14. Juni 2012 um 23.00 Uhr im angeführten Lokal begonnen hat. Die Beschlagnahme der Pokertische erfolgte daraufhin aber – wie in der Beschwerde angeführt wurde – am 15. Juni 2012 um 2.20 Uhr. Es wird somit mittels Bescheid gänzlich über die Beschwerde abgesprochen.

 

3.4. Ein darüber hinausgehendes nicht dem Beschlagnahmebescheid zurechenbares Beschwerdevorbringen lässt sich letztlich aus der Beschwerde auch nicht ableiten.

 

3.5. Die von der Bf vorgebrachte Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf persönliche Freiheit kann von der Bf im konkreten Beschwerdevorbringen nicht zielführend geltend gemacht werden, da – wie die Bf selbst ausführt – die Gäste und Mitarbeiter, aber letztlich nicht sie, des Lokales verwiesen wurde. Insofern scheidet eine Behandlung der Beschwerde auch hier aus – in diesem Fall aber mangels Aktivlegitimation.

 

4. Im Ergebnis war die vorliegende Beschwerde mangels eines tauglichen Beschwerdegegenstandes als unzulässig zurückzuweisen, da die Maßnahmenbeschwerde bloß einen subsidiären Rechtsbehelf darstellt und die "Beschlagnahme" der Pokertische mittels Berufung gegen den Beschlagnahmebescheid des Polizeidirektors von Wels releviert werden kann. Darüber hinaus scheidet eine Behandlung schon wegen mangelnder Aktivlegitimation aus.

 

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bund als Rechtsträger, für den die belangte Behörde im Rahmen ihrer Zuständigkeit tätig geworden ist, nach § 79a Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 Z 3 AVG iVm § 1 Z 3 und 4 der UVS-Aufwandersatzverordnung 2008 (BGBl. II Nr. 456) ein Aufwandersatz in Höhe von insgesamt 426,20 Euro (Vorlageaufwand: 57,40 Euro, Schriftsatzaufwand: 368,80 Euro) zuzusprechen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

Markus Brandstetter

 

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