Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-166911/2/Kei/Eg

Linz, 27.07.2012

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Michael Keinberger über die Berufung des D. L., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 2. Februar 2012, Zl. VerkR96-54778-2011, zu Recht:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis  wird aufgehoben.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 49 und § 51 Abs.1 VStG.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 27. Dezember 2011, Zl. VerkR96-54778-2011, lautet (auszugsweise Wiedergabe):

"Sie haben folgende Verwaltungsübertretungen begangen:

Tatort: Gemeinde Gosau, B166 bei km 40.100, Schlucht zwischen den Gemeinden Gosau und Hallstatt

Tatzeit: 07.12.2011, 19.00 Uhr

Fahrzeug: PKW, x

1.      Sie haben Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs bei einem Verkehrsunfall beschädigt und in ihrer Lage verändert und haben nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle oder den Straßenerhalter unter Bekanntgabe Ihrer Identität verständigt. Beschädigt wurde Leitschiene und der Leitschienenvorhang       
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:         
§ 99 Abs. 2 lit. e StVO i.V.m. § 31 Abs. 1 StVO         
Daher wird über Sie folgende Strafe verhängt: 
Geldstrafe gemäß § 99 Abs. 2 lit. e StVO                                 220,00 EUR
Ersatzfreiheitsstrafe: 135 Stunden

2.      Sie sind als Lenker des angeführten Fahrzeuges mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden und haben Ihr Fahrzeug nicht sofort angehalten.     
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§ 4 Abs. 1 lit. a StVO     
Daher wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe gemäß § 99 Abs. 2 lit a StVO                                  250,00 EUR              
Ersatzfreiheitsstrafe: 135 Stunden         
Sie haben daher folgenden Betrag einzuzahlen:             470,00 EUR
Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe tritt an deren Stelle die Ersatzfreiheitsstrafe."

 

Gegen diese Strafverfügung hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht einen Einspruch erhoben.

Dieser Einspruch lautet (auszugsweise Wiedergabe):

"Betrifft: Strafverfügung vom 27.12.2011 – GZ: VerkR96-54778-2011

Ich, D. L., geb. am 27.6.1983 in Wien, erhebe hiermit innerhalb offener Frist nachstehenden

EINSPRUCH

Gegen Pkt. 1 und 2 der Strafverfügung mit der Kennzahl 072017373124 der Bezirkshauptmannschaft Gmunden, ausgestellt am 27.12.2011, hinsichtlich der Begehung der Tat.

Ausdrücklich wird die in jener Verfügung erläuterte Verletzung der Rechtsvorschriften bestritten.

Es bleibt unbestritten, dass ich am 07.12.2011 einen Verkehrsunfall aufgrund der rutschigen Verhältnisse ob Schneefalls verursacht habe. Ich habe nach diesem Unfall meines Erachtens nach vollständig korrekt und umsichtig gehandelt, weswegen keine Schuld vorliegt. Die Strafverfügung wird deswegen dem Grund nach voll bestritten.

In Pkt.1 bezogen Sie sich auf § 99 Abs. 2 lit. e STVO i.V.m. § 31 Abs. 1 StVO und meine in jener Situation nicht erfüllte Pflicht, als Lenker eines Kraftfahrzeuges bei Beschädigungen von Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs bei einem Verkehrsunfall.

Diesbezüglich möchte ich darauf hinweisen, dass von der Tatzeit des Unfalls bis zum Eintreffen der Exekutive am Tatort allerhöchstens 10 Minuten vergangen sein können. Meine Angabe, welche von der Exekutive zu Protokoll genommen wurde, dass ca. 20 Minuten vergangen sind, ist im Lichte des Unfalls zu sehen. Diese leichte zeitliche Fehleinschätzung begründet sich durch meine Erregung, welche durch den Unfall hervorgerufen wurde.

Ich habe umgehend nach dem Unfall das KFZ aus Gründen der Verkehrssicherheit auf die Seite gelenkt und den x verständigt, um mich über das notwendige weitere Vorgehen zu erkundigen. Beim Eintreffen der Exekutive telefonierte ich noch mit dem x, weswegen eine Zeitspanne von ca. 10 Minuten wahrscheinlicher ist, da das Telefonat mit Sicherheit keine 20 Minuten in Anspruch nahm.

Hinsichtlich meiner Überlegungen, welche Folgemaßnahmen nach einem solchen Unfall zu setzen sind, kam ich zu den Schluss, dass mein am Straßenrand geparktes Auto, auch aufgrund der durch extreme Wetterbedingungen (starker Schneefall) vorherrschenden schweren Überschaubarkeit des Straßenverkehrs, eine Gefahr für nachfolgende Lenker darstellt. Aufgrund der extrem rutschigen Fahrbahn und der Unübersichtlichkeit des Unfallorts wäre ein Folgeunfall, möglicherweise mit erheblicherem Schaden (nicht zuletzt Personenschaden) wahrscheinlich zu befürchten gewesen. Aus diesem Grund lenkte ich mein KFZ zu allererst aus der Gefahrenstelle, um anschließend die weiteren notwendigen Schritte zu setzen. Da mein KFZ auch am Straßenrand weiterhin eine nicht unbeträchtliche Gefahrenquelle für nachkommende KFZ darstellte, habe ich die Leitstelle des Kraftfahrerverbands ÖAMTC kontaktiert, um mein KFZ am schnellsten Wege beseitigen zu lassen und den verursachten Schaden an der Leitschiene zu beheben. Ich hätte mit Sicherheit als nächsten Schritt die Exekutive verständigt. Diese erübrigte sich jedoch, da während des Telefonats mit dem x eine Streife der Exekutive eintraf.

Dass ich keineswegs versucht habe, den Unfallort ohne korrekte Meldung der Exekutive zu verlassen, zeigt sich insbesondere daran, dass ich den x verständigt habe. Ab diesem Zeitpunkt war eine 'Fahrerflucht' nicht mehr möglich, da der Unfall bereits bekannt gegeben war. Dass ich nicht zuerst die Exekutive verständigte, wie es meine gesetzliche Pflicht gewesen wäre, erklärt sich aus der oben dargestellten erhöhten Unfallgefahr für Folge-KFZ, welche ich minimieren wollte. Es war dies eine aus eigenem Ermessen getroffene Entscheidung, welche sich ausdrücklich auf die potentielle Gefahr meines am Straßenrund parkenden Kraftfahrzeuges bezog und der schnellstmöglichen Entfernung meines Kraftfahrzeuges vom Unfallort dienen sollte.

Aus den hier genannten Gründen bin ich der Meinung, dass mein Verhalten korrekt und umsichtig war. Eine Bestrafung ob des Versuchs, weitere Unfälle zu vermeiden, ist keineswegs notwendig.

In Pkt.2 bezogen sie sich auf den § 4 Abs. 1 lit. a StVO und meine Pflichtverletzung, dass ich als Lenker eines Fahrzeuges, bei ursächlichem Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall, mein Fahrzeug nicht sofort angehalten habe.

Diesbezüglich möchte ich erneut darauf hinweisen, dass mein Fahrzeug am Tatort eine überaus große Gefahr für den nachfolgenden Straßenverkehr dargestellt hätte und ich dieses, um etwaige Folgeunfälle mit dem ankommenden Verkehr zu vermeiden, nach kurzer Überprüfung der Lenkung und Feststellung der Funktionstüchtigkeit des Motors, an eine Stelle bewegen wollte, welche den nachfolgenden Verkehr zumindest nicht direkt an der Durchfahrt behindern konnte.

Insbesondere soll dabei betont werden, dass die P.-G.-B. (B166) baulich wenig Platz bietet, so dass, insbesondere auch an der Stelle des Tatorts, ein Stehenbleiben am Straßenrand, außer an vereinzelten Stellen, immer eine außerordentlich große Behinderung für den Straßenverkehr darstellt. Überdies erfolgte jene Kollision mit Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs an einem kurvenreichen Teil der B 166, weshalb die Sicht für den nachfolgenden Verkehr auf eventuelle Hindernisse, in Zusammenwirkung mit den ohnehin widrigen Sichtverhältnissen, zusätzlich eingeschränkt wurde und ein immenses Gefahrenpotential bestand.

Ich möchte ein letztes Mal auf die widrigen Umstände hinweisen, welche mich zu dem Entschluss kommen ließen, dass es notwendig ist, mein KFZ vom Unfallort zu entfernen und wenige Meter weiter an einem sicheren und einschaubareren Ort abzustellen:

I.             Schlechte Sichtverhältnisse: Durch den anhaltend starken Schneefall auf der B166 (eine äußerst kurvige Straße) war die Sicht für die nachfolgenden Fahrzeuglenker stark beeinträchtigt, weshalb selbst bei Annäherung mit niedriger Geschwindigkeit, auch aufgrund der rutschigen Fahrbahn, hohe Unfallgefahr mit gleichzeitiger Verursachung von Personenschäden bestand.

II.          Durch das stehende Kraftfahrzeug provozierter Zwang zu riskanten Überholmanövern: Das stehende Kraftfahrzeug hätte den nachfolgenden Verkehr dazu gezwungen, in die Gegenfahrbahn einzulenken, was unter dem Gesichtspunkt betrachtet, dass die Straßenverhältnisse äußerst widrig und die Sicht auf den ankommenden Verkehr schlecht waren, zwangsläufig zu einer hohen Unfallgefahr geführt hätte.

III.       Verminderung von Risikofaktoren: Dadurch, dass sich das Kraftfahrzeug noch starten ließ und, da keine größeren Schäden durch den Unfall verursacht wurden, vollständig funktionstüchtig war, hielt ich den Schritt, mein Fahrzeug mit großer Vorsicht von der Unfallstelle fortzubewegen, eine sicherere Stelle im Straßenverkehr aufzusuchen und dadurch mögliche Folgeunfälle zu vermeiden, in jener Situation für vernünftig und korrekt.  

Sollte die Bezirkshauptmannschaft Gmunden dem Einspruch nicht folgen und die Strafverfügung aufheben, ersuche ich um Herabsetzung der Strafe. Aufgrund meiner finanziellen Verhältnisse ist die Höhe der angesetzten Strafe erheblich.
Ich bin derzeit als außerordentlicher Student an der Universität Salzburg inskribiert, habe aufgrund meiner Vorbereitungen für die Ergänzungsprüfung für das Studium der Sportwissenschaften keine Voll- oder Teilzeitbeschäftigung, weswegen ich das Strafmaß von € 470,- für mich eine mehr als beträchtliche Summe darstellt. Diese Summe würde derzeit rund die Hälfte meines monatlichen Einkommens (rund € 970,- ich bin geringfügig beschäftigt) ausmachen. Des Weiteren möchte ich in diesem Zusammenhang erwähnen, dass ich bis zu jenem Vorfall, vom 7.12.2011, unfallfrei war und zudem unbescholten bin. Insbesondere ersuche ich um Berücksichtigung, dass ich trotz Gesetzesübertretung dafür gesorgt habe, dass weder ein Folgeunfall geschah noch versucht habe, 'Fahrerflucht' zu begehen, sondern vielmehr alle Schritte gesetzt habe, welche mir korrekt und vernünftig erschienen. Ich erachte deswegen die Strafhöhe für unangemessen hoch und stelle den Antrag auf Herabsetzung.

Aus den genannten Gründen stelle ich daher den Antrag,

I.                   die Strafverfügung in den Pkt. 1 und 2 aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen mich einzustellen, oder

II.                die Strafe aufgrund meiner finanziellen Verhältnisse herabzusetzen."

 

Das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 2. Februar 2012, Zl. VerkR96-54778-2011, lautet (auszugsweise Wiedergabe):

"Straferkenntnis

Mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 27.12.2012, VerkR96-54778-2011, wurde gegen Sie wegen Übertretungen nach

1)      § 99 Abs. 2 lit. e StVO i.V.m. § 31 Abs. 1 StVO eine Geldstrafe von 220 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 135 Stunden und

2)      § 4 Abs. 1 lit. a StVO i.V.m. § 99 Abs. 2 lit. a StVO eine Geldstrafe von 250 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 135 Stunden,

verhängt.

Über den dagegen in offener Frist eingebrachten Einspruch – betreffend das Strafausmaß – ergeht von der Bezirkshauptmannschaft Gmunden als Organ der Landesverwaltung in erster Instanz nachstehender

S p r u c h

Ihrem Einspruch gegen das Strafausmaß wird Folge gegeben; die mit Strafverfügung festgesetzte Geldstrafen in Höhe von

1)      220 Euro, wird auf 140 Euro, sowie die Ersatzfreiheitsstrafe von 135 Stunden auf 72 Stunden,

2)      250 Euro, wird auf 140 Euro, sowie die Ersatzfreiheitsstrafe von 135 Stunden auf 72 Stunden

herabgesetzt.

Rechtsgrundlage: § 49 Abs. 1 und 2 VStG

Als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens haben sie 10% der Strafe, dass sind 28 Euro, zu leisten.

Rechtsgrundlage: § 64 Abs. 1 und 2 VStG"

 

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 24. April 2012, Zl. VerkR96-54778-2011, Einsicht genommen.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

§ 49 Abs. 2 VStG lautet (auszugsweise):

Wenn der Einspruch rechtzeitig eingebracht wird, dann ist das ordentliche Verfahren einzuleiten. Der Einspruch gilt als Rechtfertigung im Sinne des § 40. Wenn im Einspruch ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten angefochten wird, dann hat die Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, darüber zu entscheiden. In allen anderen Fällen tritt durch den Einspruch die gesamte Strafverfügung außer Kraft.

 

Aus der Formulierung des oben wiedergegebenen Einspruchs ergibt sich bei objektiver Betrachtungsweise, dass auch der Schuldspruch bekämpft wurde.

Es wird auf die im Folgenden wiedergegebenen Ausführungen aus Hauer/Leukauf, "Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens", 6. Auflage, Linde Verlag, Seite 1600, hingewiesen:

"Ist dem Einspruch nicht zu entnehmen, dass damit ausdrücklich nur die Straffrage (oder die Entscheidung über die Kosten) bekämpft wird, so ist der Erstbehörde versagt, von einer Rechtskraft des Schuldspruchs auszugehen und nur mehr über Strafe und/oder Kosten zu entscheiden. Tut sie es trotzdem, so nimmt sie eine Entscheidungsbefugnis in Anspruch, die ihr nicht zusteht. Diese Unzuständigkeit ist im Falle einer dagegen erhobenen Berufung vom unabhängigen Verwaltungssenat wahrzunehmen (vgl. sinngemäß die zur alten Fassung ergangenen Entscheidungen VwGH 23.3.1979, 1103/78, 21.9.1988, 88/03/0161 uva); andernfalls belastet die Berufungsbehörde ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

 

Für die Beurteilung der Frage, ob im gegen eine Strafverfügung gerichteten Einspruch ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten angefochten wird, kommt es auf den Inhalt dieses Einspruches in seiner Gesamtheit an. Maßgebend ist, ob bei objektiver Betrachtungsweise davon ausgegangen werden kann, dass der Beschuldigte auch den Schuldspruch bekämpft hat (siehe die Entscheidung vom 22.4.1999, 99/07/0010) (VwGH 24.10.2002, 99/15/0172)."

Dadurch, dass durch den Einspruch auch der Schuldspruch bekämpft wurde, ist die Strafverfügung in Entsprechung des § 49 Abs. 2 VStG außer Kraft getreten.

Das gegenständliche Verfahren wird durch den Oö. Verwaltungssenat nicht eingestellt und die belangte Behörde ist zur Entscheidung zuständig.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Michael Keinberger

 

 

 

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