Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730646/2/SR/JO

Linz, 06.08.2012

                                                                                                                                                        

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des X, geboren am X, Staatsangehöriger von Sierra Leone, derzeit JA X, X, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 2. Juli 2012, GZ Sich40-2506-2011, betreffend die Erlassung eines auf die Dauer von 8 Jahren befristeten Rückkehrverbots, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als das Rückkehrverbot mit 5 Jahren festgesetzt wird. Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 9 Abs. 1a, 54 und 53 Abs. 3 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 50/2012).

 

 

 

The appeal is allowed insofar, that the ban on returning is set to be 5 years. Otherwise the appeal is dismissed as being unfounded.

 

 

Legal basis:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 9 Abs. 1a, 54 und 53 Abs. 3 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 50/2012).

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 2. Juli 2012, GZ Sich40-2506-2011, zugestellt am 4. Juli 2012, wurde gegen den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) auf der Grundlage der §§ 54 Abs. 2 und 53 Abs. 3 Z. 1 und 3 des Fremdenpolizeigesetz 2005 (im Folgenden: FPG) in der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung ein auf die Dauer von 8 Jahren befristetes Rückkehrverbot erlassen.

 

Im angefochtenen Bescheid führt die belangte Behörde nach Wiedergabe der einschlägigen Bestimmungen wie folgt aus:

 

Die belangte Behörde ging von folgendem Sachverhalt aus:

 

Sie stellten am 13.06.2011 vor der Polizeiinspektion X - EAST X unter den von Ihnen angeführten Personalien "X, geb. X, StA: Sierra Leone" einen Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz in Österreich. Sie waren weder im Stande, ein gültiges Nationalreisedokument zur Vorlage zu bringen, noch konnten Sie den Besitz eines für den Schengenraum gültigen Einreise- oder Aufenthaltstitels nachweisen. Ebenso waren Sie auch nicht im Stande, ein anderweitiges staatlich ausgestelltes Dokument, welches einen Rückschluss auf Ihre Identität zulassen würde, in Vorlage zu bringen.

 

Im Zuge Ihrer niederschriftlichen Erstbefragung vor der Polizeiinspektion X-EAST am 14.06.2011 führten Sie im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Englisch an, dass Ihre Mutter Sie und Ihre Schwester nach Libyen mitgenommen hätte. Ihre Mutter hätten Sie schon vor der Abreise aus Libyen verloren. Sie seien dann mit Hilfe eines Mannes nach Österreich gekommen.

 

Am 02.08.2011 wurden Sie von Beamten des Bundesasylamtes, Außenstelle Linz, niederschriftlich einvernommen. Im Wesentlichen gaben Sie dabei an, dass Sie gesund seien. Sie hätten weder zu Österreich noch zu einem anderen EU-Mitgliedstaat familiäre Beziehungen. Sie wären weder in Vereinen in Österreich tätig, noch würden Sie einer legalen Beschäftigung nachgehen.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Linz, vom 03.08.2011, wurde Ihr Asylantrag vom 13.06.2011 gemäß § 3 AsylG abgewiesen. Ebenso wurde die Zuerkennung des Status des Subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 AsylG abgewiesen und Sie gemäß § 10 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Sierra Leone ausgewiesen. Gegen zitierten Bescheid brachten Sie am 17.08.2011 Beschwerde ein.

 

Am 08.11.2011 - rechtskräftig seit 08.11.2011 - wurden Sie vom Landesgericht für Strafsachen Wien, ZI: 151 HV 93/2011w, zu einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten, davon 1 Monat unbedingt, wegen des Vergehens gemäß §§ 27 Abs. 1 Z 1 8. Fall, 28 Abs. 3 SMG iVm § 15 StGB, Probezeit 3 Jahre, verurteilt. Sie befanden sich vom 12.10.2011 bis 11.11.2011 in der Justizanstalt X.

 

Am 03.11.2011 wurden Sie seitens der BPD Wien niederschriftlich einvernommen und Ihnen zur Kenntnis gebracht, dass auf Grund der derzeitigen Aktenlage beabsichtigt ist, gegen Sie eine Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot zu erlassen. Sie gaben an, dass Sie ledig seien und keine Sorgepflichten hätten. Ihren Lebensunterhalt würden Sie durch Unterstützung der Caritas bestreiten.

 

Mit Urteil vom 06.03.2011 - rechtskräftig seit 06.03.2011 - wurden Sie vom Landesgericht für Strafsachen Wien, Zl: 151 HV 21/2012h, wegen des Vergehens nach den §§ 27 Abs. 1 Z 1 8. Fall, 27 Abs. 3 SMG iVm § 15 StGB, zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten verurteilt. Die Probezeit Ihrer ersten Verurteilung vom 08.11.2011 wurde dabei auf 5 Jahre verlängert. Auf Grund dieser weiteren Verurteilung befanden Sie sich im Zeitraum vom 13.02.2012 bis 30.03.2012 in der Justizanstalt X. Seit 30.03.2012 befinden Sie sich im Gefangenenhaus der JA X.

 

Seitens der BH Vöcklabruck wird festgehalten, dass Sie sich - aufgrund der Tatsache, dass Sie nicht im Besitz eines Aufenthaltsrechtes für Österreich sind - unberechtigt im Bundesgebiet aufhalten.

 

Sie sind nicht im Stande die Existenz eines in Österreich sämtliche Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz nachzuweisen. Über eine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung im Sinne des § 31 Ziffer 6 FPG 2005 verfügen Sie nicht. Infolge Mittellosigkeit wurden Ihnen zur Bestreitung Ihres Lebensunterhaltes in Österreich als schutzsuchenden Fremden, mit Einbringung Ihres Asylantrages Leistungen (Unterkunft, Verpflegung, Krankenversicherung, Taschengeld, etc.) aus öffentlichen Mitteln im Rahmen der Grundversorgung gewährt.

 

Die Gesamtheit Ihrer Verhaltensweise (illegale Einreise ins Bundesgebiet; Verurteilungen nach dem Suchtmittelgesetz) zeigt auf, dass Sie in keiner Weise gewillt sind die Rechtsordnung Ihres Gastlandes im Bereich der bestehenden gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen zu respektieren.

 

Die Wahl der Mittel zur Erreichung Ihrer Ziele - nämlich die Vereitelung Ihrer Außerlandesbringung nach Sierra Leone durch das Abtauchen in die Anonymität, stellt in der Gesamtheit Ihrer Handlungsweise eine gravierende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dar.

 

Zu Ihrer familiären Situation gilt es anzuführen, dass Sie auf Befragen im Rahmen Ihres Asylverfahrens keinen familiären Bezug zu Österreich ins Treffen bringen konnten.

 

Aufgrund des geschilderten Sachverhaltes und Ihres bisher gezeigten Verhaltens im Bundesgebiet ist die Annahme gerechtfertigt, dass Ihr Aufenthalt eine massive Gefahr für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit darstellt.

 

Mit Schreiben der BH Vöcklabruck vom 05.06.2012 wurde Ihnen mitgeteilt, dass aufgrund des geschilderten Sachverhaltes gegen Sie die Erlassung einer Rückkehrentscheidung mit Einreiseverbot für die Dauer von 8 Jahren geplant ist. Gleichgehend wurde Ihnen das Recht auf Parteiengehör gewährt.

 

Mit Schriftsatz vom 19.06.2012 - bei der Behörde eingelangt am 21.06.2012 - gaben Sie folgende Stellungnahme ab:

 

"Ich habe am 13.06.2011 vor der Polizeiinspektion X - EAST X einen Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz in Österreich gestellt Mein Asylverfahren ist derzeit noch nicht rechtskräftig abgeschlossen, sondern beim Asylgerichtshof anhängig. Ich bin daher gemäß § 51 AsylG zum Aufenthalts in Österreich berechtigt.

 

Ich verbüße derzeit eine achtmonatige Freiheitsstrafe in der JA X. Vor meiner Inhaftierung erhielt ich Grundversorgung (Verpflegungsgeld, Unterkunft, Krankenversicherung) durch das Land und war im Wohnprojekt der Volkshilfe in Ampflwang untergebracht. Bis zum rechtskräftigen Abschluss meines Asylverfahrens erhalte ich weiterhin Grundversorgung.

 

Ich bereu zutiefst, dass ich straffällig geworden bin, es tut mir sehr leid und ich entschuldige mich vielmals dafür. Ich weiß, dass ich einen großen Fehler gemacht habe. Ich respektiere die Gesetze meines Gastlandes und bin sehr dankbar, dass ich hier einen Asylantrag stellen durfte. Mein größter Wunsch ist, mir in Österreich eine Existenz auszubauen, Deutsch zu lernen und arbeiten zu gehen. Mein Heimatland Sierra Leone habe ich gemeinsam mit meiner Mutter und meiner Schwester schon in meiner Kindheit verfasse. Wir lebten bis zum Ausbruch des Bürgerkriegs in Libyen. Aufgrund der Kriegswirren mussten wir Libyen verlassen. Unterwegs wurden wir getrennt. Ich weiß bis heute nicht, wo sich meine Mutter und meine Schwester aufhalten, ob sie überhaupt noch am Leben sind.

 

In Sierra Leone habe ich keine Familienangehörigen mehr. Außerdem war ich seit meiner Kindheit nicht mehr dort. Nach Libyen kann ich wegen der Sicherheitslage nicht zurück. Ich habe nirgendwo familiäre Anknüpfungspunkte."

 

Die belangte Behörde traf folgende Sachverhaltsfeststellungen:

 

Einleitend wird festgehalten, dass auf Grund der Tatsache, dass über Ihre Beschwerde im Asylverfahren noch nicht entschieden wurde. Demnach sind Sie nach wie vor Asylwerber. Folglich dessen ist ein Rückkehrverbot anstelle einer Rückkehrentscheidung mit Einreiseverbot zu erlassen. Hinblickend der Rechtssprechungen des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich ist der Zeitpunkt der Erlassung entscheidend über die Aussprache einer Rückkehrentscheidung mit Einreiseverbot oder eines Rückkehrverbotes. Der Unterschied zwischen beider Maßnahmen liegt im Generellen darin, dass sich bei einem Rückkehrverbot die Ausweisung auf den negativen Asylantrag stützt: Hierbei entfällt die Rückkehrentscheidung und somit die Prüfung der Zulässigkeit der Rückführung in den Herkunftsstaat. Im Weiteren wird im Gegensatz zu einem Einreiseverbot mit Rückkehrentscheidung ein Rückkehrverbot erst mit einer durchführbaren Ausweisungsentscheidung im Asylverfahren durchführbar. Die Wirkung des Verbots einer Widereinreise ist in beiden Verfahren ident. Es kommt Ihnen somit kein Nachteil mit einer Entscheidung eines Rückkehrverbotes im Vergleich zu einem Einreiseverbot mit Rückkehrentscheidung zu. Gegenteilig sind Sie mit der Erlassung eines Rückkehrverbotes vergleichsweise besser gestellt. Weswegen hierzu kein weiteres und zusätzliches Parteiengehör im vorliegenden Verfahren zu führen war.

 

Seitens der bescheiderlassenden Behörde wird festgehalten, dass die Entscheidung über das von Ihnen im Asyl- und Ausweisungsverfahren eingebrachte Rechtsmittel der Beschwerde gegenwärtig unverändert beim Asylgerichtshof anhängig ist und Sie demzufolge Asylwerber im Sinne des Fremdenpolizeigesetzes 2005 idgF sind.

 

Unbestritten steht fest, dass Sie gegen die österreichische Rechtsordnung mehr als einmal keinerlei Respekt gezeigt haben und von einem inländischen Gericht rechtskräftig verurteilt worden sind.

 

Sie sind nach Österreich gekommen um Schutz vor angeblicher Verfolgung zu suchen. Gerade von einem Schutzsuchenden darf erwartet werden, dass er sich auch an alle Gesetze seines Gastlandes hält.

 

Die Tatbestandsmerkmale des § 54 Abs. 1 Ziffer 1 i.V.m. § 53 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) jedenfalls erfüllt.

 

Seitens der bescheiderlassenden Behörde wird weiters festgehalten, dass Sie unverändert nicht im Stande sind, den Besitz eines Nationalreisedokumentes oder zumindest den Besitz eines anderweitigen Dokumentes, welches einen Rückschluss auf Ihre Identität zulassen würde, nachzuweisen. Auch im Rahmen des Verfahrens zur geplanten Erlassung eines Rückkehrverbotes haben Sie Bestrebungen, dass Sie bemüht sind Ihre Identität den Behörden in Ihrem Gastland Österreich durch die Nachreichung eines Dokumentes oder zumindest durch die Nachreichung einer Fotokopie eines Dokumentes aus Ihrem Herkunftsland Sierra Leone nachzuweisen, zur Gänze vermissen lassen. Ihre Identität gilt demzufolge weiterhin als nicht gesichert.

 

Sie haben durch Ihr nachhaltig gezeigtes rechtswidriges Verhalten während Ihres Aufenthaltes in Österreich dokumentiert, dass Sie in keiner Weise gewillt sind, die Rechts­und Werteordnung Ihres Gastlandes zu respektieren.

 

Auf Grund der Gesamtheit der geschilderten Tatsachen und deren Wertung ist jedenfalls die Annahme gerechtfertigt, dass ein Aufenthalt von Ihnen im Bundesgebiet der Republik Österreich die öffentliche Ordnung und Sicherheit massiv und nachhaltig gefährdet und den in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

 

Sofern durch das Rückkehrverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, ist es gemäß § 61 Abs. 1 FPG nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

Nach folgenden weitergehende Feststellungen führte die belangte Behörde in rechtlicher Hinsicht aus:

 

Sie sind volljährig, kinderlos und ledig. Sie haben weder in Österreich, noch in einem anderen Mitgliedstaat der EU familiäre Beziehungen. In Ihrer Stellungnahme gaben Sie an, dass Sie nirgendwo familiäre Anknüpfungspunkte hätten.

 

Auch Ihr berufliches Fortkommen wird durch das Rückkehrverbot nicht beeinträchtigt, da Sie mangels arbeitsrechtlicher Bewilligung nicht (!) berechtigt sind, in Österreich - legal - einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.

 

Weiters haben Sie sich in nachhaltiger Form als völlig unbelehrbar im Bezug auf die Einhaltung der Rechtsvorschriften Ihres Gastlandes erwiesen, womit auch jegliche soziale Integration von Ihnen in Österreich misslungen scheint.

 

Bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen ergeben sich auch sonst keine Hinweise, dass ein Rückkehrverbot einen unzulässigen Eingriff in das sonstige Privatleben gem. Artikel 8 Abs. 2 EMRK darstellen könnte.

 

Der geschilderte Tatsachensachverhalt wiegt jedenfalls so schwer, dass die Erlassung des Rückkehrverbotes zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele - nach eingehender Einzelfall-Prüfung und Abwägung Ihrer persönlichen und familiären Interessen mit den Interessen des Staates an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit nach dem Verhältnismäßigkeitsprinzip - dringend geboten ist.

 

Da - unter Abwägung aller oben angeführten Tatsachen - im Hinblick auf die für einen weiteren Aufenthalt von Ihnen im Bundesgebiet zu stellende negative Zukunftsprognose die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Rückkehrverbotes wesentlich schwerer zu wiegen scheinen, als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf Ihre persönliche bzw. familiäre Lebenssituation ist das Rückkehrverbot auch zulässig im Sinne des § 61 Abs. 2 FPG.

 

Aus oben angeführten Gründen war auch von der Ermessensbestimmung Gebrauch zu machen, insbesondere da das Ihnen vorwerfbare (Fehl-)Verhalten eine Tatbestandsverwirklichung nach § 54 Abs. 1 Ziffer 1 FPG darstellt und weder aus der Akte noch mangels einer von Ihnen zur geplanten Maßnahme abgegebenen Stellungnahme besondere Umstände ersehen werden können, die eine Ermessensübung zu Ihren Gunsten begründen würde.

 

Eine ernsthafte Reue kann nicht erkannt werden, zumindest nicht solche, die eine Änderung der Gültigkeitsdauer mit sich führen würde. Würden Sie tatsächlich Ihre strafbaren Handlungen bereuen, hätten Sie diese Delikte nicht erneut in zahlreicher Form ausgeführt, und wäre es sodann nicht zu einer weiteren Verurteilung gekommen. Sie wurden bereits zwei Mal wegen der gleichen schädlichen Neigung, nämlich unerlaubten Umgang mit Suchtgiften, verurteilt. Ihre Verurteilungen unterstreichen in Ihren mehrfach getätigten Delikten nicht nur den unerlaubten Umgang, sondern in besonderer Hinsicht die gewerbsmäßige Ausübung, sondern auch die Zugehörigkeit einer kriminellen Vereinigung. Sie betrieben Ihre Straftaten soweit, dass Sie diese Straftaten gewerbsmäßig und im Rahmen einer kriminellen Vereinigung begingen.

 

Bei der Abwägung wurde die Dauer ihres Aufenthaltes, das Ausmaß der Integration und die Intensität der familiären und sonstigen Bindungen berücksichtigt.

 

Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Rückkehrverbotes war auf folgende Umstände Bedacht zu nehmen:

 

Mit einer Bemessung des Rückkehrverbotes in der Dauer von 8 Jahren kann nach Ansicht der Behörde das Auslangen gefunden werden. Diese Frist erscheint jedoch - im Hinblick auf Ihre illegale Einreise ins Bundesgebiet und der oben angeführten Tatsachen - auch unbedingt erforderlich.

 

Erst nach Ablauf von 8 Jahren kann nach Ansicht der bescheiderlassenden Behörde davon ausgegangen werden, dass Sie ähnliche Verstöße gegen die österreichische Rechts- und Werteordnung nicht mehr begehen.

 

Als Orientierungshilfe bei der Bemessung der Dauer des Rückkehrverbotes diente hierbei die Tilgungsfrist der Ihnen zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen nach dem österreichischen Fremdenpolizeigesetz (illegale Einreise, unrechtmäßiger Aufenthalt, kein gültiges Reisedokument), Ihr mehrmaliges strafbares Handeln nach dem Strafgesetzbuch und nach dem Suchtmittelgesetz, sowie Ihre unveränderte Verhaltensweise entgegen der österreichischen Rechts- und Werteordnung.

 

Der Vollständigkeit halber sei angeführt, dass im Hinblick auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Erlassung fremdenpolizeilicher Maßnahmen keine Strafe, sondern administrativ-rechtliche Maßnahmen darstellen.

 

 

2. Gegen den Bescheid der belangten Behörde, dem Bw zugestellt im gerichtlichen Gefangenenhaus X am 4. Juli 2012, erhob der Bw mit Schriftsatz vom 18. Juli 2012 (Poststempel "18. Juli 2012") rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung.

 

Im Rechtsmittel stellt der Bw einleitend den Antrag, die Berufungsbehörde möge den angefochtenen Bescheid beheben in eventu die Dauer des Rückkehrverbotes einschränkten.

 

Begründend führt der Bw nach Zusammenfassung des von der belangten Behörde festgestellten Sachverhaltes, ohne diesen zu bestreiten, aus, dass Mittellosigkeit und Verstöße gegen das NAG und FPG für die Erlassung eines Rückkehrverbotes nicht relevant seien. Die Straffälligkeit bereue er und für die Taten entschuldige er sich. Er respektiere die Gesetze des Gastlandes und sei dankbar, dass er einen Asylantrag stellen durfte. Die verhängte Freiheitsstrafe sei relativ gering. Sein größter Wunsch sei, sich in Österreich eine Existenz aufzubauen, Deutsch zu lernen und arbeiten zu gehen. Sierra Leone habe er gemeinsam mit der Mutter und der Schwester bereits in seiner Kindheit verlassen. Bis zum Ausbruch des Bürgerkrieges habe er in Libyen gelebt. Bei den Kriegswirren in Libyen sei er von der Mutter und Schwester getrennt worden. Ob sie noch leben, wisse er nicht. Es stimme, dass er in Österreich kein Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK habe. Allerdings habe er auch in Sierra Leone keine Familienangehörigen mehr. Nach Libyen könne er wegen der Sicherheitslage nicht zurück. Er habe nirgends familiäre Anknüpfungspunkte.

 

 

3.1. Die belangte Behörde legte mit Schreiben vom 23. Juli 2012 den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vor.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt.

 

Ein Antrag auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde weder vom Rechtsberater noch vom Bw gestellt. Der Bw hat den entscheidungsrelevanten Sachverhalt nicht in Frage gestellt und diesen auch seiner Berufungsschrift zugrunde gelegt. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte vor allem aber deshalb abgesehen werden, als sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt zweifelsfrei aus der Aktenlage ergibt, im Verfahren im Wesentlichen die Beurteilung von Rechtsfragen strittig ist und die Akten erkennen lassen, dass eine weitere mündliche Erörterung eine tiefgreifendere Klärung der Sache nicht erwarten lässt (§ 67d AVG).

 

Ausdrücklich wird in diesem Zusammenhang noch angemerkt, dass sämtliche Vorbringen des Bw, die seine familiäre Situation betreffen, in keinster Art und Weise in Zweifel gezogen werden.

 

3.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter Punkt 1. und 2. dieses Erkenntnisses dargestellten und vom Bw unbestrittenen gebliebenen Sachverhalt aus.

 

Das Asylverfahren ist nach wie vor offen (Beschwerde ist beim Asylgerichtshof zum Entscheidungszeitpunkt noch anhängig).

 

3.4. Der Oö. Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1.1. Im Rahmen der Prüfung des angefochtenen Rückkehrverbots ist zuvorderst die Zulässigkeit der Erlassung eines Rückkehrverbotes sowie des Eingriffs in das Privat- und Familienleben des Bw dem Grunde nach zu prüfen.

 

4.1.2. Gemäß § 54 Abs. 1 FPG ist ein Rückkehrverbot zu erlassen, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Aufenthalt des Asylwerbers die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. § 54 Abs. 2 leg cit zufolge gelten als bestimmte Tatsachen im Sinne des Abs. 1 insbesondere jene des § 53 Abs. 2 Z 1, 2, 4, 5, 7 bis 9 und Abs. 3.

 

§ 53 Abs. 3 Z 1 FPG beinhaltet Fälle, in welchen ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als 3 Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als 6 Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist.

 

Dass der Bw am 8. November 2011 vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen des Vergehens nach den §§ 27 Abs. 1 Z. 1 8. Fall, 27 Abs. 3 SMG iVm     § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten, davon 6 Monate bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren, und am 6. März 2012 vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen des Vergehens nach den §§ 27 Abs. 1 Z. 1. 8. Fall, 27 Abs. 3 SMG iVm § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten rechtskräftig verurteilt worden ist, und somit eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 53 Abs. 3 Z 1 FPG verwirklicht hat, steht unzweifelhaft fest.

 

Im vorliegenden Fall ist daher § 53 Abs. 3 Z 1 FPG einschlägig.

 

Maßgeblich ist aber nicht primär, dass eine strafgerichtliche Verurteilung bzw. hier mehrere strafgerichtliche Verurteilungen ausgesprochen wurden, sondern dass im Sinne einer Prognoseentscheidung das gegenwärtige und zukünftige Verhalten einer Person im Lichte ihrer strafgerichtlichen Verurteilung(en) rechtlich zu würdigen ist. Es ist also im konkreten Einzelfall zu analysieren, ob davon ausgegangen werden kann, dass sich der Bw hinkünftig rechtskonform verhalten wird. Daher ist – aus Gründen der Verhältnismäßigkeit – vor Erlassung eines Rückkehrverbotes zu prüfen, ob das Verhalten des Bw aus derzeitiger Sicht geeignet erscheint, in Hinkunft die öffentliche Ordnung oder Sicherheit zu gefährden.

 

Zwar führt der Bw in seinem Rechtsmittel und der im Verfahren eingebrachten Stellungnahme aus, dass ihm die Taten leid täten und er sich dafür entschuldige, gleichzeitig relativiert er aber seine Taten, indem er auf die seiner Meinung nach geringen Freiheitsstrafen abstellt. Insgesamt hat dieses Vorbringen aber wenig Aussagekraft, da es ihm wichtiger erscheint, sich eine Zukunft in Österreich aufzubauen. Hätte er dies tatsächlich von Anfang an gewollt, dann ist unverständlich, warum er wenige Monate nach seiner illegalen Einreise und der Asylantragsstellung wiederholt Verstöße gegen das SMG gesetzt hat.

 

Aus seinen Aussagen kann daher nicht erschlossen werden, dass er sich in Hinkunft rechtskonform verhalten werde und daher keine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit mehr darstelle.

 

Das Verhalten des Bw bestätigt die Erfahrungswerte bei Suchtgiftdelikten, wonach die Wiederholungsgefahr bei Suchtgiftdelikten besonders groß ist (siehe statt vieler VwGH 29.9.1994, 94/18/0370). Unbeeindruckt von der ersten Verurteilung hat der Bw den Handel mit Suchtgift fortgesetzt und wiederum gegen das SMG verstoßen. Das Landesgericht für Strafsachen Wien hat daher aufgrund des raschen Rückfalls des Bw und der fraglos vorhandenen kriminellen Energie eine unbedingte Freiheitsstrafe von 8 Monaten verhängt. Das Verhalten des Bw indiziert ein hohes Maß an Schuld und die Art der Suchtgifthandelstätigkeit begründet jedenfalls einen Handlungs- und Erfolgsunwert im mittleren Bereich der Suchtgiftkriminalität. Der soziale Störwert dieser Taten ist groß. Die Anstrengungen der Gesellschaft Suchtmittelkonsum und die damit verbundenen schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen für die Konsumenten und die Gesellschaft (Gesundheitsvorsorge, Arbeitsunfähigkeit, letale Folgen, ....) einzudämmen, erfordern erhebliche finanzielle Mittel und bedingen einen großen personellen Aufwand. Diesem hohen sozialen Störwert der Suchtmitteldelinquenz hat der Gesetzgeber durch hohe Freiheitsstrafen Rechnung getragen.

 

Bei diesem Missachten der Rechtsordnung und dem raschen Rückfall liegt es auf der Hand, dass der Bw auch gegenwärtig und in Hinkunft eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit im Bundesgebiet darstellt.

 

In diesem Sinn ist die Verhängung eines Rückkehrverbotes gegen den Bw fraglos gerechtfertigt.

 

4.1.3. Weiters ist bei der Klärung der Zulässigkeit der Erlassung eines Rückkehrverbots dem Grunde nach auf die von Art. 8 EMRK geschützten Interessen des Bw sowie § 61 FPG Bedacht zu nehmen.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung der Rechte gemäß Abs. 1 (nur) statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 1 FPG ist, sofern durch eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben eines Fremden eingegriffen wird, die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. § 54 Abs. 2 letzter Satz FPG erweitet den Anwendungsbereich explizit auch für – von § 61 leg cit an sich nicht erfasste – Rückkehrverbote.

 

§ 61 Abs. 2 FPG zufolge sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

1.      die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der        bisherige Aufenthalt des Fremden rechtmäßig war;

2.      das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3.      die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4.      der Grad der Integration;

5.      die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden;

6.      die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7.      Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des      Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8.      die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem   Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren   Aufenthaltstatus bewusst waren;

9.      die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes in den Behörden       zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Gemäß § 61 Abs. 3 FPG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung oder einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung schon allein aufgrund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.

 

4.2.1. Im Sinne der zitierten Normen ist eine Interessensabwägung – basierend auf einer einzelfallbezogenen Gesamtbetrachtung – vorzunehmen.

 

Vorweg ist festzuhalten, dass es nach der ständigen Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts grundsätzlich zulässig und erforderlich ist, Maßnahmen zu ergreifen, um den unrechtmäßigen Aufenthalt einer Person zu beenden, da ein solcher rechtswidriger Status fraglos dazu geeignet ist, die öffentliche Ordnung eines Staates massiv zu beeinträchtigen. Daraus folgt, dass das diesbezügliche öffentliche Interesse hoch anzusetzen ist und die Verbringung einer Person außer Landes grundsätzlich ein nicht inadäquates Mittel darstellt, um einen rechtskonformen Zustand wiederherzustellen. Dies gilt jedoch nur insofern, als die privaten bzw familiären Interessen im jeweils konkreten Einzelfall nicht als höherrangig anzusehen sind.

 

4.2.2. Es ist der belangten Behörde folgend festzustellen, dass eine Subsumtion des gegenständlichen Sachverhalts unter die Tatbestandselemente des § 61 Abs. 2 FPG nicht zu einem unzulässigen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Bw führt.

 

4.2.3.1. Hinsichtlich der Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und der Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtmäßig war, ist festzuhalten, dass der Bw am 13. Juni 2011 illegal in das Bundesgebiet eingereist ist. Die Aufenthaltsdauer des Bw in Österreich beträgt daher insgesamt etwa über ein Jahr. Legitimiert wird der Aufenthalt des Bw lediglich durch die Stellung eines Asylantrags, weshalb sich der Bw seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein muss.

 

4.2.3.2. Weiters hat das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens in die Beurteilung einzufließen.

 

Der Aufenthaltsort der Eltern und der Schwester des Bw ist nach eigenen Angaben unbekannt. Seit den Wirren in Libyen besteht kein Kontakt mehr. Familiäre Bande des Bw in Österreich sind nicht gegeben.

 

Von einem tatsächlich bestehenden Familienleben in Österreich kann daher nicht ausgegangen werden.

 

4.2.3.3. Einen wesentlichen Punkt bei der vorzunehmenden Rechtsgüterabwägung stellt die Schutzwürdigkeit des Privatlebens dar. Wie sich unter anderem aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Dezember 2009, 2009/21/0348, ergibt, kann unter gewissen Umständen das Privatleben eines Bw alleine eine positive Gesamtbeurteilung nach sich ziehen. Dem Höchstgericht zufolge hat der dem § 61 Abs. 2 FPG (neu) vergleichbare § 66 Abs. 2 FPG (alt) schon vor dem Hintergrund der gebotenen Gesamtbetrachtung nicht zur Konsequenz, dass der während eines unsicheren Aufenthaltsstatus erlangten Integration überhaupt kein Gewicht beizumessen wäre und ein solcherart begründetes privates bzw familiäres Interesse nie zur Unzulässigkeit einer Ausweisung führen könnte.

 

Im Sinne dieser Ausführungen geht der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass ab einer Aufenthaltsdauer von etwa 10 Jahren das persönliche Interesse eines Fremden am Verbleib im Bundesgebiet ein derart großes Gewicht erlangt, dass eine Ausweisung gemäß § 66 Abs. 1 FPG – auch bei einem Eingriff nur in das Privatleben – unverhältnismäßig erscheint (vgl etwa VwGH 20.1.2011, 2010/22/0158).

 

Im konkreten Fall ist der Bw seit etwa mehr als einem Jahr in der Republik Österreich aufhältig. Erkennbare Integrationsmerkmale sind nicht gegeben. Eine allenfalls geringfügig vorliegende Integration wird aufgrund der begangenen strafbaren Handlungen, bei welcher der Bw die Bevölkerung des erhofften künftigen Heimatstaates an der Gesundheit gefährdete, nicht schlagend.

 

4.2.3.4. Festzustellen ist weiters, dass der heute 20-jährige Bw den überwiegenden Teil seines Lebens, in seinem Herkunftsstaat bzw. in Nachbarstaaten verbracht hat und die dortige Sprache beherrscht.

 

4.2.3.5. Unstrittig ist eine strafgerichtliche Unbescholtenheit aufgrund der in Punkt 1. dargestellten rechtskräftigen Verurteilungen nicht gegeben.

 

4.2.3.6. Ein Verstoß des Bw gegen die öffentliche Ordnung kam im Verfahren nicht hervor.

 

4.2.3.7. Zur Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltstatus bewusst waren, erübrigen sich vor dem Hintergrund obiger Punkte weitere Ausführungen.

 

4.2.3.8. Letztlich ist nicht ersichtlich, dass die kurze Dauer des bisherigen Aufenthaltes in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet wäre.

 

4.2.3.9. Vor dem Hintergrund der in den Punkten 4.2.3.1. bis 4.3.3.8. getroffenen Feststellungen ist zusammenfassend hinsichtlich des Eingriffs in den geschützten Bereich des Privat- und Familienlebens des Bw festzuhalten, dass sich eine Eingriffsunzulässigkeit dem Grunde nach nicht ergibt.

 

Wesentlich für eine Gesamtabwägung zulasten des Bw ist, dass er durch die von ihm getätigten strafrechtlichen Vergehen eine hohe kriminelle Energie bewiesen hat.

 

Insgesamt ist also der belangten Behörde zu folgen, dass den öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK im konkreten Einzelfall eindeutig der Vorrang vor den privaten Interessen des Bw gegeben werden muss. Die Erlassung eines Rückkehrverbots ist daher dem Grunde nach zulässig und der Bw kann sich nicht durchschlagend auf den Schutz seines Privat- und Familienlebens berufen.

 

4.3.1. Abschließend gilt es nunmehr, die Dauer des zu erlassenden Rückkehrverbotes zu prüfen.

 

Gemäß § 54 Abs. 3 FPG ist ein Rückkehrverbot in den Fällen des § 53 Abs. 2 Z 1, 2, 4, 5, 7 bis 9 für die Dauer von für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für 5 Jahren, in den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 1 bis 4 für höchstens 10 Jahre und in den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen. Die Frist beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Fremden.

 

4.3.2. Der dem Drittstaat Sierra Leone angehörige Bw wurde mit Urteilen des LG für Strafsachen Wien in einem Verfahren zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 8 Monaten rechtskräftig verurteilt. Es erweist sich für die weitere rechtliche Beurteilung daher – wie oben bereits dargelegt – § 53 Abs. 3 Z 1 FPG 2005 als einschlägig. Vor diesem Hintergrund beträgt die maximale Dauer des zu erlassenden Rückkehrverbots 10 Jahre.

 

Bei der konkreten Bemessung der Dauer des über den Bw zu erlassenden Rückkehrverbotes im genannten Zeitrahmen ist wiederum das bisherige Verhalten des Bw miteinzubeziehen und zu berücksichtigen, ob dessen Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

 

4.3.3. Die Verhinderung von Straftaten gegen die höchsten Güter unserer Gesellschaft – in concreto erfolgte durch den Bw ein Eingriff in die körperliche Integrität und das Eigentum fremder Personen – zählt unbestritten zum Grundinteresse der Gesellschaft, auf dem die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit basiert.

 

4.3.4. Es zeugt fraglos von erheblicher krimineller Energie, (insbesondere) in einem fremden Staat, von welchem man sich Schutz vor Verfolgung, Aufnahme und Integration erhofft, bereits kurz nach der Einreise wiederholt gegen das SMG zu verstoßen. Damit zeigt der Bw auf, dass er weit von den Werten der hiesigen Gesellschaft entfernt ist, und es eines längeren Zeitraumes bedarf, bis von einer Gefahr durch den Bw nicht mehr ausgegangen werden kann.

 

4.3.5. Der Oö. Verwaltungssenat folgt daher der Ansicht der belangten Behörde, dass das Verhalten des Bw auch zum jetzigen bzw zukünftigen Zeitpunkt eine schwerwiegende Gefährdung des Grundinteresses der Gesellschaft an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit sowie der Verhinderung von Straftaten bildet.

 

4.3.6. Der belangten Behörde kann jedoch nicht beigetreten werden, wenn diese zur Auffassung gelangt, dass das Gefährdungspotential des Bw ein Rückkehrverbot für die Dauer von 8 Jahren rechtfertigt. Nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenats des Landes Oberösterreich ist bei der Bemessung der Rückkehrverbotsdauer das Alter des Bw im Tatzeitpunkt positiv zu berücksichtigen. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist daher der Auffassung, dass im konkreten Fall das Rückkehrverbot auf die Dauer von 5 Jahren befristet werden kann.

 

4.4. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt unterschrieben werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Eingabegebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

 

 

Instruction on the right to appeal

No legal remedies are permitted against this decision.

 

Information

Within 6 weeks after delivery a complaint can be lodged against this decision with the Constitutional Court and/or with the Administrative Court; except from legal exceptions, it must be lodged by an authorized attorney. Paying 220 Euros as an appeal fee is required for each complaint to be lodged.

 

 

 

Mag. Christian Stierschneider

 

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