Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222595/9/Bm/Th

Linz, 31.07.2012

 

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn DI (FH) X, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 04.01.2012, Ge96-11-5-2011, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 30.05.2012 zu Recht erkannt:

 

 

       I.      Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

    II.      Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 04.01.2012, Ge96-11-5-2011, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe von 720 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 67,2 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs.1 Z3 iVm § 81 Abs.1 GewO 1994 verhängt.

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Herr DI (FH) X, X, ist gewerberechtlicher Geschäftsführer der X Ziegelwerk GmbH, X, Inhaberin der Gewerbeberechtigung 'Fabriksmäßige Erzeugung von Ziegel, Betonwaren und Betonfertigteilen sowie Bauelementen unter Verwendung von Ziegeleiprodukten in Form eines Industriebetriebes' im Standort X. Die Betriebsanlage wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 28.11.1973, Ge-137/4-1973, genehmigt und mehrfach mit gewerbebehördlicher Genehmigung geändert.

 

Als gewerberechtlicher Geschäftsführer hat Herr DI (FH) X zu verantworten:

 

Wie im Zuge des Lokalaugenscheines vom 06. Dezember 2010 von der Bezirkshauptmannschaft Eferding festgestellt wurde, hat die X Ziegelwerk GmbH die Betriebsanlage durch den Einbau einer Entstaubungsanlage über dem Walzwerk ohne die erforderliche Genehmigung geändert und die Entstaubungsanlage am Tag der Überprüfung betrieben."

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bw durch seine anwaltliche Vertretung innerhalb offener Frist Berufung erhoben und darin im Wesentlichen ausgeführt, die BH Eferding habe in dem angefochtenen Straferkenntnis ohne ein ordentliches Ermittlungsverfahren durchzuführen gegen den Bw gemäß § 366 Abs.1 Z3 iVm § 81 Abs.1 GewO 1994 eine Geldstrafe verhängt. Als Begründung führe die Behörde im Wesentlichen eine Indizienkette im Wege einer nur mittelbaren Beweisaufnahme unter Verweis auf die Verhandlungsschrift vom 06.02.1973, den Genehmigungsbescheid vom 24.03.1972 und den Betriebsbewilligungsbescheid vom 28.11.1972 an. Aus dem Umstand, dass die gegenständliche Entstaubungsanlage in diesen Unterlagen nicht erwähnt sei sowie im Zusammenhang mit der ungewöhnlichen Abluftführung – nämlich nicht senkrecht über das Dach, sondern im rechten Winkel über eine Seitenwand – welche nach Ansicht der Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz gerade zu einer solchen Erwähnung hätte führen müssen, werde von der Behörde die für die Feststellung einer Änderung wesentliche Vergleichsbasis abgeleitet und gefolgert, dass die Entstaubungsanlage im Zeitpunkt der Kollaudierung der Betriebsanlage nicht vorhanden gewesen sei. Dieser Schluss sei weder zwingend noch zutreffend.

 

Wie in der Rechtfertigung vom 27.04.2011 dargelegt, sei die gegenständliche Entstaubungsanlage aber im Zeitpunkt der Projektierung, der Verhandlung und der Genehmigungserteilung für das Walzwerk vorgesehen gewesen und sei die Entstaubungsanlage auch zeitgleich mit den restlichen Anlagenteilen, die Gegenstand des damaligen Genehmigungsverfahrens gewesen seien, errichtet worden. Insofern sei die Betriebsanlage vom Bw auch nicht durch Einbau einer Entstaubungsanlage über dem Walzwerk geändert bzw. die geänderte Betriebsanlage geändert worden. Die vom Bw in der Rechtfertigung angebotenen Beweise seien nicht aufgenommen worden und sei eine zeugenschaftliche Einvernahme von Frau X als im wesentliche einzige Zeuge, welcher in der Produktionsanlage zum damaligen Zeitpunkt involviert gewesen war, durch die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz unterblieben. Insofern sei es auch nicht zutreffend, dass keine Beweise vom Bw angeboten worden seien. Vielmehr habe die Erstbehörde wider die einschlägigen Verwaltungsvorschriften lediglich auf mittelbare Beweise aus den Projektsunterlagen abgestellt, obwohl eine unmittelbare Beweisaufnahme im Rahmen der Zeugeneinvernahme möglich gewesen wäre. Zudem habe die Strafbehörde erster Instanz durch das angefochtene Straferkenntnis das Ergebnis der  Beweisaufnahme vorweg genommen, wenn sie vorab die angebotene Zeugin offenbar als unglaubwürdig erachte und von einer Zeugeneinvernahme Abstand genommen habe. Eine Begründung für dieses Vorgehen sei von der Verwaltungsstrafbehörde nicht einmal im Ansatz abgegeben worden.

Darüber hinaus sei die gegenständliche Betriebsanlage seit den 70er-Jahren mehrfach Gegenstand von Überprüfungstätigkeiten durch die Behörde gewesen und sei der Bw erstmals zum handelsrechtlichen Geschäftsführer am 29.01.1998 und zum gewerberechtlichen Geschäftsführer am 17.11.1998 bestellt worden. Insofern dürfte der Bw auch davon ausgehen, dass ein seit derart langer Zeit bestehender und vorhandener Anlagenteil konsensgemäß sei und es somit gegenständlich an der subjektiven Vorwerfbarkeit mangle. Faktum sei, dass die Betriebsanlage nicht durch Einbau einer Entstaubungsanlage im Walzwerk geändert und nicht nach einer Änderung betrieben worden sei. Vielmehr sei darauf hingewiesen, dass die von der Behörde angemerkte unübliche Abluftführung sicherstelle, dass Emissionen auf Nachbargrundstücken nicht stattfinden. Insofern als sich der Ort, wo sich das Material auf der Ausblasöffnung am Boden absetze, am eigenen Betriebsareal befinde und diese Stelle mit einer staubfrei gestalteten Oberfläche ausgestattet sei. Da an dieser Stelle der Ausblasöffnung zu dem ein Fahrzeugverkehr stattfinde, bringe der Anlagenteil zu dem für die Nachbarschaft keine feststellbaren Emissionsauswirkungen mit sich. Zusammengefasst ergebe sich daraus, dass aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen ein verwaltungsstrafrechtlich relevantes Verschulden nicht vorliege.

 

Es werde daher der Antrag gestellt, die Berufungsbehörde möge das angefochtene Straferkenntnis aufheben und das Verwaltungsstrafverfahren einstellen; in eventu die verhängte Geldstrafe schuldangemessen herabsetzen. Gleichzeitig wird die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Eferding hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vorgelegt.

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsstrafakt sowie in die vom Bw beigebrachten Unterlagen insbesondere die Prüfbestätigung gemäß § 9 EZG mit dem Nachweis über den Gasverbrauch im Dezember 2010.

Weiters wurde eine mündliche Verhandlung am 30.05.2012 durchgeführt, bei der der Bw und sein anwaltlicher Vertreter anwesend waren und gehört wurden. Als Zeugin einvernommen wurde Frau X.

 

4.1. Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

 

Die X Ziegelwerk GmbH ist Inhaberin einer Betriebsanlage für fabriksmäßige Erzeugung von Ziegel- und Betonwaren sowie Bauelementen im Standort X. Gewerberechtlicher Geschäftsführer ist Herr DI (FH) X.

Die Betriebsanlage wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 24.03.1972, Ge113/5/1972 gewerbebehördlich genehmigt und mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 28.11.1973, Ge-137/4-1973 wurde die Betriebsbewilligung erteilt.

Am 6.12.2010 wurde von der Bezirkshauptmannschaft Eferding die gegenständliche Betriebsanlage einer gewerbebehördlichen Überprüfung unterzogen und das Vorhandensein einer Entstaubungsanlage festgestellt; die Betriebsanlage war an diesem Tag nicht in Betrieb.

Weder aus den dem oben genannten Genehmigungsbescheiden zugrunde liegenden Verhandlungsschriften noch in den vorgelegten Projektsunterlagen geht dezidiert hervor, dass Gegenstand dieser Genehmigung auch die Errichtung einer Entstaubungsanlage über dem Walzwerk war.

 

Das hier entscheidungswesentliche Beweisergebnis ergibt sich aus dem Akteninhalt, insbesondere dem Genehmigungsbescheid und Betriebsbewilligungsbescheid für die in Rede stehende Betriebsanlage sowie aus der Niederschrift über die vorgenommene Überprüfung am 6.12.2010 und dem vom Bw vorgelegten Prüfbericht vom 3.03.2011.

 

Aus der Niederschrift vom 6.12.2010, insbesondere aus der Stellungnahme der Amtssachverständigen für Luftreinhaltung geht eindeutig hervor, dass zum Überprüfungstag die Betriebsanlage nicht in Betrieb war. Dies wird auch durch den vorliegenden Prüfbericht vom 3.03.2011 und den darin einliegenden Aufzeichnungen über den Gasverbrauch bestätigt.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§ 81).

 

Vorweg ist auszuführen, dass mit dem Tatbestandsmerkmal "ändert" bzw. "Änderung" im § 366 Abs.1 Z3 jede – durch die erteilte Genehmigung nicht gedeckte – bauliche oder sonstige, die genehmigte Anlage betreffende Maßnahme des Inhabers der Betriebsanlage erfasst ist, durch die sich die im

§ 74 Abs.2 Z1 bis 5 bezeichneten Gefährdungen usw. ergeben könnten (ua. VwGH 20.09.1994, 93/04/0081). Jeder Betrieb einer Betriebsanlage, der in seiner Gestaltung von den im Genehmigungsbescheid (Betriebsbescheid) umschriebenen Projekt abweicht, bedeutet eine Änderung der genehmigten Betriebsanlage und bedarf unter den Voraussetzungen des § 81 einer gewerbebehördlichen Genehmigung (VwGH 22.04.1997, 96/04/0253).

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt der einem Genehmigungsbescheid zugrundeliegenden Betriebsbeschreibung die Bedeutung zu, dass auch in der Folge noch überprüft werden kann, in welcher Ausführung und mit welcher Ausstattung die Anlage genehmigt worden ist; auch bestimmt sie die normative Tragweite des Genehmigungsbescheides. Das bedeutet, dass nur jene Anlagenteile die in der dem Genehmigungsbescheid zugrunde liegenden Betriebsbeschreibung genannt sind, auch vom gewerbebehördlichen Konsens erfasst sind (siehe hiezu auch das in einem gleichgelagerten Fall ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17.04.2012, Zl. 2010/04/0007 bis 0008).

Vorliegend findet sich nach dem Akteninhalt und den vorgelegten Unterlagen des Bw weder in den Genehmigungsbescheiden noch in den dem Bescheid zugrunde liegenden Betriebsbeschreibungen oder Planunterlagen ein Hinweis auf die in Rede stehende Entstaubungsanlage. Im Lichte der genannten VwGH-Judikatur kann dieser Mangel auch nicht durch eine Zeugenaussage, wonach ein Anlagenteil zum Genehmigungszeitpunkt bereits vorhanden gewesen sei, beseitigt werden, da die Gewerbeordnung eine konkludente Betriebsanlagengenehmigung eben nicht kennt.   

 

So ist die Erstbehörde grundsätzlich zu Recht von der konsenslosen Änderung der gegenständlichen Betriebsanlage ausgegangen.

 

Das angefochtene Straferkenntnis war dennoch aus folgenden Gründen zu beheben:

 

Die oben zitierte Gesetzesstelle des § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994 enthält zwei voneinander unabhängige Straftatbestände (Arg.: "ändert oder nach der Änderung betreibt").

 

Es ist somit derjenige, der eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert, wegen der Änderung dieser Anlage ohne die erforderliche Genehmigung nach § 366 Abs.1 Z3 erste Alternative zu bestrafen. Wer nach der Änderung diese Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung betreibt, ist sowohl wegen der Änderung als auch wegen des Betriebes eine konsenslos geänderten Betriebsanlage jeweils nach § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994 zu bestrafen.

 

Aufzuzeigen ist, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH v. 04.09.2002, 2002/04/0077) der Tatbestand des genehmigungslosen Änderns einer derartigen Betriebsanlage mit der Herbeiführung eines solcherart zu qualifizierenden Sachverhaltes abgeschlossen ist (Zustandsdelikt). Ist im Tatvorwurf kein Zeitraum angegeben, in welchem die Begehung der Verwaltungsübertretung des genehmigungslosen Änderns einer Betriebsanlage stattgefunden hat, so fehlt es an einer Feststellung der Tatzeit, welche durch die Angabe des Überprüfungszeitpunktes – im gegenständlichen Fall 6.12.2010 – nicht zu ersetzen ist (siehe oben zitierte Judikatur des VwGH). Ein Mangel dieser Art betrifft im gegenständlichen Fall die dem Bw angelastete genehmigungslose Änderung als ersten der beiden vorgeworfenen Tatbestände ("wie im Zuge des Lokalaugenscheines vom 6. Dezember 2010 ... durch den Einbau einer Entstaubungsanlage über dem Walzwerk ohne die erforderliche Genehmigung geändert..."). Die bloße Angabe des Kontrolltages im Tatvorwurf lässt nicht erkennen, in welchem Zeitraum der gegenständliche Betriebsanlagenteil errichtet wurde und ab wann bezüglich dieses Tatvorwurfes Verfolgungsverjährung eintrete.

 

Was den Tatvorwurf des Betreibens einer genehmigungslos geänderten Betriebsanlage betrifft, so ist diesbezüglich mit der Angabe eines Feststellungszeitpunktes und im Hinblick darauf, dass es sich dabei um ein fortgesetztes Delikt handelt, grundsätzlich die Tatzeit ausreichend konkretisiert.

Im vorliegenden Fall konnte jedoch der Vorwurf des Betreibens am 6.12.2010 im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens nicht aufrecht erhalten werden (siehe hiezu Feststellungen unter 4.1.).

 

Aus sämtlichen oben angeführten Sach- und Rechtsgründen war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

 

6. Aufgrund dieses Verfahrensergebnisses entfällt für den Bw die Verpflichtung zur Entrichtung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

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