Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167005/15/Bi/Eg

Linz, 16.08.2012

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn X, vertreten durch X, vom 26. April 2012 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshaupt­mannes von Schärding vom 10. April 2012, VerkR96-1493-2012, wegen Übertretung der StVO 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 5. Juli 2012 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung sowie des medizinischen Sachverständigengutachtens der Amtsärztin X vom 16. Juli 2012, Ges-310950/2-2012-Wim/Du, nach Parteiengehör zu Recht erkannt:

 

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

II. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 240 Euro, ds 20 % der verhängten Strafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i und 19 VStG

zu II.: § 64 VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 5 Abs.1 iVm 99 Abs.1a StVO 1960 eine Geldstrafe von 1.200 Euro (10 Tage EFS) verhängt, weil er am 19. Februar 2012 um 00.05 Uhr den Pkw X in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand in der Gemeinde Bruck-Waasen, Ortsgebiet X, auf der L1134 auf Höhe des Hauses Nr.X gelenkt habe. Der Test am geeichten Alkomaten habe einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0,67 mg/l ergeben.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 120 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 5. Juli 2012 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw und seines Rechtsvertreters X durchgeführt; der Vertreter der Erstinstanz war entschuldigt. Auf ausdrücklichen Antrag des Bw wurde das medizinische SV-Gutachten der Amtsärztin X, Abteilung Gesundheit beim Amt der Oö. Landesregierung vom 16. Juli 2012, Ges-310950/2-2012-Wim/Du, eingeholt und danach Parteiengehör gewahrt. Der Bw hat sich in der Verhandlung mit der schriftlichen Fortführung des Verfahrens einverstanden erklärt und auf eine mündliche Verkündung der Berufungsent­scheidung verzichtet.  

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, die Erstinstanz habe festgestellt, dass er beim Alkotest um 00.24 Uhr bzw 0.25 Uhr einen AAG von 0,67 mg/l aufgewiesen habe, und habe für die Lenkzeit 00.05 Uhr ebenfalls diesen Wert zugrundegelegt und ihm eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1a StVO vorgeworfen. Sie hätte aber nach seiner Ansicht von einem geringeren Alkoholisierungsgrad ausgehen und eine geringere Strafe verhängen müssen. Er habe im erstinstanz­lichen Verfahren die Einholung eines medizinischen SV-Gutachtens beantragt zur Prüfung seines Alkoholgehalts zur Lenkzeit. Die Erstinstanz habe nicht unter­schieden zwischen einem Sturztrunk und einem Schlußtrunk und habe unterstellt, der Schlußtrunk sei erst nachträglich durch die rechtsfreundliche Vertretung vorgebracht worden und erfahrungsgemäß würden die Angaben bei der ersten Vernehmung der Wahrheit am nächsten kommen. Er habe sich aber bislang keines (Alkohol-)Deliktes schuldig gemacht und seinen Alkoholkonsum beschönigen wollen. Er sei kurz nach Fahrtantritt von der Polizei aufgehalten worden, was "bei einem unbescholtenen Bürger eine durchaus einschüchternde Wirkung habe, sodass ein solcher nicht von sich aus den Konsum eines doppelten Obstlers kurz vor Fahrtantritt zugestehen werde". Er habe im Gasthaus in X fünf Halbe Bier und zwei Gespritzte Weißwein konsumiert und etwa gegen 23.00 Uhr ein Wiener Schnitzel mit Beilagen gegessen. Die Erstinstanz habe es nicht für notwendig gehalten, den beantragten Zeugen X dazu zu ver­nehmen, obwohl dieser die Lieferzeit des Schnitzels zwischen 23.00 Uhr und 23.15 Uhr bestätigen hätte können. Die Behörde hätte bei der Prüfung seiner Angaben erkannt, dass er keine Schutzbehauptungen aufstelle, sondern an der Aufklärung des Sachverhalts und Feststellung seines Alkoholgehalts bei der Anhaltung interessiert sei.

Er habe bereits in seiner Rechtfertigung den Konsum eines doppelten Obstlers ca 20 Minuten vor Fahrtantritt dargetan. Das sei aber nicht als Sturztrunk sondern als Schlußtrunk zu sehen und davon auszugehen, dass die Resorption des Alkohols zur Lenkzeit noch nicht abgeschlossen gewesen sei und er bei der Anhaltung noch einen Alkoholgehalt unter 1,2%o aufgewiesen habe. Die Behörde verwechsle die Judikatur des VwGH zum Sturztrunk mit den Konsequenzen eines Schlußtrunks – die Judikatur zum Sturztrunk sei im ggst Fall nicht anzuwenden, weil ein Schlußtrunk vorgelegen habe. Als Sturztrunk sei die Konsumation einer großen Alkoholmenge bis ca 20 Minuten vor Fahrtantritt zu werten, wobei die wirksame Alkoholmenge in Gramm im Verhältnis zum Körpergewicht in kg  einen Faktor von 0,42 bis 0,45 erreichen bzw überschreiten müsse. Das sei im ggst Fall nicht gegeben. Ohne med. Gutachten dürfe nicht zu seinen Lasten von einer Alkoholisierung über 1,2%o ausgegangen werden. Beantragt wird Verfahrens­ein­stellung, in eventu der Ausspruch einer Ermahnung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Bw und sein Rechtsvertreter gehört und die Ausführungen der Erstinstanz in der Begründung des ange­fochtenen Straferkenntnisses berücksichtigt wurden.

 

Laut Anzeige hat der Bw nach der Anhaltung um 00.05 Uhr einen Alkoholvortest absolviert, der 0,55 mg/l AAG ergab. Daraufhin wurde nach der 15minütigen Wartezeit um 00.24 und 0.25 Uhr der Alkotest mittels geeichtem Alkomaten Siemens GeräteNr. WO5-647, durchgeführt, der jeweils 0,67 mg/l ergab. Die Alkomatunterlagen – die Eichbestätigung des BEV über die Eichung am 26. Mai 2011 (Nacheichfrist bis 31.12.2013) und die Prüfprotokolle vom 22.11.2011 und 23.5.2012 – wurden eingeholt und in der Verhandlung verlesen; daraus ergibt sich kein Anhalts­punkt dafür, dass der erzielte AAG nicht als Beweismittel heranziehbar wäre.

 

Der Bw hat in der Berufungsverhandlung seine vor der Polizei gemachten Angaben über seinen Alkoholkonsum im Zeitraum zwischen 12.00 Uhr und 23.50 Uhr des 18. Februar 2012, nämlich 5 Halbe Bier und 2 gespritzte Weißwein, bestätigt. Nach einem Lokalwechsel hätten sie Hunger, aber dort nichts mehr zu essen bekommen und daher im vorherigen Gasthaus Wiener Schnitzel bestellt, die ins andere Lokal geliefert wurden; dazu sei der Zeuge X beantragt worden, der die Lieferung vorgenommen habe. Er habe der Polizei auch gesagt, dass er in beiden Gasthäusern Alkohol getrunken habe. Warum er den doppelten Obstler nicht erwähnt habe, konnte der Bw "nicht sagen".

In der Berufungsverhandlung wurde erörtert, dass der Zeuge X auch im Berufungsverfahren nicht geladen wurde, weil die Angaben über das Schnitzel ohnehin glaubhaft sind, allerdings auch nicht relevant, weil Schnitzel an sich keinen Alkohol enthalten. Die "Nichtladung" des Zeugen X wurde vom Rechtsvertreter ausdrücklich akzeptiert, nachdem auf die ausdrückliche Frage der Verhandlungsleiterin, ob der Zeuge auch den Konsum des angeblichen doppelten Obstlers bestätigen könne (davon war in der Berufung keine Rede), das Beweis­thema "ausdrücklich nicht ausgedehnt" wurde.

 

Damit war aus der Sicht des UVS davon auszugehen, dass diese – sehr wohl nachträgliche, weil erst im Schriftsatz des Rechtsvertreters vom 15. März 2012, also 1 Monat nach dem Vorfall, erstmals erwähnte – Trinkbehauptung nicht erweisbar ist, obwohl doch zumindest derjenige, bei dem der Obstler bezahlt wurde, genannt werden hätte können. Der Bw hat sich dazu in Schweigen gehüllt. Aus der Sicht des UVS war damit schon die nachträgliche Trink­verantwortung fragwürdig, wozu auch das Verhalten des Bw bei der Anhaltung beiträgt, dem zwar alles seit 12.00 Uhr bis zum Trinkende um 23.50 Uhr eingefallen sein soll, aber nicht ein um 23.45 Uhr angeblich getrunkener Schnaps.

 

Trotzdem wurde – nach ausgiebiger Diskussion in der Berufungsverhandlung unter Hinweis des Rechtsvertreters, seine Ausführungen in der Berufung, der Schluß­trunk sei mengenmäßig für die Annahme einer Anflutung nicht aus­reichend, kämen aus einem "Handbuch des Verkehrsunfalls" aus dem Jahr 2003, und Hinweis der Verhandlungsleiterin auf die durch mehrere Beispiele dazu konkret belegte VwGH-Rechtsprechung – das medizinische SV-Gutachten eingeholt.

 

Darin legte die Amtsärztin X dar, dass die Resorption, also die Alkoholaufnahme vom Magen-Darmtrakt ins Blut, etwa 30 bis 60 Minuten nach Trinkende abgeschlossen ist, dh wenn um 23.45 Uhr noch Alkohol konsumiert wurde, im Zeitpunkt 00.05 Uhr zumindest hinsichtlich der Menge Alkohol, die ab 23.05 Uhr konsumiert wurde, der Bw sich theoretisch wahrscheinlich noch in der Anflutungsphase befunden hätte. Sie führte dazu weiter aus:

"Aus medizinischer Sicht ist jedenfalls unbestrittene Tatsache, dass die Beeinträchtigung durch Alkohol in der "Anflutungsphase" auch vor Erreichen der maßgeblichen BAK schwerwiegender ist als bei der gleichen oder sogar höheren BAK in der postresorptiven Phase. Die "Anflutungswirkung" gleicht den Konzen­tra­tions­fehlbetrag im Venenblut mindestens bis zur Analyse fast immer bis zum Rückrechnungswert aus. Die "Anflutungswirkung" begründet sich aus der Diffusion, dh im Einströmen des Alkohols aus den Blutgefäßen ins Gewebe. Zwischen Blut und Hirngewebe erfolgt der Konzentrationsausgleich wegen der starken Hirndurchblutung besonders rasch, im Gehirn ist daher zu Beginn der Resorptionsphase mehr Alkohol als in den anderen Organen, somit ist die alkoholbedingte Schädigung des Hirngewebes in der Resorptionsphase wesentlich stärker als während der Eliminationsphase.

Festzustellen ist, dass die Alkoholaufnahme über den Magen-Darmtrakt erfolgt und ins Blut diffundiert, dann aus den Blutgefäßen ins Gewebe, in die Lungen­kapillaren und Alveolen. Bei der Alkomatmessung wird die Ausatemluft gemessen, also die bis zu diesem Zeitpunkt bereits resorbierte Menge Alkohol, welche über die Blutbahn in die Alveolen diffundiert ist.

Die Atemalkoholbestimmung mittels Alkomat, welche um 00.24 bzw 00.25 Uhr durchgeführt wurde und einen Wert von jeweils 0,67 mg/l AAG ergab, was einen BAG von 1,34% ergibt, entspricht der bis zum Messzeitpunkt bereits resorbierten Menge Alkohol – weshalb im vorliegenden Fall, wo es sich anscheinend noch um eine "Anflutungsphase" handelt, davon auszugehen ist, dass die zum Zeitpunkt 00.25 Uhr gemessene Atemalkoholmenge der bis dato bereits ins Blut resor­bierten Menge Alkoholgehalt entspricht und, da der letzte Alkohol um 23.45 Uhr konsumiert wurde, voraussichtlich bis 00.45 Uhr ein weiterer Anstieg der BAK zu erwarten gewesen wäre.

Gleichzeitig ist aber auch mit Trinkbeginn von einem stündlichen Alkoholabbau auszugehen, welcher je nach dem Zugunstenprinzip mit 0,1 bis 0,2%o berechnet wird, sodass günstigstenfalls für den Zeitpunkt der Anhaltung, entsprechend ca 20 Minuten vor der Alkoholmessung mittels Alkomat zusätzlich 0,033 %o zu den gemessenen 1,34%o zum Anhaltezeitpunkt errechnen ließe, ungünstigstenfalls wären 0,066%o zu addieren, was rechnerisch einen BAG von 1,406%o zum gleichen Zeitpunkt ergeben würde. Wahrscheinlich lag der BAG zum Anhalte­zeitpunkt um ca 00.05 Uhr zwischen 1,373%0 und 1,40%o."

 

Dem Rechtsvertreter wurde dieses Gutachten im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht; er beantragte daraufhin eine GA-Ergänzung zum BAG zur Lenkzeit 00.05 Uhr.

Dazu ist aus der Sicht des UVS zu bemerken, dass das ggst Gutachten insofern heranzuziehen ist, als es eine sehr gut nachvollziehbare Darstellung der Vorgänge im Körper in der Resorptions- bzw Anflutungsphase enthält.

Dem Antrag auf GA-Ergänzung wird deshalb nicht entsprochen, weil zum einen beim Bw der behauptete Schnapskonsum um 23.45 Uhr – aus den bereits oben erläuterten Überlegungen – objektiv nicht erwiesen ist und zum anderen ein Atem- bzw Blutalkohol­gehalt nur durch tatsächliche Messung ermittelbar wäre. Der Vortest ist dazu nicht geeignet.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 5 Abs.1 StVO 1960 darf, wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.

Gemäß § 99 Abs.1a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkohol­ge­halt seines Blutes 1,2 %o oder mehr, aber weniger als 1,6 %o oder der Alkohol­gehalt seiner Atemluft 0,6 mg/l oder mehr, aber weniger als 0,8 mg/l beträgt.

 

Der Bw hat bis zur Anhaltung um 00.05 Uhr des 19. Februar 2012 den genannten Pkw unbestritten gelenkt und um 00.25 Uhr einen AAG von 0,67 mg/l (das sind umgerechnet 1,34 %o BAG) aufgewiesen, wobei das dabei verwendete Atemluftalkoholmessgerät ordnungsgemäß geeicht war und auch keinerlei Funktions­mängel erkennbar sind oder behauptet wurden.

 

Der Bw hat die Behauptung des Schlußtrunks in Form eines doppelten Obstlers erstmals einen Monat nach dem Vorfall im Schriftsatz des Rechtsvertreters vom 15. März 2012 aufgestellt und ausdrücklich keinen Zeugen dafür namhaft gemacht. Damit bleibt diese Behauptung objektiv unbewiesen.

Selbst wenn man von einem derartigen Schlußtrunk (im Sinn von letztem Alkohol vor dem Lenken) ausginge, wäre damit der Berufung kein Erfolg beschieden. Der Bw befand sich beim Lenken des Pkw um 00.05 Uhr ohne jeden Zweifel in der Resorptionsphase = "Anflutungsphase", in der der getrunkene im Magen befind­liche Alkohol ins Blut übergeht. Dazu ist keine Mindestmenge an Alkohol erforder­lich, wie es der Bw behauptet hat, sondern es handelt sich dabei um einen Vorgang, der schon nach logischen Überlegungen bei jeder Alkoholmenge stattfindet und laut SV bis zu einer Stunde nach Trinkende dauert.

In diesem Zusammenhang ist die Behauptung des Rechtsvertreters, für eine Anflutung wäre ein Verhältnis von Gramm Alkohol : Körpergewicht von mindes­tens 0,45 erforderlich, schon deshalb als fragwürdig anzusehen, weil zB eine Halbe Bier (5,2 Vol%) mit 20 g Ethanol bei einem Körpergewicht von 90 kg (red.KG = KG x 0,7 = 63 kg) ein Verhältnis von 20:63 = 0,31 bedeuten würde. Damit ist aber kein anonymer Faktor gemeint, wie es der Rechtsvertreter dargestellt hat, sondern dabei handelt es sich um den rechnerischen BAG bei einem Menschen von 90 kg nach Konsum einer Halben Bier, nämlich 0,31 %o.

Allerdings hat der Bw bei der Anhaltung das Trinkende mit 23.50 Uhr angegeben,  dh wenn nach den Ausführungen der SV von einer vollständigen Resorption erst nach ca einer Stunde nach Trinkende ausgegangen wird, war beim Alkotest um 00.25 Uhr erst der vor 23.25 Uhr vom Bw getrunkene Alkohol vollständig resorbiert. Gleichzeitig wäre aber zum Alkoholwert von 00.25 Uhr rückgerechnet auf die  Anhaltung um 00.05 Uhr ein Alkoholabbau von 0,1/3, dh 0,033 %o zu addieren.

 

Ohne jeden Zweifel erfolgte im ggst Fall der Alkomattest um 00.25 Uhr beim Bw in einer Phase, in der er einerseits den zuletzt (nach 23.25 Uhr) getrunkenen Alkohol resorbiert, gleichzeitig aber auch wieder den zuvor getrunkenen Alkohol abgebaut hat. Der AAG von 0,67 mg/l gibt daher eine Momentaufnahme für 00.25 Uhr wieder. Für 00.05 Uhr ist wegen des Alkoholabbaus in den 20 Minuten bis 00.25 Uhr ein zumindest um 0,033 %o höherer Wert anzunehmen, der sich aber um den noch nicht resorbierten Anteil des in der letzten Stunde vorher getrunkenen Alkohols reduziert. Dazu kommt noch, dass vermutlich sowohl der Abbau als auch die Resorption nicht bei jedem Menschen linear erfolgen, dh für den Bw konkret nicht berechenbar ist, weshalb sich auch die beantragte GA-Ergänzung erübrigt.

 

Fest steht aber, dass die Wirkung des getrunkenen Alkohols unmittelbar nach dem Konsum, dh während der Resorptions­phase, eintritt – die SV hat dies mit der schnelleren Diffusion des Alkohols aus dem Blut ins Hirngewebe aufgrund der starken Hirndurchblutung erklärt. 

 

Der VwGH hat in den Fällen eines behaupteten Alkoholkonsums kurz vor dem Lenken in ständiger Rechtsprechung zu § 5 Abs.1 StVO zum Ausdruck gebracht, dass die – nachträgliche – Feststellung des Atemluft- bzw Blutalkoholgehalts auch dann zur Anwendung dieser Bestimmung zu führen hat, wenn sich der Lenker im Lenkzeitpunkt noch in der Anflutungsphase befunden hat (vgl E 20.3.2009, 2008/02/0040; 14.12.2007, 2007/02/0023; 16.12.2011, 2011/02/0344; 23.3.2012, 2011/02/0234; uva).

In einem ähnlich gelagerten Fall (E 23.3.012, 2011/02/0234), bei dem der Beschwerdeführer um 17.25 Uhr einen AAG von 0,43 mg/l aufwies und eine nicht vollständige Resorption aufgrund einer zuletzt getrunkenen Alkoholmenge behauptete und damit eine Alkoholisierung im Lenkzeitpunkt 16.55 Uhr knapp unter dem für die Anwendung des § 5 Abs.1 StVO relevanten Wert geltend machte, hat der VwGH auf eben diese Rechtsprechung verwiesen. Damit hat er auch klargestellt, dass die dem erzielten Atemalkoholwert entsprechende Bestimmung des § 99 Abs.1 bis 1b StVO auch auf den Lenkzeitpunkt zu beziehen ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt ausgesprochen (vgl ua E 18.5.1994, 94/03/0090; 29.5.1996, 95/03/0233), es stehe mit dem Stand der medizi­ni­schen Wissenschaft im Einklang, dass Alkohol in der Anflutungsphase besonders nachteilige Auswirkungen auf die Fahrtüchtigkeit zeitige. Der Konsum von Alkohol kurz vor Fahrtantritt wirke sich auf den Alkoholgehalt des Blutes und der Atemluft erst nach einer gewissen Zeit aus, die Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit trete aber sofort ein (vgl E 12.2.1997, 95/03/0142).

 

Damit war beim Bw von einem Atemalkoholgehalt von 0,67 mg/l, der einem Blutalkohol­gehalt von 1,34 %o entspricht, auszugehen, auch wenn er zur Lenk­zeit 00.05 Uhr – möglicherweise – einen rechnerisch geringfügig geringeren Wert aufgewiesen haben mag. 

Der Bw hat damit den ihm zur Last gelegten Tatbestand zweifellos verwirklicht und, da ihm die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs.1 VStG nicht gelungen ist, sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten.

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.1a StVO 1960 von 1.200 Euro bis 4.400 Euro Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlich­keit von 10 Tagen bis sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

 

Die von der Erstinstanz gemäß § 19 VStG verhängte Strafe entspricht somit der gesetzlichen Mindeststrafe, wobei die bisherige Unbescholten­heit zutreffend als Milderungs­grund berücksichtigt und nichts erschwerend gewertet wurde. Zugrunde gelegt wurde ein monatliches Nettoeinkommen von 1.800 Euro bei Nicht­bestehen von Vermögen und Sorgepflichten. Eine Herabsetzung war damit nicht möglich, zumal die Voraussetzungen für eine Anwendung der  §§ 20 und 21 VStG nicht vorliegen. Es steht dem Bw frei, bei der Erstinstanz um die Möglich­keit der Bezahlung der Geldstrafe in Teilbeträgen anzusuchen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

 

0,67 mg/l um 00.25 Uhr – Lenkzeit 00.05 Uhr, Anflutungsphase – letzter Schnaps um 23.50 Uhr nicht erwiesen -> bestätigt

 

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