Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730625/3/BP/MZ/WU

Linz, 16.07.2012

 

B e s c h l u s s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des X, geb. am X, StA von Georgien, gesetzlich vertreten durch X und X, diese vertreten durch RA X, gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 19. April 2012, AZ: 1072986/FRB, betreffend die Erlassung einer Rückkehrentscheidung sowie eines Einreiseverbots in der Dauer von 18 Monaten nach dem Fremdenpolizeigesetz, zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird als unzulässig zurückgewiesen.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 9 iVm 66 Abs. 4 iVm § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

 

apelacia acilebul iqnes dauSveblobis gamo.

 

samarTlebrivi safuZveli:

§§ 9 iVm 66 Abs. 4 iVm § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 19. April 2012, AZ: 1072986/FRB, wurde gegen den am X geborenen Berufungswerber (im Folgenden: Bw) auf Basis der §§ 52 Abs. 1 in Verbindung mit 53 Abs. 1 und 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, in der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung, eine Rückkehrentscheidung und ein auf 18 Monate befristetes Einreiseverbot für den gesamten Schengenraum ausgesprochen sowie gemäß § 55 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise von einem Monat ab Durchsetzbarkeit des Bescheides festgelegt.

 

Die Zustellverfügung des Bescheides lautet wie folgt:

 

"Herrn

X

X geb., georg. Sta.

 

z.Hd. Herrn Rechtsanwalt

X

X

X"

 

1.2. Gegen diesen Bescheid erhob der Bw mit Schreiben vom 6. Mai 2012 das Rechtsmittel der Berufung.

 

Nach Darlegung diverser Gründe bezüglich die Rechtswidrigkeit des in Rede stehenden Bescheides beantragt der Bw, der Berufung Folge zu geben und den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 19.4.2012 aufzuheben.

 

2.1. Die belangte Behörde legte den in Rede stehenden Verwaltungsakt mit Schreiben vom 10. Mai 2012 dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor.

 

2.2.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt.

 

2.2.2. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil die Berufung zurückzuweisen ist (§ 67d Abs. 2 Z 1 AVG).

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter Punkt 1. dieses Erkenntnisses dargestellten, unbestrittenen Sachverhalt aus.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Das Ausmaß der Teilnahme einer Person an einem Verwaltungsverfahren ist (unter anderem) abhängig von ihrer Fähigkeit, Träger von prozessualen Rechten und Pflichten zu sein (= Parteifähigkeit), sowie von ihrer Fähigkeit, durch eigenes Handeln oder durch Handeln eines gewillkürten Vertreters (vgl. § 10 AVG) rechtswirksame Verfahrenshandlungen vor- oder entgegenzunehmen (= Prozessfähigkeit).

 

§ 9 AVG nimmt auf die Partei- und auf die Prozessfähigkeit Bezug und bezeichnet diese als "persönliche Rechts- und Handlungsfähigkeit" (vgl. VwGH 24. 11. 2001, 2001/17/0082). § 9 AVG enthält aber keine eigenständige Definition der prozessualen Rechts- und Handlungsfähigkeit (vgl. VwGH 16. 9. 1965, 1126/65), sondern knüpft an die materiellrechtliche Rechts- und Handlungsfähigkeit an, sodass der Grundsatz gilt, dass die Rechtsfähigkeit die Parteifähigkeit und die Handlungsfähigkeit die Prozessfähigkeit begründet (VwGH 20. 2. 2001, 2001/18/0006).

 

Die (Vor-)Frage, ob eine Partei selbst oder durch einen von ihr bestellten Vertreter wirksame Verfahrensakte setzen kann, ist, wenn der Materiengesetzgeber keine Regelungen trifft, subsidiär gemäß den zivilrechtlichen Regeln über die Geschäftsfähigkeit zu beurteilen.

 

Die Geschäftsfähigkeit eines Menschen bestimmt sich primär nach seinem Alter, da die geistige Reife typischer Weise davon abhängt. Mit der Volljährigkeit (= Vollendung des 18. Lebensjahres) erreicht der geistig gesunde österreichische Staatsbürger die volle Geschäftsfähigkeit und ist daher jedenfalls auch prozessfähig.

 

Minderjährige, das sind gem § 21 Abs 2 ABGB Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, stehen gemäß Abs 1 leg cit unter dem besonderen Schutz der Gesetze (vgl. VwGH 23. 5. 1999, 98/06/0141) und können daher ohne ausdrückliche oder stillschweigende Einwilligung des gesetzlichen Vertreters rechtsgeschäftlich weder verfügen noch sich verpflichten, sind also grundsätzlich geschäfts- und damit prozessunfähig (§ 151 Abs 1 ABGB).

 

Prozessunfähige können rechtswirksam nur durch ihren gesetzlichen Vertreter handeln. Das bedeutet, dass – jeweils mit Wirkung für die Partei – Anträge entweder vom gesetzlichen Vertreter einzubringen oder zu genehmigen sind und die Behörde Verfahrenshandlungen rechtswirksam nur gegenüber dem gesetzlichen Vertreter setzen kann.

 

Mangelt es dem Adressaten einer Verfahrenshandlung in Bezug auf den Verfahrensgegenstand an der Rechts- und damit an der Parteifähigkeit, so geht die Verfahrenshandlung insofern ins Leere, als sie diesem Adressaten gegenüber keinerlei Rechtswirkungen entfaltet (VwGH 14. 12. 1987, 87/12/0149; 10.3.1992, 92/07/0047; 23. 5. 2002, 2001/05/1170). Handelt es sich um ein Einparteienverfahren (vgl. VwGH 21. 6. 1994, 94/07/0064; 30.1.2002, 97/08/0444) oder betrifft der Mangel alle Adressaten, so ist ein solcher "Bescheid" absolut nichtig (vgl. VwGH 20. 12. 2001, 98/08/0405).

 

Das Gleiche gilt sinngemäß auch für den Fall, dass Verfahrenshandlungen von einem oder gegen einen Prozessunfähigen selbst gesetzt werden. Daher wird auch ein Bescheid, der nicht gegenüber dem gesetzlichen Vertreter, sondern gegenüber dem insoweit nicht Handlungsfähigen erlassen wird, der Partei gegenüber von vornherein nicht wirksam (vgl. VwSlg 10.762 A/1982; VwGH 23. 5. 1999, 98/06/0141; 20. 2. 2002, 2001/08/0192; VfSlg 9714/1983). Im Einparteienverfahren kommt daher ein Bescheid überhaupt nicht zustande (vgl. VwGH 25. 3. 1999, 96/20/0487).

 

3.2. Im Fremdenpolizeigesetz finden sich zwar in § 12 verschiedene Sonderbestimmungen für Minderjährige. Jedoch treffen diese keine Aussage hinsichtlich der Prozessfähigkeit von Minderjährigen, weshalb subsidiär die Vorschriften des Zivilrechts zur Anwendung gelangen.

 

Im gegenständlichen Fall steht daher völlig außer Frage, dass der am 29. Dezember 2011 geborene Bw zwar rechtsfähig, aber noch nicht prozessfähig ist.

 

3.3. Wie in Punkt 1 dargestellt, lautet die Zustellverfügung des in Rede stehenden Bescheides wie folgt:

 

"Herrn

X

X geb., georg. Sta.

 

z.Hd. Herrn Rechtsanwalt

X

X

X"

 

Da der Bw selbst aufgrund seines Alters von nicht ganz sieben Monaten selbst nicht prozessfähig ist, hätte die belangte Behörde den in Rede stehenden Bescheid an den / die gesetzlichen Vertreter des Bw adressieren müssen. Zwar erfolgte die Zustellung zu Handen des rechtsfreundlichen Vertreters. Dies kann aber nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass der Bw primär gesetzlich vertreten wird. Der angefochtene Bescheid wurde daher im Sinne der oben zitierten verwaltungsgerichtlichen Judikatur gegenüber dem Bw von vornherein nicht wirksam bzw. ist mit absoluter Nichtigkeit belastet.

 

Eine Berufung gegen einen (noch) nicht dem Rechtsbestand angehörigen Bescheid ist jedoch unzulässig.

3.4. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.

 

gadawyvetilebis gasaCivrebis kanoniT dadgenili wesebi:

 

aRniSnuli gadawyvetilebis winaaRmdeg zogadad dadgenili wesiT sarCelis Setana dauSvebelia.

 

miTiTeba:

gadawyvetilebis winaaRmdeg SesaZlebelia misi miRebidan eqvsi kviris vadaSi uzenaes administraciul sasamarTloSi iqnas Setanili saCivari. kanoniT dadgenili gamonaklisebis garda, saCivari Seaqvs uflebamosil advokats. saCivris  Setanisas gadasaxdelia mosakrebeli  220 evros odenobiT.

Bernhard Pree

 

Beschlagwortung:

Zurückweisung; gesetzlicher Vertreter; § 9 AVG

 

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