Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-111038/2/Kl/BRe

Linz, 30.08.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn x, x, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 21. Juni 2012, VerkGe96-16-2-2012, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Güterbeförderungsgesetz zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs. 1 Z 3 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: § 66 Abs. 1 VStG

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 21. Juni 2012, VerkGe96-16-2-2012, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 1.460 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs. 1 Z 3 iVm § 7 Abs. 2 Güterbeförderungsgesetz verhängt, weil er als Verantwortlicher des Beförderungsunternehmens x GmbH in x, nicht dafür Sorge getragen hat, dass die Bestimmungen des Güterbeförderungsgesetzes eingehalten wurden.

Das KFZ wurde zur gewerbsmäßigen Beförderung von Gütern in Österreich verwendet (x), obwohl die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern, deren Be- und Entladeort innerhalb Österreichs liegt, durch Güterkraftverkehrsunternehmer mit Sitz im Ausland verboten ist. Sie ist nur gestattet, 1. wenn mit dem Staat, in dem der Unternehmer seinen Sitz hat, eine diesbezügliche Vereinbarung besteht oder 2. soweit die Verordnung(EWG) Nr. 3118/93 des Rates vom 25.10.1993 zur Festlegung der Bedingungen für die Zulassung von Verkehrsunternehmen zum Güterkraftverkehr innerhalb eines Mitgliedstaats, in dem sie nicht ansässig sind, x vom 12.11.1993 S. 1, zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 484/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 01.03.2002, x vom 19.03.2002 S. 9, dies vorsieht, wobei Kabotagetätigkeiten höchstens an 30 Tagen innerhalb eines Zeitraumes von 60 Tagen im Kalenderjahr durchgeführt werden dürfen.

Es ist nur gestattet, nach innergemeinschaftlicher Auslieferung der Güter maximal drei Kabotagefahrten innerhalb von 7 Tagen bzw. eine Kabotagefahrt nach einer Leerfahrt nach Österreich innerhalb von drei Tagen durchzuführen. Das angeführte KFZ wurde zum angegebenen Zeitpunkt am angegebenen Ort von x gelenkt und es wurde Ladegut (Dekorpapier für die Plattenbeschichtung) von x nach x (bei x) transportiert.

Es wurde festgestellt, dass innerhalb von sieben Tagen fünf Kabotagefahrten durchgeführt wurden.

Tatort: Gemeinde Eberstalzell, Autobahn A1 bei km 201.150, Fahrtrichtung Wien (Kontrollort),

Tatzeit: 26.01.2012, 09:00 Uhr (Kontrollzeit)

Fahrzeuge: Sattelzugfahrzeug, Kennzeichen x, blau; Sattelanhänger, Kennzeichen x, x

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der angezeigte Sachverhalt nicht gegen § 7 Abs. 2 GütbefG verstoße, zumal in § 7 Abs. 2 GütbefG auf einen erlaubten Zeitraum von 30 Tagen innerhalb eines Zeitraumes von 60 Tagen im Kalenderjahr abgestellt werde, wobei das eingesetzte Fahrzeug das österreichische Hoheitsgebiet mindestens einmal im Kalendermonat zu verlassen habe. Vom Strafvorwurf seien jedenfalls nur 7 Tage umfasst, und liege dies somit deutlich unterhalb der höchst zulässigen Grenze von 30 bzw. 60 Tagen. Auch wenn der Lenker aussage, dass in dieser Zeit nur in Österreich und nicht in das Ausland gefahren worden sei, besage das nicht, dass dadurch gegen die Bestimmung verstoßen werde, wonach das eingesetzte Fahrzeug das österreichische Hoheitsgebiet mindestens einmal im Kalendermonat verlassen müsse, verblieben doch außerhalb dieser Zeit 24 Tage, um diesem Erfordernis zu entsprechen. Darüber hinaus wurde auch mangelndes Verschulden geltend gemacht, insbesondere Tatbildirrtum, da der Betroffene zum Tatzeitpunkt aufgrund des Wortlautes des § 7 Abs. 2 GütbefG gehandelt hätte. Weiters sei unter Berücksichtigung der Unbescholtenheit des Berufungswerbers § 21 Abs. 1 VStG anzuwenden. Schließlich wurde die Strafhöhe bekämpft.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Weil bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der Bescheid aufzuheben ist, entfällt eine mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 7 Abs. 2 Güterbeförderungsgesetz 1995 – GütbefG, BGBl. Nr. 593/1995 in der Fassung BGBl. I Nr. 153/2006, ist die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern, deren Be- und Entladeort innerhalb Österreichs liegt, durch Güterkraftverkehrsunternehmer mit Sitz im Ausland (Kabotage) verboten; sie ist nur gestattet,

1. wenn mit dem Staat, in dem der Unternehmer seinen Sitz hat, eine diesbezügliche Vereinbarung besteht oder

2. soweit die Verordnung (EWG) Nr. 3118/93 des Rates vom 25.10.1993.......bis vorsieht.....

 

Gemäß § 23 Abs. 1 Z 3 GütbefG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 7.267 Euro zu ahnden ist, wer als Unternehmer Beförderungen gemäß §§ 7 bis 9 ohne die hiefür erforderliche Berechtigung durchführt.

 

Die Verordnung (EWG) Nr. 3118/93 des Rates vom 25.10.1993 wurde gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.10.2009 über gemeinsame Regeln für den Zugang zum Markt des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs (kurz: EG-VO) aufgehoben.

Gemäß Artikel 19 der EG-VO gilt sie ab dem 4.12.2011, mit Ausnahme der Artikel 8 und 9, die am 14.5.2010 in Kraft treten.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedsstaat.

 

Gemäß Artikel 1 Abs. 4 der EG-VO gilt diese Vorordnung für den innerstaatlichen Güterkraftverkehr, der von einem gebietsfremden Verkehrsunternehmer gemäß Kapitel III zeitweilig durchgeführt wird.

 

Gemäß Artikel 8 der EG-VO ist jeder Verkehrsunternehmer, der Inhaber einer Gemeinschaftslizenz ist und dessen Fahrer, wenn er Staatsangehöriger eines Drittlandes ist, eine Fahrerbescheinigung mit sich führt, unter den in diesem Kapitel festgelegten Bedingungen zur Durchführung von Kabotage berechtigt.

Die in Absatz 1 genannten Güterkraftverkehrsunternehmer sind berechtigt, im Anschluss an eine grenzüberschreitende Beförderung aus einem anderen Mitgliedstaat oder einem Drittland in den Aufnahmemitgliedstaat nach Auslieferung der Güter bis zu 3 Kabotagebeförderungen mit dem selben Fahrzeug oder im Fall von Fahrzeugkombinationen mit dem Kraftfahrzeug desselben Fahrzeugs durchzuführen. Bei Kabotagebeförderungen erfolgt die letzte Entladung, bevor der Aufnahmemitgliedsstaat verlassen wird, innerhalb von 7 Tagen nach der letzten Entladung der in den Aufnahmemitgliedstaat eingeführten Lieferung.

Innerhalb der Frist gemäß unter Abs. 1 können die Verkehrsunternehmer einige oder alle der Kabotagebeförderungen, zu denen sie gemäß Unterabsatz 1 berechtigt sind, in jedem Mitgliedstaat unter der Voraussetzung durchführen, dass sie auf eine Kabotagebeförderung je Mitgliedstaat innerhalb von 3 Tagen nach der Einfahrt des unbeladenen Fahrzeuges in das Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaates beschränkt sind.

 

5.2. Im Grunde der seit 14.5.2010 hinsichtlich der Kabotagebestimmungen in Geltung stehenden Verordnung (EG) Nr. 1072/2009, welche in allen Teilen verbindlich ist und in jedem Mitgliedstaat unmittelbar gilt, ist der Verweis in § 7 Abs. 2 Z 2 GütbefG obsolet bzw. hat an dessen Stelle Artikel 8 der EG-VO zu treten. Damit wird dem Anwendungsvorrang indes Gemeinschaftsrecht Rechnung getragen. Es ist daher eine Kabotage nur unter den Bedingungen des Artikel 8 Abs. 2 EG-VO zulässig, nämlich bis zu 3 Kabotagebeförderungen mit demselben Fahrzeug, wobei die letzte Entladung, bevor der Aufnahmemitgliedstaat verlassen wird, innerhalb von 7 Tagen nach der letzten Entladung der in den Aufnahmemitgliedsstaat eingeführten Lieferung erfolgt.

 

5.3. Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2) die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, das heißt, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

5.4. Diesen Anforderungen entspricht der im angefochtenen Straferkenntnis gemachte Tatvorwurf nicht. Insbesondere ist als Tatzeit der Kontrollzeitpunkt am 26.1.2012 angegeben. Da aber nach der zitierten Rechtsvorschrift ein bestimmter Tatzeitraum maßgeblich ist, nämlich der Zeitraum zwischen Entladung der in den Aufnahmemitgliedstaat eingeführten Lieferung und der letzten Entladung, bevor der Aufnahmemitgliedstaat verlassen wird, wobei dieser Zeitraum 7 Tage nicht überschreiten darf und in diesem Zeitraum höchstens 3 Kabotagebeförderungen durchgeführt werden dürfen, ist es unbedingt erforderlich, diesen Tatzeitraum im Spruch des Straferkenntnisses anzugeben. Um eine Subsumtion des vorgeworfenen Sachverhaltes unter den Tatbestand vornehmen zu können, ist weiters auch noch konkret anzuführen, welche Kabotagefahrten in dem näher umschriebenen Tatzeitraum durchgeführt wurden. Im konkreten Fall wäre daher erforderlich gewesen, einen Tatzeitraum vom 20. bis 26.1.2012 vorzuwerfen und auch die entsprechenden Kabotagefahrten am 20., 23., 24., 25. und 26.1.2012 anzuführen. Aus dem angefochtenen Straferkenntnis ist nämlich nicht ersichtlich, ob der Kontrollzeitpunkt der 7. Tag nach der letzten Entladung im Aufnahmemitgliedstaat, also in Österreich war bzw. wann die Auslieferung der in einer grenzüberschreitenden Beförderung aus einem anderen Mitgliedstaat in den Aufnahmemitgliedstaat transportierten Güter vorgenommen wurde.

Alleine aus der Angabe des Kontrollzeitpunktes am 26.1.2012 kann noch nicht geschlossen werden, dass der maßgebliche Zeitraum von 7 Tagen unmittelbar vorher gelegen war bzw. 7 Tage vorher begonnen hat. Es kann daher in weiterer Folge eine weitere Bestrafung wegen des selben Sachverhaltes mangels einer ausreichenden Tatkonkretisierung nicht ausgeschlossen werden. Weiters ist es dem Berufungswerber nicht möglich, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise zu seiner Entlastung anzubieten.

 

Weil bereits die Verfolgungsverjährungsfrist von 6 Monaten verstrichen ist, war eine diesbezügliche Korrektur im Spruch nicht möglich. Es musste daher das Straferkenntnis wegen Verfolgungsverjährung aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 3 VStG eingestellt werden.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr. Ilse Klempt

 

 

Beschlagwortung:

 

Tatkonkretisierung; Vorrang des Gemeinschaftsrechtes

 

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