Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281401/13/Kl/BRE

Linz, 30.08.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn X, X, X, vertreten durch Rechtsanwalt X, X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 9. März 2012, Ge96-5-1-2012, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 21. Juni 2012 zu Recht erkannt:

I.                 Der Berufung wird hinsichtlich der Schuld keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass in der verletzten Rechtsvorschrift im Sinn des § 44a Z2 VStG die Arbeitsmittelverordnung mit "BGBl II Nr. 164/2000 idF. BGBl II Nr. 21/2010" zu zitieren ist.

Hinsichtlich der Strafe wird der Berufung insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 400 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 20 Stunden herabgesetzt wird und die Verwaltungsstrafnorm im Sinn des § 44a Z3 VStG zu lauten hat "§ 130 Abs. 1 Einleitung ASchG".

II.             Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 40 Euro, das sind 10 % der verhängten Geldstrafe. Zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

Zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 5, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991/VStG.

zu II: §§ 64 und 65 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 9. März 2012, Ge96-5-1-2012, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 800 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 37 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 21 Abs. 1 letzter Satz AM-VO iVm. § 130 Abs. 1 Z16 ASchG verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer und verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher und somit als das gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung der X mit dem Sitz in X, nach außen berufene Organ, die im Standort X, X, das Handelsgewerbe besetzt, zu verantworten, dass am 12.10.2011 in der Arbeitsstätte in X, X, die Arbeitnehmerin X, geb. X damit beschäftigt wurde, einen Kaminofen mit dem Elektro-Niederhubwagen, Marke: "Jungheinrich", Type: "EJC 12G-115-290 ZT", von der Ladefläche des Lkws, Kz.: X, abzuladen.

Während X den Niederhubwagen bediente und das Hubgerüst senkte, wollte der Lenker des Lkws, Herr X, geb. X (beschäftigt bei der X, X, X), auf einer Gabelzinke stehend den Kaminofen, welcher auf Grund seiner Breite nur auf einer Gabelzinke stand, fixieren.

Das Arbeitsmittel, welches zum Heben von Lasten bestimmt ist, verfügte über keine gesicherte Einrichtung zur Personenbeförderung, wie zB. einen geprüften Arbeitskorb.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das Abladen vom LKW im Aufgabenbereich der Lieferfirma liege. Der vorhandene Elektrostapler sei zum Abladen für diese Art von Ladegut nicht geeignet. Der zuständige Lagermitarbeiter sei zum Anlieferungszeitpunkt nicht anwesend gewesen. Es sei Frau X vom Büro zur Entgegennahme der Ware geholt worden. Ihr Aufgabenbereich umfasse Buchhaltung und das Rechnungswesen. Lediglich auf Ersuchen des LKW Lenkers habe Frau X am Stapler den Knopf zum Herunterlassen bedient. Lagerarbeiten lägen nicht in ihrem Aufgabenbereich. Es sei daher der objektive Tatbestand nicht erfüllt. Auch liege kein Verschulden vor. Herr X sei Sicherheitsbeauftragter im Unternehmen und führe regelmäßig Einweisungen und Kontrollen durch. Es werde ein Umwelt- und Qualitätsmanagementsystem nach ISO 9001 und ISO 14001 aufgebaut. Angemessene Kontrolltätigkeit sei im Unternehmen selbstverständlich. Allerdings sei eine Kontrolltätigkeit nicht angemessen für Tätigkeiten von Arbeitnehmern, die absolut nicht in ihren Arbeitsbereich fallen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach als belangte Behörde hat die Berufung samt den bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 21. Juni 2012, zu welcher die Verfahrensparteien geladen wurden und erschienen sind. Weiters hat der Rechtsvertreter des Berufungswerbers teilgenommen. Schließlich wurden die Zeugen X und X geladen und einvernommen. Der ebenfalls geladene Arbeitsinspektor X hat sich entschuldigt. Von einer Einvernahme wurde abgesehen, zumal unmittelbare Wahrnehmungen zum Tathergang nicht gemacht wurden, sondern lediglich die Unfallsaufnahme durch den Arbeitsinspektor erfolgte.

 

4.1. Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:

Der Berufungswerber ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der X mit dem Sitz in X. Weiterer handelsrechtlicher Geschäftsführer ist X. Beide Geschäftsführer sowie Frau X sind Gesellschafter. Das Unternehmen besitzt u.a. eine Gewerbeberechtigung für das freie Handelsgewerbe gemäß § 124 Z11 GewO 1994 und ist der Berufungswerber als gewerberechtlicher Geschäftsführer eingetragen.

Im Rahmen des Handelsgewerbes wird mit Öfen gehandelt. Auch wird ein Rauchfangkehrerbetrieb geführt. 8 Mitarbeiter sind Rauchfangkehrer. Im Betrieb befindet sich daher im Erdgeschoß ein Schauraum für Öfen. Darüber liegend ist das Büro. Weiters gibt es ein Lager.

Das Unternehmen ist ein Kleinbetrieb mit insgesamt 18 Mitarbeitern. Die beiden Geschäftsführer haben je 6 Mitarbeiter im Außendienst. 6 Mitarbeiter sind im Büro beschäftigt, darunter die Gattin des Berufungswerbers, Frau X. Ihr Aufgabenbereich ist Buchhaltung und Rechnungswesen sowie beratende Tätigkeit im Schauraum und Betreuung des Verkaufs. Mit der Warenannahme ist sie nur ausnahmsweise befasst, wenn sonst niemand im Büro anwesend ist. Dabei geht es nur darum, die Ware zu übernehmen und die Übernahme auf dem Lieferschein durch Unterschrift zu bestätigen. Dabei wird nur darauf geachtet, ob äußerlich optisch eine Beschädigung sichtbar ist. Die Ware selbst wird dann vom Berufungswerber ausgepackt und kontrolliert. Für die Warenannahme sind in der Regel Frau X und Herr X als Büromitarbeiter zuständig. Die Waren werden vom Zulieferer angeliefert und auch abgeladen. Die LKWs haben auch die entsprechenden Hebebühnen und Geräte mit. Dies ist auch mit der Spedition X so vereinbart. Der im Unternehmen befindliche Elektro-Niederhubwagen ist ein kleiner Stapler, mit dem man die Palette hochhebt und ins Regal im Lager transportiert. Er ist für einen Personentransport nicht geeignet und nicht vorgesehen. Der Niederhubwagen wird lediglich vom Berufungswerber, mehrheitlich aber vom weiteren Gesellschafter X verwendet. Andere Mitarbeiter verwenden ihn nicht. Auch gibt es keine Lagermitarbeiter. Im Lager befinden sich lediglich die genannten beiden Geschäftsführer. Eine ausdrückliche Anweisung, dass zB. Büromitarbeiter nicht im Lager arbeiten dürfen, gibt es nicht. Grundsätzlich wissen aber alle Mitarbeiter, dass sie in anderen Bereichen als den ihnen zugewiesenen nicht tätig werden dürfen. Die Mitarbeiter bekommen auch jährliche Schulungen bezogen auf ihren Arbeitsplatz, diese Schulungen beinhalten auch Sicherheitsanweisungen. Auch bekommen die Mitarbeiter für jede Baustelle eigene Arbeitsblätter vor Arbeitsbeginn. Der Betrieb wird ständig von den beiden Geschäftsführern kontrolliert, sowohl im Unternehmen als auch auf den Baustellen. Auf den Baustellen arbeitet der Berufungswerber auch laufend mit. Da es sich um einen Kleinbetrieb handelt, hat der Berufungswerber auch ständig den Überblick über seinen Betrieb. Monatlich werden auch die Werkzeuge und das Montageauto kontrolliert. Für Be- und Entladung der Waren ist hingegen nur der Zulieferer verantwortlich und ist dies auch in den Lieferverträgen festgehalten. Sowohl Frau X als auch die Mitarbeiter X und X wissen, dass die Zulieferer mit eigenen Geräten die Entladung der LKW durchführen müssen und sie selber diese Entladetätigkeit nicht durchführen dürfen. Es gab auch eine eigene Einschulung für diese Mitarbeiter weil sie nach Abladen bzw. Antransport die Waren auf offensichtliche äußerliche Beschädigungen kontrollieren müssen.

Weil zum Tatzeitpunkt am 12.10.2011 kein für die Warenannahme zuständiger Mitarbeiter anwesend war und auch im Moment der Zulieferung der Berufungswerber im Unternehmen nicht anwesend war – er kam gerade zurück und ging in das Büro - wurde Frau X geholt um die Warenannahme zu bestätigen. Der LKW Lenker X hat auf seinem LKW der Firma X einen Ofen angeliefert und besitzt der LKW auch eine Hebebühne zum Abladen. Weil es sich nur um einen kleinen Ofen gehandelt hat (zirka 80 kg), hat er den Niederhubwagen im Unternehmen gesehen und zum Abladen als besser geeignet befunden. Weil der Ofen gewackelt hat, hat er Frau X gebeten, den Hubwagen abzusenken und ihr in diesem Zuge erklärt, auf welchen Knopf sie drücken müsse. Er ist auf den Zinken gestiegen und hat mit der linken Hand den Ofen gehalten, mit der rechten sich selber auf einer Querstange festgehalten. Über Zuruf hat dann Frau X den Knopf gedrückt. Diese hat nicht weiters auf den Lenker geachtet sondern auf das Drücken des Knopfes. Erst über Zuruf hat sie dann den Knopf losgelassen und den Knopf für das Hinaufbewegen betätigt. Beim Absenken der Gabeln wurden die Finger der rechten Hand des LKW-Lenkers gequetscht. Der LKW-Lenker war schon öfters mit Zulieferung zum Unternehmen des Berufungswerbers beschäftigt. Er weiß auch von der Abmachung von der Firma X, dass die Ware vom Fahrer abgeladen wird. Auch weiß er keinen Fall, dass ein Mitarbeiter der Firma X beim Abladen mithilft. Die Abladung macht immer der LKW-Fahrer. Auch er hat zum Tatzeitpunkt das erste Mal den Hubwagen von der Firma X verwendet.

Jeder Mitarbeiter der Firma X hat seinen Tätigkeitsbereich und Aufgabenbereich im Dienstvertrag zugewiesen. Jeder wird vom Berufungswerber kontrolliert. Werden Anweisungen nicht ausgeführt, gibt es Verwarnungen. Im Extremfall müssen die Mitarbeiter mit Entlassung rechnen. Dies ist im Unternehmen noch nicht vorgekommen. Verwarnungen hat es bereits im Betrieb gegeben.

 

4.2. Dieser Sachverhalt wird im Grunde der übereinstimmenden Aussagen der einvernommenen Zeugen sowie auch der Ausführungen des Berufungswerbers als erwiesen betrachtet. Es besteht kein Zweifel an der Richtigkeit und Glaubwürdigkeit der Zeugenaussagen. Es kann daher der erwiesene und festgestellte Sachverhalt der Entscheidung zu Grunde gelegt werden.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 21 Abs. 1 Arbeitsmittelverordnung AM-VO, BGBl.Nr. II Nr. 164/2000 idF. BGBl. II Nr. 21/2010, dürfen für das Heben von ArbeitnehmerInnen nur dafür geeignete Arbeitsmittel benutzt werden. Auf Arbeitsmittel, die zum Heben von Lasten bestimmt sind, dürfen ArbeitnehmerInnen nur befördert werden, wenn sie über gesicherte Einrichtungen zur Personenbeförderung verfügen, insbesondere Arbeitskörbe.

 

Gemäß § 130 Abs. 1 Z16 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von Euro 145 bis 7.260, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von Euro 290 bis 14.530 zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen die Verpflichtungen betreffend die Beschaffenheit, die Aufstellung, die Benutzung, die Prüfung oder die Wartung von Arbeitsmitteln verletzt.

 

Gemäß § 2 Abs. 1 AM-VO sind Arbeitsmittel im Sinn dieser Verordnung alle Maschinen, Apparate, Werkzeuge, Geräte und Anlagen, die zur Benutzung durch ArbeitnehmerInnen vorgesehen sind. Zu den Arbeitsmitteln gehören insbesondere auch Beförderungsmittel zur Beförderung von Personen oder Gütern.

Gemäß § 2 Abs. 2 AM-VO umfasst Benutzung im Sinn dieser Verordnung alle ein Arbeitsmittel betreffende Tätigkeiten wie In- und Außerbetriebnahme, Gebrauch usw.

 

5.2. Im Grunde des erwiesen festgestellten Sachverhaltes wurde der Elektro-Niederhubwagen als Arbeitsmittel verwendet und durch Inbetriebnahme im Sinn des § 2 Abs. 2 AM-VO benutzt. Dieser Niedrighubwagen ist allerdings nur zum Heben von Lasten bestimmt und geeignet und hat keine besonderen Einrichtungen zur Personenbeförderung. Der Niedrighubwagen wurde durch eine Arbeitnehmerin des Unternehmens, dessen handelsrechtlicher Geschäftsführer der Berufungswerber ist, in Betrieb gesetzt und daher verwendet. Es war daher der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung gemäß § 21 Abs. 1 AM-VO iVm. § 130 Abs. 1 Z16 ASchG erfüllt.

Als handelsrechtlicher Geschäftsführer hat der Berufungswerber die Tat gemäß § 9 Abs. 1 VStG verwaltungsstrafrechtlich zu vertreten.

Dem Vorbringen des Berufungswerbers, dass mit dem Zulieferer vereinbart ist, dass die Abladung durch die Spedition bzw. den Lenker der Spedition durchgeführt wird und auch entsprechende Vorrichtungen auf dem LKW vorhanden sind, sowie auch dass Mitarbeiter der Firma X keine Abladetätigkeiten durchführen, weil dies nicht zu ihren Aufgabenbereichen zählt, kann im Rahmen des objektiven Tatbestandes nicht Rechnung getragen werden. Vielmehr ist dies im Rahmen des Verschuldens zu prüfen. Insbesondere führt auch das Vorbringen des Berufungswerbers, dass der LKW-Lenker X den Elektro-Niedrighubwagen benützt hat nicht zum Erfolg, da Frau X -wohl auf Ersuchen des Lenkers – durch Drücken des Knopfes den Hubwagen betätigt hat. Auch die Inbetriebnahme stellt eine Verwendung bzw. Benutzung des Arbeitsmittels dar. Frau X ist aber zweifelsfrei eine Arbeitnehmerin der Firma X.

 

5.3. Der Berufungswerber macht mangelndes Verschulden geltend, weil jeder Arbeitnehmer einen genau definierten Aufgabenbereicht hat, und gehalten ist, diesen Aufgabenbereich einzuhalten. Jeder Mitarbeiter weiß, dass er in anderen Aufgabenbereichen nicht tätig sein darf. Auch werden entsprechend dem Aufgabenbereich jedes Jahr Sicherheitsschulungen durchgeführt. Der Berufungswerber sowie der weitere Geschäftsführer kontrolliert laufend seine Mitarbeiter sowohl im Betrieb als auch auf den Baustellen. Bei Verstößen gibt es Verwarnungen, letztlich muss ein Arbeitnehmer bei weiteren Verstößen mit Entlassung rechnen. Die Betätigung des Niedrighubwagens fällt nur in den Aufgabenbereich der beiden Geschäftsführer, nicht in den Aufgabenbereich eines sonstigen Mitarbeiters. Dies wissen alle Mitarbeiter.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinn der zitierten Bestimmung ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Bw kein Entlastungsnachweis erbracht wird. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismittel oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht aus.

Im Sinne der Arbeitnehmerschutzbestimmungen und der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Es wird zwar darauf Bedacht genommen, dass die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zulässt, dass sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt, es ist ihm vielmehr zuzubilligen, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Es ist der Unternehmer dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Der dem Berufungswerber nach § 5 Abs.1 VStG obliegende Entlastungsnachweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen wird. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (VwGH vom 18.9.1991, 90/19/0177, sowie vom 13.12.1990, 90/09/0141). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reichen die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer „Oberaufsicht“ nicht aus (VwGH 30.6.1994, 94/09/0049). Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. In diesem Sinne führt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20.12.2002, 99/02/0220, aus, dass der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, auf die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen nicht den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem genügt (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichteshofes vom 23.5.2006, 2005/02/0248). Insbesondere bemängelt der Verwaltungsgerichtshof, dass der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht hat, dass er etwa die Einhaltung der erteilten Aufträge und Weisungen während deren Ausführung überprüft hätte. „Gerade für den Fall, dass die Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen die Arbeitnehmerschutzvorschriften verstoßen, hat das entsprechende, vom Arbeitgeber eingerichtete Kontrollsystem Platz zu greifen. Im Beschwerdefall zeigt jedoch das eigenmächtige Verhalten des verunfallten Arbeitnehmers zum Tatzeitpunkt, dass kein wirksames Kontrollsystem im Sinn der hg. Judikatur vorhanden war“.

 

Im Sinn der aufgezeigten Judikatur reicht daher das Vorbringen des Berufungswerbers nicht aus, ihn von seinem Verschulden zu befreien. Nach der Judikatur ist es nicht ausreichend, dass der Aufgabenbereich genau definiert ist, dass diesbezügliche Unterweisungen und Schulungen durchgeführt werden, sondern es ist am Berufungswerber gelegen, auch die Einhaltung der Schulungen und Anweisungen durch die Mitarbeiter zu kontrollieren. Wie der Berufungswerber selbst ausführt, hat es eine ausdrückliche Anweisung dahingehend, dass Mitarbeiter in einem anderen Aufgabenbereich nicht tätig werden dürfen, insbesondere dass Büromitarbeiter nicht im Lager tätig werden dürfen und auch diesen Hubwagen nicht benutzen dürfen, nicht vom Berufungswerber gegeben. Nach der Judikatur ist aber insbesondere darauf Bedacht zu nehmen, dass Arbeitnehmer nicht aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften verstoßen. Wie der Verwaltungsgerichtshof im aufgezeigten Erkenntnis ausführt, zeigt "im Beschwerdefall das eigenmächtige Verhalten des verunfallten Arbeitnehmers zum Tatzeitpunkt, dass kein wirksames Kontrollsystem im Sinn der Judikatur vorhanden war". Wie nämlich der Berufungswerber ausführt, ist er zum Zeitpunkt der Entladung erst zum Unternehmen und zum Büro gekommen, hat den offenen LKW zwar wahr genommen, allerdings vermutet, dass die zuständigen Arbeitnehmer die Waren entgegen nehmen, hat daher den Abladevorgang und das Lager nicht kontrolliert, sondern ist erst durch Notrufe zum Unfallsort gekommen. Entgegen den Berufungsausführungen hält der Verwaltungsgerichtshof fest, dass ein entsprechendes Kontrollsystem aber auch für den Fall eigenmächtiger Handlungen von Arbeitnehmern gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften Platz zu greifen hat. Es kann daher kein Vertrauen darauf geben, dass die eingewiesenen, laufend geschulten und ordnungsgemäß ausgerüsteten Arbeitnehmer die Arbeitnehmerschutzvorschriften einhalten. (VwGH vom 23.3.2012, 2010/02/0263).

Es wurde daher vom Berufungswerber nicht dargelegt und unter Beweis gestellt, welche Maßnahmen konkret er getroffen hat, dass die Einhaltung der Aufgabenbereiche, Sicherheitsvorschriften und Anweisungen mit gutem Grund erwartet werden kann.

Wie der VwGH in ständiger Rechtsprechung darlegt, handelt es sich beim Übertreten im Sinn des § 130 Abs. 1 Z16 ASchG um ein Ungehorsamsdelikt, weil zum Tatbestand der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört. Im Fall eines Ungehorsamsdeliktes tritt nach der ständigen Rechtssprechung insofern eine Umkehrung der Beweislast ein, als die Behörde lediglich die Beweislast hinsichtlich der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes trifft, während es Sache des Täters ist, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Eine solche Glaubhaftmachung bedarf der Dartuung, dass der Beschuldigte trotz Entfaltung zumutbarer Maßnahmen nicht die Möglichkeit hatte, die angelastete Verwaltungsübertretung hintanzuhalten. (vgl. VwGH vom 5.8.2009, Zl. 2008/02/0036 mit weiteren Judikaturnachweisen). Dies wurde nicht erfüllt.

Der Berufungswerber stützt sich auf das Fehlen eines Verschuldens und begründet dies mit der Weisungswidrigkeit des Verhaltens der Mitarbeiterin. Dabei war aber zu berücksichtigen, dass einerseits eine konkrete ausdrückliche Anweisung des Berufungswerbers nicht bestanden hat, und dass zum Tatzeitpunkt eine Kontrolle der Mitarbeiterin und ihres vorschriftswidrigen Verhaltens nicht stattgefunden hat.

 

Es ist daher auch vom Verschulden auszugehen.

 

5.4. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Die belangte Behörde hat Unbescholtenheit als Strafmilderungsgrund gewertet. Es wurde bei der Strafbemessung darauf Bedacht genommen, dass der Schutzzweck der Norm im erheblichen Maß verletzt wurde und es auch zu nachteiligen Folgen gekommen ist. Zu den persönlichen Verhältnissen hat die belangte Behörde ein monatliches Einkommen von brutto 3.000 Euro und den Besitz eines Zweifamilienhauses zugrunde gelegt. Sorgepflichten waren nicht gegeben.

 

Zu Recht weist die belangte Behörde auf den Unrechtsgehalt der Tat hin, insbesondere auf die besondere Gefährdung durch die Verwendung eines nicht geeigneten Arbeitsmittels und auch die mangelnde Schulung hinsichtlich des Arbeitsmittels. Sie verweist darauf, dass auch durch die Missachtung der Schutzbestimmung es konkret zu einem Unfall und daher zu nachteiligen Folgen gekommen ist. Dies war im Sinn des § 19 Abs. 1 VStG zu berücksichtigen.

 

Zu den persönlichen Strafbemessungsgründen hat die belangte Behörde zu Recht auf die Unbescholtenheit Bedacht genommen. Sie hat auch die vom Berufungswerber angegebene persönliche Verhältnisse zugrunde gelegt. Der Berufungswerber hat keine geänderten Umstände im Berufungsverfahren bekannt gegeben und kamen auch solche nicht hervor.

Allerdings war zu berücksichtigen, dass der Berufungswerber schon langjährig in seinem Bereich tätig ist und es nie zu Beanstandungen und Vorkommnissen gekommen ist. Auch war der Tathergang außergewöhnlich, zumal alle vernommenen Personen angaben, dass dies das erste Mal war, dass ein LKW-Lenker ein Hilfsmittel des Unternehmens in Anspruch nahm und eine Mitarbeiterin des Unternehmens das Hubmittel betätigte. Auch war dies auf ausdrückliches Verlangen des LKW-Lenkers. Andererseits war aber zu berücksichtigen, dass im Verfahren glaubwürdig dargelegt wurde, dass es sich um ein sehr gut organisiertes überschaubares und geordnetes Unternehmen handelt und der Berufungswerber bemüht ist, sämtliche Vorschriften in seinem Betrieb umzusetzen und einzuhalten. Dies kommt auch durch die angestrengte Iso-Zertifizierung zum Ausdruck.

Im Grunde der erstmaligen Tatbegehung und der besonderen Umstände aber auch der besonderen Bemühungen durch den Berufungswerber gesetzliche Vorschriften genau zu beachten, sieht der erkennende Verwaltungssenat die Verhängung einer Geldstrafe von 400 Euro als ausreichend an. Diese Strafe ist geeignet den Berufungswerber von einer weiteren Tatbegehung abzuhalten. Sie ist auch noch ausreichend um generalpräventive Aspekte zu berücksichtigen.

Entsprechend war auch die Ersatzfreiheitsstrafe gemäß § 16 VStG herabzusetzen.

Da ein Überwiegen von Milderungsgründen – es liegt lediglich die Unbescholtenheit als Milderungsgrund vor – nicht festzustellen war, waren die Voraussetzungen für eine außerordentliche Milderung gemäß § 20 VStG nicht gegeben.

Ein Absehen von der Strafe gemäß § 21 VStG war nicht anzuwenden, zumal weder Geringfügigkeit des Verschuldens noch unbedeutende Folgen vorliegen. Vielmehr sind tatsächlich nachteilige Folgen eingetreten. Auch liegt Geringfügigkeit des Verschuldens nicht vor, weil das tatbildmäßige Verhalten des Beschuldigten nicht weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurück bleibt.

 

6. Entsprechend der herabgesetzten Geldstrafe war auch der Kostenbeitrag zum Verfahren vor der ersten Instanz auf 10 % der verhängten Strafe gemäß § 64 VStG herabzusetzen. Weil die Berufung teilweise Erfolg hatte, entfällt ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 65 VStG.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr. Ilse Klempt

 

 

 

 

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