Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523217/2/Bi/WU

Linz, 23.08.2012

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn X, X, vom 20. Februar 2012 gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Steyr vom 6. Februar 2012, NSch 9/2011, wegen der Anordnung einer Nachschulung, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) gemäß § 30b FSG die erfolgreiche Absolvierung einer Nachschulung bei einer dazu ermächtigten Stelle binnen vier Monaten auferlegt.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 20. Februar 2012.

 

2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungs­verhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG). 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, die Vormerkung sei zu lange her, der Führerscheinentzug sei im März 2011 gewesen. Er hätte gleich anstatt des Verkehrscoachings eine Nachschulung machen können, das sei damals nicht berücksichtigt worden.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass in der Vormerkungsliste beim Bw zwei Vormerkungen aufscheinen, nämlich eine wegen § 14 Abs.8 FSG vom 16. Juli 2009 (Übertretung vom 12. Juli 2009, BPD Steyr, S 4893/ST/09, rechtskräftig seit 7. August 2009) und eine vom 11. Juni 2011 wegen § 30a Abs.2 Z13 FSG (Kindersicherung; Übertretung vom 11. Juni 2011; BPD Steyr, S 3399/ST/11, rechtskräftig seit 27. Oktober 2011).

Aus dem FSR lässt sich ersehen, dass dem Bw mit Bescheid der BPD Steyr, AZ. 94/III/FE/2011, wegen Übertretung gemäß § 99 Abs.1b StVO 1960 die Lenk­berechtigung von 19. März 2011 bis 19. April 2011 entzogen wurde und er das gemäß § 24 Abs.3 3.Satz FSG bei erstmaligen Übertretungen gemäß § 99 Abs.1b StVO vorgesehene Verkehrscoaching absolviert hat (Eintragung 27. Juni 2011 zu AZ. 65/VA/N/2011).

Auffällig ist, dass im FSG ist die Vormerkung aus dem Jahr 2011 eingetragen ist, die aus dem Jahr 2009 aber nicht aufscheint.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 30a Abs.1 FSG ist, wenn ein Kraftfahrzeuglenker eines der in Abs.2 angeführten Delikte begangen hat, unabhängig von einer verhängten Verwal­tungs­strafe, einer etwaigen Entziehung der Lenkberechtigung oder sonstiger angeordneter Maßnahmen eine Vormerkung im Örtlichen Führerscheinregister (FSR) einzutragen. Die Vormerkung ist auch dann einzutragen, wenn das in Abs.2 genannte Delikt den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung verwirklicht. Für die Vornahme der Eintragung ist die Rechtskraft des gerichtlichen oder des Verwaltungsstrafverfahrens abzu­warten. Die Eintragung der Vormerkung ist von der das Verwaltungsstraf­verfahren führenden Behörde, im Fall einer gerichtlichen Verurteilung von der Behörde des Hauptwohnsitzes vorzunehmen und gilt ab dem Zeitpunkt der Deliktsetzung. Der Lenker ist über die Folgen durch einen Hinweis im erst­instanzlichen Strafbescheid zu informieren.

Vorzumerken sind gemäß Abs.2 ua Z1. Übertretungen des § 14 Abs.8 FSG und Z13. Übertretungen des § 106 Abs.5 Z1 und 2, § 106 Abs.5 3.Satz und § 106 Abs.6 letzter Satz KFG.

Gemäß Abs.4 treten die in § 30b genannten Rechtsfolgen nur dann ein, wenn die die jeweiligen Rechtsfolgen auslösenden Delikte innerhalb von zwei Jahren began­gen wurden. Wurde innerhalb dieses zweijährigen Zeitraumes ein zweites Vormerkdelikt begangen, so verlängert sich der Zeitraum auf drei Jahre. Wurde eine Entziehung gemäß § 7 Abs. 3 Z 14 oder 15 ausgesprochen oder die Entziehungsdauer gemäß § 25 Abs. 3 zweiter Satz verlängert, so sind die dieser Entziehung zugrunde liegenden Vormerkungen künftig nicht mehr zu berück­sichtigen. Wurde die Entziehung der Lenkberechtigung wegen einer der in § 7 Abs. 3 genannten bestimmten Tatsache ausgesprochen, so sind später einge­tragene Vormerkungen aufgrund von Delikten, die vor dem Zeitpunkt der Entziehung der Lenkberechtigung begangen wurden, hinsichtlich der Rechts­folgen des § 25 Abs. 3 zweiter Satz oder hinsichtlich der sonstigen Entziehungs­dauer nicht mehr zu berücksichtigen.

 

Gemäß § 30b Abs.1 Z2 FSG ist unbeschadet einer etwaigen Entziehung der Lenkberechtigung eine besondere Maßnahme gemäß Abs.3 anlässlich einer zweiten zu berücksichtigenden Vormerkung (§ 30a Abs.4) wegen eines der in     § 30a Abs.2 genannten Delikte, sofern wegen des ersten Deliktes nicht bereits eine Maßnahme gemäß Z1 angeordnet wurde, anzuordnen.

Gemäß Abs.3 kommen als besondere Maßnahmen die Teilnahme an 1. Nachschulungen, 2. Perfektionsfahrten, 3. einem Fahrsicherheitstraining gemäß     § 13b FSG-DV, 4. Vorträgen oder Seminaren über geeignete Ladungs­sicherungs­maßnahmen, 5. Unterweisungen in lebensrettenden Sofortmaßnahmen gemäß   § 6 FSG-DV oder 6. Kursen über geeignete Maßnahmen zur Kindersicherung in Betracht. Die zu absolvierende Maßnahme ist von der Behörde festzusetzen, wobei darauf Bedacht zu nehmen ist, dass die Maßnahme geeignet ist, im Wesentlichen den Unrechtsgehalt der gesetzten Delikte aufzuarbeiten. Es ist jene Maßnahme zu wählen, die für den Betroffenen am besten geeignet ist, sich mit seinem Fehlverhalten auseinanderzusetzen, sich die Gefahren im Straßenverkehr bewusst zu machen und durch entsprechende Bewusstseinsbildung, auch im Hinblick auf die Notwendigkeit einer Unfall vermeidenden defensiven Fahrweise und die fahrphysikalischen Grenzen beim Betrieb eines Kraftfahrzeuges, einen Rückfall in weitere Verkehrsverstöße zu vermeiden.

Gemäß Abs.4 hat der von der Anordnung der besonderen Maßnahme Betroffene der Behörde eine Bestätigung jener Einrichtung, bei der die besondere Maßnahme absolviert wurde, über die Teilnahme und seine Mitarbeit vorzulegen.

Gemäß Abs.5 ist die Lenkberechtigung, wenn die Anordnung der Teilnahme an besonderen Maßnahmen gemäß Abs. 1 innerhalb der von der Behörde festge­setzten Frist nicht befolgt oder bei diesen Maßnahmen die Mitarbeit unterlassen wurde, bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

 

Auf den Bw bezogen ist auszuführen, dass wegen der Vormerkung wegen § 14 Abs.8 FSG von 2009 keine besondere Maßnahme angeordnet wurde. Daran änderte auch das vorgeschriebene Verkehrscoaching aus dem Jahr 2011 nichts, weil dessen Vorschreibung bei erstmaliger Begehung einer Übertretung gemäß   § 99 Abs.1b StVO (März 2011) gesetzlich angeordnet war.

Erst die Setzung des 2. Vormerkdeliktes – hier sogar innerhalb von zwei Jahren  (12.7.2009 – 11.6.2011) – löst die Rechtsfolgen des § 30b Abs.1 Z2 FSG aus,  auch wenn der Strafbescheid erst später rechtskräftig wird.

 

Allerdings wurde laut Eintragungen im FSR beim Bw die Vormerkung wegen des Deliktes nach § 14 Abs.8 FSG nicht eingetragen und ihm wurde der Führerschein nach der einmonatigen Entziehung (19.3. bis 19.4.2011) bereits am 20. April 2011 wieder ausgefolgt, dh die Erstinstanz hat entgegen der Bestimmungen des § 25 Abs.3 FSG ("... Sind für die Person, der die Lenkberechtigung wegen man­gelnder Verkehrszuverlässigkeit zu entziehen ist, zum Zeitpunkt der Entziehung im Vormerksystem (§ 30a) Delikte vorgemerkt, so ist für jede dieser im Zeit­punkt der Entziehung bereits eingetragenen Vormerkungen die Entziehungsdauer um zwei Wochen zu verlängern...") die Entziehungsdauer nicht um zwei Wochen verlängert.

 

Zur Eintragung rechtskräftiger Vormerkungen ist die Behörde gemäß § 30a FSG verpflichtet ("ist... einzutragen"), dh sie kann nicht wählen, ob sie die Entziehungsdauer gemäß § 25 Abs.3 2. Satz FSG verlängert oder gemäß § 30b FSG eine besondere Maßnahme vorschreibt. Die Nichteintragung der Vormerkung und als Folge davon die Nicht-Verlängerung der Entziehungsdauer für die Übertretung gemäß § 99 Abs.1b StVO im ggst Fall kann nicht eine Benachteiligung des Bw in der Form zur Folge haben, dass ihm nunmehr die Absolvierung einer Nachschulung vorgeschrieben wird. Schon aus dieser Überlegung war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben.

 

Zu bemerken ist außerdem, dass es der Erstinstanz offensteht, unter den im      § 30b Abs.3 genannten besonderen Maßnahmen eine auf den Bw bezogen geeignete vorzuschreiben. Diese hätte nicht – so wie vom Bw offenbar gemeint – mit Alkohol im Zusammenhang stehen müssen. Der Behörde steht es frei, die besondere Maßnahme zu wählen, die ihr im Hinblick auf den spezialpräventiven Zweck für den Bw am geeignetsten erscheint, im ggst Fall zB einen Kurs über geeignete Maßnahmen zur Kindersicherung.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

 

Beschlagwortung:

1. Vormerkdelikt nicht im FSG eingetragen;

inzwischen FS-Entzug wegen § 99/1b StVO – 1 Monat (keine Verlängerung) –
2. Vormerkdelikt innerhalb von 2 Jahren nach 1. -> Nachschulung vorgeschrieben -> Aufhebung, weil Behörde hat kein Wahlrecht zwischen § 25/3 2. Satz + § 30b FSG.

 

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