Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281379/11/Kl/Rd/BRe

Linz, 30.08.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die auf das Strafausmaß beschränkte Berufung des X, vertreten durch X, X, X, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 5. Dezember 2011, Ge-517/10, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz - ASchG zu Recht erkannt:

 

I.       Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte          Geldstrafe auf 400 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 20         Stunden herabgesetzt werden.  

 

II.     Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf          40 Euro, das sind 10% der nunmehr verhängten Geldstrafe. Es   entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum    Berufungsverfahren.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: §§ 64 Abs.1 und 65 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 5. Dezember 2011, Ge-571/10, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 500 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 130 Abs.2 ASchG, BGBl. Nr. 450/1994 idgF iVm Bescheidauflage Nr. 12 des Bescheides des Magistrates Steyr vom 9.8.2002 (Zl.: GeBA-18/02 Bu/Ve), verhängt, weil er es als gemäß § 23 Abs.1 des ArbIG verantwortlicher Beauftragter der Firma X in X, X, X, für den Bereich der Filiale oa Firma in X, X, und somit gemäß § 9 Abs.2 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher für ggst. Filiale zu vertreten hat, dass zumindest  am 23.3.2010 die Kassenarbeitsplätze in oa. Filiale (Arbeitsstätte) nicht derart gestaltet waren oder derart mit Kontrolleinrichtungen ausgestattet waren, dass dem Kassen­personal ein vollständiger Einblick in die Einkaufswägen möglich ist, ohne dass das Kassenpersonal die Sitzposition verändern muss. Zum Tatzeitpunkt war ein Einblick in die Einkaufswägen der Kunden dem Kassenpersonal nur in stehender Körperhaltung möglich.

Dies stellt eine Übertretung der Bescheidauflage Nr. 12 des Bescheides des Magistrats Steyr vom 9.8.2002 (Zl. GeBA-18/02 Bu/Ve) dar, in welcher vorge­schrieben ist: "Durch entsprechende Gestaltung des Kassenarbeitsplatzes muss dem Kassenpersonal zu Kontrollzwecken ein vollständiger Einblick in die Ein­kaufs­wagen und –körbe möglich sein, ohne die Sitzposition verändern zu müssen (zB durch Spiegel oder andere Kontrolleinrichtungen)".

Die Nichteinhaltung oa Bescheidauflage stellt eine Übertretung des ASchG dar.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung – mit Schriftsatz vom 29. Februar 2012 eingeschränkt auf das Strafausmaß - eingebracht. Überdies wurde ausdrücklich auf die Durchführung einer Berufungsverhandlung verzichtet. Begründend wurde ausgeführt, dass der Berufungswerber verwaltungsstrafrechtlich unbescholten sei und darauf vertrauen konnte, dass die in der betreffenden Filiale eingesetzten Kassenarbeitsplätze entsprechend allen Normen und in Absprache mit dem Arbeitsinspektorat ausgeführt seien. Hiezu existiere auch eine Konformitäts­bestätigung sowie ein arbeitshygienisch-ergonomisches Gutachten. Die Kassen­arbeits­plätze der betreffenden Filiale weisen eine Kassentischplatte aus Glas auf, die eine Einsichtmöglichkeit in Einkaufswägen und –körbe zulasse. Dies könne auch aus den beiliegenden entsprechenden Fotos aus der Perspektive der Kassiererinnen bewiesen werden. Durch eine allfällige geringfügige Verletzung der Auflage seien daher rechtlich geschützte Werte nicht verletzt worden. Es werde daher beantragt, von der Verhängung einer Strafe abzusehen, in eventu die Strafe deutlich herabzusetzen.    

 

3. Der Bürgermeister der Stadt Steyr als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme.

Vom Oö. Verwaltungssenat war für den 1. März 2012 – wie in der Berufung vom 20. Dezember 2011 ausdrücklich beantragt - eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung anberaumt. Aufgrund der Einschränkung der Berufung auf das Strafausmaß vom 29. Februar 2012 und dessen darin ausdrücklich angeführten Verhandlungsverzichtes konnte somit von der Durchführung gemäß § 51e Abs.3 Z2 und Z3 VStG abgesehen werden.     

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Da der Berufungswerber ausdrücklich um die Herabsetzung der verhängten Geldstrafe ersucht hat, ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen und ist es dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt, hierauf einzugehen.

 

5.2.1. Gemäß § 130 Abs.2 ASchG, BGBl. Nr. 450/1994 idgF begeht eine Verwal­tungs­über­tretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wieder­holungsfall mit einer Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro, zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber bescheidmäßige Vorschreibungen nach diesem Bundesgesetz nicht einhält.

 

5.2.2. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung der­jenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungs­gründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzu­wenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorge­pflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für die Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Auch bei der Strafbemessung obliegt es der Behörde gemäß § 60 AVG iVm § 24 VStG die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage, gelegen an der gesetzmäßigen Bemessung der Strafe, klar und übersichtlich zusammenzufassen.

 

5.3. Von der belangten Behörde wurde im angefochtenen Straferkenntnis eine Geldstrafe von 500 Euro bei einem Strafrahmen von 145 Euro bis 7.260 Euro über den Berufungswerber verhängt. Strafmildernd wurde die verwaltungs­strafrechtliche Unbescholtenheit des Berufungswerbers gewertet. Weitere mildernde oder erschwerende Umstände seien der Behörde nicht bekannt ge­worden. Mangels konkreter Angaben wurde hinsichtlich der persönlichen Ver­hältnisse des Berufungswerbers von einer Schätzung, und zwar von einem monatlichen Nettoeinkommen von 2.000 Euro und keinen Sorgepflichten, ausge­gangen. Dieser Schätzung wurde in der Berufung nunmehr dahingehend ent­gegen­getreten, als der Berufungswerber über ein monatliches Nettoeinkommen von 1.900 Euro und über kein Vermögen verfügt. Diese geänderten persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers waren nunmehr bei der Strafbemessung durch den Oö. Verwaltungssenat heranzuziehen.

 

Zu bemerken ist, dass Auflagen - insbesondere jene deren Augen­merk auf den Arbeitnehmerschutz gerichtet sind - Maßnahmen darstellen, die für die gesundheitliche Unversehrtheit der Arbeitnehmer vorzusorgen haben, weshalb  Verstöße gegen diese Bestimmungen mit einem besonderen Unrechtsgehalt behaftet sind.

 

5.4. Vom Berufungswerber wurde anlässlich der Berufungseinschränkung auf das Strafausmaß ua ein arbeitshygienisch-ergonomisches Gutachten vorgelegt und darauf hingewiesen, dass die eingesetzten Kassenarbeitsplätze allen Normen entsprochen haben und in Absprache mit dem Arbeitsinspektorat ausgeführt wurden. Eingangs ist dem Berufungswerber aber diesbezüglich entgegen­zuhalten, dass sich dieses Gutachten auf die Filiale X bezieht und nicht auf die Filiale in X. Grundsätzlich beinhaltet das vorgelegte Gutachten Ausführungen hinsichtlich der Arbeitsplatzgestaltung an sich (wie Fußraum, Sitzhöhe, Laufbandgeschwindigkeiten, Greifbewegungen der Arbeitnehmerinnen udgl) und stellt nicht auf die durchsichtige Ablagefläche ab. Weiters ist der Befundaufnahme zu entnehmen, dass der begutachtete Kassenarbeitsplatz – im Gegensatz zur konkreten Filiale - mit einem Doppelspiegelsystem ausgestattet ist und sogar von zwei Arbeitnehmerinnen eine andere Anordnung der Spiegel angeregt wurde, um eine optimale Einsicht in die Einkaufswagen zu gewähr­leisten. In beiden Filialen waren die Ablageflächen durchsichtig ausgeführt. Wenngleich die durchsichtige Ablagefläche eine Erleichterung für die Kassiererinnen bei der Kontrolle der Einkaufswagen darstellt, ersetzt dieser Umstand jedoch nicht die Anbringung eines Spiegels bzw oder einer sonstigen Kontrolleinrichtung, wie in der Bescheidauflage vorgeschrieben wurde. Vom Berufungswerber wurden auch keine Ausführungen dahingehend gemacht, weshalb von der Umsetzung der Bescheidauflage Abstand genommen wurde.  

 

Der Oö. Verwaltungssenat vertritt jedoch die Ansicht, dass mit der herab­gesetzten Geldstrafe das Auslangen gefunden werden kann, um den Berufungswerber zur Einhaltung und unverzüglichen Entsprechung der Auflage­bestimmung bewegen zu können. Darüber hinaus ist dem Berufungswerber zugute zu halten, dass zumindest durch die Glasausführung der Ablagefläche eine Teileinsicht in die Einkaufswagen gewährleistet werden konnte. Zudem handelt es sich um die erstmalige Begehung.

 

Einer Anwendung des § 20 VStG konnte nicht näher getreten werden, da hiefür die Voraussetzungen (beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe gegen­über den Erschwerungsgründen) nicht vorlagen.

 

Auch liegt kein geringfügiges Verschulden vor, zumal das Verhalten des Berufungswerbers nicht erheblich hinter dem in der Strafdrohung zum Ausdruck kommenden Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt. Daher kam auch eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG keinesfalls in Betracht.

 

Die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe war entsprechend herabzusetzen (§ 16 VStG).

 

6. Weil die Berufung teilweise Erfolg hatte, entfällt gemäß § 65 VStG die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

 

 

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