Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281412/13/Kl/TK

Linz, 04.09.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn Ing. X, X, vertreten durch Rechtsanwältin Mag. X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 3. April 2012, Ge96-59-2011 wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 20. Juni 2012 zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen und  das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass in der verletzten Rechtsvorschrift die Arbeitsmittelverordnung "i.d.F. BGBl. II Nr. 21/2010" und die Verwaltungsstrafnorm im Sinn des § 44 a Z 3 VStG mit "§ 130 Abs. 1 Einleitung ASchG" zu zitieren ist.

 

II. Der Berufungswerber hat einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in der Höhe von 100 Euro, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 5, 9, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: § 64 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 3. April 2012, Ge96-59-2011, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 500 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 34 Abs. 2 Z 3 Arbeitsmittelverordnung iVm § 130 Abs. 1 Z 16 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz verhängt, weil er als verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer der X Gesellschaft m.b.H. (Elektrotechnikergewerbe im Standort X) zu verantworten hat, wie aus der Anzeige des Arbeitsinspektorates Linz vom 7. Oktober 2011 hervorgeht, dass am 27. September 2011 bei der Baustelle in X (vorm. X), Leergutsortierhalle der X, der Arbeitnehmer des Betriebes, Herr X, geb. am X beim Verteiler für die Zutrittskontrolle über eine Anlegeleiter von einer Zwischendecke aus ca. 3,6 Meter Höhe herabsteigen wollte, wobei diese Leiter nicht gegen Wegrutschen und Umfallen gesichert war, obwohl Leitern derart aufzustellen sind, dass sie gegen Wegrutschen und Umfallen gesichert sind. Die Leiter rutschte auf dem glatten Hallenboden weg, und es kam zu einem Arbeitsunfall.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Arbeitnehmer seit 10 Jahren im Unternehmen beschäftigt sei und eingehend mit den Sicherheitsmaßnahmen und –vorschriften vertraut sei. Es gebe jedes Jahr Sicherheitsbelehrungen und –unterweisungen an alle Arbeitnehmer des Unternehmens und erfolgt vor Beginn einer jeden Baustelle eine spezielle Sicherheitsunterweisung. Die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften werde vom jeweiligen Polier, in diesem Fall Herr X, welcher dem Beschuldigten rechenschafts- und berichtspflichtig ist, sowie vom Beschuldigten stichprobenartig selbst kontrolliert. Die verwendete Leiter sei zur beabsichtigten Tätigkeit jedenfalls geeignet und durch die verbreiteten Enden sowie vorhandenen Gummiabdeckungen hinreichend gegen Wegrutschen gesichert. Es treffe daher den Beschuldigten weder in objektiver noch in subjektiver Hinsicht ein Verschulden. Auch sei das vor dem Bezirksgericht Linz zu XXX t anhängig gewesene Strafverfahren eingestellt worden.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 20. Juni 2012, zu welcher die Verfahrensparteien geladen wurden und mit Ausnahme der belangten Behörde erschienen sind. Weiters wurden die Zeugen  AI Dipl.-Ing. X und X geladen und einvernommen. Der weiters geladene Zeuge X hat sich entschuldigt. Es stellte sich heraus, dass er in der Sache nicht involviert ist. Es gibt zum gleichen Namen eine weitere Person. Von einer weiteren Ladung und Einvernahme wurde jedoch Abstand genommen.

 

4.1. Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens steht als erwiesen fest:

 

Der Berufungswerber ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der X Gesellschaft m.b.H. mit Sitz in X. Die Baustelle "Leergutsortierhalle der X" in X ist seit Ende 2010 für das Unternehmen aktuell. Der Berufungswerber kommt regelmäßig zur Baustelle, etwa zweimal im Monat. Am 27.9.2011 war er nicht auf der Baustelle. Anlässlich der Baustellenbesuche kontrolliert er auch ob Sicherheitsbestimmungen der Arbeitnehmer eingehalten werden. Bei der Baustelle handelt es sich um einen Neu- und Umbau und um Sanierungsarbeiten. Das Unternehmen führt die Elektroinstallationen durch. Das Unternehmen hat ca. 80 Mitarbeiter. Jährlich zu Jahresbeginn werden im Unternehmen von der Sicherheitsfachkraft X Sicherheitsunterweisungen durchgeführt und die Durchführung von den Arbeitnehmern unterschriftlich bestätigt. An diesen hat auch der verunfallte Arbeitnehmer teilgenommen. Weiters werden vor Beginn einer Baustelle konkret für die Baustelle Unterweisungen durch den Polier bzw. Obermonteur durchgeführt, für die konkrete Baustelle durch Herrn X. Eine diesbezügliche Unterweisung hat der Arbeitnehmer am 9.2.2011 bestätigt. Alle genannten Unterweisungen beinhalten auch die Verwendung von Leitern. Der Obermonteur ist immer auf der Baustelle und dort für die Einteilung und Koordinierung der Baustelle zuständig. Er nimmt auch an den wöchentlichen Baustellenbesprechungen teil. An diesen nimmt auch der Projektsleiter teil, welcher auch nahezu jeden Tag auf die Baustelle kommt. Er ist aber jedenfalls in Verbindung mit dem Obermonteur.

Herr X ist Elektrofacharbeiter und seit 10 Jahren im Betrieb beschäftigt. Es wurden schon vor dem Tatzeitpunkt Kabel auf der Kabeltrasse gezogen und dabei ein Steiger benutzt. Es sollte nur mehr ein Kabel nachgezogen werden. Hiefür wurde dann die Anlegeleiter als Ausschubleiter der X verwendet, weil sich diese in der Halle befand. Es handelte sich um eine Aluleiter, die auf den Aufstellflächen einen leicht abgerundeten Kunststoffabschluss aufwies. Auch wies diese Anlegeleiter keine Möglichkeit zu einer oberen Befestigung an der Betondecke bzw. an der Ausstiegsstelle auf. Sie war nach unten konisch ausgeführt. Dies dient dazu, um ein seitliches Verrutschen bzw. Wegkippen der Leiter zu verhindern. Ein horizontales Rutschen auf dem Boden kann damit nicht verhindert werden. Am Unfallsort befand sich ein jüngst verlegter Industrieboden, nämlich ein versiegelter Betonboden mit einer relativ glatten Oberfläche. Während der Arbeitnehmer X die Leiter schon mehrmals bestiegen hat und die Leiter immer wieder weiter versetzt hat, war immer ein Kollege unten gestanden und hat die Leiter gehalten. Als der Arbeitnehmer zuletzt auf die Leiter hinaufgestiegen ist, ist kein Kollege unten zur Sicherung gestanden. Der Arbeitnehmer hat dann auch die Zwischenebene betreten. Als der Arbeitnehmer hinunter steigen wollte, ist die Leiter auf dem Boden horizontal weggerutscht, nämlich nach hinten und nach rechts. Der Arbeitnehmer ist ca. 3,5 m hoch abgestützt und hat sich verletzt.

Leitern, das Arbeiten in der Höhe, Absturzsicherungen usw. sind immer ein Thema von Unterweisungen, weil viel in der Höhe gearbeitet wird. Dem Arbeitnehmer X ist auch grundsätzlich bekannt, dass Leitern gegen Wegrutschen und Umkippen gesichert sein müssen. Für die konkrete Leiter und deren Aufstellung zum Verteiler gab es keine Belehrung auf der Baustelle. Insbesondere keine Anweisung im Zusammenhang mit dem versiegelten Boden. Da der Obermonteur und der Arbeitnehmer schon sehr lange zusammenarbeiten sind keine ständigen Ermahnungen und Belehrungen durch den Obermonteur erforderlich. Er kontrolliert die Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen und mahnt auch ein, wenn etwas nicht in Ordnung ist, z.B. wenn eine Sprosse bei einer Leiter fehlt. Dann nimmt er sie aus dem Verkehr.

 

Das Verfahren der Staatsanwaltschaft Linz wurde gemäß § 190 Z 2 stopp am 25.10.2011 eingestellt.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ist aufgrund der aufgenommenen Beweise, insbesondere der im Akt aufliegenden Fotos sowie der Aussagen der in der mündlichen Verhandlung einvernommenen Zeugen erwiesen. An der Glaubwürdigkeit der Zeugen besteht kein Zweifel. Im Übrigen decken sich die Aussagen auch mit den Aussagen des Berufungswerbers. Der Sachverhalt kann daher der Entscheidung zugrunde gelegt werden.

Eine Einvernahme der Sicherheitsfachkraft X sowie des Obermonteurs X war hingegen nicht mehr erforderlich, zumal bereits der Arbeitnehmer diesbezügliche ausführliche Aussagen getroffen hat. Es wurden auch das Kontrollsystem betreffende Aussagen des Berufungswerbers zugrunde gelegt, insbesondere auch die durch Unterschrift nachgewiesenen Unterweisungen. Darüber hinaus war die Sicherheitsfachkraft X zum Unfallszeitpunkt nicht anwesend. Zudem ersetzen die Betriebsbesichtigungen und Kontrollen der Sicherheitsfachkraft nicht ein vom Unternehmen im Rahmen der Unternehmenshierarchie einzurichtendes lückenloses Kontrollsystem.  

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 34 Abs. 2 Z 3 AM-VO sind Leitern derart aufzustellen, dass sie gegen Wegrutschen und Umfallen gesichert sind.

 

Gemäß § 130 Abs. 1 Z 16 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen die Verpflichtungen betreffend die Beschaffenheit, die Aufstellung, die Benutzung, die Prüfung oder die Wartung von Arbeitsmitteln verletzt.

 

Wie der festgestellte Sachverhalt eindeutig aufzeigt, war die verwendete Anlegeleiter nicht so aufgestellt, dass sie gegen Wegrutschen und Umfallen gesichert war. Wie vom einvernommenen Arbeitnehmer eindeutig angegeben wurde, war die Leiter zum Zeitpunkt des Unfalles, in dem er wieder die Leiter hinuntersteigen wollte, nicht gesichert, d.h. es ist niemand unten bei der Leiter gestanden um diese festzuhalten und zu sichern. Auch ist aus den Fotos ersichtlich, dass auch eine andere Sicherung, wie z.B. durch Paletten und dgl. nicht stattgefunden hat. Allein dies ist strafrechtlich relevanter Sachverhalt und erfüllt dieser Sachverhalt den objektiven Tatbestand gemäß § 34 Abs. 2 Z 3 AM-VO. Die Leiter wurde nämlich durch den genannten Arbeitnehmer ohne Wegrutschsicherung verwendet. Es ist daher der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung erfüllt.

Der Berufungswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer der X Gesellschaft m.b.H. hat die Verwaltungsübertretung gemäß § 9 Abs. 1 VStG verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten.

 

Was hingegen das Vorbringen des Berufungswerbers hinsichtlich der Eignung der Leiter anlangt, so ist dem Berufungswerber entgegen zu halten, dass nicht die mangelnde Ausstattung der Leiter, d.h. dass sie nicht den Bestimmungen der AM-VO entspricht, Gegenstand des Tatvorwurfes ist. Vielmehr ist – wie das Arbeitsinspektorat ausführte – die verwendete Leiter bei Vorliegen der sonstigen gesetzlichen Anforderungen sehr wohl zur Verwendung geeignet. Allerdings wurde unter den sonstigen Bedingungen übersehen, dass die Leiter, da es sich um eine Anlegeleiter handelte, ein Befestigen am Zwischenpodest nicht möglich war und darüber hinaus der Industrieboden ein versiegelter Betonboden war, gegen ein Wegrutschen gesichert werden müsse. Dies wurde nicht beachtet und nicht erfüllt und ist vorwerfbarer Tatbestand. Im Übrigen wurde vom Berufungswerber zu keiner Zeit vorgebracht, dass eine Sicherung stattgefunden hätte.

 

5.2. Der Berufungswerber hat die Tat aber auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten. Sein Vorbringen hinsichtlich der jährlichen Schulungen und auch besonderen Unterweisung zu Beginn der Baustelle und Kontrolle durch Bauleiter und Obermonteur können eine Entlastung nicht bewirken.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinn der zitierten Bestimmung ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Bw kein Entlastungsnachweis erbracht wird. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismittel oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht aus.

Im Sinne der Arbeitnehmerschutzbestimmungen und der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Es wird zwar darauf Bedacht genommen, dass die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zulässt, dass sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt, es ist ihm vielmehr zuzubilligen, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Es ist der Unternehmer dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Der dem Berufungswerber nach § 5 Abs.1 VStG obliegende Entlastungsnachweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen wird. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (VwGH vom 18.9.1991, 90/19/0177, sowie vom 13.12.1990, 90/09/0141). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reichen die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer „Oberaufsicht“ nicht aus (VwGH 30.6.1994, 94/09/0049). Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. In diesem Sinne führt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20.12.2002, 99/02/0220, aus, dass der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, auf die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen nicht den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem genügt (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichteshofes vom 23.5.2006, 2005/02/0248). Insbesondere bemängelt der Verwaltungsgerichtshof, dass der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht hat, dass er etwa die Einhaltung der erteilten Aufträge und Weisungen während deren Ausführung überprüft hätte. „Gerade für den Fall, dass die Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen die Arbeitnehmerschutzvorschriften verstoßen, hat das entsprechende, vom Arbeitgeber eingerichtete Kontrollsystem Platz zu greifen. Im Beschwerdefall zeigt jedoch das eigenmächtige Verhalten des verunfallten Arbeitnehmers zum Tatzeitpunkt, dass kein wirksames Kontrollsystem im Sinn der hg. Judikatur vorhanden war“.

 

Im Sinne dieser Judikatur reicht daher das Vorbringen des Berufungswerbers nicht aus, ihn von seinem Verschulden zu befreien. Insbesondere reicht es nicht aus, dass zwar jährliche Unterweisungen, die auch das Verwenden von Leitern beinhalten, durchgeführt werden sowie auch dass zu Baustellenbeginn eine Einweisung stattfindet. Vielmehr ist im Sinn der aufgezeigten Judikatur auch die Einhaltung der Anweisungen zu kontrollieren. Im konkreten Fall wurde aber nicht einmal vom Berufungswerber behauptet und auch nicht unter Beweis gestellt, dass die konkrete Verwendung der Anlegeleiter sowie auch deren Absicherung gegen Umfallen und gegen Wegrutschen kontrolliert worden wäre. Vielmehr wird vom Arbeitnehmer angeführt und auch vom Berufungswerber nicht bestritten, dass die Leiter zum nachträglichen Einziehen eines Kabels schon längere Zeit verwendet wurde und dass hinsichtlich der Verwendung dieser Leiter zu den konkret durchzuführenden Arbeiten, nämlich das Ziehen eines Kabels zum Verteiler, es keine ausdrücklichen Anweisungen hinsichtlich der Leiter gegeben hätte. Vielmehr wird vom Arbeitnehmer angegeben, dass ständige Ermahnungen und Belehrungen durch den Obermonteur nicht erforderlich seien, weil sie schon sehr lange Zeit zusammenarbeiten. Es war daher eindeutig eine Kontrolle nicht gegeben. Auch gibt der Berufungswerber selbst an, dass er am Unfallstag nicht auf der Baustelle war. Er führt auch aus, dass er die Baustelle nur stichprobenartig, nämlich zweimal im Monat kontrolliert. Auch diese Ausführungen zeigen auf, dass ein lückenloses Kontrollnetz nicht vorgelegen ist, zumal hier nicht nachgewiesen ist, wie in der Hierarchie eine lückenlose Kontrolle des unterstellten Projektleiters und des Obermonteurs konkret stattfindet. Wie nämlich der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur ausführt, reicht es nicht aus, dass auf den einzelnen Baustellen Bauleiter mit der Überwachung und Einhaltung an Ort und Stelle verantwortlich sind. Vielmehr ist es für die Darstellung eines wirksamen Kontrollsystems unter anderem erforderlich, aufzuzeigen, welche Maßnamen im Einzelnen der unmittelbar Übergeordnete im Rahmen des Kontrollsystems zu ergreifen verpflichtet war, um durchzusetzen, dass jeder in dieses Kontrollsystem eingebundene Mitarbeiter die arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften auch tatsächlich befolgt und welche Maßnahmen schließlich der an der Spitze der Unternehmenshierarchie stehende Anordnungsbefugte vorgesehen hat, um das Funktionieren des Kontrollsystems insgesamt zu gewährleisten, d.h. sicherzustellen, dass die auf der jeweils übergeordneten Ebene erteilten Anordnungen (Weisungen) zur Einhaltung arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften auch an die jeweils untergeordnete, zuletzt also an die unterste Hierarchieebene gelangen und dort auch tatsächlich befolgt werden. Stichprobenartige Überprüfungen der Baustelle und die Erteilung von Weisungen für das geforderte Bestehen eines wirksamen Kontrollsystems zur Hintanhaltung von Verstößen gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften reichen nicht aus; Gleiches gilt für eine Verwarnung für einen festgestellten Verstoß (Vgl. VwGH v. 24.9.2010, Zl. 2009/02/097-5, sowie v. 23.3.2012, 2010/02/0263). Auch im letztzitierten Erkenntnis führt der Verwaltungsgerichtshof weiters aus, dass das entsprechende Kontrollsystem auch für den Fall eigenmächtiger Handlungen von Arbeitnehmern gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften Platz zu greifen hat. Es kann daher kein Vertrauen darauf geben, dass die eingewiesenen, laufend geschulten und ordnungsgemäß ausgerüsteten Arbeitnehmer die Arbeitnehmerschutzvorschriften einhalten.

Gerade der Umstand, dass die Leiter schon längere Zeit hindurch vom Arbeitnehmer verwendet wurde, dass konkret bei den Arbeiten dann kein Kollege zur Sicherung bei der Leiter anwesend war und dies auch nicht vom Obermonteur oder Projektleiter oder Berufungswerber bemängelt wurde, zeigt, dass ein lückenloses Kontrollsystem nicht geschaffen wurde.

 

Es ist daher auch vom Verschulden des Berufungswerbers auszugehen.

 

5.3. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Die belangte Behörde hat die persönlichen Verhältnisse geschätzt mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 2.500 Euro, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten. Es wurden keine Milderungsgründe berücksichtigt. Auch wurde erschwerend nichts gewertet. Die belangte Behörde hat aber zurecht auf den Unrechtsgehalt der Tat hingewiesen, nämlich dass in erheblichem Maß der Schutzzweck der Norm verletzt wurde, indem das Leben und die Gesundheit des Arbeitnehmers gefährdet wurde. Sie hat damit auch das Strafmaß begründet. Darüber hinaus hat sie auch berücksichtigt, dass nachteilige Folgen, nämlich die Verletzung des Arbeitnehmers, eingetreten sind. In Anbetracht der persönlichen Verhältnisse ist die Strafe nicht überhöht und ist geeignet, den Berufungswerber von einer weiteren Begehung abzuhalten.

Diesen Ausführungen stehen keine geänderten Umstände entgegen und wurden auch geänderte Umstände nicht in der Berufung geltend gemacht. Es konnte daher von den Erwägungen der ersten Instanz ausgegangen werden. Es konnte der Oö. Verwaltungssenat nicht finden, dass die belangte Behörde bei dem ihr bei der Strafbemessung zukommenden Ermessen in gesetzwidriger Weise vorgegangen wäre. Es konnte daher die verhängte Geldstrafe, die im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens liegt, und die Ersatzfreiheitsstrafe bestätigt werden.

 

Ein Überwiegen der Milderungsgründe liegt nicht vor, da keine Milderungsgründe festzustellen waren. Es kommt daher § 20 VStG mit einer außerordentlichen Milderung nicht in Betracht. Auch war weder Geringfügigkeit des Verschuldens noch unbedeutende Folgen gegeben, sodass auch nicht mit einem Absehen von der Strafe vorzugehen war. Einerseits lagen Verletzungen des Arbeitnehmers und daher nachteilige Folgen vor, andererseits ist Geringfügigkeit des Verschuldens nur dann gegeben, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Beschuldigten weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt. Auch diese Voraussetzung ist nicht gegeben.

 

6. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 64 VStG in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind 100 Euro, festzusetzen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

Beschlagwortung: Kontrollsystem

 

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