Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101244/7/Weg/Ri

Linz, 07.01.1994

VwSen-101244/7/Weg/Ri Linz, am 7. Jänner 1994 DVR.0690392

Erkenntnis

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine erste Kammer (Vorsitzender: Dr. Guschlbauer, Berichter: Dr. Wegschaider, Beisitzer: Dr. Konrath) über die Berufung des F T, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. K D S, vom 15. April 1993 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 26. März 1993, VerkR96/5672/1992/Or/Hä, auf Grund des Ergebnisses der am 21. Oktober 1993 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird F o l g e g e g e b e n , das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, idF BGBl.Nr. 866/1992 (AVG), iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl.Nr. 52, idF BGBl.Nr. 666/1993 (VStG).

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs.1 lit.c iVm § 5 Abs.6 StVO 1960 eine Geldstrafe von 12.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 288 Stunden verhängt, weil dieser am 21. Oktober 1992 um 2.25 Uhr den PKW, Mercedes 190 D, Kennzeichen , auf der B von Bad M in Richtung F gelenkt hat und nach einem Verkehrsunfall, an dem er ursächlich beteiligt war und eine Person erheblich verletzt wurde, sich bis 4.15 Uhr im A Stadt geweigert hat, Blut abnehmen zu lassen, obwohl er im Verdacht stand, sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden zu haben.

Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 1.200 S in Vorschreibung gebracht.

2. Begründend hiezu führt die belangte Behörde im Straferkenntnis sinngemäß aus, daß nach dem stattgehabten Verkehrsunfall Herr Bez.Insp. K vom Gendarmeriepostenkommando bei der Aufnahmeärztin des Allgemeinen Krankenhauses der Stadt Frau Dr. U C eine Blutabnahme beantragt hätte, die jedoch in der Folge - und zwar bis 4.15 Uhr - verweigert worden sei. Auf die Einrede des Berufungswerbers im ordentlichen Verfahren, daß er nämlich in einem schweren Schockzustand ins Krankenhaus eingeliefert worden sei und selbst schwer verletzt gewesen sei, führte die belangte Behörde unter Hinweis auf die zeugenschaftliche Aussage der Aufnahmeärztin aus, daß der Beschuldigte bei der Aufnahme zwar ziemlich starke Schmerzen gehabt habe, daß er aber weder bewußtlos, noch in einer solchen Verfassung gewesen sei, daß er nicht in der Lage gewesen wäre, an ihn gerichtete Aufforderungen zu verstehen. Die Aufnahmeärztin habe über Ersuchen der Gendarmerie P dem Beschuldigten mitgeteilt, daß er sich zum Zwecke der Alkoholfeststellung Blut abnehmen lassen müsse. Auf die Frage der Aufnahmeärztin, ob er dem zustimme, habe der Beschuldigte mit "Nein" geantwortet. Die Aufforderung zur Blutabnahme sei für den Beschuldigten verständlich gewesen.

Hinsichtlich der Alkoholisierungsmerkmale, an die sich die Aufnahmeärztin nicht mehr erinnern konnte, wird im angefochtenen Straferkenntnis auf die zeugenschaftliche Aussage des Gr.Insp.E vom Gendarmeriepostenkommando F verwiesen, wonach dieser an der Unfallstelle deutliche Alkoholisierungsmerkmale, wie starken Alkoholgeruch der Atemluft und lallende Aussprache habe feststellen können.

3. Die fristgerecht eingebrachte Berufung richtet sich gegen Schuld und Strafe, sodaß, zumal auch ein diesbezüglicher Antrag gestellt wurde, eine mündliche Berufungsverhandlung anberaumt und am 21. Oktober 1993 durchgeführt wurde.

4. Auf Grund des Ergebnisses dieser öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu der die belangte Behörde keinen Vertreter entsendet hat, insbesondere auf Grund der zeugenschaftlichen Aussage der Aufnahmeärztin Dr. U P (ehemals C) steht nachstehender, für diese Entscheidung relevante Sachverhalt fest:

Der Beschuldigte wurde mit der Rettung eingeliefert und zur Unfallambulanz gebracht. Im Anschluß daran erfolgte die Röntgenisierung und die Wundversorgung, die relativ schnell vonstatten ging. Die Aufnahmeärztin hat in der Folge auf Grund eines Anrufes durch einen Gendarmeriebeamten (sie selbst hat mit einem Gendarmeriebeamten nur einmal telefoniert) an den Beschuldigten die Frage gerichtet: "Sind Sie mit der Blutabnahme zum Zwecke der Alkholbestimmung einverstanden?", worauf dieser mit "Nein" antwortete. Die Aufnahmeärztin hat diese Frage nur ein einziges Mal an den Beschuldigten gerichtet. Sie kann sich nicht mehr daran erinnern, ob sie den Beschuldigten darauf aufmerksam machte, daß die Gendarmerie um die Blutabnahme ersuchte. Sie hat den Beschuldigten lediglich gefragt, ihn aber nicht näher informiert bzw. belehrt. An Alkoholisierungsmerkmale konnte sie sich nicht mehr erinnern. Wenn eine merkbare Alkoholisierung vorliegt, so werde dies im Aufnahmebericht festgehalten. Nachdem ein derartiger Vermerk nicht angebracht wurde, nehme sie an, daß keine merkbare Alkoholisierung vorgelegen sei. Sie habe die Wundversorgung und die Erstversorgung selbst vorgenommen und am Kopf des Beschuldigten eine Rißquetschwunde genäht. Eine klinische Untersuchung hat sie nicht durchgeführt und eine solche auch nicht in Erwägung gezogen, weil derartige klinische Untersuchungen (in bezug auf Alkoholbeeinträchtigung) von ihr nur dann gemacht werden, wenn dies die Polizei oder Gendarmerie verlangt.

Aus dem Gesamtbericht bzw. Arztbrief des Allgemeinen Öffentlichen Krankenhauses der Stadt , die verlesen wurden, steht fest, daß der Berufungswerber auf Grund der erlittenen Verletzungen (Serienrippenfraktur, Schlüsselbeinfraktur usw) bis 2. November 1992 in stationärer Behandlung verblieb.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 99 Abs.1 lit.c StVO 1960 - es handelt sich hier um eine Verfassungsbestimmung - begeht eine Verwaltungsübertretung, wer sich bei Vorliegen der im § 5 Abs.6 bezeichneten Voraussetzungen weigert, sich Blut abnehmen zu lassen.

§ 5 Abs.6 StVO 1960 lautet:

Steht der Vorgeführte im Verdacht, in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand einen Verkehrsunfall verursacht zu haben, bei dem eine Person getötet oder erheblich verletzt worden ist, so hat die Untersuchung, wenn dies erforderlich und ärztlich unbedenklich ist, eine Blutabnahme zu umfassen.

Zu diesen Gesetzesstellen hat der Verfassungsgerichtshof bei einem völlig vergleichbaren Sachverhalt in seiner Entscheidung vom 19. Jänner 1990, Zl.89/18/0139/6, ausgeführt, daß im Sinne des § 5 Abs. 6 StVO 1960 ausdrücklich vorgesehen ist, daß die Untersuchung, wenn sie erforderlich und ärztlich unbedenklich ist, eine Blutabnahme zu umfassen hat.

Die in dieser Gesetzesstelle vorgesehene Untersuchung hat sich demnach nicht auf eine Blutabnahme zu beschränken, weshalb für den Beschwerdeführer nur dann eine Verpflichtung bestanden hätte, sich Blut abnehmen zu lassen, wenn eine Untersuchung (und zwar im Sinne des Einleitungssatzes des § 5 Abs.4 StVO 1960, also zwecks Feststellung des Grades der Alkoholeinwirkung) stattgefunden hätte, bei welcher sich überdies ergeben hätte, daß eine Blutabnahme erforderlich ist, um den Grad der Alkoholeinwirkung feststellen zu können.

Der angefochtene Bescheid läßt diesbezügliche Erörterungen nicht nur zur Gänze vermissen, sondern steht auch nach der vorgelegten Aktenlage fest, daß eine derartige Untersuchung nicht stattgefunden hat.

Auch nach dem Verhandlungsergebnis vor dem unabhängigen Verwaltungssenat steht fest, daß der Berufungswerber zwecks Feststellung des Grades der Alkoholeinwirkung weder vom Aufnahmearzt, noch von sonst jemandem, untersucht worden ist.

Da somit feststeht, daß im Krankenhaus eine Untersuchung des Beschwerdeführers zwecks Feststellung des Grades der Alkoholeinwirkung nicht stattgefunden hat, was nach Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes für eine rechtmäßige Blutabnahme erforderlich ist, war schon aus diesem Grund der Berufung Folge zu geben, sodaß sich rechtliche Ausführungen darüber, ob eine Belehrung über die Voraussetzungen einer Blutabnahme (hier:

erhebliche Verletzung einer anderen Person) sowie über die in Frageform gestellte Aufforderung erübrigen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Der Vorsitzende der Ersten Kammer:

Dr. Guschlbauer

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