Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-401197/5/BP/WU

Linz, 26.07.2012

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Beschwerde des X, StA von Marokko, derzeit aufhältig im PAZ X, wegen Anhaltung in Schubhaft seit 16. Juli 2012 durch den Bezirkshauptmann des Bezirks Schärding, zu Recht erkannt:

 

 

I.            Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen; gleichzeitig wird festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft weiterhin vorliegen.

 

II.        Der Eventualantrag auf Anordnung des gelinderen Mittels gegen den Beschwerdeführer durch den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wird als unzulässig zurückgewiesen.

 

III.    Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann von Schärding) den Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 Abs. 1 und 83 Abs. 2 und 4 Fremdenpolizeigesetz – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 50/2012) iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG und der UVS-Aufwandsersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 456/2008.

 

 

 


Entscheidungsgründe:

 

1.1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Schärding vom 16. Juli 2012, GZ.: Sich41-111-2012, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) auf Basis des § 76 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG idgFiVm. § 57 AVG zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 iVm. 53 FPG, zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 62 FPG, zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 63 FPG sowie zur Sicherung der Abschiebung (§ 46 FPG), der Zurückschiebung (§ 45 FPG) und der Durchbeförderung (§ 48 FPG) die Schubhaft angeordnet und im X vollzogen.

 

Die Behörde führte im Schubhaftbescheid wie folgt aus:

"Sie wurden am 16.07.2012, gegen 15:48 Uhr, auf der Innkreisautobahn A 8, Fahrtrichtung X, Km X, Gde. X, Bez. Schärding, , als Fußgänger aufgegriffen und konnten kein Reisedokument vorweisen.

Sie wurden daraufhin festgenommen und der Bezirkshauptmannschaft Schärding, Fremdenpolizei vorgeführt. Sie gaben an, über Istanbul/Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien, Rumänien, Ungarn nach Österreich gereist zu sein. Reiseziel konnten sie keines angeben, das Ziel sei nur Europa gewesen, um hier eine Arbeit zu finden. Sie würden in ihrem Heimatland nicht verfolgt, hätten keinen Grund um Asyl anzusuchen und würden dies auch nicht machen wollen. Sie seien bereits in Griechenland und in Rumänien von der Polizei aufgegriffen worden, hätten aber auch dort nicht um Asyl angesucht, da ihnen klar gewesen sei, in diesen Ländern nur sehr schwer Arbeit zu finden.

Auf Grund dieser Tatsachen ist beabsichtigt sie in Schubhaft zu nehmen.

 

Es besteht daher bei ihnen ernsthaft die Gefahr, dass sie sich bei einer Abstandnahme von der Verhängung der Schubhaft den Zugriff der Behörde entziehen und dadurch die angeführten fremdenpolizeilichen Maßnahmen verhindern, zumal ihre Identität ungeklärt ist, sie im Gebiet der Republik Österreich über keinen Wohnsitz und nur über geringe Barmittel verfügen. Es konnte somit mit keinem gelinderen Mittel das Auslangen gefunden werden und waren auch keine realistischen Anhaltspunkte für die Anwendung irgend eines gelinderen Mittels gem. § 77 FPG ersichtlich.

Die Behörde hat sich im konkreten Fall mit der Frage der Verhältnismäßigkeit auseinandergesetzt und gelangte zu dem Ergebnis, dass der mit der Schubhaftverhängung verbundene Eingriff in ihre persönliche Freiheit im Hinblick auf das besondere öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens nicht außer Verhältnis zu dem verfolgten Ziel steht. Die öffentlichen Interessen an der Sicherung der Außerlandesschaffung wiegen hier schwerer als ihre privaten Interessen an der Schonung der persönlichen Freiheit."

 

1.2. Gegen den Schubhaftbescheid, die Festnahme sowie gegen die darauf basierende Anhaltung in Schubhaft erhob der Bf per Telefax am 24. Juli  2012, Schubhaftbeschwerde an den UVS des Landes Oberösterreich.

 

In der Beschwerde wird ua. wie folgt ausgeführt:

 

"Sowohl die Schubhaftverhängung als auch die Anhaltung in Schubhaft sind rechtswidrig.

 

Begründung:

 

1- Rechtswidrigkeit des Spruches und Verletzung der Begründungspflicht

 

Es ist darauf hinzuweisen, dass die Anordnung der Schubhaft zwecks Sicherung der im Spruch angeführten Sicherheitszwecke jeglicher Begründung entbehrt.

Gem. § 60 AVG sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Da der belangten Behörde gem. § 76 Abs 1 FPG ein Ermessen für ihre Entscheidung eingeräumt wurde („KANN" - Bestimmung), hat die Begründung besonders gründlich auszufallen, damit nachvollzogen werden kann, welche Erwägung die Behörde zu ihrer Entscheidungen geführt hat (siehe Fremdenrecht, Schumacher, Peyrl, Neugsschwendtner, 4. Auflage, S,439-440)

Es ist offensichtlich, dass die belangte Behörde ihrer Begründungspflicht nicht genügt hat.

Die belangte Behörde hat im Spruch des gegenständlichen Bescheides, alle im § 76 Abs 1 FPG angeführten Sicherungszwecke, aufgezählt.

Aus der Begründung des Bescheides geht überhaupt nicht hervor zu welchem konkreten Sicherungszweck (von den sechs im Spruch angeführten Sicherungszwecken) die Schubhaft angeordnet wurde. Der angefochtene Bescheid ist inhaltlich als zu unbestimmt zu qualifizieren und bildet keine taugliche Grundlage für die Verhängung der Schubhaft.

Vor diesem Hintergrund ist zweifellos von der Rechtswidrigkeit des Bescheides auszugehen,

Abgesehen davon, dass in meinem konkreten Fall gar kein Sicherungsbedarf vorhanden ist und daher die Schubhaft zu keinem einzigen Sicherungszweck verhängt werden durfte, wird gerügt, dass die Anordnung der Schubhaft, ohne jegliche Auseinandersetzung mit dem Inhalt der im Spruch angeführten gesetzlichen

Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes zu den jeweiligen Sicherheitszwecken, erfolgt hat,

Hätte sie dies getan, hätte sie zum Zeitpunkt der Erlassung des Schubhaftbescheides feststellen müssen, dass die Schubhaftverhängung zu vier von sechs angeführten Sicherungszwecken, rechtlich nicht möglich war,

Aus dem Fremdenpolizeigesetz geht eindeutig hervor, dass sowohl die Ausweisung gem. § 62 FPG als auch    das Aufenthaltsverbot gem. § 63 FPG aufenthaltsbeendende Maßnahmen gegen Drittstaatsangehörige mit Aufenthaltstitel, darstellen.

Da ich über keinen Aufenthaltstitel verfüge, ist es absolut nicht zulässig und daher rechtswidrig - die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gem. § 62 FPG sowie des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gem. § 63 FPG anzuordnen.

Die Verhängung und Aufrechterhaltung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung (§ 46 FPG1 ist erweist sich als rechtswidrig, da in meinem konkreten Fall keine durchsetzbare Ausweisung vorliegt, und hiermit kein Titel für eine allfällige Abschiebung vorhanden ist.

In diesem Zusammenhang wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes v. 29.02.2012, GZ: 2009/21/0198 verwiesen.

Die Anordnung der Schubhaft zur Sicherung der Durchbeförderung gem, '§ 48 FPG Ist in meinen konkreten Fall unzulässig, da die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Durchbeförderung nicht erfüllt sind.

Es ist davon auszugehen, dass eine Zurückschiebung gem. § 45 FPG von der belangten Behörde nicht beabsichtigt wurde und daher nicht als Sicherungszweck der Schubhaft angeführt werden durfte, da sie bis dato nicht stattgefunden hat.

Außerdem wird darauf hingewiesen, dass aufgrund des von mir gestellten Asylantrages (17.07.2012) keine Zurückschiebung mehr möglich ist.

 

2. Unverhältnismäßiqkeit der Haft

 

Art.1 Abs 3 BVG zum Schutz der persönlichen Freiheit statuiert, dass jede Haftverhängung unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit zu prüfen ist.

Im konkreten Fall stützt sich die Schubhaft auf § 76 Abs 1 FPG und spricht von „kann", dies bedeutet, dass nicht automatisch bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 76 Abs. 1, Schubhaft zu verhängen ist, sondern eine individuelle Prüfung stattzufinden hat.

In diesem Zusammenhang wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 05.07.2011, GZ: 2008/21/0100 verwiesen:

„Die Zulässigkeit der Schubhaft verlangt nach ständiger Rechtsprechung -abgesehen vom Vorliegen eines die Schubhaft rechtfertigenden Tatbestandes -auch ihre Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit, zu deren Beurteilung eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung der Außerlandesschaffung bzw. Aufenthaltsbeendigung und dem privaten Interesse an der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen ist, Bei dieser Prüfung ist unter dem Gesichtspunkt des öffentlichen Interesses vor allem der Frage nachzugehen, ob im jeweils vorliegenden Einzelfall ein Sicherungsbedürfnis gegeben ist. Dies setzt die gerechtfertigte Annahme voraus, der Fremde werde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bzw. nach deren Vorliegen der Abschiebung (insbesondere) durch Untertauschen entziehen oder es/sie zumindest wesentlich erschweren."

Die belangte Behörde hat es in meinem Fall unterlassen - eine individuelle Prüfung im Bezug auf Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit, zu deren Beurteilung ein© einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung der Außerlandesschaffung bzw. Aufenthaltsbeendigung und meinem privaten Interesse an der Schonung der persönlichen Freiheit vorzunehmen ist, durchzuführen.

Die Verhängung der Schubhaft ist unzulässig, weil keine Gründe vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, ich würde mich dem Verfahren entziehen.

Die Verhängung der Schubhaft erweist sich als nicht notwendig, da Ich mich dem Zugriff der Behörden Keinesfalls entziehen werde.

Der Umstand, dass ich bereits in andere Länder der Europäischen Union illegal gereist bin, rechtfertigt für sich nicht den Schluss, dass ich unrechtmäßig in einen anderen Staat weiterziehen bzw. innerhalb von Österreich untertauchen werde und mich so dem Verfahren entziehen werde.

Es wird außerdem darauf hingewiesen, dass ich am 17.07.2012 einen Antrag auf Internationalen Schutz in Österreich gestellt. Somit ist davon auszugehen, dass ich in meinem eigenen Interesse den Ausgang des Verfahrens in Österreich abwarten werde. Dies entspricht auch der ständigen Judikatur des VwGH;

„Es kann dem Gesetzgeber vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes jedenfalls nicht zugesonnen werden, er sei davon ausgegangen, alle potenziellen ´Dublin-Fälle' seien statt in Grundversorgung in Schubhaft zu nehmen. Der Integration kommt primär im Anwendungsbereich des § 76 Abs. 1 FrPolG 2005 Bedeutung zu. Eine Schubhaftnahme kann sich vielmehr nur dann als gerechtfertigt erweisen, wenn weitere Umstände vorliegen, die den betreffenden ,Dublin-Fall´ in einem besonderen Licht erscheinen und von daher ,in einem erhöhten Grad' ein Untertauchen des betreffenden Fremden befürchten lassen [Hinweis E 28. Juni 2007,2006/21/0051]." (VwGH 19.06.2008,2007/21/0070)

Es ist im vorliegenden Fall nicht zu erkennen, weshalb ich, wäre ich nicht in Schubhaft, sondern in Grundversorgung, diese Unterstützung aufgeben und in die Anonymität untertauchen hätte sollen (vgl. auch § 46 AsylG und § 2 Abs 1 und 2 Grundversorgungsgesetz - Bund 2QQ5).

Vor diesem Hintergrund fehlten also konkrete Anhaltspunkte für die Annahme, dass ich mich dem weiteren Asylverfahren entziehen und für die Behörde nicht erreichbar sein würde.

 

Im § 76 Abs 6 FPG wird Folgendes bestimmt;

(…)

Da in meinem konkreten Fall kein Sicherungsbedarf besteht und die Schubhaftanordnung auf eine rechtswidrige Weise erfolgt ist, darf die rechtswidrig angeordnete Schubhaft keinesfalls aufrechterhalten werden,

Die Anhaltung in der Schubhaft verstößt gegen die österreichische Rechtsordnung und ist daher unzulässig,

 

3. Gelinderes Mittel

 

Die Verhängung der Schubhaft ist insbesondere dann rechtswidrig, wenn an deren Stelle seitens der Fremdenpolizeibehörde gelindere Mittel i.S.d. § 77 FPG hätten angewendet werden können,

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis B 292/04 vom 28.9.2004 ausgeführt:

„Bloß allgemeine Annahmen oder „Erfahrungswerte" genügen jedoch nicht, um die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit einer Freiheitsentziehung im Einzellfall zu begründen (vgl. bereits VfSIg, 14.981/1997).

Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass ich mich einem allfälligen fremdenrechtlichen Verfahren entziehen würde,

Zum Zweck der Sicherung eines allfälligen Verfahrens hätte, wenn doch ein Sicherungsbedürfnis als rechtmäßig erkannt werden sollte, auch ohne weiteres das gelindere Mittel angewandt werden können.

Die belangte Behörde hat die Schubhaft stets als ultima ratio zu verhängen (vgl. Judikatur des VwGH) und hat zu prüfen, ob der Sicherungszweck nicht auch durch gelinderes Mittel erreicht werden kann. Dies hat die belangte Behörde im gegenständlichen Fall in rechtswidriger Weise unterlassen.

Eine Anhaltung in Schubhaft ist in meinem Fall somit auch deswegen unzulässig, da gem, §77 Abs. 1 FPG das gelindere Mittel nicht geprüft wurde.

In diesem Fall spricht für die Anwendung des gelinderen Mittels, dass ich bei meiner Entlassung aus der Schubhaft In die Grundversorgung aufgenommen werden kann und somit einen ordentlichen Wohnsitz begründen könnte,

Vor diesem Hintergrund waren die Schubhaftverhängung und die Anhaltung in Schubhaft rechtswidrig.

 

Ich beantrage daher

 

den Schubhaftbescheid, die Festnahme und

die Anhaltung für rechtswidrig zu erklären, sowie die Verfahrenskosten zu ersetzen

in eventu: die Anordnung eines gelinderen Mittels gemäß § 77 FPG zu verfügen"

 

 

2.1.1. Mit Schreiben vom 25. Juli 2012 übermittelte die belangte Behörde den Bezug habenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich am 26. Juli 2012.

2.1.2. In einer Gegenschrift vom 25. Juli 2012 führt die belangte Behörde ua. aus:

 

"Wir beantragen die Schubhaftbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

Herr X wurde am 16.07.2012 gegen 15.48 Uhr auf der Innkreisautobahn A8, Fahrtrichtung X, Km X, Gde. X, Bez. Schärding als Fußgänger aufgegriffen und konnte kein Reisedokument vorweisen. Daraufhin wurde dieser von der Autobahnpolizeiinspektion Ried im Innkreis festgenommen und unserer Behörde vorgeführt. Dabei gab dieser an, über Istan­bul/Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien, Rumänien, Ungarn nach Österreich gereist zu sein. Reiseziel konnte er keines angeben, dass Ziel sei nur Europa gewesen um hier Arbeit zu fin­den. Er werde in seinem Heimatland nicht verfolgt, noch hätte er Gründe gehabt, um in Österreich um Asyl anzusuchen. Er sei weiters in Griechenland und in Rumänien von der Polizei aufgegriffen worden, hätte aber auch dort nicht um Asyl angesucht, da es dort auch sehr schwer sei Arbeit zu finden.

 

Herr X gab bei der Autobahnpolizeiinspektion Ried im Innkreis weiters an, zwar in Rumä­nien von der Polizei aufgegriffen worden zu sein, aber keinen Asylantrag gestellt zu haben. Ein Eu-rodac-Treffer, welcher von der API Ried im Innkreis durchgeführt worden ist, zeigt jedoch eine Asylantragstellung in Rumänien.

Unsere Rufbereitschaft nahm ihn mit 16.07.2012 gegen 22.55 Uhr in Schubhaft. Bei der Bescheidausfolgung wurde die Unterschrift verweigert.

Sicherungsgrund bestand, weil er nicht gewillt ist die europäische und österreichische Rechts­ordnung, insbesondere die fremdenrechtlichen Bestimmungen einzuhalten, da er bereits ohne jegli­che Reisedokumente in den Schengenraum eingereist ist. Laut Eurodac-Treffer hat Herr X am 07.07.2012 in Rumänien einen Asylantrag gestellt. Da er bereits neun Tage später in Österreich an der Grenze zu Deutschland wieder aufgegriffen wurde, zeigt eindeutig, dass Herr X die Rechtsordnung in den verschiedensten Ländern ignoriert und sich dem Asylverfahren in Rumänien bereits auch schon entzogen hat.

Weiters ist anzuführen, dass Herr X im Inland weder beruflich noch in irgendeiner Weise sozial verankert ist und bei der Aufgreifung bzw. Kontrolle nur 0,02 Euro an Barmittel verfügte. Darum war dieser auch als mittellos anzusehen, die ihm zur Verfügung stehenden Barmittel waren zu gering, um mehr als einen Tag in Österreich davon leben zu können.

Ein Mangel an seiner Glaubwürdigkeit liegt aufgrund der Sachverhaltslage eindeutig vor, da er bei der Einvernahme durch die API Ried im Innkreis angab, dass er in keinem Land um Asyl ange­sucht habe. Der angeführte Eurodac-Treffer bestätigt den Mangel. Dieser wird weiters dadurch verstärkt, dass Herr X sich illegal (ohne Reisedokumente) in einen fremden Staat begab, um dort zu arbeiten. Eine Arbeitsaufnahme ohne Einhaltung der arbeitsrechtlichen Bestimmungen ist zu befürchten.

Es bestand bei ihm ernsthaft die Gefahr, dass sich dieser bei einer Abstandnahme von der Ver­hängung der Schubhaft dem Zugriff der Behörde entzieht und dadurch die angeführten fremdenpo­lizeilichen Maßnahmen verhindert. Gemäß § 77 Abs. 1 FPG kann von der Anordnung der Schub­haft Abstand genommen werden, wenn die Fremdenpolizeibehörde Grund zur Annahme hat, dass deren Zweck durch Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann.

Im gegenständlichen Fall befassten wir uns mit der Möglichkeit der Anwendung des gelinderen Mittels, kamen jedoch zu der Auffassung, dass bei Abstandnahme der Schubhaft das im Vordergrund stehende fremdenpolizeiliche Ziel nicht erreicht werden kann.

Der Beschwerdeführer wird weiterhin versuchen nach Deutschland zu kommen oder zumindest in Österreich unterzutauchen. Laut ZMR verfügt(e) Herr X nicht über einen aufrechten Wohnsitz in Österreich. Aufgrund der nahen Grenze zu Deutschland war der Sicherungsbedarf als äußerst hoch einzuschätzen.

Am 17.07.2012 wurde von uns das Verfahren zur Zurückschiebung nach Ungarn (Reiseweg) ein­geleitet. Bei der notwendigen fremdenpolizeilichen Befragung durch die BPD Wels (Amtshilfeersu­chen) gab dieser an, am 16.07.2012 um ca. 9.00 Uhr aus Ungarn via X nach Österreich, mit einem LKW, gereist zu sein. Bei der Aufforderung das Formular für die Anbietung nach Ungarn auszufüllen, um nach Ungarn rücküberstellt zu werden, bekam Herr X Angst nach Rumä­nien überstellt zu werden und stellte daraufhin einen Asylantrag. Angemerkt wird, dass Herr X erst den Asylantrag stellte, nachdem diesem mitgeteilt wurde, dass geplant sei, ihn nach Ungarn zurückzuschieben. Die geplante Zurückschiebung alleine stellt einen weiteren erhöhten Si­cherungsgrund dar. Am 20.07.2012 wurde gemäß § 27 Abs. 1 AsylG ein Ausweisungsverfahren eingeleitet.

Wie auch aus dem Aktenvermerk vom 17.07.2012 von uns ersichtlich, befindet sich der Beschwer­deführer gemäß § 76 Abs. 2 Ziffer 4 rechtmäßig weiterhin in Schubhaft, da ein Konsultationsver­fahren mit Rumänien (aufgrund Eurodac) eingeleitet wurde.

Am 25.07.2012 wurde uns per Fax vom PAZ X mitgeteilt, dass sich Herr X seit 24.07.2012 um 21.00 Uhr im Hungerstreik befindet.

 

Aus all diesen Gründen beantragen wir die Schubhaftbeschwerde als unbegründet abzuweisen."

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt festgestellt, dass der Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt ist, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 83 Abs. 2 FPG abgesehen werden konnte.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem – im Übrigen nunmehr weitgehend unwidersprochenen - unter den Punkten 1.1. und 2.1.2. dieses Erkenntnisses dargestellten entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus.

 

Zu betonen ist, dass der Bf in seinen Äußerungen – wie es auch die belangte Behörde darstellt – gerade hinsichtlich der Reiseroute wenig glaubhaft und in opportunistischer Weise seine Aussagen adaptierend erscheint.

 

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

3.1.1.  Gemäß § 83 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. Nr. 50/2012, ist zur Entscheidung über eine Beschwerde gemäß § 82 Abs. 1 Z. 2 oder 3 der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel die Behörde ihren Sitz hat, welche die Anhaltung oder die Schubhaft angeordnet hat. In den Fällen des § 82 Abs. 1 Z. 1 richtet sich die Zuständigkeit nach dem Ort der Festnahme.   

 

Gemäß § 82 Abs. 1 FPG hat der Fremde das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

1.     wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2.     wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde, oder

3.     wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs. 4 FPG hat der Unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

3.1.2. Es ist unbestritten, dass der Bf aufgrund des in Rede stehenden Bescheides der belangten Behörde vom 16. Juli 2012 bis dato in Schubhaft angehalten wird, weshalb der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung berufen ist.

Nachdem sich der Bf zur Zeit der Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates noch in Schubhaft befindet, war gemäß § 83 Abs. 4 FPG eine umfassende Prüfung der Anhaltung vorzunehmen.

 

3.2.1. Gemäß § 76 Abs. 1 können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung, einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Die Schubhaft ist nach § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Der Bescheid hat den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung auch in einer dem Fremden verständlichen Sprache zu enthalten oder in einer Sprache, bei der vernünftigerweise davon ausgegangen werden kann, dass er sie versteht. Eine unrichtige Übersetzung begründet lediglich das Recht, unter den Voraussetzungen des § 71 AVG wiedereingesetzt zu werden.

 

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat die Behörde bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn, bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z. 1.

 

Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung,

1.      in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,

2.      sich in periodischen Abständen bei einem Polizeikommando zu melden      oder

3.      eine angemessene finanzielle Sicherheit bei der Behörde zu hinterlegen.

 

3.2.2. Im vorliegenden Fall ist zunächst die Verhängung der Schubhaft in dem Stadium zu überprüfen, als der Bf noch keinen Asylantrag im Bundesgebiet gestellt hatte, also von 16. Juli 2012 bis 17. Juli 2012.

 

Dabei ist festzuhalten, dass der völlig mittel- und wohnsitzlose Bf ohne jeglichen Aufenthaltstitel und ohne entsprechende Reisedokumente aufgegriffen wurde, also fraglos nicht zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt war. In diesem Sinn war die belangte Behörde auch grundsätzlich angehalten, die ggst. Schubhaft auf § 76 Abs. 1 FPG zu stützen.

 

3.2.3. Wenn nun in der Beschwerdeschrift "Spruchmängel" im in Rede stehenden Schubhaftbescheid dahingehend behauptet werden, als die Auswahl der Schubhaftziele zu umfassend gewählt worden sei, ist festzustellen, dass diesem Einwand nicht gefolgt werden kann. Zugegebenermaßen wäre es bei Verhängung der Schubhaft zwar auf der Hand gelegen, dass der titellose Bf wohl nicht nach § 62 FPG ausgewiesen werden würde oder gegen ihn gemäß § 63 FPG ein Aufenthaltsverbot erlassen werden könnte, wobei mangels Klarheit über die Identität des Bf auch diese Varianten nicht letztgültig ausgeschlossen werden konnten.

 

In sich widersprüchlich ist die Behauptung in der Beschwerde, dass die Behörde offensichtlich nicht von einer Zurückschiebung nach Ungarn ausgegangen sei, da sie diese nicht durchgeführt habe, wenn unmittelbar daran anschließend auch festgestellt wird, dass eine Rückführung nach Ungarn wegen der Asylantragstellung durch den Bf (rund 12 Stunden nach der ersten Vorführung vor die belangte Behörde) nicht mehr möglich war. Angemerkt sei auch, dass zu Beginn die belangte Behörde gerade die Zurückweisung nach Ungarn prüfte, wie sich aus der Aktenlage ergibt.

 

In Anbetracht dessen, dass aber nicht die für die entsprechende Klarheit sorgenden Ermittlungsergebnisse vorlagen, scheint der Spruch des in Rede stehenden Schubhaftbescheides nicht den Mindestanforderungen entbehrend.

 

Gleiches gilt für die Begründung, zumal hier auch mit Blick auf § 57 AVG nicht die bei anderen Bescheiden gegebenen Ermittlungsergebnisse vorliegen konnten.

 

Zusammenfassend ist also festzuhalten, dass die belangte Behörde die in Rede stehende Schubhaft zunächst zurecht auf § 76 Abs. 1 FPG stützen konnte.

 

3.2.4.1. Aus der "Kann-Bestimmung" des § 76 Abs. 1 (wie auch Abs. 2) FPG wird deutlich, dass es sich bei der Verhängung der Schubhaft um eine Ermessensentscheidung handelt. Es müssen daher im konkreten Fall Umstände in der Person des Bf gelegen sein, die erwarten ließen, dass er sich dem Verfahren gemäß § 76 Abs. 1 FPG entziehen würde. Dabei sind diese Umstände nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht isoliert voneinander, sondern in Zusammenschau und unter Erstellung einer Einzelfallprüfung zu betrachten.

 

3.2.4.2. Wenn der Bf nun die bekannte Judikatur der Höchstgerichte ins Treffen führt, dass nicht bei jedem sogenannten Dublin-Fall von einem erhöhten Sicherungsbedarf auszugehen sei, ist dies voll zu unterstreichen; allein, der in Rede stehende Fall ist doch grundlegend anders gelagert als ein "Regel-Dublinfall".

 

Der Bf befand sich – im Übrigen ohne erwähnenswerte Barmittel, ohne gemeldetem Wohnsitz oder Aufenthaltstitel  im Bundesgebiet und vor allem ohne Reisedokumente mitzuführen, die seine Identität hätten klären können – zu Fuß im Bereich der Autobahn schon nahe an der Deutsch / Österreichischen Grenze.

 

Besonders ist hervorzuheben, dass der Bf bei der ersten Befragung durch die Polizeiorgane nicht nur seine Asylantragstellung in Rumänien leugnete, sondern überhaupt angab in seinem Heimatland nicht verfolgt zu werden und vielmehr aus rein wirtschaftlichen Gründen in einem für ihn attraktiven europäischen Land arbeiten zu wollen. Dass dies nicht auf legale Weise geschehen könnte, liegt klar auf der Hand und musste auch dem Bf voll bewusst sein.

 

Nachdem er – ohne familiäre oder sonstige Bindung im Bundesgebiet – offensichtlich dieses als Transitland benutzend, in der Wahl des Reiseziels völlig flexibel auftrat, konnte die belangte Behörde mit Fug und Recht davon ausgehen, dass sich der Bf, der zu diesem Zeitpunkt nicht nur nicht Asylwerber war, sondern auch angab diesen Status und dessen Versorgungsbenefizien gar nicht in Anspruch nehmen zu wollen, keinesfalls den behördlichen Verfahren zur Verfügung gehalten haben würde. Dies gründet sich auch schon darauf, dass der Bf ja "befürchten" musste, dass seine Asylantragstellung in Rumänien in der Folge offenbar werden würde und er ja strikt eine Abschiebung nach Rumänien ablehnt, wie sich im späteren Verfahren zeigte.

 

Dazu darf angemerkt werden, dass überdies nicht unbedingt glaubhaft ist, dass ein marokkanischer Staatsangehöriger tatsächlich als Reiseroute nach Europa vom Westen Nordafrikas zunächst nicht den Weg über Spanien oder Italien gewählt, sondern mehrfach Krisengebiete passierend seinen Heimatkontinent von West nach Ost durchquerend, das Mittelmeer umrundend in die Türkei gelangt sein will. Viel wahrscheinlicher ist hier wohl, dass er über nicht mehr nachzuvollziehende Umwege nach Rumänien gelangte. Die Identität des Bf ist im Übrigen auch zum Entscheidungszeitpunkt ungeklärt.

 

3.2.4.3. Zusammenfassend ist also festzuhalten, dass zum Zeitpunkt der Schubhhaftverhängung in den Nachtstunden des 16. Juli 2012 jedenfalls mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen war, dass sich der Bf ehest möglich dem Zugriff der Behörden entziehen würde, was er – zu diesem Zeitpunkt selbst angebend – schon in anderen Ländern der Europäischen Union erfolgreich praktiziert hatte. Es lag somit ein besonders akuter und hoher Sicherungsbedarf vor.

 

3.2.5. In diesem Sinn scheidet auch die Anwendung gelinderer Mittel aus, zumal der völlig örtlich ungebundene Bf, mittellos und mangels Grundversorgung auch unbetreut wie er war, wohl keiner allfälligen Meldepflicht nachgekommen wäre. Solches anzunehmen scheint kaum realitätsnah.

 

3.2.6. Die Verhängung der Schubhaft war zum in Rede stehenden Zeitpunkt auch verhältnismäßig, denn dem Recht des Bf auf persönliche Freiheit stand das dieses überwiegende öffentliche Interesse an der Sicherung seiner Außerlandesschaffung (aufgrund welchen Rechtsregimes war zu diesem Zeitpunkt noch nicht letztgültig abzuschätzen) entgegen.

 

3.2.7. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird betreffend Zielerreichung und Dauer der Schubhaft auf unten verwiesen.

 

Familiäre oder sonstige private Gründe im Sinn des Art. 8 EMRK standen und stehen – mangels persönlicher Anknüpfungspunkte des Bf im Bundesgebiet – der Verhängung der Maßnahme nicht entgegen. 

 

3.3.1. Gemäß § 76 Abs. 6 FPG kann die Anhaltung in Schubhaft aufrecht erhalten werden, wenn ein Fremder während der Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz stellt. Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 oder 2a vor, gilt die Schubhaft als nach Abs. 2 oder 2a verhängt. Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anordnung der Schubhaft gemäß Abs. 2 oder 2a ist mit Aktenvermerk festzuhalten.

 

3.3.2. Der Bf stellte unbestrittenermaßen im Rahmen der ersten Befragung während aufrechter Schubhaft im PAZ X am Morgen des 17. Juli 2012 in Folge der Ankündigung, dass er wegen seines in Rumänien am 7. Juli 2012 gestellten Asylantrages dorthin bzw. primär nach Ungarn abgeschoben werden solle, auch einen Asylantrag in Österreich. Die belangte Behörde hielt das Vorliegen der Voraussetzungen des § 76 Abs. 2 Z. 4 FPG mittels Aktenvermerk vom 17. Juli 2012 fest.

 

Es ist nun zu überprüfen, ob die Voraussetzungen des § 76 Abs. 2 oder 2a FPG gegeben sind, da bejahendenfalls die ggst. Schubhaft gemäß § 76 Abs. 6 FPG als nach dieser Bestimmung erlassen gilt.

 

3.4.1. Gemäß § 76 Abs. 2 kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

1. gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;

2. gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist oder

4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Gemäß § 27 Abs. 1 des Asylgesetzes 2005 gilt ein Ausweisungsverfahren als eingeleitet, wenn nach Ziffer 1 im Zulassungsverfahren eine Bekanntgabe nach
§ 29 Abs. 3 Z 4 oder 5 erfolgt.

 

3.4.2. Aufgrund des Eurodac-Treffers hinsichtlich der Asylantragstellung des Bf in Rumänien am 7. Juli 2012 lag der Schluss tatsächlich nahe, dass der am 17. Juli 2012 in X gestellte Asylantrag mangels Zuständigkeit Österreichs zurückgewiesen werden würde. In diesem Sinn ist der oa. Aktenvermerk der belangten Behörde nachvollziehbar. Das Konsultationsverfahren mit Rumänien wurde am 19. Juli 2012 ausgelöst.

 

Überdies ergibt sich aus der Aktenlage, dass dem Bf bereits am 20. Juli 2012 eine Mitteilung über die beabsichtigte Zurückweisung seines Asylantrages gemäß § 29 Abs. 3 AsylG 2005 ausgehändigt und somit gemäß § 27 Abs. 1 AsylG 2005 am 20. Juli 2012 das Ausweisungsverfahren nach Rumänien eingeleitet wurde, weshalb die ggst. Schubhaft nunmehr auch auf § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG gestützt werden könnte. 

 

3.4.3.1. Es ist aber nun auch in diesem Stadium die Rechtmäßigkeit der Ermessensentscheidung der belangten Behörde betreffend den Sicherungsbedarf im konkreten Einzelfall zu erörtern.

 

3.4.3.2. Dabei kann weitgehend auf die obigen Feststellungen verwiesen werden. Jedoch wendet der Bf ein, dass ihn betreffend, da er nach der Asylantragstellung behauptet, keine Intention zu haben, sich dem behördlichen Verfahren zu entziehen, kein erhöhter Sicherungsbedarf (mehr) vorliegen würde, zumal er ab diesem Zeitpunkt über die Grundversorgung verfügen könnte.

 

Es darf aber nicht vergessen werden, dass der Bf schon in Rumänien spätestens wenige Tage nach Asylantragstellung sich dem dortigen Verfahren entzog, da es ihm ja nicht um Schutz vor Verfolgung ging, sondern um die Erlangung eines rein wirtschaftlichen Vorteils. Er bewies also auch dort schon, dass er bereit ist – ohne lange abzuwarten – seine Ziele zu verfolgen und behördliche Anordnungen zu ignorieren. Nachdem er am 16. Juli im Nahbereich der Staatsgrenze zu Deutschland aufgegriffen wurde, ist weiters anzunehmen, dass Österreich nicht seine Wunschdestination darstellt.

 

Zudem musste ihm bewusst sein, dass aufgrund seiner Äußerungen am 16. Juli 2012 seinem Asylbegehren wohl nicht all zu viel Erfolg beschieden sein würde. Nicht zuletzt äußerte er das Begehren auf Internationalen Schutz lediglich als Folge der ihm bekanntgegebenen drohenden Außerlandesschaffung, somit als strategisch wirksame Maßnahme um sich ein wenig Zeit zu verschaffen. Es bestehen aber keine Zweifel, dass er sich bei Nicht-Verhängung der Schubhaft unverzüglich dem Zugriff der Behörden entzogen haben und auch jetzt sofort in die Illegalität untertauchen würde, gleich in welchem Land, solange es für ihn nur wirtschaftlich gesehen vermeintlich Arbeitsmöglichkeiten bietet, welche aber keinesfalls legal sein könnte, was er jedenfalls ohne Skrupel hinzunehmen scheint.

 

Durch die Einleitung des Ausweisungsverfahrens verschärft sich für ihn die Notwendigkeit sich abzusetzen weiter, will er – was ja sein erklärtes Ziel ist – der Abschiebung nach Rumänien erfolgreich entgehen.

 

In dieses Bild gliedert sich nahtlos der vom Bf am 24. Juli 2012 angetretene Hungerstreik ein, der beweist, dass ihm jegliches Mittel recht ist, um sein Ziel - die Verhinderung der Abschiebung nach Rumänien – zu erreichen. 

 

3.4.3.3. Der belangten Behörde folgend ist im vorliegenden Fall – in Zusammenschau all der eben beschriebenen Sachverhaltselemente – weiterhin von einem besonders hohen sowie akuten Sicherungsbedarf auszugehen und zu attestieren, dass sich der Bf – auf freiem Fuß belassen –  fraglos dem Zugriff der Behörde entzogen haben würde. Je weiter das Asylverfahren fortschreitet, desto höher ist auch die Fluchtgefahr anzusetzen. Diese bestand aber schon zweifellos (wie oben gezeigt) auch zum Zeitpunkt der Verhängung der Maßnahme.

 

3.4.4. Die Verhängung der Schubhaft ist demnach zweifellos aktuell auch verhältnismäßig, denn dem Recht des Bf auf Schutz der persönlichen Freiheit steht das dieses im vorliegenden Fall fraglos überwiegende Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen und damit am Schutz und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gegenüber. Um diese Ziele zu gewährleisten, war der Eingriff in das Recht des Bf auf den Schutz der persönlichen Freiheit notwendig.

 

3.5. Damit scheidet auch grundsätzlich die Anwendung gelinderer Mittel über den Bf ab dem Zeitpunkt der Asylantragstellung gemäß § 77 FPG konsequenter Weise aus. Eine allfällige tägliche Meldepflicht würde das Ziel der Schubhaft nicht haben gewährleisten können, zumal der Bf schon in der Vergangenheit bewies, dass er nicht bereit ist, behördlichen Anordnungen zu entsprechen. Darüber hinaus strebt er – wie oben dargestellt - offenbar in Österreich keinen längeren Verbleib an, was ebenfalls gegen die Anordnung gelinderer Mittel spricht.

 

3.6. Der Schutz des Privat- und Familienlebens gemäß Art. 8 EMRK kann im vorliegenden Fall ebenfalls nicht schlagend in Anwendung gebracht werden, zumal der Bf – nach eigenen Angaben und der Aktenlage - über keine familiären Kontakte oder Verpflichtungen im Bundesgebiet verfügt.

 

3.7.1. Gemäß § 80 Abs. 1 FPG ist die Behörde verpflichtet darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf solange aufrecht erhalten werden,  bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

 

Gemäß § 80 Abs. 2 FPG darf die Schubhaftdauer grundsätzlich

1.       zwei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen verhängt wird;

2.       vier Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, verhängt wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

 

3.7.2. Der Bf wird gegenwärtig seit 10 Tagen in Schubhaft angehalten, weshalb die gesetzlich normierte Frist bei weitem noch nicht ausgeschöpft ist. Es liegen auch keine Umstände vor, die erwarten ließen, dass die Anhaltung noch längere Zeit andauern werde, zumal die Abschiebung des Bf nach Rumänien durchaus zeitnah erreichbar scheint.

 

Das Ziel der Schubhaft, die Ausweisung und Abschiebung nach Rumänien, ist zum Entscheidungszeitpunkt somit absolut zeitnah erreichbar, da aktuell keine Umstände bekannt sind, die gegen die Durchführbarkeit der Rückführung sprechen würden. die Asylantragstellung in Rumänien am 7. Juli 2012 bildet den einzigen glaubhaften, nachweislichen und konkret nachvollziehbaren Anknüpfungspunkt.

 

3.8. Es sind zudem keinerlei Umstände bekannt, die einer weiteren Anhaltung des Bf in Schubhaft entgegenstehen würden, weshalb die Beschwerde vom
24. Juli 2012 als unbegründet abzuweisen und gleichzeitig auszusprechen war, dass auch die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft weiterhin vorliegen.

 

3.9. Der Eventualantrag auf Verhängung eines gelinderen Mittels durch den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich war als unzulässig zurückzuweisen, da die Rechtsnormen des FPG den UVS keine Grundlage für eine derartige Anordnung bieten.

 

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bund als Rechtsträger, für den die belangte Behörde eingeschritten ist, nach § 79a Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 Z 3 AVG iVm § 1 Z 3 und 4 der UVS-Aufwandersatzverordnung (BGBl. II Nr. 456/2008) ein Aufwandersatz in Höhe von insgesamt 426,20 Euro (Vorlageaufwand: 57,40 Euro, Schriftsatzaufwand: 368,80 Euro) zuzusprechen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt unterschrieben werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

 

 

Bernhard Pree

 

 

 

 

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