Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-167018/6/Br/Ai

Linz, 25.07.2012

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn Dipl.-Ing. Dr. X, geb. X, X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshaupt­mannschaft Vöcklabruck vom 22. Mai 2010, Zl. VerkR96-7071/2012, nach der am 25. Juli 2012 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung, zu Recht erkannt:

 

 

I.       Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen; das angefochtene Straferkenntnis wird im Schuldspruch und Strafausspruch bestätigt.

 

II.     Zuzüglich zu erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden dem Berufungswerber als Kosten für das Berufungsverfahren 40 Euro auferlegt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010 – AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010 – VStG.

Zu II.: § 64 Abs.1 u.2 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruckhat mit dem o.a. Straferkenntnis über den Berufungswerber  wegen einer Übertretung nach § 4 Abs.5 iVm § 99 Abs.3b StVO 1960 eine Geldstrafe von 200 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 96 Stunden verhängt. Es wurde wider ihn folgender Tatvorwurf erhoben:

"Sie sind mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden und haben nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle verständigt.

Tatort: Gemeinde Vöcklabruck, Gemeindestraße Ortsgebiet, Gebührenpflichtiger Parkplatz neben dem Haus X;

Tatzeit: 24.02.2012, 11:12 Uhr.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt: § 4 Abs.5 StVO

Fahrzeug: Kennzeichen X, PKW, TOYOTA X, schwarz."

 

 

1.1. Begründend führte die Behörde erster Instanz Folgendes aus (die wörtlichen Zitierungen der Behörde erster Instanz werden der Übersichtlichkeit wegen in Kursivschrift dargestellt):

Gemäß § 4 Abs.5 StVO 1960 haben die im Abs.1 genannten Personen die nächste Polizeiinspektion vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs.1 genannten Personen, oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

 

Gemäß § 99 Abs.3 litb StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726,00 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen zu bestrafen, wer in anderer als der in Abs.2 lita bezeichneten Weise gegen die Bestimmungen des § 4 verstößt, insbesondere die Herbeiholung einer Hilfe nicht ermöglicht, den bei einem Verkehrsunfall entstandenen Sachschaden nicht meldet oder als Zeuge eines Verkehrsunfalles nicht Hilfe leistet.

 

Der im Spruch angeführte Sachverhalt wurde am 28.02.2012 von der Polizeiinspektion Vöcklabruck aufgrund der Verständigung dieser durch den Geschädigten am 24.02.2012 zur Anzeige gebracht.

 

Aufgrund dieser Anzeige wurde Ihnen der Sachverhalt nachweislich mit Aufforderung zur Rechtfertigung der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 06.03.2012, hinterlegt am 12.03.2012, zur Kenntnis gebracht und Ihnen gleichzeitig die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben, wobei Sie im Wesentlichen in schriftlicher Form Folgendes aussagten: Sie hätten am Übertretungstag um ca. 11.05 Uhr beim Rückwärtsausparken einen weißen Kastenwagen leicht touchiert, was Sie auch bemerkt hätten. Unmittelbar danach seien Sie in den nächstgelegenen freien Parkplatz vorwärts eingebogen, wobei rechts neben Ihnen bereits ein Fahrzeug geparkt stand. Anschließend seien Sie sofort zu dem von Ihnen beschädigten Kastenwagen gegangen, um sich über die Sachlage zu informieren. Eine dort stehende Person gab Ihnen Auskunft darüber, wer der Besitzer dieses Fahrzeuges sei. Weiters hätten Sie gemeinsam mit dem Besitzer (Hr. X) den Schaden besichtigt und anschließend gingen Sie in das angrenzende Hotel X zu ihrem Stammtisch. Zwischendurch und nach Erledigung von Einkäufen hätten Sie den Schaden an Ihrem Fahrzeug, welcher durch die Touchierung mit dem Kastenwagen entstanden war, fotografiert. Folgend begaben Sie sich wiederum in das Hotel X, wobei Ihnen eine sich dort befindliche Person mitteilte, dass Sie zu Ihrem Fahrzeug gehen sollten, da sich dort die Polizei befinden würde, welche einen von Ihnen verschuldeten Unfall aufnehmen würde. Sie schenkten dieser Aussage im ersten Moment keinen Glauben, da Sie die Daten mit dem Unfallgegner bereits ausgetauscht hätten. Sie begaben sich daraufhin zu Ihrem Fahrzeug und trafen dort sowohl auf die Polizei als auch auf den Lenker des neben Ihrem Fahrzeug befindlichen Wagens (VW Sharan), welches bereits zum Einparkzeitpunkt dort gestanden hatte. Polizei und Unfallgegner besichtigten die Schäden LINKS vorne an Ihrem Fahrzeug und rechts hinten beim VW Sharan. Sie geben an, nichts von dem Vorfall bemerkt zu haben, vermutlich weil Sie mit Ihrem großen Auto nur gestreift hätten, Ihr Auto durch den Dieselmotor auch sehr laut sei, es sich dabei um eine "Zentimetersache" gehandelt haben muss und Sie Ihre volle Konzentration auf den unmittelbar davor verursachten Schaden mit dem weißen Kastenwagen gerichtet hätten. Sie hätten bei Bemerken dieses Schadens sicher den Unfallgegner versucht ausfindig zu machen bzw. die Polizei verständigt.

 

Am 02.4.2012 erschienen Sie persönlich bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck zu einer niederschriftlichen Einvernahme in Ergänzung zu Ihrer zuvor erfolgten Rechtfertigung. Hierbei gaben Sie an, dass Sie den Verkehrsunfall mit dem VW Sharan wohl deshalb nicht bemerkt hätten, weil Sie dieses Fahrzeug nur mit der Plastikschürze Ihres Wagens gestreift hätten und dadurch kaum ein Geräusch entstanden sei. Es wären zum Schadenszeitpunkt auch mehrere Personen in der Nähe befindlich gewesen und niemand hätte davon etwas bemerkt. Weder bei Ihrem, noch beim gegnerischen Fahrzeug sei eine Delle entstanden, sondern nur leichte Streifspuren. Ihr Fahrzeug (Landcruiser) sei ein sehr großes mit einem sehr lauten Dieselmotor und aus diesen Umständen hätten Sie den Vorfall nicht bemerkt, andernfalls hätten Sie Ihr Fahrzeug wohl nicht am Unfallort abgestellt, um Fahrerflucht zu begehen.

Die hs. Behörde beauftragte die Landesverkehrsabteilung mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens, welches von Dipl.-HTL-Ing. X anhand der vorliegenden Aktenunterlagen gemacht wurde und folgendermaßen lautet:

Der Beschuldigte fuhr im Zuge des Vorwärtseinparkens an dem aus seiner Sicht rechts neben ihm abgestellten VW Sharan an. Aufgrund des Schadensbildes ist von einer Streifkollision auszugehen. Im Hinblick auf die vorliegenden Messlattenbilder liegt eine höhenmäßige Korrespondenz der Schadensbilder vor. Die Streifkollision ereignete sich bei Tageslicht auf einem asphaltierten Parkplatz. Fahrbahnbedingte Erschütterungen wurde daher ausgeschlossen.

Das Anstoßgeräusch, das bei der gegenständlichen Streifkollision entstand, muss aufgrund seiner massiven Ausprägung über der Wahrnehmbarkeitsgrenze gelegen sein Vergleichskollisionen zeigen, dass bereits bei einem schwächer ausgeprägten Schadensbild eine Schallpegelüberhöhung von mehr als 6 dB(A) vorliegt. Wenn man von einem nicht beeinträchtigten Hörvermögen ausgeht, lag daher die durch die Streifkollision verursachte Schallpegelüberhöhung bei einem Wert von über 6 dB(A) und ist daher als eindeutig hörbar einzustufen.

Die Streifkollision erfolgte im Zuge des Vorwärtseinparkens. Die berührenden Fahrzeugteile konnten vom Lenkerplatz des Beschuldigten nicht eingesehen werden. Der Beschuldigte hätte aufgrund des augenscheinlich wahrnehmbaren, ungewöhnlich geringen Seitenabstandes zum abgestellten VW Sharan die Möglichkeit einer Fahrzeugberührung nicht ohne Weiteres ausschließen dürfen, da vom Lenkerplatz aus nicht die gesamte Fahrzeugkontur einsehbar ist. Zu der Wahrnehmbarkeit eines Geräusches ist festzuhalten, dass die Frequenzstruktur des Anstoßgeräusches neben der "Lautstärke" für eine Wahrnehmbarkeit von Bedeutung ist. Kollisionsgeräusche treten kurzfristig auf und sind damit von einem länger anhaltenden Grundgeräusch (Motor) aufgrund ihrer Frequenz- und Zeitstruktur gut unterscheidbar. Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass das Anstoßgeräusch die akustische Wahrnehmbarkeitsgrenze überschritten hat und im Hinblick auf den wahrnehmbaren, aber ungewöhnlich geringen Seitenabstand, er die Möglichkeit einer Streifung nicht ohne Weiteres ausschließen hätte dürfen.

 

Der Inhalt dieses Gutachtens wurde Ihnen am 23.04.2012 mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme zur Kenntnis gebracht. Ihre weitere Stellungnahme dahingehend wurde in Form von einzelnen Vermerken zu den begründenden Aussagen des Gutachtens angeführt. Dabei werden "Schnee !" als fahrbahnbedingte Erschütterung, "Plastikschürze" bezüglich des Lärmpegels des Anstoßgeräusches, "Bild ?" vermutlich im Hinblick auf den geringen Seitenabstand zum abgestellten VW Sharan und als allgemeine Angabe "habe die Streifung doch nicht bemerkt", eingewendet.

 

Die Behörde hat hiezu erwogen:

 

Die Ihnen angelastete Verwaltungsübertretung ist für die Behörde aufgrund des Ermittlungsverfahrens und des klaren Ergebnisses des Sachverständigengutachtens als eindeutig erwiesen zu betrachten. Bei Ihrer erstmaligen schriftlichen Rechtfertigung vom 24.02.2012 beschrieben Sie den Schaden an Ihrem Fahrzeug LINKS vorne befindlich, wobei die Behörde von einem Schreib- oder Denkfehler Ihrerseits ausgeht. Voraussetzung für die Meldepflicht gem. Abs. 5 ist nach der Rechtssprechung des VwGH (Hinweis: VwGH 30.06.1993, 93/02/0059) der unfallbedingte Eintritt eines Sachschadens als objektives Tatbestandsmerkmal und in subjektiver Hinsicht das Wissen vom Eintritt eines derartigen Schadens, wobei der Tatbestand schon dann verwirklicht ist, wenn dem Täter objektive Umstände zum Bewusstsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zum Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalls mit Sachbeschädigung zu erkennen vermocht hätte (VwGH 22.3.2000, 99/03/0469-6).

Vom Bewusstwerden objektiver Umstände einerseits und von einer gehörigen Aufmerksamkeit andererseits ist im Hinblick auf den Umstand, dass Sie unmittelbar vor dem gegenständlichen Verkehrsunfall, bereits eine Beschädigung an einem anderen parkenden Fahrzeug verursacht hatten, jedenfalls auszugehen. Eine Übertretung nach § 4 Abs. 5 StVO kann auch in der Schuldform der Fahrlässigkeit begangen werden.

 

Für die Strafbemessung haben Sie Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Behörde nicht bekannt gegeben. Es wird daher von folgender Schätzung ausgegangen:

Nettoeinkommen monatlich Euro 2500,-, keine Sorgepflichten. Die Strafhöhe erscheint der Behörde als angemessen.

 

Es lagen weder strafmildernde, noch straferschwerende Umstände vor.

 

Die Vorschreibung der Verfahrenskosten begründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

 

 


2. Dagegen wendet sich den Berufungswerber mit seiner fristgerecht erhobenen Berufung:

Sehr geehrte Damen und Herren!

Ich berufe innerhalb offener Frist gegen das Straferkenntnis der BH Vöcklabruck vom 22.5.2012 und begründe meine Berufung wie folgt:

 

Grundsätzlich verweise ich auf meine schriftliche Eingabe vom 24.2.2012. Diesen Angaben füge ich noch folgendes hinzu.

Ich betone noch einmal, dass ich im Zuge des Einparkens mit meinem Toyota Land Cruiser die geringe Berührung des abgestellten Fahrzeuges nicht bemerkt habe. Dies muss daran gelegen sein, dass es sich bei meinem Fahrzeug um ein sehr schweres und großes "Geländefahrzeug" handelt und ich beim Einparken mit der Plastikschürze den anderen PKW leicht gestreift habe. Richtig ist, dass an beiden Fahrzeugen Abschürfungen entstanden sind. Auf den Fotos sieht die Beschädigung bei den verschmutzten Fahrzeugen wesentlich schlimmer aus, als sie tatsächlich war (siehe Foto meines gewaschenen 3b und nicht gewaschenen Fahrzeuges 3a). Anhand dieser Fotos will nun der Sachverständige - ohne Abhaltung des geforderten Lokalaugenscheines - feststellen können, dass ich die Beschädigung bemerkt haben muss.

 

Ich beantrage noch einmal einen Lokalaugenschein an Ort und Stelle mit den Unfallfahrzeugen.

 

Dagegen, dass ich den Streifschaden bemerkt haben muss spricht folgendes:

Ich habe meinen PKW an der Unfallstelle belassen. Hätte ich den Unfall verheimlichen wollen, so hätte ich meinen PKW wo anders abgestellt.

Zum Zeitpunkt meines Einparkens herrschte reger Fußgänger- und Fahrzeugverkehr. Keiner der im Nahbereich befindlichen Fußgänger hat vom Streifunfall etwas bemerkt. Ganz im Gegenteil wurde ich, als ich kurz vorher beim Rückwärts ausfahren aus dem Parkplatz an einem weißen Kastenwagen geringfügig angestoßen bin - siehe beiliegendes Foto 1 - sofort von einem Fußgänger auch auf das von mir bemerkte Anstoßen aufmerksam gemacht.

 

Diesen Unfall habe ich trotz sehr geringer Beschädigung bemerkt und habe deshalb auf dem öffentlichen Parkplatz eingeparkt. Möglich ist, dass ich mich beim Einparken aufgrund des vorherigen Vorfalles nicht mehr vollständig auf den Parkvorgang konzentrieren konnte. Tatsache ist jedenfalls, dass dieses leichte Streifen eines anderen Fahrzeuges im Zuge des Einparkens kein lautes Geräusch verursacht, dass man unbedingt wahrnehmen muss.

 

Zum Beweis meiner Angaben ersuche ich noch einmal um Abhaltung eines Lokalaugenscheines an Ort und Stelle.

 

Es würde allen Regeln widersprechen, dass ich mich um die erste geringfügige Beschädigung und Ausforschung des Fahrzeughalters nachweislich gekümmert habe und zu diesem Zweck auch noch eine gewisse Zeit bei meinem Fahrzeug war und mich um den zweiten Unfall nicht gekümmert hätte.

 

Dieses Verhalten weist wohl eindeutig daraufhin, dass ich die Beschädigung des blauen VW Sharan tatsächlich nicht wahrgenommen habe und somit die Meldepflicht nicht bewusst unterlassen habe. Mir geht es hier nicht um eine etwaige Bestrafung, sondern einfach darum, dass ich nicht etwas melden konnte, wovon ich tatsächlich keine Kenntnis erlangt habe. Hinzu fugen möchte ich auch noch, dass ich seit ca. 50 Jahren Kraftfahrzeuge lenke und noch nie wegen eines derartigen Deliktes bestraft wurde.

 

 

3. Die Behörde erster Instanz hat den Akt zur  Berufungsentscheidung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war angesichts des gesonderten Antrages aber auch im Sinne der inhaltlichen Prüfung des Schuldvorwurfes in Wahrung der durch Art.6 Abs.1 EMRK intendierten Rechte erforderlich (§ 51e Abs.1 VStG).

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme und Erörterung des Inhaltes des Verwaltungs­strafaktes der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung. Als Zeuge wurde der Meldungsleger Insp. X einvernommen. Beigezogen wurde der Amtssachverständige Dipl.-Ing. (FH) X, welcher sich abermals fachlich zum Sachverhalt gutachterlich äusserte. An der Berufungsverhandlung nahm auch eine Vertreterin der Behörde erster Instanz teil. Der Berufungswerber erschien trotz ausgewiesener Ladung nicht, wobei er irrtümlich vom Verhandlungstermin um 10:00 Uhr ausging, wobei er über die bereits verkündete Entscheidung noch informiert werden konnte.

 

 

4.1. Zusammenfassend kann in Vermeidung von Wiederholungen auf die Beweislage des erstinstanzlichen Verfahrens verwiesen werden. Demnach besteht kein Zweifel an der Verursachung des Parkschadens (Streifkontakt) durch den Berufungswerber  im Zuge des Einparkmanövers. Der Sachverständige legte überzeugend und nachvollziehbar dar, dass diese doch recht massiven Kontaktspuren auf eine Geräuschentwicklung von 6 db/A über dem Umgebungslärmpegel gelegen sein müssten, wobei bereits ein "Differenzgeräusch" von 3 db/A von einem Lenker mit normalem Gehörvermögen akustisch wahrgenommen werden kann bzw. muss. Sollte der Berufungswerber das Kontaktgeräusch subjektiv nun tatsächlich nicht wahrgenommen haben, was er zumindest glaubhaft darlegt, hätte er auf Grund des sichtlich knappen Heranfahrens an das beschädigte Fahrzeug zumindest die Möglichkeit einer Schadensverursachung in Erwägung ziehen und entsprechend Nachschau halten müssen. Dies hat er jedoch unterlassen, sodass ihm letztlich die unterbliebene Meldung des Sachschadens an die nur unweit entfernte nächste Polizeidienststelle als schuldhafte (fahrlässige) Unterlassung vorzuwerfen ist. 

 

5. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Als Verkehrsunfall gilt jedes plötzliche, mit dem Straßenverkehr ursächlich zusammenhängende Ereignis anzusehen, welches sich auf Straßen mit öffentlichem Verkehr zuträgt und einen Personen- oder Sachschaden zur Folge hat (VwGH 20.4.2001, 99/02/0176 u.a.).

Die Anhalte- und Meldepflicht setzt einerseits einen Vorfall (Verkehrsunfall) und andererseits ein Wissen (müssen) eines solchen voraus. Dabei ist aber nicht unbedingt das positive Wissen vom Verkehrsunfall und vom ursächlichen Zusammenhang erforderlich, sondern es genügt – da der Anwendungsbereich des § 4 StVO in diesem Zusammenhang nicht ausdrücklich auf die Schuldform des Vorsatzes beschränkt ist (§ 5 VStG) – wenn die betreffende Person bei gehöriger Aufmerksamkeit den Verkehrsunfall und den ursächlichen Zusammenhang hätte erkennen können (siehe Pürstl - Somereder, Kommentar zur StVO, 11. Auflage, S 69 Rn 34, sowie – unter vielen – VwGH 23.5.2002, 2001/03/0417, VwGH 13.2.1991, 90/03/0114 mit Hinweis auf VwGH 9.9.1981, 81/03/0125 u. VwGH 31.1.1986, 85/18/0367, VwGH 14.09.1983, 82/03/0144).

 

Da zum Zeitpunkt des Eintreffens der Polizei beim Berufungswerber das Unfallgeschehen zumindest 50 Minuten zurücklag kann von einem "unnötigen Aufschub" wohl nicht mehr die Rede sein.

 

Die Frage, ob die Erstattung der Meldung nötiger- oder unnötigerweise aufgeschoben worden sei, ist nach der Lage des Einzelfalles zu beurteilen. Der Sinn und Zweck des § 4 Abs.5 StVO besteht darin, eine zumindest vorläufige Bereinigung von Unfällen, die nur Sachschaden zur Folge haben - möglichst ohne Behinderung des Verkehrs und Inspruchnahme von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie unnötigen Zeitverlust -, zu ermöglichen, dem am Unfall Beteiligten also die Möglichkeit zu geben, ohne unnötigen Aufschub und Schwierigkeiten klarstellen zu können, mit wem er sich hinsichtlich der Schadensregelung in der Folge auseinanderzusetzen haben wird. Bei einer verstrichenen Zeitspanne von 15 Minuten hegt der Verwaltungsgerichtshof  noch erhebliche Zweifel ob bereits von einem tatbestandsmäßigen Fehlverhalten gesprochen werden könne (VwSlg 13277 A/1990). Hier verstrichen jedoch immerhin etwa 50 Minuten ehe der Berufungswerber zur Unfallaufnahme der bereits von Dritten verständigten Polizei, bis der in der Nähe in einem Lokal verweilgende Berufungswerber letztlich mehr zufällig zur Unfallaufnahme stieß. Dies macht andererseits wohl glaubhaft, dass er subjektiv vom Unfallgeschehen tatsächlich nichts mitbekommen haben dürfte, entschuldigt jedoch nicht, dass er dies nicht sofort bemerkte und ohne unnötigen Aufschub meldete.

Dieser hätte laut Gutachter von einem Fahrzeuglenker in seiner Situation bemerkt werden müssen. 

Bei Beurteilung des Tatbestandselementes "ohne unnötigen Aufschub" kommt es auch nicht so sehr die objektive Dauer des zwischen Unfall und Meldung verstrichenen Zeitraumes im Vordergrund steht, sondern vielmehr die Frage, wie diese Zeit genützt wurde (VwGH 24.2.1993, 92/02/0292).

 

 

5.1. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe, stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

 

 

5.2. Die Behörde hat in Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist (VwGH 4.4.2001, 99/09/0140 mit Hinweis auf Erk. VwGH [verst. Senat] 25. März 1980, Zl. 3273/78, VwSlg 10077 A/1980).

Da beim Berufungswerber von einem Monatseinkommen in der Höhe von deutlich über 3.000 Euro ausgegangen werden kann, kann trotz der als  gering einzuschätzenden Tatschuld (bloß in Unachtsamkeit gelegenen Nichtbemerken des Streifschadens) am hier ausgesprochenen Strafausmaß ein Ermessenfehler jedenfalls nicht erblickt werden.

Es war demnach spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

Gegen diesen  Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwätlin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

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