Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253184/4/Py/Hu

Linz, 24.07.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die auf die Strafhöhe eingeschränkte Berufung des Herrn x, gegen Spruchpunkt 2) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 16. Mai 2012, GZ: SV96-13-2012-Sc, wegen Verwaltungsübertretung nach dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG) zu Recht erkannt:

 

 

I.         Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 250 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 17 Stunden herabgesetzt wird.

 

II.        Der Kostenbeitrag des Berufungswerbers zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 25 Euro, das sind 10 % der nunmehr festgesetzten Geldstrafe. Zum Berufungsverfahren ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 19, 20, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  §§ 64 und 65 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Spruchpunkt 2) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 16. Mai 2012, GZ: SV96-13-2012-Sc, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) wegen Verwaltungsübertretung nach § 7d iVm § 7i Abs.2 Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG) idF BGBl.I.Nr. 24/2011 eine Geldstrafe in Höhe von 500 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 140 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 50 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Sie haben als Arbeitgeber zu verantworten, dass Sie von 12.4.2012 bis zumindest 17.4.2012 auf der Baustelle x in x, die polnischen Staatsangehörigen Herrn x, geb. x, und Herrn x, geb. x, mit Arbeiten im Stallgebäude (Deckenmontage, Isolierung im Stallgebäude, Kanäle einziehen, PV-Module verlegen) beschäftigt haben, ohne dass Sie jene Unterlagen, die zur Überprüfung des den Arbeitnehmern nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts erforderlich sind (Lohnunterlagen), nicht in deutscher Sprache für die Dauer der Beschäftigung der Arbeitnehmer am Arbeits(Einsatz)ort bereitgehalten haben."

 

In der Begründung verweist die belangte Behörde auf die Anzeige des Finanzamtes Braunau Ried Schärding vom 23.4.2012 und führt an, dass eine Rechtfertigung des Bw zu den ihm vorgeworfenen strafbaren Verhalten nicht erfolgte, was als Beweis dafür gewertet wird, dass er der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung nichts entgegen zu halten hat.

 

Zur verhängten Strafhöhe wird ausgeführt, dass von der Behörde mangels Angaben durch den Bw von einem geschätzten monatlichen Nettoeinkommen in Höhe von 1.000 Euro, keinem Vermögen und der Sorgepflicht für zwei Kinder ausgegangen wird.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Bw eingebrachte Berufung vom       4. Juni 2012. Darin ersucht der Bw, die ihm auferlegte Geldstrafe zu tilgen oder auf Raten zu verteilen. Seine Unkenntnis der österreichischen Rechtsvorschriften und die ungenügende Kenntnis der deutschen Sprache habe zur Folge gehabt, dass er die mit der Tätigkeit der Firma im Ausland verbundenen Formalitäten nicht erledigt habe. Gegenwärtig befinde sich der Bw in einer sehr schwierigen Familienlage und habe für seine Ehefrau und zwei kleine Kinder Unterhalt zu leisten, wobei das Monatseinkommen des Haushaltes rund 300 bis 400 Euro betrage. Das Tätigwerden auf der Baustelle x war der erste Versuch des Bw, zu Erwerbszwecken ins Ausland zu fahren, was jedoch fehlgeschlagen ist und wodurch sich die finanzielle Situation der Familie in großem Ausmaß verschlechtert hat. Es wird daher beantragt, den angefochtenen Bescheid zu ändern und die Geldstrafe zu tilgen oder auf Raten zu verteilen.

 

3. Mit Schreiben vom 20. Juni 2012 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist dieser zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht. Da sich die Berufung ausschließlich gegen die Höhe der verhängten Geldstrafe richtet, konnte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung gemäß § 51e Abs.3 Z2 VStG entfallen. Dem Finanzamt Braunau Ried Schärding als gemäß § 7i Abs.6 AVRAG am Verfahren beteiligte Organpartei wurde mit Schreiben vom 28. Juni 2012 Gelegenheit gegeben, eine Stellungnahme zum Berufungsvorbringen abzugeben. Mit Schreiben vom 2. Juli 2012 sprach sich die Organpartei gegen die Erteilung einer Ermahnung aus, stimmte jedoch einer Herabsetzung der verhängten Geldstrafe zu.

 

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Da sich die Berufung ausschließlich gegen das Strafausmaß des Straferkenntnisses richtet, ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen und ist dem Unabhängigen Verwaltungssenat verwehrt, sich inhaltlich mit der Entscheidung der Erstbehörde auseinander zu setzen.

 

5.2. Gemäß § 7d Abs.1 Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG), idF BGBl.I.Nr. 24/2011 haben Arbeitgeber/innen im Sinne der §§ 7, 7a Abs.1 oder 7b Abs.1 jene Unterlagen, die zur Überprüfung des dem/der  Arbeitnehmer/in nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts erforderlich sind (Lohnunterlagen), in deutscher Sprache für die Dauer der Beschäftigung der Arbeitnehmer/innen am Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten. Bei innerhalb eines Arbeitstages wechselnden Arbeits(Einsatz)orten sind die Lohnunterlagen am ersten Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten. Ist die Bereithaltung der Unterlagen am Arbeits(Einsatz)ort nicht zumutbar, sind die Unterlagen jedenfalls im Inland bereitzuhalten und der Abgabenbehörde auf Verlangen binnen 24 Stunden nachweislich zu übermitteln.  

 

Gemäß § 7i Abs.2 AVRAG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe von 500 Euro bis 5.000 Euro, im Wiederholungsfall von 1.000 Euro bis 10.000 Euro zu bestrafen, wer als Arbeitgeber/in im Sinne der §§ 7, 7a Abs.1 oder 7b Abs.1 oder als Beauftragte/r im Sinne des § 7b ABs.1 Z4 entgegen § 7d die Lohnunterlagen nicht bereithält oder als Überlasser/in im Falle einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung die Lohnunterlagen dem/der Beschäftiger/in nicht bereitstellt.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

5.3. Im vorliegenden Fall wurde über den Bw wegen Nichtbereithaltung des Nachweises der Sozialversicherung der beiden auf der Baustelle x in x, eingesetzten polnischen Staatsangehörigen die gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe in Höhe von 500 Euro verhängt, wobei weder Milderungs-, noch Erschwerungsgründe gewertet wurden. Aus dem vorliegenden Verfahrensakt ist jedoch ersichtlich, dass sich der Bw reumütig zeigt und ein umfassendes Geständnis hinsichtlich seiner Verfehlungen abgelegt hat, was als Milderungsgrund gewertet werden kann. Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen des Bw und die erstmalige Übertretung erscheint es daher angemessen, die gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe in Höhe von 500 Euro unter Anwendung des § 20 VStG herab zu setzen, zumal der Bw glaubwürdig darlegen konnte, dass es sich um eine erstmalige Verfehlung aufgrund seiner Unkenntnis über die geltende Rechtslage gehandelt hat und Erschwerungsgründe auch im Berufungsverfahren nicht hervorgetreten sind. Nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates ist mit der nunmehr verhängten Strafe eine ausreichende Sanktion gesetzt, um den Bw die Unrechtmäßigkeit seines Verhaltens eindringlich vor Augen zu führen und ihn künftig zu einem gesetzeskonformen Verhalten anzuleiten. Ein Absehen von der Strafe scheidet jedoch aus, da die dafür in § 21 VStG vorgesehenen kumulativen Voraussetzungen (geringes Verschulden und unbedeutende Folgen) nicht festgestellt werden können.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

5.4. Zum gleichzeitig mit der Berufung gestellten Antrag auf Ratenzahlung wird darauf hingewiesen, dass der Bw bei der Erstbehörde gemäß § 54b VStG aus wirtschaftlichen Gründen einen Antrag auf angemessenen Aufschub oder Teilzahlung der verhängten Strafe stellen kann.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Andrea Panny

 

 

 

 

 

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