Linz, 26.07.2012
E r k e n n t n i s
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Beschwerde des X, StA von Marokko, derzeit aufhältig im PAZ X, wegen Anhaltung in Schubhaft seit 16. Juli 2012 durch den Bezirkshauptmann des Bezirks Schärding, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen; gleichzeitig wird festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft weiterhin vorliegen.
II. Der Eventualantrag auf Anordnung des gelinderen Mittels gegen den Beschwerdeführer durch den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wird als unzulässig zurückgewiesen.
III. Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann von Schärding) den Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
§§ 82 Abs. 1 und 83 Abs. 2 und 4 Fremdenpolizeigesetz – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 50/2012) iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG und der UVS-Aufwandsersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 456/2008.
Entscheidungsgründe:
1.1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Schärding vom 16. Juli 2012, GZ.: Sich41-111-2012, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) auf Basis des § 76 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG idgF – iVm. § 57 AVG zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 iVm. 53 FPG, zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 62 FPG, zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 63 FPG sowie zur Sicherung der Abschiebung (§ 46 FPG), der Zurückschiebung (§ 45 FPG) und der Durchbeförderung (§ 48 FPG) die Schubhaft angeordnet und im X vollzogen.
1.2. Gegen den Schubhaftbescheid, die Festnahme sowie gegen die darauf basierende Anhaltung in Schubhaft erhob der Bf per Telefax am 24. Juli 2012, Schubhaftbeschwerde an den UVS des Landes Oberösterreich.
2.1.1. Mit Schreiben vom 25. Juli 2012 übermittelte die belangte Behörde den Bezug habenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich am 26. Juli 2012.
2.1.2. In einer Gegenschrift vom 25. Juli 2012 führt die belangte Behörde ua. aus:
2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt festgestellt, dass der Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt ist, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 83 Abs. 2 FPG abgesehen werden konnte.
2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem – im Übrigen nunmehr weitgehend unwidersprochenen - unter den Punkten 1.1. und 2.1.2. dieses Erkenntnisses dargestellten entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus.
Zu betonen ist, dass der Bf in seinen Äußerungen – wie es auch die belangte Behörde darstellt – gerade hinsichtlich der Reiseroute wenig glaubhaft und in opportunistischer Weise seine Aussagen adaptierend erscheint.
3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:
3.1.1. Gemäß § 83 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. Nr. 50/2012, ist zur Entscheidung über eine Beschwerde gemäß § 82 Abs. 1 Z. 2 oder 3 der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel die Behörde ihren Sitz hat, welche die Anhaltung oder die Schubhaft angeordnet hat. In den Fällen des § 82 Abs. 1 Z. 1 richtet sich die Zuständigkeit nach dem Ort der Festnahme.
Gemäß § 82 Abs. 1 FPG hat der Fremde das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,
1. wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;
2. wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde, oder
3. wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.
Gemäß § 83 Abs. 4 FPG hat der Unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.
3.1.2. Es ist unbestritten, dass der Bf aufgrund des in Rede stehenden Bescheides der belangten Behörde vom 16. Juli 2012 bis dato in Schubhaft angehalten wird, weshalb der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung berufen ist.
Nachdem sich der Bf zur Zeit der Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates noch in Schubhaft befindet, war gemäß § 83 Abs. 4 FPG eine umfassende Prüfung der Anhaltung vorzunehmen.
3.2.1. Gemäß § 76 Abs. 1 können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung, einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.
Die Schubhaft ist nach § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Der Bescheid hat den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung auch in einer dem Fremden verständlichen Sprache zu enthalten oder in einer Sprache, bei der vernünftigerweise davon ausgegangen werden kann, dass er sie versteht. Eine unrichtige Übersetzung begründet lediglich das Recht, unter den Voraussetzungen des § 71 AVG wiedereingesetzt zu werden.
Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat die Behörde bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn, bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z. 1.
Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung,
1. in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,
2. sich in periodischen Abständen bei einem Polizeikommando zu melden oder
3. eine angemessene finanzielle Sicherheit bei der Behörde zu hinterlegen.
3.2.2. Im vorliegenden Fall ist zunächst die Verhängung der Schubhaft in dem Stadium zu überprüfen, als der Bf noch keinen Asylantrag im Bundesgebiet gestellt hatte, also von 16. Juli 2012 bis 17. Juli 2012.
Dabei ist festzuhalten, dass der völlig mittel- und wohnsitzlose Bf ohne jeglichen Aufenthaltstitel und ohne entsprechende Reisedokumente aufgegriffen wurde, also fraglos nicht zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt war. In diesem Sinn war die belangte Behörde auch grundsätzlich angehalten, die ggst. Schubhaft auf § 76 Abs. 1 FPG zu stützen.
3.2.3. Wenn nun in der Beschwerdeschrift "Spruchmängel" im in Rede stehenden Schubhaftbescheid dahingehend behauptet werden, als die Auswahl der Schubhaftziele zu umfassend gewählt worden sei, ist festzustellen, dass diesem Einwand nicht gefolgt werden kann. Zugegebenermaßen wäre es bei Verhängung der Schubhaft zwar auf der Hand gelegen, dass der titellose Bf wohl nicht nach § 62 FPG ausgewiesen werden würde oder gegen ihn gemäß § 63 FPG ein Aufenthaltsverbot erlassen werden könnte, wobei mangels Klarheit über die Identität des Bf auch diese Varianten nicht letztgültig ausgeschlossen werden konnten.
In sich widersprüchlich ist die Behauptung in der Beschwerde, dass die Behörde offensichtlich nicht von einer Zurückschiebung nach Ungarn ausgegangen sei, da sie diese nicht durchgeführt habe, wenn unmittelbar daran anschließend auch festgestellt wird, dass eine Rückführung nach Ungarn wegen der Asylantragstellung durch den Bf (rund 12 Stunden nach der ersten Vorführung vor die belangte Behörde) nicht mehr möglich war. Angemerkt sei auch, dass zu Beginn die belangte Behörde gerade die Zurückweisung nach Ungarn prüfte, wie sich aus der Aktenlage ergibt.
In Anbetracht dessen, dass aber nicht die für die entsprechende Klarheit sorgenden Ermittlungsergebnisse vorlagen, scheint der Spruch des in Rede stehenden Schubhaftbescheides nicht den Mindestanforderungen entbehrend.
Gleiches gilt für die Begründung, zumal hier auch mit Blick auf § 57 AVG nicht die bei anderen Bescheiden gegebenen Ermittlungsergebnisse vorliegen konnten.
Zusammenfassend ist also festzuhalten, dass die belangte Behörde die in Rede stehende Schubhaft zunächst zurecht auf § 76 Abs. 1 FPG stützen konnte.
3.2.4.1. Aus der "Kann-Bestimmung" des § 76 Abs. 1 (wie auch Abs. 2) FPG wird deutlich, dass es sich bei der Verhängung der Schubhaft um eine Ermessensentscheidung handelt. Es müssen daher im konkreten Fall Umstände in der Person des Bf gelegen sein, die erwarten ließen, dass er sich dem Verfahren gemäß § 76 Abs. 1 FPG entziehen würde. Dabei sind diese Umstände nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht isoliert voneinander, sondern in Zusammenschau und unter Erstellung einer Einzelfallprüfung zu betrachten.
3.2.4.2. Wenn der Bf nun die bekannte Judikatur der Höchstgerichte ins Treffen führt, dass nicht bei jedem sogenannten Dublin-Fall von einem erhöhten Sicherungsbedarf auszugehen sei, ist dies voll zu unterstreichen; allein, der in Rede stehende Fall ist doch grundlegend anders gelagert als ein "Regel-Dublinfall".
Der Bf befand sich – im Übrigen ohne erwähnenswerte Barmittel, ohne gemeldetem Wohnsitz oder Aufenthaltstitel im Bundesgebiet und vor allem ohne Reisedokumente mitzuführen, die seine Identität hätten klären können – zu Fuß im Bereich der Autobahn schon nahe an der Deutsch / Österreichischen Grenze.
Besonders ist hervorzuheben, dass der Bf bei der ersten Befragung durch die Polizeiorgane nicht nur seine Asylantragstellung in Rumänien leugnete, sondern überhaupt angab in seinem Heimatland nicht verfolgt zu werden und vielmehr aus rein wirtschaftlichen Gründen in einem für ihn attraktiven europäischen Land arbeiten zu wollen. Dass dies nicht auf legale Weise geschehen könnte, liegt klar auf der Hand und musste auch dem Bf voll bewusst sein.
Nachdem er – ohne familiäre oder sonstige Bindung im Bundesgebiet – offensichtlich dieses als Transitland benutzend, in der Wahl des Reiseziels völlig flexibel auftrat, konnte die belangte Behörde mit Fug und Recht davon ausgehen, dass sich der Bf, der zu diesem Zeitpunkt nicht nur nicht Asylwerber war, sondern auch angab diesen Status und dessen Versorgungsbenefizien gar nicht in Anspruch nehmen zu wollen, keinesfalls den behördlichen Verfahren zur Verfügung gehalten haben würde. Dies gründet sich auch schon darauf, dass der Bf ja "befürchten" musste, dass seine Asylantragstellung in Rumänien in der Folge offenbar werden würde und er ja strikt eine Abschiebung nach Rumänien ablehnt, wie sich im späteren Verfahren zeigte.
Dazu darf angemerkt werden, dass überdies nicht unbedingt glaubhaft ist, dass ein marokkanischer Staatsangehöriger tatsächlich als Reiseroute nach Europa vom Westen Nordafrikas zunächst nicht den Weg über Spanien oder Italien gewählt, sondern mehrfach Krisengebiete passierend seinen Heimatkontinent von West nach Ost durchquerend, das Mittelmeer umrundend in die Türkei gelangt sein will. Viel wahrscheinlicher ist hier wohl, dass er über nicht mehr nachzuvollziehende Umwege nach Rumänien gelangte. Die Identität des Bf ist im Übrigen auch zum Entscheidungszeitpunkt ungeklärt.
3.2.4.3. Zusammenfassend ist also festzuhalten, dass zum Zeitpunkt der Schubhhaftverhängung in den Nachtstunden des 16. Juli 2012 jedenfalls mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen war, dass sich der Bf ehest möglich dem Zugriff der Behörden entziehen würde, was er – zu diesem Zeitpunkt selbst angebend – schon in anderen Ländern der Europäischen Union erfolgreich praktiziert hatte. Es lag somit ein besonders akuter und hoher Sicherungsbedarf vor.
3.2.5. In diesem Sinn scheidet auch die Anwendung gelinderer Mittel aus, zumal der völlig örtlich ungebundene Bf, mittellos und mangels Grundversorgung auch unbetreut wie er war, wohl keiner allfälligen Meldepflicht nachgekommen wäre. Solches anzunehmen scheint kaum realitätsnah.
3.2.6. Die Verhängung der Schubhaft war zum in Rede stehenden Zeitpunkt auch verhältnismäßig, denn dem Recht des Bf auf persönliche Freiheit stand das dieses überwiegende öffentliche Interesse an der Sicherung seiner Außerlandesschaffung (aufgrund welchen Rechtsregimes war zu diesem Zeitpunkt noch nicht letztgültig abzuschätzen) entgegen.
3.2.7. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird betreffend Zielerreichung und Dauer der Schubhaft auf unten verwiesen.
Familiäre oder sonstige private Gründe im Sinn des Art. 8 EMRK standen und stehen – mangels persönlicher Anknüpfungspunkte des Bf im Bundesgebiet – der Verhängung der Maßnahme nicht entgegen.
3.3.1. Gemäß § 76 Abs. 6 FPG kann die Anhaltung in Schubhaft aufrecht erhalten werden, wenn ein Fremder während der Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz stellt. Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 oder 2a vor, gilt die Schubhaft als nach Abs. 2 oder 2a verhängt. Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anordnung der Schubhaft gemäß Abs. 2 oder 2a ist mit Aktenvermerk festzuhalten.
3.3.2. Der Bf stellte unbestrittenermaßen im Rahmen der ersten Befragung während aufrechter Schubhaft im PAZ X am Morgen des 17. Juli 2012 in Folge der Ankündigung, dass er wegen seines in Rumänien am 7. Juli 2012 gestellten Asylantrages dorthin bzw. primär nach Ungarn abgeschoben werden solle, auch einen Asylantrag in Österreich. Die belangte Behörde hielt das Vorliegen der Voraussetzungen des § 76 Abs. 2 Z. 4 FPG mittels Aktenvermerk vom 17. Juli 2012 fest.
Es ist nun zu überprüfen, ob die Voraussetzungen des § 76 Abs. 2 oder 2a FPG gegeben sind, da bejahendenfalls die ggst. Schubhaft gemäß § 76 Abs. 6 FPG als nach dieser Bestimmung erlassen gilt.
3.4.1. Gemäß § 76 Abs. 2 kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn
1. gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;
2. gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;
3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist oder
4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.
Gemäß § 27 Abs. 1 des Asylgesetzes 2005 gilt ein Ausweisungsverfahren als eingeleitet, wenn nach Ziffer 1 im Zulassungsverfahren eine Bekanntgabe nach
§ 29 Abs. 3 Z 4 oder 5 erfolgt.
3.4.2. Aufgrund des Eurodac-Treffers hinsichtlich der Asylantragstellung des Bf in Rumänien am 7. Juli 2012 lag der Schluss tatsächlich nahe, dass der am 17. Juli 2012 in X gestellte Asylantrag mangels Zuständigkeit Österreichs zurückgewiesen werden würde. In diesem Sinn ist der oa. Aktenvermerk der belangten Behörde nachvollziehbar. Das Konsultationsverfahren mit Rumänien wurde am 19. Juli 2012 ausgelöst.
Überdies ergibt sich aus der Aktenlage, dass dem Bf bereits am 20. Juli 2012 eine Mitteilung über die beabsichtigte Zurückweisung seines Asylantrages gemäß § 29 Abs. 3 AsylG 2005 ausgehändigt und somit gemäß § 27 Abs. 1 AsylG 2005 am 20. Juli 2012 das Ausweisungsverfahren nach Rumänien eingeleitet wurde, weshalb die ggst. Schubhaft nunmehr auch auf § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG gestützt werden könnte.
3.4.3.1. Es ist aber nun auch in diesem Stadium die Rechtmäßigkeit der Ermessensentscheidung der belangten Behörde betreffend den Sicherungsbedarf im konkreten Einzelfall zu erörtern.
3.4.3.2. Dabei kann weitgehend auf die obigen Feststellungen verwiesen werden. Jedoch wendet der Bf ein, dass ihn betreffend, da er nach der Asylantragstellung behauptet, keine Intention zu haben, sich dem behördlichen Verfahren zu entziehen, kein erhöhter Sicherungsbedarf (mehr) vorliegen würde, zumal er ab diesem Zeitpunkt über die Grundversorgung verfügen könnte.
Es darf aber nicht vergessen werden, dass der Bf schon in Rumänien spätestens wenige Tage nach Asylantragstellung sich dem dortigen Verfahren entzog, da es ihm ja nicht um Schutz vor Verfolgung ging, sondern um die Erlangung eines rein wirtschaftlichen Vorteils. Er bewies also auch dort schon, dass er bereit ist – ohne lange abzuwarten – seine Ziele zu verfolgen und behördliche Anordnungen zu ignorieren. Nachdem er am 16. Juli im Nahbereich der Staatsgrenze zu Deutschland aufgegriffen wurde, ist weiters anzunehmen, dass Österreich nicht seine Wunschdestination darstellt.
Zudem musste ihm bewusst sein, dass aufgrund seiner Äußerungen am 16. Juli 2012 seinem Asylbegehren wohl nicht all zu viel Erfolg beschieden sein würde. Nicht zuletzt äußerte er das Begehren auf Internationalen Schutz lediglich als Folge der ihm bekanntgegebenen drohenden Außerlandesschaffung, somit als strategisch wirksame Maßnahme um sich ein wenig Zeit zu verschaffen. Es bestehen aber keine Zweifel, dass er sich bei Nicht-Verhängung der Schubhaft unverzüglich dem Zugriff der Behörden entzogen haben und auch jetzt sofort in die Illegalität untertauchen würde, gleich in welchem Land, solange es für ihn nur wirtschaftlich gesehen vermeintlich Arbeitsmöglichkeiten bietet, welche aber keinesfalls legal sein könnte, was er jedenfalls ohne Skrupel hinzunehmen scheint.
Durch die Einleitung des Ausweisungsverfahrens verschärft sich für ihn die Notwendigkeit sich abzusetzen weiter, will er – was ja sein erklärtes Ziel ist – der Abschiebung nach Rumänien erfolgreich entgehen.
In dieses Bild gliedert sich nahtlos der vom Bf am 24. Juli 2012 angetretene Hungerstreik ein, der beweist, dass ihm jegliches Mittel recht ist, um sein Ziel - die Verhinderung der Abschiebung nach Rumänien – zu erreichen.
3.4.3.3. Der belangten Behörde folgend ist im vorliegenden Fall – in Zusammenschau all der eben beschriebenen Sachverhaltselemente – weiterhin von einem besonders hohen sowie akuten Sicherungsbedarf auszugehen und zu attestieren, dass sich der Bf – auf freiem Fuß belassen – fraglos dem Zugriff der Behörde entzogen haben würde. Je weiter das Asylverfahren fortschreitet, desto höher ist auch die Fluchtgefahr anzusetzen. Diese bestand aber schon zweifellos (wie oben gezeigt) auch zum Zeitpunkt der Verhängung der Maßnahme.
3.4.4. Die Verhängung der Schubhaft ist demnach zweifellos aktuell auch verhältnismäßig, denn dem Recht des Bf auf Schutz der persönlichen Freiheit steht das dieses im vorliegenden Fall fraglos überwiegende Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen und damit am Schutz und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gegenüber. Um diese Ziele zu gewährleisten, war der Eingriff in das Recht des Bf auf den Schutz der persönlichen Freiheit notwendig.
3.5. Damit scheidet auch grundsätzlich die Anwendung gelinderer Mittel über den Bf ab dem Zeitpunkt der Asylantragstellung gemäß § 77 FPG konsequenter Weise aus. Eine allfällige tägliche Meldepflicht würde das Ziel der Schubhaft nicht haben gewährleisten können, zumal der Bf schon in der Vergangenheit bewies, dass er nicht bereit ist, behördlichen Anordnungen zu entsprechen. Darüber hinaus strebt er – wie oben dargestellt - offenbar in Österreich keinen längeren Verbleib an, was ebenfalls gegen die Anordnung gelinderer Mittel spricht.
3.6. Der Schutz des Privat- und Familienlebens gemäß Art. 8 EMRK kann im vorliegenden Fall ebenfalls nicht schlagend in Anwendung gebracht werden, zumal der Bf – nach eigenen Angaben und der Aktenlage - über keine familiären Kontakte oder Verpflichtungen im Bundesgebiet verfügt.
3.7.1. Gemäß § 80 Abs. 1 FPG ist die Behörde verpflichtet darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf solange aufrecht erhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.
Gemäß § 80 Abs. 2 FPG darf die Schubhaftdauer grundsätzlich
1. zwei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen verhängt wird;
2. vier Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, verhängt wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.
3.7.2. Der Bf wird gegenwärtig seit 10 Tagen in Schubhaft angehalten, weshalb die gesetzlich normierte Frist bei weitem noch nicht ausgeschöpft ist. Es liegen auch keine Umstände vor, die erwarten ließen, dass die Anhaltung noch längere Zeit andauern werde, zumal die Abschiebung des Bf nach Rumänien durchaus zeitnah erreichbar scheint.
Das Ziel der Schubhaft, die Ausweisung und Abschiebung nach Rumänien, ist zum Entscheidungszeitpunkt somit absolut zeitnah erreichbar, da aktuell keine Umstände bekannt sind, die gegen die Durchführbarkeit der Rückführung sprechen würden. die Asylantragstellung in Rumänien am 7. Juli 2012 bildet den einzigen glaubhaften, nachweislichen und konkret nachvollziehbaren Anknüpfungspunkt.
3.8. Es sind zudem keinerlei Umstände bekannt, die einer weiteren Anhaltung des Bf in Schubhaft entgegenstehen würden, weshalb die Beschwerde vom
24. Juli 2012 als unbegründet abzuweisen und gleichzeitig auszusprechen war, dass auch die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft weiterhin vorliegen.
3.9. Der Eventualantrag auf Verhängung eines gelinderen Mittels durch den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich war als unzulässig zurückzuweisen, da die Rechtsnormen des FPG den UVS keine Grundlage für eine derartige Anordnung bieten.
4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bund als Rechtsträger, für den die belangte Behörde eingeschritten ist, nach § 79a Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 Z 3 AVG iVm § 1 Z 3 und 4 der UVS-Aufwandersatzverordnung (BGBl. II Nr. 456/2008) ein Aufwandersatz in Höhe von insgesamt 426,20 Euro (Vorlageaufwand: 57,40 Euro, Schriftsatzaufwand: 368,80 Euro) zuzusprechen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt unterschrieben werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.
2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.
Bernhard Pree