Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281393/18/Kl/Rd/BRe

Linz, 23.08.2012

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ilse Klempt über die auf das Strafausmaß beschränkte Berufung des x, vertreten durch Rechtsanwälte x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 2. Februar 2012, Ge96-66,-1,-2-2011, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) iVm der Bauarbeiter­schutz­verordnung (BauV) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhand­lung am 22. März 2012 zu Recht erkannt:

 

I.       Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängten Geldstrafen auf jeweils 500 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafen auf jeweils 2 Tage pro Arbeitnehmer herabgesetzt werden.

 

II.     Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf insgesamt 150 Euro, das sind 10% der nunmehr verhängten Geldstrafen. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: §§ 64 Abs.1 und 65 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 2. Februar 2012, Ge96-66,-1,-2-2011, wurde über den Berufungswerber hinsichtlich der Fakten 1. bis 3. Geldstrafen von dreimal 1.000 Euro, Ersatzfreiheitsstrafen von dreimal 3 Tagen, wegen Verwaltungsübertretungen hinsichtlich Fakten 1. bis 3.  gemäß § 87 Abs.3 BauV iVm § 118 Abs.3 und 130 Abs.5 Z1 ASchG, verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher der x GmbH mit dem Sitz in x (diese besitzt das Dachdeckergewerbe im Standort x) zu verantworten hat, dass am 27. Oktober 2011 auf der Baustelle x, drei Arbeitnehmer, davon zwei Arbeitnehmer von der Firma x der Firma x GmbH beigestellt, nämlich:

1. Herrn x, geb. x

2. Herr x, geb. x (Fa. x) und

3. Herr x, geb. x (Fa. x)

auf dem ca 24° geneigten Dach, bei einer Absturzhöhe von ca 6,0 m auf der Südseite des Hauses mit Dachdeckerarbeiten beschäftigt waren, wobei keine geeigneten Schutzeinrichtungen (wie zB Dachfanggerüste oder Dachschutz­blenden), die den Absturz von Menschen, Materialien und Geräten in sicherer Weise verhindern, vorhanden waren.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht. Begründend wurde zum einen ausgeführt, dass vom Berufungswerber nicht bestritten werde, dass die konkreten Arbeiter ohne entsprechende Sicherungsmaßnahmen tätig gewesen seien. Der Berufungswerber habe den auf der verfahrensgegenständlichen Baustelle tätigen Gerüstbauer vor Beginn der Dachdeckerarbeiten wiederholt darauf hingewiesen, dass das Gerüst zu weit an der Traufe aufgestellt und daher eine Montage der Dachrinnen nicht möglich sei.  Der Berufungswerber habe keinen Zweifel daran gehabt, dass der Gerüstbauer seinen Zusagen auch tatsächlich nachkomme. Nachdem der Umbau zum Zeitpunkt der Montage der Dachrinnen noch nicht durchgeführt worden sei, seien die vorhandenen Absturzsicherungen von den Arbeitern kurzfristig in Eigenregie entfernt worden. Der Berufungswerber habe keine Anweisung zur Entfernung der Absturz­sicherungen gegeben und wäre eine solche Vorgehensweise von ihm auch nicht geduldet worden. Ein Verschulden, welches die Annahme einer Verwaltungs­übertretung begründen könne, liege daher nicht vor, weshalb der Bescheid ersatzlos aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen wäre.

Zum anderen liege kein Wiederholungsfall iSd § 130 ASchG vor, zumal die rechtskräftigen Verurteilungen aus dem Jahr 2009 herrühren. Diese Verwaltungs­übertretungen lagen im zeitlichen Nahbereich der Gründung des Unternehmens und waren aufgrund einer diesbezüglichen Unerfahrenheit des Berufungswerbers zurückzuführen. Seit dem Jahre 2009 habe sich der Berufungswerber wohl­verhalten.     

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt Einsicht genommen und wurde für den 22. März 2012 eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung anberaumt, zu welcher die Verfahrensparteien eingeladen wurden. Der Vertreter der belangten Behörde hat sich entschuldigt. Weiters wurden die Zeugen Dipl.-Ing. x (Arbeitsinspektorat x), x, x und x geladen. Im Zuge der Verhandlung wurde die Berufung auf das Strafausmaß eingeschränkt, weshalb von der Einvernahme der geladenen Zeugen abgesehen werden konnte.

 

4.1. Vom Berufungswerber wurde der Sachverhalt nicht bestritten. Die persön­lichen Verhältnisse, insbesondere die Höhe des monatlichen Nettoeinkommens wurde vom Berufungswerber auf 2.000 Euro korrigiert. Zudem wurde vorge­bracht, dass die rechtskräftigen Bestrafungen aus dem Jahr 2009 eine Phase betroffen hat, welche in die Gründung der GmbH gefallen ist und die Betriebs­erweiterung stattgefunden hat. Der Betrieb an sich wurde bereits im Jahr 2003 als Einzelunternehmen gegründet und waren bis 2009 über das Unternehmen keine Strafen zu verhängen gewesen. Seit dem Jahr 2009 ist schon eine lange Zeit verstrichen und ist der Berufungswerber bemüht, die gesetzlichen Bestim­mungen einzuhalten. Es wurde auf die unglücklichen Umstände im konkreten Fall verwiesen, da der Berufungswerber noch am Tag zuvor die Baustelle kontrolliert hat. Der Arbeitsinspektor gab bekannt, dass ihm die Verhältnisse der Firma bekannt sind und er einer Herabsetzung der verhängten Geldstrafen auf 500 Euro je Arbeitnehmer zustimme.    

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Da vom Berufungswerber im Zuge der mündlichen Verhandlung die Berufung auf das Strafausmaß eingeschränkt wurde, ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen und ist es dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt, hierauf einzugehen.

 

5.2.1. Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weiter geltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

Gemäß § 118 Abs.3 ASchG gilt die Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

 

5.2.2. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungs­gründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für die Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Auch bei der Strafbemessung obliegt es der Behörde gemäß § 60 AVG iVm § 24 VStG die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage, gelegen an der gesetzmäßigen Bemessung der Strafe, klar und übersichtlich zusammenzufassen.

 

5.3. Die Bestimmungen des ASchG bzw der auf ihrer Grundlage erlassenen Verordnungen haben den Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer zum Ziel und sind daher entsprechende Verstöße mit einem besonderen Unrechtsgehalt der Tat behaftet, weil hiedurch genau jene Gefährdungen herbeigeführt werden, denen die genannten Bestimmungen entgegenwirken sollen.

 

5.4. Von der belangten Behörde wurde im nunmehr angefochtenen Strafer­kenntnis pro Arbeitnehmer eine Geldstrafe von 1.000 Euro, bei einem für den Wiederholungsfall geltenden Strafrahmen von 290 Euro bis 14.530 Euro, verhängt. Straferschwerend als auch strafmildernd wurden keine Umstände ge­wertet. Die vom Berufungswerber anlässlich seiner Vernehmung als Beschuldig­ten vom 14. Dezember 2011 bekannt gegebenen persönlichen Verhältnisse, und zwar ein monatliches Nettoeinkommen von 2.500 Euro, der Sorgepflicht für zwei Kinder sowie der Besitz eines Einfamilienhauses, wurden anlässlich der mündlichen Berufungsverhandlung dahingehend korrigiert als der Berufungs­werber nunmehr über ein monatliches Nettoeinkommen von 2.000 Euro verfügt. Dieser Umstand war bei der Strafbemessung durch den Oö. Verwaltungssenat zu berücksichtigen.

 

Der Unrechtsgehalt der Tat wurde von der belangten Behörde an sich zutreffend gewürdigt, indem auf die Absturzhöhe von 6,0 m und dem Umstand, dass sich zum Kontrollzeitpunkt drei Arbeitnehmer auf dem Dach befunden haben, hingewiesen wurde, rechtfertigt aber noch nicht die Verhängung der dreifachen gesetzlichen Mindeststrafe pro Arbeitnehmer. Der Oö. Verwaltungssenat vertritt daher die Ansicht, dass mit den herabgesetzten Geldstrafen noch das Auslangen gefunden werden kann, um den Berufungswerber künftighin von der Begehung gleich­artiger Delikte abzuhalten, zumal sich der Berufungswerber einsichtig gezeigt hat. Auch war das Wohlverhalten des Berufungswerbers seit dem Jahr 2009 berücksichtigungswürdig und wurde von ihm in der Verhandlung die Entstehung der einschlägigen Verwaltungsvormerkungen aus dem Jahre 2009 glaubwürdig dargelegt. Zudem wurde auch vom Arbeitsinspektorat Linz aufgrund dieser Schilderungen einer Strafherabsetzung der Geldstrafe auf 500 Euro pro Arbeit­nehmer zugestimmt. 

 

Einer weitergehenden Herabsetzung der verhängten Geldstrafen stand aber das erhebliche Gefährdungspotential der vom Berufungswerber gesetzten Übertre­tungen entgegen. Immerhin befanden sich drei Arbeitnehmer auf dem Dach bei einer Absturzhöhe von 6 m und einer Dachneigung von 24°. Wenn der Beru­fungs­­werber weiters einwendete, dass die konkreten Arbeitnehmer in Eigenregie gehandelt hätten, ist er auf das Erfordernis eines effektiven und effizienten Kontrollsystems hinzuweisen, welches auch Maßnahmen zur Hintan­haltung von eigenmächtigem Handeln der Arbeitnehmer zu beinhalten hat. Darüber hinaus hätte er – in Anbetracht des Umstandes, dass er den Gerüst­bauer bereits wiederholt auf den Missstand des Gerüstes hingewiesen hatte – besonderes Augenmerk auf die tatsächliche gesetzeskonforme Ausführung bzw Berichtigung zu legen gehabt.

 

Einer Anwendung des § 20 VStG konnte nicht näher getreten werden, da hiefür die Voraussetzungen (beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe gegen­über den Erschwerungsgründen) nicht vorlagen.

 

Auch liegt kein geringfügiges Verschulden vor, zumal das Verhalten des Berufungswerbers nicht erheblich hinter dem in der Strafdrohung zum Ausdruck kommenden Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt. Daher kam auch eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG keinesfalls in Betracht.

 

Die verhängten Ersatzfreiheitsstrafen waren entsprechend herabzusetzen (§ 16 VStG).                 

 

6. Weil die Berufung teilweise Erfolg hatte, entfällt gemäß § 65 VStG die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr. Ilse Klempt

 

 

Beschlagwortung: geänderte persönliche Verhältnisse; Einsichtigkeit, Wohlverhalten

 

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