Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252931/11/Py/Hu

Linz, 29.08.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung der Frau x, vertreten durch x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 6. Juli 2011, GZ: 0017270/2011, wegen Übertretungen nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 18. Juli 2012 zu Recht erkannt:

 

 

I.         Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängten Geldstrafen auf je 365 und die Ersatzfreiheitsstrafen auf je 56 Stunden herabgesetzt werden.

 

II.        Der Kostenbeitrag der Berufungswerberin zum Verfahren vor der Erstbehörde verringert sich auf 292 Euro, d.s. 10% der nunmehr verhängten Geldstrafen. Zum Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  §§ 64 und 65 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 6. Juli 2011, GZ: 0017270/2011, wurden über die Berufungswerberin (in der Folge: Bw)  wegen Verwaltungsübertretung nach § 33 Abs.1 und 1a iVm § 111 ASVG acht Geldstrafen in Höhe von je 730 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen in Höhe von je 112 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 584 Euro vorgeschrieben. Weiters wurde gemäß § 9 Abs.7 VStG eine Haftung der Firma x für die verhängten Geldstrafen und Verfahrenskosten ausgesprochen.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Sie haben als unbeschränkt haftende Gesellschafterin der Firma x mit Sitz in x, welche für die Erfüllung der sozialversicherungsrechtlichen Meldepflicht keinen Bevollmächtigten bestellt hat und somit als nach § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortliche, folgende Verwaltungsübertretung zu verantworten:

 

Die oa. Firma hat als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs.1 ASVG seit zumindest 08.04.2011 die nachfolgend angeführten Arbeitnehmerinnen als Dienstnehmerinnen in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt im x, x, als Erotiktänzerinnen und Masseurinnen beschäftigt. Die in Rede stehenden Beschäftigten waren der Firma organisatorisch sowie hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit maßgeblich unterworfen. Auch bestand eine persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit.

 

Obwohl diese Dienstnehmerinnen nicht von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausgenommen und daher in der Kranken- Unfall- und Pensionsversicherung vollversicherungspflichtig sind, wurde hierüber eine zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete Meldung bei der OÖ. Gebietskrankenkasse, 4020 Linz, Gruberstraße 77, als zuständigem Sozialversicherungsträger nicht vor Aufnahme der Tätigkeit erstattet:

 

  1. Frau x, geboren x, rumänische Staatsbürgerin, gemeldet in x,
  2. Frau x, geboren x, rumänische Staatsbürgerin, gemeldet in x,
  3. Frau x, geboren x, rumänische Staatsbürgerin, gemeldet in x,
  4. Frau x, geboren x, rumänische Staatsbürgerin, gemeldet x,
  5. Frau x, geboren x, rumänische Staatsbürgerin, gemeldet in x,
  6. Frau x, geboren x, rumänische Staatsbürgerin, gemeldet in x,
  7. Frau x, geboren x, rumänische Staatsbürgerin, gemeldet in x, und
  8. Frau x, geboren x, rumänische Staatsbürgerin, gemeldet in x.

 

Die gegenständliche Firma hat somit in 8 Fällen gegen die sozialversicherungsrechtliche Meldepflicht des § 33 Abs.1 ASVG verstoßen."

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen aus, dass die im Spruch angeführten Ausländerinnen von der Bw als Masseurinnen und Erotiktänzerinnen in einem zumindest arbeitnehmerähnlichen Verhältnis – sie waren organisatorisch in den Betriebsablauf eingegliedert und auch wirtschaftlich vom Lokal stark abhängig – ohne Anmeldung beim zuständigen Sozialversicherungsträger beschäftigt hat, weshalb der Tatbestand in objektiver Hinsicht erfüllt ist und mangels Äußerung zum Tatvorwurf auch von der subjektiven Tatbestandsmäßigkeit ausgegangen wird.

 

Zur verhängten Strafhöhe wird auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach jede Nichtanmeldung ein Delikt darstellt und im Hinblick auf die Vielzahl die gesetzlich normierte Mindeststrafe tatangemessen erscheint. Als strafmildernd wurde die Unbescholtenheit der Bw gewertet, straferschwerende Gründe lagen nicht vor und wurde von einem monatlichen Nettoeinkommen in Höhe von 3.000 Euro und dem Nichtvorliegen von Sorgepflichten ausgegangen.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig von der Bw im Wege ihrer rechtsfreundlichen Vertretung eingebrachte Berufung vom 22. Juli 2011. Darin bringt die Bw vor, dass es sich bei den im Straferkenntnis angeführten Personen um selbstständige Tänzerinnen handelt, die weder in persönlicher noch wirtschaftlicher Abhängigkeit zur Bw stehen. Sie bestimmen völlig selbst, wann und wo sie arbeiten, ihre Arbeit wird weder von der Firma x organisiert, noch werden ihnen irgendwelche Arbeitszeiten vorgeschrieben. Die Damen sind nicht weisungsgebunden und bezahlen monatlich im Voraus ihre Monatspauschale an das Finanzamt in Höhe von 150 Euro. Sie haben auch im April 2011 ihre steuerlichen Verpflichtungen an das Finanzamt geleistet und sind  zudem selbstständig krankenversichert und bezahlen auch dort ihre monatliche Pauschale. Diese Vorgangsweise ist mit dem Finanzamt und der Gebietskrankenkasse abgesprochen. Diese sind daher als selbstständige Personen zu qualifizieren, wofür als Zeuge der zuständige Sachbearbeiter beim Finanzamt Linz namhaft gemacht wird. Die subjektive Tatseite ist auch insofern nicht erfüllt, als die Berufungswerberin sowohl vom Finanzamt als auch von der Gebietskrankenkasse angewiesen wurde, diese nicht anzumelden. Abgesehen davon ist eine Doppelbestrafung nach dem ASVG und dem AuslBG nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes unzulässig. Weiters wird vorgebracht, dass das Bezirksverwaltungsamt niemals als Haftungssubjekt die x in Anspruch genommen hat, weshalb die Ausstellung eines Haftungsbescheides unzulässig ist. Zudem ist es völlig unzulässig, die Bw nach dem ASVG jeweils für acht Delikte zu bestrafen, vielmehr stellt eine allfällige Übertretung am 8. April 2011 ein einziges Delikt dar und darf nur als solches einmal bestraft werden.

 

Weiters wird vorgebracht, dass die verhängten Strafen auch der Höhe nach massiv überzogen sind und aufgrund des geringen Unrechtsgehalts im untersten Bereich des Strafrahmens festzusetzen sind. Sämtliche Berufungswerberinnen haften als persönlich haftende Gesellschafter zur ungeteilten Hand, sodass nur eine einmalige Bestrafung sämtlicher vier Berufungswerber gemeinsam möglich ist. Auch ist nicht nachvollziehbar, warum die Behörde sieben Tatbestände erblickt, vielmehr liegt – wenn überhaupt – nur eine Übertretung nach dem AuslBG vor.

 

3. Mit Schreiben vom 26. Juli 2011 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, ist dieser zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 18. Juli 2012, die aufgrund des den Verfahren zugrunde liegenden sachlichen Zusammenhangs gemeinsam mit der Berufungsverhandlung hinsichtlich des Verfahrens wegen Übertretung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz sowie den beim Unabhängigen Verwaltungssenat ebenfalls anhängigen Berufungsverfahren der weiteren Gesellschafterinnen der x durchgeführt wurde. An dieser nahmen die Berufungswerberinnen x und x mit ihrem Rechtsvertreter sowie ein Vertreter des Finanzamtes Linz als Parteien teil. Als Zeuge wurde ein an der gegenständlichen Kontrolle beteiligter Kontrollbeamter des Finanzamtes Linz einvernommen. Die Einvernahme des in der Berufung beantragten Zeugen x zum Beweis dafür, dass mit dem Finanzamt die Entrichtung eines Pauschalbetrages in Höhe von 150 Euro monatlich hinsichtlich der steuerlichen Veranlagung vereinbart war, konnte entfallen, da dieses Vorbringen nicht in Zweifel gezogen wird.

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Die Bw ist unbeschränkt haftende Gesellschafterin der x, die an diesem Standort die "x" betreibt.

 

Am 8. April 2011 wurden anlässlich einer Kontrolle nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz die rumänischen Staatsangehörigen

  1. x, geboren x,
  2. x, geboren x,
  3. x, geboren x,
  4. x, geboren x,
  5. x, geboren x,
  6. x, geboren x,
  7. x, geboren x, und
  8. x, geboren x

in typischer Klubbekleidung angetroffen.

 

Im Lokal befindet sich ein Barbereich sowie eine Tanzfläche mit Stange, auf der die Damen für die Barbesucher erotische Tänze vorführen. Weiters sind durch Vorhänge abgeschirmte kleine Separees vorhanden, in die sich die Damen mit Kunden zurückziehen und für sie privat tanzen und massieren können. Die Durchführung sexueller Handlungen mit den Kunden ist den Damen seitens der x ausdrücklich untersagt. Das Lokal ist täglich von 20.00 Uhr bis 06.00 Uhr geöffnet, eigene Schlüssel zum Lokal stehen den Damen nicht zur Verfügung.

 

Zu Monatsbeginn teilen die Damen der x mit, wer von ihnen im laufenden Monat als Tänzerin anwesend sein wird. Von diesen wird – wie zwischen x und Finanzamt Linz vereinbart - von der x ein Pauschalbetrag zur steuerlichen Veranlagung eingehoben und dem Finanzamt Linz übergeben. Nähere Erkundigungen zu den rechtlichen Voraussetzungen der Verwendung der Damen unter diesen Gesichtspunkten wurden weder beim Arbeitsmarktservice noch bei der Oö. GKK eingeholt.

 

Die Damen werden für ihre Tänze direkt durch die Kunden bezahlt, können den Preis für ihre Darbietungen selbst festlegen und sind am Getränkeumsatz der x nicht beteiligt. In der Gogo-Bar kostet 1/2 Liter Bier € 5, eine Piccoloflasche Sekt 20 € und eine Flasche Sekt zwischen 80 und 100 €. Durch die Anwesenheit und Tätigkeit der Damen werden die Kunden zum Getränkekonsum animiert.

 

Die x stellt den Damen über dem Lokal einen Aufenthaltsraum zur Verfügung, in dem sie ihre persönlichen Gegenstände aufbewahren können sowie eine Teeküche, in der sie sich Essen und Getränke zubereiten können. Die Damen bekommen erforderlichenfalls auch eine kostenlose Wohnmöglichkeit zur Verfügung gestellt. Sie müssen auch für die Benützung der Tanzfläche bzw. der Separees der Gogo Bar nichts bezahlen.

 

Eine Anmeldung der angeführten Dienstnehmerinnen bei der Oö. GKK vor ihrer Beschäftigung als Gogo-Tänzerinnen durch die x erfolgte nicht.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt, der Aussage des in der Berufungsverhandlung einvernommenen Kontrollbeamten sowie den Beschreibungen der Berufungswerberinnen x und x über die Abläufe im in der "x" anlässlich ihrer Befragung in der mündlichen Berufungsverhandlung vom 18. Juli 2012 und sind in dieser Form nicht bestritten.

 

5. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragenen Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortlich Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Von der Bw wurde nicht bestritten, dass sie unbeschränkt haftende Gesellschafterin der Firma x ist. Als solche trifft sie gemäß § 9 Abs.1 VStG die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch die x, wobei dies – sofern die Bestellung eines verantwortlich Beauftragten nicht vorliegt – alle unbeschränkt haftende Gesellschafter des Unternehmens trifft. Dass die Bestellung eines verantwortlich Beauftragten für die Einhaltung der Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes vorliegt, wurde von der Bw jedoch nicht behauptet und wäre mit den Ermittlungsergebnissen auch nicht in Einklang zu bringen, weshalb die Bw als unbeschränkt haftende Gesellschafterin des Unternehmens für die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich ist.

 

5.2. Gemäß § 33 Abs.1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 idgF, haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

 

Gemäß § 4 Abs.2 erster Satz ASVG ist Dienstnehmer im Sinn dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbstständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

 

Gemäß § 539a Abs.1 ASVG ist für die Beurteilung von Sachverhalten nach dem ASVG in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (z.B. Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend. Durch den Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten nach bürgerlichem Recht können Verpflichtungen nach dem ASVG, besonderes die Versicherungspflicht, nicht umgangen oder gemindert werden (§ 539a Abs.2 ASVG). Ein Sachverhalt ist so zu beurteilen, wie er bei einer, den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre (§ 539a Abs.3 ASVG).

 

Gemäß § 111 Abs.1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs.3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

  1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder
  2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder
  3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder
  4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

§ 111 Abs.2 ASVG besagt: Die Ordnungswidrigkeit nach Abs.1 ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar

-         mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

-         bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs.1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 20. Mai 1980, VwSlg. Nr. 10.140/A, grundlegend mit der Abgrenzung des Dienstvertrages vom freien Dienstvertrag einerseits und vom Werkvertrag andererseits beschäftigt und hat – in Übereinstimmung mit der in diesem Erkenntnis zitierten Lehre – ausgeführt, dass es entscheidend darauf ankommt, ob sich jemand auf gewisse Zeit zur Dienstleistung für einen anderen (den Dienstgeber) verpflichtet (diesfalls liegt ein Dienstvertrag vor) oder ob er die Herstellung eines Werkes gegen Entgelt übernimmt (in diesem Fall liege ein Werkvertrag vor), wobei es sich im zuletzt genannten Fall um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossene Einheit handelt, während es im Dienstvertrag primär auf die rechtlich begründete Verfügungsmacht des Dienstgebers über die Arbeitskraft des Dienstnehmers, also die Bereitschaft des Letzteren zur Erbringung von Dienstleistungen für eine bestimmte Zeit (in Eingliederung in den Betrieb des Leistungsempfängers sowie in persönlicher und regelmäßig damit verbundener wirtschaftlicher Abhängigkeit von ihm) ankommt. Vom Dienstvertrag ist jedoch überdies der "freie Dienstvertrag" zu unterscheiden, bei dem es auf die geschuldete Mehrheit gattungsmäßig umschriebener Leistungen, die von Seiten des Bestellers laufend konkretisiert werden, ohne persönliche Abhängigkeit ankommt.

 

Dienstnehmer (im Sinn des ASVG) ist gemäß § 4 Abs.2 ASVG, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbstständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

 

Ob bei einer Beschäftigung die Merkmale persönlicher Abhängigkeit des Beschäftigten vom Empfänger der Arbeitsleistung gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs.2 ASVG gegeben ist, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes davon ab, ob nach dem Gesamtbild dieser konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch diese Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder – wie bei anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung – nur beschränkt ist (vgl. VwGH vom 10. Dezember 1986, VwSlg. Nr. 12.325/A).

 

Die wirtschaftliche Abhängigkeit, die nach der zitierten Rechtsprechung ihren sinnfälligen Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die nach dem Einzelfall für den Betrieb wesentlichen Einrichtungen und Betriebsmittel findet, ist bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit (vgl. VwGH v. 7. September 2011, Zl. 2011/08/0206).

 

Für das Vorliegen der persönlichen Abhängigkeit sind als Ausdruck der weitgehenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch seine Beschäftigung nur seine Bindung an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene (grundsätzlich) persönliche Arbeitspflicht entscheidungskräftige Kriterien zur Abgrenzung von anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung, während das Fehlen anderer (im Regelfall freilich auch vorliegender) Umstände (wie zB. die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Empfängers der Arbeitsleistung) dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt. Erlaubt allerdings im Einzelfall die konkrete Gestaltung der organisatorischen Gebundenheit des Beschäftigten in Bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten keine abschließende Beurteilung des Überwiegens der Merkmale persönlicher Abhängigkeit, so können im Rahmen der vorzunehmenden Beurteilung des Gesamtbildes der Beschäftigung auch diese an sich nicht unterscheidungskräftigen Kriterien von maßgeblicher Bedeutung sein (vgl. dazu VwGH vom 25. Mai 2011, Zl. 2010/08/0025, mwN).

 

Wird jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen, somit arbeitend unter solchen Umständen angetroffen, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten (wie dies bei der Tätigkeit einer Animierdame oder einer Gogo-Tänzerin einem Barbetrieb der Fall ist), dann ist die Behörde berechtigt, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinn auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegen stehen (vgl. VwGH vom 9. Oktober 2006, Zl. 2005/09/0086).

 

Derartige atypische Umstände konnten im gegenständlichen Verfahren jedoch nicht festgestellt werden. Die Damen waren hinsichtlich ihrer Arbeitszeit (Öffnungszeiten des Lokals) und ihres Arbeitsortes (die Gogo-Bar des Bw) gebunden. Die in der Verhandlung anwesenden Berufungswerberinnen haben angegeben, dass jene Damen, die zu Monatsbeginn ihre Anwesenheit ankündigten, in dieser Zeit auch tatsächlich anwesend waren. Es wäre auch nicht nachvollziehbar, weshalb ihnen ohne diesen Umstand eine kostenlose Wohnmöglichkeit zur Verfügung gestellt hätte werden sollte.

 

Wenn von der Bw behauptet wird, es habe keine wirtschaftliche oder organisatorische Verknüpfung der Tätigkeit der Tänzerinnen mit dem Barbetrieb bestanden, ist darauf zu verweisen, dass ihre Tätigkeit als Tänzerinnen planmäßig in die Betriebsorganisation der x eingegliedert war (kostenlose Bereitstellung einer Wohnmöglichkeit; Zurverfügungstellung eines Aufenthaltsraumes und einer Teeküche; Weisung hinsichtlich der Unterlassung von sexuellen Handlungen mit den Kunden; Werbeaufschrift "Gogo Bar" am Gebäude – womit Kunden angelockt werden und ihnen die Durchführung von Erotiktänzen angekündigt wird; Festlegung höherer Getränkepreise; Erfassung der Damen in Monatslisten, Abführung der von den Damen eingehobenen pauschalierten steuerlichen Veranlagung; Festsetzung der Öffnungszeiten; Bindung der Tätigkeit der Damen an die Öffnungszeiten des Betriebes).

 

Aufgrund der Gesamtumstände der im gegenständlichen Verfahren vorliegenden Merkmale der Tätigkeit der Damen im von der Bw vertretenen Unternehmen ist daher nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt von einer arbeitnehmerähnlichen Tätigkeit auszugehen und daher der objektive Tatbestand der gegenständlichen Verwaltungsübertretung als erfüllt zu werten.

 

6. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.

 

Es ist daher zu prüfen, ob sich der Bw entsprechend sorgfältig verhalten hat, um glaubhaft machen zu können, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Die Bw rechtfertigt sich mit dem Vorbringen, sie sei aufgrund der Erkundigungen beim Finanzamt Linz sowie des ihr zur Verfügung gestellten Informationsblattes davon ausgegangen, dass es sich um eine selbstständig Tätigkeiten handelt. Diese Information bezieht sich jedoch auf die steuerliche Veranlagung der als Gogo-Tänzerinnen tätigen Damen und ist mit der sozialversicherungsrechtlichen bzw. arbeitsmarktbehördlichen Beurteilung der Tätigkeit nicht ident. Nur die Einholung einer Auskunft bei der zuständigen Behörde kann hinsichtlich des Verschuldens zu einer Entlastung des Bw beitragen. In der Berufungsverhandlung wurde jedoch seitens der anwesenden Berufungswerberinnen bestätigt, dass sie weder bei der Oö. GKK noch beim zuständigen Arbeitsmarktservice erkundigt haben, ob aufgrund der Verwendung der Damen unter den konkreten Umständen allfällige Melde- bzw. Bewilligungspflichten vorliegen.

 

Die gegenständliche Verwaltungsübertretung ist der Bw daher auch in subjektiver Hinsicht vorzuwerfen.

 

7. Die Bw bringt vor, dass allenfalls nur die Verhängung einer Gesamtstrafe gerechtfertigt wäre. Dem ist jedoch die ständige Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzuhalten. Im Erkenntnis vom 16. November 1995 , Zl. 95/09/0108 hat dieser ausgesprochen, dass seit der Novelle BGBl. Nr. 231/1988 aufgrund des nunmehrigen Wortlautes der Bestimmung des § 28 AuslBG eine Verwaltungsübertretung je unerlaubt beschäftigtem Ausländer vorliegt. Ebenso hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 27. April 2011, Zl. 2009/08/0201 ausgesprochen, dass die Verletzung der Meldepflicht nach dem ASVG in Bezug auf jeden Dienstnehmer gesondert zu verfolgen ist (vgl. auch VwGH vom 16. März 2011, Zl. 2009/08/0056-8). Entgegen dem Berufungsvorbringen steht auch eine Bestrafung nach dem AuslBG einer solchen nach dem ASVG nicht entgegen, da jeweils andere Rechtsgüter durch die gesetzlichen Bestimmungen unter Schutz gestellt werden.

 

8. Zum Berufungsvorbringen, wonach im gegenständlichen Straferkenntnis ein Haftungsausspruch betreffend die x enthalten ist, seitens des Bezirksverwaltungsamtes die x bisher jedoch nicht in Anspruch genommen wurde, ist auszuführen, dass - wie in der Berufungsschrift ausdrücklich angegeben - die gegenständlichen Berufungen durch die persönlich haftenden Gesellschafter/innen erhoben wurden und daher den sie betreffenden Schuld- und Strafausspruch beinhalten. Eine Berufung der x, der der gegenständliche Bescheid – innerhalb der Verjährungsfrist – ebenfalls zugestellt wurde, ist jedoch nicht Gegenstand der gegenständlichen Berufungsverfahren und geht daher der Einwand zur Haftungserklärung ins Leere.

 

9. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Zur Strafbemessung ist anzuführen, dass seitens der belangten Behörde die gesetzliche Mindeststrafe verhängt wurde. Als mildernd wurde von der Erstbehörde bereits die Unbescholtenheit der Bw gewertet, weitere Milderungsgründe sind auch im Berufungsverfahren nicht hervorgekommen. Ein geringes Einkommen stellt keinen Milderungsgrund dar. Da es sich um eine erstmalige Ordnungswidrigkeit handelt, das Verschulden der Bw als geringfügig anzusehen ist und die Folgen der Übertretung unter den konkreten Umständen unbedeutend sind, konnten die von der belangten Behörde verhängten Strafen auf das nunmehrige Ausmaß herabgesetzt werden. Eine weitere Herabsetzung scheidet jedoch ebenso wie ein Vorgehen nach § 21 VStG aus.

 

10. Der Kostenausspruch ist in den angeführten gesetzlichen Bestimmungen begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Andrea Panny

 

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